Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 151, Jahrgang 1859, Nr. , S. 153 |
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Miscellen.
Miscellen.
Radbandagen ohne Schweiß.
Ein neuer und wichtiger Industriezweig – schreibt der Moniteur des Intérêts matériels, 1858 S. 409 –
ist so eben in unserem Lande eingeführt, nämlich die Anfertigung ungeschweißter
Bandagen zu Locomotiv- und Wagenrädern. Die Gesellschaft des Eisenwerks Ougrée zu Seraing bei Lüttich hat mit dem Hause
Petin,
Gaudet, Jackson und Comp. zu Rive-de-Gier
(Südfrankreich), wegen Anwendung des dortigen patentirten Verfahrens in Belgien
unterhandelt und bereits ein großes Werk angelegt, welches mit dem besten Erfolge in
Gang gekommen ist. Diese neue Fabrication besteht in einer Reihe rasch nacheinander
folgender Operationen, durch welche man vollkommen fertige Bandagen erhält. Eine
Schiene von Eisen oder Stahl wird erst gewalzt und kommt dann in einen sogenannten
„enrouleur“
(Ineinanderdreher oder Aufwickler); dieser bildet daraus einen Ring, welcher aus
nebeneinander liegenden Spiralgewinden besteht gleich denen eines Pfropfenziehers,
dessen Gewinde man vollkommen zusammengedrückt hätte. Jene Spirale wird weißglühend
unter einem sehr schweren Hammer zusammengeschweißt, und dabei zugleich aus dem
Gröbsten geformt; dann kommt das Stück in ein erstes Walzwerk, durch welches es
weiter gestaltet, und in ein zweites Walzwerk, wo es vollendet und geglättet wird.
Alles dieß geschieht mit einer solchen Genauigkeit, daß auf der Hütte zu
Rive-de-Gier unter hundert Stücken kaum eines mißglückt und so rasch,
daß man täglich 60000 Kilogr. (= 1200 Ctr. preuß) Radbandagen so anfertigen kann,
daß sie einer Abdrehung nicht bedürfen. Die Bandage zeigt keine Spur eines
Schweißes, denn sie besteht nur aus einem Ringe, welcher durch eigens eingerichtete
Walzen geht, hierbei nur im Durchmesser zunimmt und zugleich die verlangte Form
erhält. – Bisher bestand in Europa nur ein einziges solches Werk, und die in
Frankreich damit erlangten Erfolge bestimmten die Gesellschaft von Ougrée, diesen Industriezweig in Belgien
einzuführen, wo sich bei dem billigen Preise und der guten Beschaffenheit des Eisens
ein großer Absatz an alle in- und ausländischen Eisenbahnen erwarten
läßt.Hr. Dr. H. Schwarz,
der Redacteur der Wochenschrift des schlesischen Vereins, bemerkt:
„Radbandagen von dem Werke Rive-de-Gier waren
schon auf der Ausstellung zu Paris im J. 1854. Auf der Hütte wurden aber
die Einrichtungen nicht gezeigt; wie wir vernommen, geschieht das
Auswalzen des Ringes, was die Hauptsache zu seyn scheint, zwischen einem
Walzenpaare, welches auf der einen Seite frei liegt, so daß von dieser
Seite her der Ring zwischen die Walzen gelangt.“
(Wochenschrift des schlesischen Vereins für Berg- und Hüttenwesen,
1858, Nr. 3.)
Ueber P. Emich's patentirtes
Verfahren zur vollkommenen Wiederherstellung gebrochener
Kaliber-Walzen.
Hr. J. L. Canaval, Secretär der Handelskammer in
Klagenfurt, machte über dieses Verfahren in der allgemeinen Jahresversammlung des
Industrie- und Gewerbevereins für Kärnten am 24. October v. J. folgende
interessante Mittheilung:
„Es war bisher ein bei allen Eisenwalzwerken schwer empfundener
Uebelstand, daß gebrochene Kaliberwalzen nur durch den Umguß wieder hergestellt
werden konnten. Je weniger bisher die Versuche, diese Aufgabe auf andere Weise
zu lösen, allen in dieser Richtung gestellten Anforderungen genügten, desto mehr
Anerkennung muß einer Erfindung eingeräumt werden, welche das so lange
Angestrebte eben so einfach als wohlfeil und zugleich aufs Beste in Erfüllung
bringt.
