Titel: Ziegelofen mit continuirlichem Betriebe; vom polytechnischen Bureau des Dr. H. Schwarz in Breslau.
Autor: H. Schwarz
Fundstelle: Band 151, Jahrgang 1859, Nr. LXVII., S. 270
Download: XML
LXVII. Ziegelofen mit continuirlichem Betriebe; vom polytechnischen Bureau des Dr. H. Schwarz in Breslau. Ueber eine Ziegelofen mit continuirlichem Betriebe. Wenn man die Menge der zum Ziegelbrennen nöthigen Wärme zu berechnen sucht und dieselbe dann mit dem in den meisten Ziegelöfen wirklich aufgewendeten Brennmaterial vergleicht, so findet man eine so bedeutende Differenz, daß die Frage nicht abzulehnen ist, ob sich dieser Wärmeverlust nicht vermindern lasse. Die zu dieser Berechnung nöthigen Daten sind etwa folgende: Ein Tausend gewöhnlicher Mauersteine wiegt im lufttrockenen Zustande, wie dieselben gewöhnlich eingesetzt werden, ungefähr 12,000 Pfund. Beim Brennen verliert der lufttrockne Thon circa 15 Proc. seines Gewichts an Wasser, also 1800 Pfd. Ein Pfund Wasser verlangt zu seiner Verdampfung rund 650 Wärmeeinheiten. Man kann annehmen, daß der Wasserdampf aus dem Ziegelofen mit einer Temperatur von circa 300° C. entweicht, also von 100° bis 300°, um 200° C. erwärmt werden muß. Die spec. Wärme des Wasserdampfes ist 0,847° C. Die rückständigen 10,200 Pfd. Ziegelmasse werden durchschnittlich auf 1200° C. erwärmt. Die spec. Wärme des gebrannten Thons kann auf 0,200 angenommen werden. Wir erhalten so folgende Zahlen: 1800 Pfd. Wasser verlangen zu ihrer Verdampfung       1800 . 650 = 1,170,000 Wärmeeinheiten   „    Pfd. Dampf          „       „    „     Erwärmung       auf 300° C. 1800 . 200 . 0,847 =    304,420        W. E. 10,200 Pfd Thonmasse verlangen zu ihrer Erhitzung       auf 1200° C. – 10,200 . 1200 . 0,200 = 2,448,000        W. E. –––––––––––––––––––––– Summe 3,922,920        W. E.      Da man in gewöhnlichen Oefen ungefähr 3 TonnenSteinkohlen à 400 Pfd. und einem absolutenWärmeeffect von 8000 W. E. per Tausend Ziegelnbraucht, so ergibt dieß (3 . 400 . 8000) 9,600,000        W. E. –––––––––––––––––––––– Differenz: 5,677,080        W. E. ein wie man sieht, sehr beträchtlicher Wärmeverlust, der dadurch noch gesteigert wird, daß die ganzen zum Erhitzen der Thonmasse auf 1200° C. angewendeten Wärmemengen beim Erkalten wieder nutzlos verloren gehen.Wenn die nöthigen Räumlichkeiten nicht zu bedeutend wären, begreift man, daß man mit dieser beim Erkalten entweichenden Wärmemenge allein das Trocknen der Ziegeln bewirken könnte. Bei der Kachel- und Thonwaarenfabrication sowie in den Porzellanmanufacturen werden schon längst die Trockenräume mit der heißen Luft der abgebrannten Oefen geheizt. Dieser so ungemein große Wärmeverlust wird einmal durch die nöthige Durchwärmung der immer wieder erkaltenden Ofenwände, durch die von denselben ausgehende Wärmestrahlung, durch die beim Schmauchfeuer durch die wenig beschickten Roste durchgehende, unnütz zu erwärmende Luftmenge, endlich aber dadurch bewirkt, daß beim Gaarfeuer den Flammen viel zu direct zu entweichen gestattet ist. Wenn man bedenkt, daß bei einem Dampfkesselofen die Steinkohlenflamme, in Berührung mit sehr gut leitenden Metallwänden und auch diese mit dem höchstens auf 145° C. erwärmten viel Wärme aufnehmenden Wasser, doch wenigstens einen Weg von 60' zurücklegen muß, um auf circa 300° C. herabgebracht zu werden, so begreift man leicht, wie gering der Antheil Wärme ist, den sie, besonders beim Gaarfeuer, an die schlecht leitenden, nahezu auf die Flammentemperatur erhitzten Ziegeln, bei einem directen Aufsteigen auf einem nur 12–15' hohen Wege abgibt. Ist die untere Hälfte der Ziegeln gaar gebrannt, d.h. auf die Temperatur der Steinkohlenflamme erhitzt, so kann nur noch die obere Hälfte überhaupt Wärme absorbiren. Es ist hier ein ganz analoger Fall, wie bei den Trockenstuben, die mit erwärmter Luft geheizt werden, welche am Boden einströmt und an der Decke entweicht. Hier muß ich, um eine einigermaßen gleichmäßige Temperatur im ganzen Raume zu erhalten, die Einströmungs- und Abflußöffnungen so gleichmäßig als möglich über den ganzen Boden und die ganze Decke vertheilen, indem sonst die warme Luft auf dem möglich kürzesten Wege entweicht, ehe