Titel: | Chemische Mittheilungen; von Prof. Dr. Rudolph Böttger. |
Fundstelle: | Band 151, Jahrgang 1859, Nr. CVI., S. 428 |
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CVI.
Chemische Mittheilungen; von Prof. Dr. Rudolph Böttger.
Aus dem Jahresbericht des physikal. Vereins zu
Frankfurt a. M. für 1857–1858.
Böttger's chemische Mittheilungen.
1. Ueber eine neue, mit geringen Kosten
auszuführende Bereitungsweise eines chemisch reinen Bleisuperoxyds.
Nachdem ich unlängstMan vergl. polytechn. Journal Bd. CXLVIII
S. 369. die Thatsache constatirt, daß frisch gefälltes Chlorblei beim Kochen mit einer Chlorkalklösung sich vollständig zersetzen
und in Bleisuperoxyd
überführen lassen könne, und bei dieser Gelegenheit eines noch zweckmäßigeren
Verfahrens zur Gewinnung dieses besonders bei der Zündholzfabrication in der neueren
Zeit in unglaublich großer Menge zur Verwendung kommenden Stoffes, durch die
Behandlung einer Auflösung von essigsaurem Bleioxyd mit einer Chlorkalklösung,
Erwähnung gethan, wobei ich hervorheben zu müssen geglaubt, daß es, zur Erzielung
eines besonders reinen Präparates., vortheilhaft sey, die
in Arbeit genommene Lösung des Bleiacetats nicht sogleich auf einmal mit einem
Ueberschuß von Chlorkalk zu behandeln: so freue ich mich, jetzt mittheilen zu
können, daß es mir gelungen, ein noch weit einfacheres und wohlfeileres
Darstellungsverfahren zu ermitteln, wonach man ein Präparat erhält, welches man als
ein wirklich chemisch reines bezeichnen kann. Man
verfährt dabei auf folgende Weise:
Man überschütte aufs Allerfeinste zerriebenes neutrales essigsaures Bleioxyd (reinen
Bleizucker) in einer geräumigen Porzellanschale mit einem Ueberschuß von filtrirter
vollkommen wasserklarer Chlorkalklösung, erhitze das Gemisch unter Umrühren bis zum
heftigsten Sieden, und fahre mit dieser Erhitzung so lange fort, bis die
aufsteigenden Dämpfe nicht mehr nach Chlor, sondern nach Essigsäure riechen. Ist
dieser Zeitpunkt eingetreten, dann pflegt auch das Bleiacetat schon vollständig in
Bleisuperoxyd übergegangen zu seyn. Man überzeugt sich hiervon sehr leicht, wenn man
zu einer kleinen abfiltrirten Probe der Flüssigkeit (die bei vollständig erfolgter
Zersetzung lediglich nur aus essigsaurem Kalk und Chlorcalcium besteht) einige
Tropfen Schwefelwasserstoffwasser setzt; tritt dabei eine Bräunung oder gar eine
Fällung von schwarzem Schwefelblei ein, so wäre dieß ein Zeichen, daß man dem
Inhalte der Porzellanschale noch Chlorkalklösung hinzufügen und mit dem Erhitzen des
Ganzen einige Zeit lang fortzufahren hätte. Ist dann der Zeitpunkt eingetreten, bei
welchem eine abfiltrirte Probe der Flüssigkeit nicht mehr
von Schwefelwasserstoffwasser getrübt wird, so überläßt man die Schale eine kurze
Zeit hindurch der Ruhe, schüttet die über dem schön braun gefärbten Superoxyde
stehende Flüssigkeit vorsichtig ab, bringt das Oxyd auf ein doppelt zusammengelegtes
Papierfilter und süßt es hier so lange mit destillirtem Wasser aus, bis das
Ablaufende bei Zusatz einiger Tropfen einer oralsauren Ammoniaklösung keine
Kalkreaction mehr zu erkennen gibt. Man erhält, wie man sieht, auf diese Weise den ganzen Bleigehalt des essigsauren Salzes in der
Gestalt von Superoxyd, und zwar in einer Reinheit, wie dasselbe wohl schwerlich auf
einem anderen Wege mit so geringen Kosten und Umständen zu erzielen seyn dürfte.
Bei ganz gleicher Behandlung von fein zerriebenem Manganchlorür
mit einer filtrirten
klaren Chlorkalklösung, erhält man ein chemisch reines Mangansuperoxyd. Kocht man dagegen auf gleiche Weise gepulvertes essigsaures Manganoxydul mit Chlorkalklösung, so sieht
man neben dem Superoxyde, besonders bei oftmals erneuerter Chlorkalklösung, auch
eine nicht unbedeutende Menge von übermangansaurem Kalke
sich bilden, der als prachtvoll roth gefärbte Flüssigkeit das Superoxyd überdeckt;
es ist daher rathsamer, sich stets des Manganchlorürs zu
dem letztgenannten Zwecke zu bedienen.
2. Leichte Ueberführung des
Ferrocyankaliums in Ferridcyankalium.
Erhält man eine durch Aetzkali stark alkalisch gemachte Auflösung von gelbem
Blutlaugensalz, unter Zusatz einer entsprechenden Menge von Bleisuperoxyd, einige
Zeit lang im Sieden, so gewinnt man aus der filtrirten dunkelgelb gefärbten
Flüssigkeit beim gehörigen Abdampfen und Hinstellen, in ganz kurzer Zeit sehr schöne
rothe Krystalle von Ferridcyankalium, die man, um sie vollkommen rein zu haben, nur
ein einzigesmal umzukrystallisiren braucht. Auch unter Mitanwendung von doppelt-kohlensaurem Kali, statt des Aetzkalis,
sieht man das Cyanür theilweise in Cyanid übergehen.