Es gilt dieß von der Erfindung des Oberwerkführers der
Maschinen-Werkstätte zu Prevali, Hrn. Peter Emich, welcher vor einigen Monaten ein k. k. österreichisches
Privilegium auf das Verfahren zur vollkommenen Herstellung gebrochener
Kaliber-Walzen erhalten hat.
Diese Erfindung empfiehlt sich der besondern Beachtung vorzüglich deßhalb, weil
sie von unserer größten Eisenfabrik ausging, wo sich die zahlreichsten Fälle zur
Prüfung ihres praktischen Werthes darboten, und weil sie dort seit länger als
einem Jahre mit dem besten Erfolge angewendet wird, wie die nachstehenden
Thatsachen beweisen,
welche die dortige Werks-Inspektion an die Direction des Kärntner
Industrie- und Gewerbevereins berichtet.
Es sind vom Hrn. Emich binnen der letzten 3/4 Jahre
beim Eisenhüttenwerk Prevali folgende Walzen nach seinem patentirten Verfahren
zur weiteren Verwendung eben so brauchbar wie neue hergestellt worden:
1) eine drei- und vierzöllige Flammelwalze, an welcher
eine Rippe gebrochen war, die im Mai 1857 neu eingesetzt wurde, Nachdem
solche ein ganzes Jahr im Gebrauche gewesen, brach
2) an derselben Walze eine andere Rippe, die auch neu
eingesetzt wurde, so daß diese Walze fortwährend im Betriebe steht;
3) eine Abschnitt-Walze, an der eine Rippe im Juli
1857 wieder hergestellt wurde, und welche seitdem in Verwendung blieb;
4) eine siebenzöllige Flammelwalze, deren Zapfen abgebrochen
war, bekam im Juli 1857 einen neuen und arbeitete seitdem,
5) eine gleiche Flammelwalze welche im Bunde abbrach, ist
seit Oktober 1857 wieder hergestellt worden, und ist fortan im Gebrauche
geblieben;
6) eine Staatsbahn-Schienenwalze erhielt im Juli 1857
eine neue Rippe und hat seitdem mit Ausnahme der Nachdrehungsintervalle,
unausgesetzt bis zur letzten Schiene gearbeitet,
7) eine gleiche Schienenwalze verlor im August d. J. eine
Rippe, welche kürzlich wieder eingesetzt wurde,
8) eine Schienen-Vorstreckwalze erhielt im August 1857
eine neue Rippe, womit sie durch eilf Monate arbeitete; da brach
9) bei der Walze eine zweite Rippe, welche kürzlich wieder
hergestellt wurde;
10) eine Abschnitt-Walze erhielt kürzlich einen neuen
Zapfen, ist aber noch nicht in Verwendung gekommen.
Aus diesen Reparaturen geht hervor, daß alle möglichen
Walzenbrüche nach Hrn. Emich's Verfahren wieder
unschädlich gemacht werden können, und daß die Restaurationen vollkommen und
dauerhaft sind.
Aber auch die damit verbundenen pecuniären Vortheile sind von sehr bedeutendem
Belang; denn würden die obigen Walzen, wie bisher der Fall gewesen, nicht
restaurirt werden können, so müßten eben so viele neue Walzen angeschafft
werden. Eine kalibrirt abgedrehte Unterwalze obiger Art wiegt aber bloß bei 48
Zoll Bundlänge im Durchschnitte 30 Centner. Wird der Centner mit dem
durchschnittlichen
Preis von. 27 1/4 fl. angerechnet, so hätten obige 300
Ctr. Walzen
8,175 fl.
gekostet. Nach Abschlag der als Brucheisen noch
verwertheten 300 Ctr.
à 4
fl. mit
1,200 „
––––––––
verbliebe dem Werke ein durch diese Brüche verursachter
Schaden von
6,975 fl.
Die Selbstkosten der Wiederherstellung dieser zehn Walzen
betrugen bloß etwa 35 fl. per Stück, also im Ganzen
350 fl.