sie ihre Wärme genügend abgegeben hat. Drehe ich das System um, leite ich die warme Luft an der sonst geschlossenen Decke ein und ziehe die mit Feuchtigkeit gesättigte Luft am Boden durch einen Appelkamin ab, so erhalte ich dadurch, daß die warme Luft leichter ist und sich obenhin lagert, eine ganz gleichmäßige Vertheilung der Wärme. Indem die heiße Luft ihre Wärme abgibt, wird sie schwerer, sinkt herab und fließt in einem gleichmäßigen Strom am Boden ab. Ganz dasselbe System läßt sich auch bei Ziegelöfen anwenden. Man erreicht dadurch außerdem den Vortheil, daß die Feuerstätte auf eine einzige beschränkt wird, die ich sorgfältig beschicken und stets gleichmäßig mit Kohlen bedecken kann, daß weniger Wärme durch die Feuerungswände absorbirt wird, weniger kalte Luft eindringt etc. Endlich fällt bei leichter schmelzbarer Masse noch ein sehr störender Uebelstand weg, der darin besteht, daß bei den gewöhnlichen Oefen die untenstehenden Ziegeln erweichen, ehe die oberen gaar gebrannt sind, durch die große Last der aufliegenden Masse zerdrückt werden, und viel Bruch geben. In einzelnen Fällen ist man genöthigt, um dieß zu vermeiden, zu unterst Kalk und zu oberst Dachziegeln einzusetzen, und findet häufig große Schwierigkeiten, den Kalk zu verwerthen. In einigen Theilen der Provinz Sachsen wird kein Ziegellieferungsvertrag abgeschlossen, ohne die Abnahme einer bestimmten Quantität Kalk zu bedingen. Bei der Umkehrung des Flammenweges können die oben aufliegenden Ziegeln ohne Gefahr bis zum Weichwerden erhitzt werden, indem sie nur unbedeutend oder gar nicht belastet sind, und liefern dann sehr gesuchte Klinkerwaare. Mein nach obigen Principien construirter Ziegelofen besteht aus 4 paarweise neben einander liegenden Oefen A¹, A², A³, A⁴ von länglich parallelopipedischem Querschnitt, von denen jeder einen Fassungsraum von 8000–10,000 Ziegeln hat. Zwischen je zwei derselben, in der Höhe von circa 12' über dem Erdboden, liegen die sorgfältig in Charmottesteinen ausgeführten überwölbten Feuerungen B¹, B², die durch eine starke Feuerbrücke geschieden sind. Der ganze Ofen ist mit einem leichten Dache bedeckt und mit Auffahrten für die Kohle, zwei Ständen für den Heizer und einer rings herum laufenden Gallerie versehen. Die auf dem Roste entwickelte Flamme schlägt durch seitliche Oeffnungen in die sorgfältig überwölbten Oefen, steigt hier hinab und zieht am Boden durch den durchbrochenen Zugcanal ab. Der Zug wird durch vier Schornsteine C¹, C², C³, C⁴ bedingt, die sowohl am Fuße, als auch auf halber Höhe mit dem Ofenraum correspondiren. Richtig angebrachte Schieber aus in Eisen gefaßten Charmotteplatten erlauben die nöthige Regulirung des Zuges. Der Betrieb ist nun folgender: Wir denken uns alle Oefen durch die angebrachten Thüröffnungen mit lufttrocknen Steinen besetzt, diese Thüren alsdann durch Ziegelabfall verschlossen und gut verstrichen. Man macht alsdann auf Feuerung B¹ ein gelindes Feuer an und leitet die Flamme im Ofen A¹ abwärts und von dort durch den untern Zugcanal in den zugehörigen Schornstein C¹. Sobald das Schmauchfeuer vorüber, sperrt man diesen Schornstein ab und leitet die Flamme im Ofen A² aufwärts und durch die obere Oeffnung in den Schornstein C² ab. Sind die Ziegeln in A¹ nahezu gaar gebrannt, so schließt man diesen Ofen vollständig ab und läßt langsam abkühlen. Man macht dann auf B² Feuer, das man rasch steigern kann, indem der Ofen A² schon vorgewärmte Ziegeln enthält. Die Flamme geht durch A² abwärts, im Ofen A³ aufwärts und von dort durch die obere Oeffnung des Schornsteins C³ ab. Ganz derselbe Vorgang wiederholt sich beim Ofen A³ und A⁴. Bis man dahin gelangt, sind die Ziegeln in A¹ erkaltet, herausgenommen und durch frische lufttrockne Ziegeln ersetzt, so daß nun der obige Feuerungsgang sich ganz einfach wiederholt. Auf diese Art spart man bei vollem Betriebe sowohl die Kohlen als auch die Zeit, die man sonst zum Schmauchfeuer braucht, eine, wie praktische Ziegler wissen, sehr wesentliche Ersparniß, und erhält eine durchaus gleichmäßig gebrannte, nicht zerdrückte Waare. Specielle Bauzeichnungen können durch das oben angeführte polytechnische Bureau bezogen werden.