3. Ueber Färbung des Messings und
Kupfers.
Taucht man ein blank polirtes und zugleich vollkommen reines Stück Messingblech in
eine verdünnte Lösung von neutralem essigsaurem Kupferoxyd (sogenanntem
krystallisirten Grünspan), in welcher keine Spur freier Säure enthalten seyn darf,
bei mittlerer Temperatur auf nur wenige Augenblicke ein, so sieht man dasselbe sich
außerordentlich schön goldgelb färben. Bestreicht man
blank geputztes Messing einigemal mit einer sehr
verdünnten Lösung von Kupferchlorid, so erscheint es mattirt und grünlichgrau bronzirt. Erhitzt man
blank polirtes Messing ganz gleichförmig so stark, als man es noch eben, ohne sich
zu verbrennen, handhaben kann und überstreicht es in diesem erhitzten Zustande dann
recht behende und möglichst gleichförmig ein einzigesmal mit einem in Liquor stibii chlorati (dem gewöhnlichen officinellen
Chlorantimon) eingetauchten und schwach ausgedrückten Baumwollbäuschchen, so erhält
man dasselbe überaus schön violett gefärbt. Um blank
polirtes Kupfer schön bläulichgrau zu bronziren, braucht man es nur mit einer Flüssigkeit
oberflächlich zu bestreichen, welche man erhält, indem man Zinnober in der Wärme mit
einer Auflösung von Schwefelnatrium, der man etwas Aetzkali zugesetzt hatte, digerirt.
4. Sehr empfehlenswerther
Porzellankitt.
Ein vor Kurzem auf hiesiger Frankfurter Messe feilgebotener angeblich aus Paris
stammender Porzellankitt, der wegen seiner leichten Handhabung und Güte sich eines
außerordentlichen Absatzes zu erfreuen gehabt, besteht, meinen Untersuchungen
zufolge, aus einem innigen Gemenge von 20 Gewichtstheilen des besten und auf das
Allerfeinste gepulverten arabischen Gummis und 80 Gewichtstheilen gut gebrannten
schneeweißen, sogenannten Alabastergypses. Dieses Gemenge rührt man beim Gebrauch
auf einer matt geschliffenen Glasplatte mit einem Messer, unter Zusatz einer kleinen
Quantität kalten Wassers, zu einem etwas steifen Breie an, und belegt damit in ganz
dünner Schicht die Ränder des zu kittenden porzellanenen oder gläsernen
Gegenstandes, drückt diese hierauf recht sorgfältig hart an einander und läßt so den
Gegenstand etwa 12 bis 24 Stunden, bei mittlerer Temperatur, unberührt liegen.
Entfernt man dann mit einem scharfen Messer vorsichtig den beim Zusammendrücken des
gekitteten Gegenstandes aus den Fugen wulstig ausgetretenen Theil des Kittes, so hat
man die Freude, den zerbrochen gewesenen Gegenstand auf das Schönste wieder
hergestellt zu sehen. Obwohl die so zusammen gekitteten Theile außerordentlich fest
aneinander haften, so ist doch selbstverständlich, daß auf diese Art regenerirte
Gegenstände weder allzu hohen Temperaturen, noch auch der Nässe ausgesetzt werden
dürfen. Hat man vielleicht farbige Luxusgegenstände aus
Porzellan oder Glas zu kitten, so kann man, unbeschadet der Haltbarkeit des Kittes,
dem ursprünglichen Gemenge von Gummi und Gyps eine entsprechende kleine Quantität
eines farbigen Metalloxydes, wie z.B. Eisenoxyd, Chromoxyd, oder Ultramarin und
dergleichen beimischen.
5. Ueber die Anfertigung einer
ausgezeichnet schönen Copirtinte.
Eine ganz vortreffliche Copirtinte, welche der aus England um schweres Geld bezogenen
an Farbe und Güte kaum nachsteht, überdieß sehr wohlfeil und von Jedermann leicht
anzufertigen ist, auch weder Gummi noch Zucker als Verdickungsmittel enthält,
bereitet man, meinen Beobachtungen zufolge, ganz einfach auf folgende Weise: Man
koche in einer Porzellanschale 1 Gewichtstheil Alaun, 2 Gewichtstheile Kupfervitriol
und 4 Gewichtstheile Campecheholzextract mit 48 Gewichtstheilen Regenwasser, bis
eine vollständige Auflösung genannter Ingredienzen eingetreten ist. Sodann filtrire
man das Ganze durch dichte Leinwand oder graues Filtrirpapier. Das violett röthlich
gefärbte Filtrat, d.h. die nunmehr zum Gebrauche fertige Tinte fülle man in gut
zu verschließende Gläser, und halte diese auch beim Nichtgebrauch stets geschlossen,
um einem Dickwerden und einer Schimmelbildung vorzubeugen. Die beim Schreiben
anfänglich etwas blaß erscheinenden Schriftzüge nehmen in ganz kurzer Zeit eine
intensiv schwarzblaue Farbe an. Eine von solchen Schriftzügen genommene Copie
erscheint Anfangs zwar gleichfalls etwas blaß, wird aber auch schon in wenigen
Minuten intensiv dunkelblau.