––––––––
Das Werk ist demnach durch diese einfache Herstellung der
beschädigten Walzen einem Schaden
von
6,625 fl.
entgangen, welche Summe für jeden Bruch den bedeutenden
Vortheil von 600 fl.
herausstellt.
Wenn auch bei jeder Reparatur der Patentbesitzer einen mäßigen Gewinnstantheil
für sich anspricht, so bleibt dennoch dabei eine so hohe Ersparniß für den
Walzenbesitzer, daß hinreichender Grund vorhanden ist, insbesondere solche
Werkseigenthümer welche mit schweren Walzen arbeiten, hiermit aufzumuntern, sich
um eine Erfindung zu bewerben, die den Besitzer bei jedem Walzenbruche vor einem
Verluste von mehreren Hundert Gulden schützt abgesehen von dem Zeitverluste und
Nutzentgange, welcher durch Anfertigung neuer Walzen herbeigeführt
wird.“
Bei dem allgemeinen Interesse, welches dieser Gegenstand für die Eisenindustrie
verdient, beschloß der Verein diesen Vortrag durch die Vereinszeitschrift und die
Landeszeitung bekannt zu geben. (Mittheilungen über Gegenstände der Landwirthschaft
und der Industrie Kärntens, November 1858, Nr. 11.)
Verbesserungen in der Stabeisenfabrication.
Hr. W. J. Armitage hielt in der vorjährigen Versammlung
der britischen Naturforscher zu Leeds einen Vortrag über die Eisenfabrication in der
Nachbarschaft dieser Stadt, worin er zwei wesentliche Verbesserungen im
Feineisenproceß mittheilte, welche dem Farnley-Eisenwerke eigenthümlich
sind.
Die erste besteht darin, daß man mit dem Wind zugleich Dampf in das Raffinirfeuer
leitet; durch Anwendung dieses Verfahrens wurde die Qualität des Eisens verbessert,
besonders für Kesselblech.
Die zweite Verbesserung besteht darin, daß man das Roheisen für das Feinen mit Stahl
verbindet; es werden nämlich Cementstahlstäbe in verschiedenen Verhältnissen im
Feineisenfeuer mit dem Roheisen zusammengeschmolzen, um eine vollkommene Mischung zu
erzielen. Das so erhaltene Feineisen zeigt auf seinem mehr silberweißen Bruch eine
vollkommen homogene Textur. Solches Feineisen ist zum Verfrischen im Puddelofen
geeigneter als das gewöhnliche Feinmetall. Ein Puddler welcher mit dem gewöhnlichen
Feinmetall in seiner zwölfstündigen Schicht neun Hitzen (300 Pfd.) verarbeitet, kann
mit dem Feineisen, für welches 2 Thle. Roheisen mit 1 Thl. Stahl verbunden wurden,
in derselben Zeit zwölf Hitzen durchmachen. Die erhaltenen Balls werden in
gewöhnlicher Weise weiter behandelt. Das mit dem neuen Feineisen erzeugte Stabeisen
(sogenanntes Stahleisen, steel iron) ist von
vorzüglicher Qualität; insbesondere läßt es sich ausgezeichnet gut schweißen und
lochen; auf dem Bruch zeigt es ein sehr feines, dichtes Korn; hinsichtlich seiner
Festigkeit im Vergleich mit dem bisherigen aus denselben Erzen dargestellten
Stabeisen liegen aber noch keine entscheidenden Versuche vor. Hr. Armitage hat sich den besprochenen Feineisenproceß
patentiren lassen. (Mechanics' Magazine, 1858, Nr.
1836.)
Ueber das Platinerz von Borneo.
Die allgemein verbreitete Annahme, daß Borneo einen nicht unerheblichen Theil des
Platins im Handel liefere, ist nach Bleckerode
(Poggendorff's Annalen der Physik, Bd. CIII S. 656) nicht begründet. Die Gewinnung
dieses Metalls ist bisher sehr vernachlässigt und fängt jetzt erst an; seit 1857
sind die ersten Handelsproben nach Amsterdam gekommen und vom Verf. untersucht
worden.
Die erste Beobachtung vom Vorkommen des Platins machte Hartmann, Resident in Bandjer-Massing, 1831, und Horner bestätigte sie bei seiner Reise durch das
Ratoesgebirge 1836. In denselben Jahren fand S. Müller
Platin in den Diamantenwäschen von Martapura, wo es nach dem Auslesen der Diamanten
nebst Gold zurückblieb und nach Entfernung des Goldes als
„Froschgold“ weggeworfen wurde. Im Stromgebiet des Barito
fand Schwaner 1843–47 Platin in den
Diluvialschichten, in denen Diamantwäschen sind. Aus dem bei der Diamantwäsche
hinterbleibenden schwarzen magnetischen Eisensand suchte man das Gold aus und warf
das Platin ebenfalls weg. In einigen der Goldwäschen von Playhary war das Verhältniß
des Platins zum Gold 1 : 10. in denen von Katapan 4 : 5 und in denen von
Soengi-Matjan 4 : 20. Die Wäschen liegen im Hügellande zu beiden Seiten des
Barito in einem Diluvium von weißem Quarzsand und magnetischem Eisensand, und die
Gerölle und Geschiebe der angränzenden Hügel bestehen aus Diorit, Syenit, Gabbro und
Quarzfragmenten aller Farben. An der Nordseite des Ratoesgebirges liegen Baumstämme
jetziger Vegetation und Producte menschlichen Kunstfleißes im Diluvium.
Der Verf. untersuchte die Probe Platinsand nach der in der Petersburger Münze
üblichen Methode und fand
70,21 Proc.
Platin,
3,97 „
Gold,
8,83 „
Osmium-Iridium und unlösliche Mineralsubstanzen,
15,38 „
Eisen, Kupfer, Iridium, Osmium, Palladium, Rhodium,
1,61 „
in Salzsäure gelöstes Eisen- und Kupferoxyd.
Das Erz wurde zuvor mit Salzsäure behandelt. Es war nicht magnetisch und bestand aus
ovalen oder rundlichen Blättchen, untermengt mit octaedrischen kleinen
Goldkrystallen, Topas, Hyazinth, Rubin (?), Diamant, Quarz und Feldspath.
Eine Analyse nach Berzelius' und Claus' Methode lieferte folgende Zusammensetzung in 100 Theilen
1,130,50
Eisenoxyd,Kupfer,
unlöslich in Salzsäure,
1,15
Osmium,
3,97
Gold,
70,21
Platin,
6,13
Iridium,
1,44
Palladium,
0,50
Rhodium,
5,80
Eisen,
0,34
Kupfer,
8,83
Osmium-Iridium und Mineralsubstanzen.
Einige Versuche mit je 2 Grm. Erz gaben nachstehende Zahlen, welche die sehr
veränderliche Zusammensetzung des Platinerzes beweisen:
Gold
4,62
0,90
1,33
Platin
65,22
71,21
75,03
Iridium
–
9,23
3,22
Unlösliches
9,61
8,13
10,15
(Journal für praktische Chemie, Bd. LXXIV S. 361.)
Ueber die Reduction der Quecksilbersalze durch metallisches
Kupfer; von Prof. A. Vogel
jun.
Das als Reaction allgemein gebräuchliche Ausfällen des Quecksilbers auf metallischem
Kupfer zeigt, wie ich beobachtet habe, eine eigenthümliche Unbeständigkeit.
Kupferbleche, die nicht allzustark durch Eintauchen in eine sehr verdünnte
Quecksilberchloridlösung verquickt sind, verlieren beim Liegen an der Luft bald, in
12 Stunden, den metallischen Ueberzug. Man könnte geneigt seyn, dieses
Wiederhervortreten der Kupferfarbe aus der schon nachgewiesenen Verdunstung des
metallischen Quecksilbers bei gewöhnlicher Temperatur zu erklären, die dann hiedurch
in einem auffallenden Grade bestätigt wäre, wenn anders man nicht ein tieferes
Hineindringen des Quecksilbers in die Masse des Kupfers als den Grund dieser
Erscheinung ansehen will. Merkwürdig ist dabei, daß die auf solche Weise
zugerichtete Kupferfläche für Lichteinwirkung sehr empfindlich
geworden ist. Während zunächst nach dem Verschwinden der Quecksilberfarbe
die des reinen metallischen Kupfers hervortritt, fängt die Fläche sodann alsbald an
sich tiefer gelb violett und endlich schwarz unter der Einwirkung des Lichtes zu
färben. Theile der Kupferfläche, die durch Ueberdeckung dem Lichte nicht ausgesetzt
waren, zeigten die Verfärbung nicht. Der gefärbte Ueberzug löste sich in
concentrirter Essigsäure auf und es trat die reine Kupferfarbe wieder hervor, so daß
hiernach wohl zu vermuthen ist, in den gefärbten Schichten finde sich kein
Quecksilber mehr. Die Essigsäure, in welcher die Kupferstreifen gelegen hatten,
zeigte beim Versetzen mit Kaliumeisencyanür ein eigenthümliches Verhalten, es trat
dadurch ein tiefvioletter fast schwarzer Niederschlag ein neben eingemengten weißen
Partien beim längeren Stehen des Niederschlages. Als ich den Niederschlag
abzufiltriren versuchte, löste er sich nach dem Entfernen der Essigsäure in Wasser
und ging ganz als eine braunschwarze Flüssigkeit durchs Filtrum. Da die
beschriebenen Versuche mit galvanisch-niedergeschlagenem Kupfer angestellt
waren, so muß diese Abweichung in der Reaction auf Kupfer wohl zu einer weiteren
Verfolgung Veranlassung geben.
Noch ist in Bezug auf die Ausfällung des Quecksilbers durch Kupfer aus solchen
verdünnten Quecksilberchloridauflösungen zu bemerken, daß sich die Kupferplatten
zuerst mit einer gelben Schicht überzogen, so daß wie gewöhnlich erst durch Reiben die Verquickung
deutlich sichtbar wurde. Dabei heftete sich an das zum Abwischen gebrauchte Tuch ein
reichlicher gelber Niederschlag, der nach dem Lösen in Essigsäure die gewöhnliche
Kupferreaction mit Kaliumeisencyanür gab und also wohl Kupferoxydulhydrat seyn
dürfte. (Buchner's neues Repertorium der Pharmacie, Bd. VII S. 481.)
Ueber Darstellung wasserfreier Schwefelsäure: von Prof. Osann.
Bei seinen Versuchen über den Ozonwasserstoff sah der Verf. sich oft genöthigt,
Nordhäuser Vitriolöl zu destilliren. Diese Flüssigkeit hat ein spec. Gewicht von
1,856 und siedet erst bei 288° C. Diese beiden Eigenschaften haben zur Folge,
daß bei Wiederaufnahme des Raumes, den die Dämpfe der Säure am Boden der Retorte
bilden, ein Stoßen stattfindet, welches leicht eine Zertrümmerung der Retorte nach
sich zieht.
Um den Folgen eines derartigen Unfalles zu entgehen, hatte der Verf. sich eines
bekannten Mittels bedient, welches darin besteht, einen zusammengewickelten
Platindraht in die Säure zu bringen. Es ist hierbei nothwendig, daß das eine Ende
desselben den Boden berührt, das andere über die Flüssigkeit hinausragt. Dieß Mittel
hat sich bei dieser Destillation vollkommen bewahrt. Man kann mit einem solchen
Platindrahte Vitriolöl über einer doppelzügigen Lampe ohne alle Gefahr
destilliren.
Hierbei machte der Verf. nun die Bemerkung, daß das Destillat eine beträchtlich
größere Menge wasserfreie Schwefelsäure enthält, als man bei einer Destillation ohne
Platindraht erhält.
Die Vorlage befand sich in einem Wasserbade von + 10°. Man sah nun in dem
Destillate weiße Flecken entstehen, die immer größer wurden, und man beobachtete,
daß ungefähr die Hälfte der Säure zu einer weißen Masse wasserfreier Schwefelsäure
erstarrte. Nimmt man die Vorlage aus dem Wasserbade und stellt sie frei hin, so
verdampft ein Theil, während der andere zur wasserfreien Säure erstarrt. Zur
Erklärung dieser Erscheinung stellt der Verfasser folgende Betrachtungen an:
Der Siedepunkt einer Flüssigkeit hängt theils ab von der Individualität derselben,
theils von dem Drucke der Atmosphäre und endlich von dem Drucke, den die oben
aufliegenden Flüssigkeitsschichten auf die unterste ausüben, vorausgesetzt, daß die
Erhitzung von Unten geschieht. Wird die oberste Schicht der Flüssigkeit zum Sieden
gebracht, so ist nur der Druck der Atmosphäre zu überwinden, wird hingegen die
unterste bis zum Kochen erhitzt, so ist außer dem Drucke der Atmosphäre auch noch
der Druck der aufliegenden Flüssigkeitsschichten zu bewältigen. Die Flüssigkeit muß
daher in diesem Falle bei einer höheren Temperatur sieden, befindet sich nun ein
zusammengewickelter Platindraht in derselben, der von Unten nach Oben geht, so wird
die Wärme von dem Boden nach den oberen Schichten geführt, und die oberste Schicht
der Flüssigkeit kommt früher ins Kochen, als die untere. Nun ist offenbar, daß, da
das Vitriolöl eine Mischung von wasserfreier Säure und wasserhaltiger ist und
erstere bei einer niederen, letztere bei einer hohen Temperatur siedet, erstere von
letzterer mehr überführen wird, wenn das Sieden bei einer hohen, als wenn es bei
einer niederen Temperatur vor sich geht. Siedet daher die oberste
Flüssigkeitsschicht, so wird verhältnißmäßig nur wenig wasserhaltige Schwefelsäure
mit übergeführt werden können. Der Verfasser hält es übrigens nicht für
unwahrscheinlich, daß die katalytische Kraft des Platins dabei mit wirksam sey.
(Verhandlungen der Würzburger physikalisch-medicinischen Gesellschaft vom 30.
October 1858.)
Ueber die Nachweisung von Phosphor in Speisen etc.; von Dr. Carl Lintner.
Um den Phosphor in Speisen u. dgl aufzufinden, hat Mitscherlich ein Verfahren angegeben, welches nichts zu wünschen übrig
läßt.Dieses, im polytechn. Journal Bd. CXXXIX S.
286 mitgetheilte Verfahren besteht darin, daß man die auf Phosphor
zu prüfende Substanz mit Schwefelsäure und der nöthigen Menge Wasser aus
einem Glaskolben destillirt und die Dämpfe durch ein gläsernes
Gasleitungsrohr in ein vertical gestelltes gläsernes Kühlrohr führt. Ist nun
Phosphor in der Substanz im Kolben enthalten, so geht mit dem Wasserdampf
auch Phosphordampf in das gläserne Kühlrohr über, und man sieht da, wo die
Dämpfe in den abgekühlten Theil dieses Rohres eintreten, im Dunkeln
fortwährend das deutlichste Leuchten, das sehr lange anhält.D. Red. Ich habe über dasselbe mehrere Versuche angestellt und immer mit dem besten
Erfolge. Das Leuchten in dem abgekühlten Theile des Kühlrohrs ist bei den geringsten
Mengen von Phosphor noch so deutlich und so anhaltend, daß dieses allein hinreichend
wäre, die Gegenwart von Phosphor unzweifelhaft darzuthun. Mir ist es aber überdieß
noch gelungen, selbst bei einem Versuche, in welchem das Innere einer Leberwurst mit
einem Phosphorteig gemengt wurde, der nur 1/4 Gran Phosphor enthielt, wahrnehmbare
und prüfungsfähige Spuren von Phosphor im Destillate zu erhalten.
Obgleich es nun gewiß nicht schwierig ist, den Phosphor, sobald er in Substanz
erhalten wird, die Menge mag auch noch so gering seyn, sicher als solchen zu
erkennen, so habe ich doch noch einige Versuche gemacht, seine Gegenwart auch noch
auf eine neuere Weise als die gewöhnliche – durch sein Leuchten, seine
Entzündbarkeit, seine Umwandlung in Phosphorsäure u.s.w. – zu
bekräftigen.
Ich benutzte hiezu die Entdeckung Böttger's, daß Phosphor
mit einer concentrirten Kupfervitriollösung gekocht, Phosphorkupfer bildet und
dieses im feuchten Zustande mit fein gepulvertem Cyankalium gemengt, leicht
entzündliches Phosphorwasserstoffgas entwickelt.Polytechn. Journal Bd. CXLIV S.
203.
Es war nun zuerst zu untersuchen, ob auch eine verdünnte
Kupfervitriollösung dieselben Resultate hervorbringt und wie groß die
Empfindlichkeit dieser Resultate ist. Zu diesem Zwecke wurden folgende Versuche
angestellt:
1) Wurde 1/8 Gran Phosphor in 2 Unzen Wasser gebracht, dieses zum Kochen erhitzt,
hierauf so viel einer Lösung von Kupfervitriol zugesetzt, bis die Flüssigkeit gut
blau gefärbt war und nun mit dem Kochen derselben einige Zeit lang fortgefahren.
Schon in kurzer Zeit hatten sich schwarze Punkte in der Flüssigkeit gebildet, die
endlich auf einem Filter gesammelt wurden Nachdem durch das Auswaschen mittelst der
Spritzflasche die schwarzen Theilchen so viel als möglich auf einen Punkt vereinigt
waren, wurde das Filter durch Pressen zwischen Fließpapier oberflächlich
abgetrocknet, hierauf noch feucht in ein kleines Reagensglas gebracht und die
schwarzen Flecke mit feingepulvertem Cyancalium bestreut. Augenblicklich entwickelte
sich Phosphorwasserstoffgas, welches sich zwar nicht von selbst entzündete, aber
untrüglich an seinem charakterischen Geruche zu erkennen war, auch wurde ein über
das Glas gelegtes, mit Höllensteinlösung getränktes weißes Druckpapier gleich
gebräunt.
2) Die Zündmasse von 2 Zündhölzchen (die Zündmasse von 20 Zündhölzchen dieser Sorte
enthielt an 1/2 Gran Phosphor) wurde auf dieselbe Weise, nachdem sie in 2 Unzen
Wasser gebracht war, wie oben behandelt Obgleich nun die Menge der schwarzen Punkte
auf dem Filter nur mit einem Anfluge zu vergleichen war, so gelang die Reaction mit
Cyankalium. d.h. die Wahrnehmung durch den Geruch und mit Höllensteinlösung wie im
vorigen Versuche noch vollkommen.
3) Zwei Drachmen einer gewöhnlichen Phosphorpaste, welche 1/2 Gran Phosphor enthielt,
wurden mit Wasser innig gemengt, zum Kochen erhitzt und dann mit einer Kupfervitriollösung dieses noch
länger fortgesetzt. Auch hier bildeten sich die schwarzen Punkte schnell und setzten
sich in der Ruhe vollkommen zu Boden. Durch sorgfaltiges Schlammen erhielt ich sie
fast ganz rein und konnte sie auf einem Filter in einer solchen Menge sammeln, daß
die Reaction auf Phosphorwasserstoff mit dem zerschnittenen Filter öfters wiederholt
werden konnte.
Endlich konnte ich nicht mehr an der Sicherheit dieser Reaction zweifeln und wendete
sie bei dem oben erwähnten Versuche mit der Leberwurst an, um den Phosphor im
Destillat, das nach Mitscherlich's Verfahren erhalten
wurde, nachzuweisen, und wie erwartet, war das Resultat ein vollkommen
befriedigendes. Es ist nur noch zu bemerken, daß das Filter nicht zu trocken, aber
auch nicht zu naß sey, da sonst die Reaction nicht andauernd ist. (Buchner's neues
Repertorium der Pharmacie, Bd. VII S. 410.)
Feuergefährlichkeit gläserner Dachziegel.
Der im vorigen Jahre gegen Abend in dem Dorfe Abbenrode bei Braunschweig entstandene
bedeutende Brand, der nach mehrwöchentlicher anhaltender Sonnenhitze und dadurch
entstandener Trockenheit sich sehr rasch verbreitete und selbst getrennt liegende
Gehöfte und Gebäude ergriff, ist wahrscheinlich durch die in das Dach eines
Pferdestalles an der Süd- und Westseite eingelegten linsenförmigen gläsernen
Hohlziegel entstanden, indem die in und hinter dem Glase sich brechenden und sich
sammelnden Sonnenstrahlen das auf dem Boden angehäufte, trockene, im Brennpunkt
liegende Stroh entzündeten. Man sieht daraus, wie sehr man bei Anbringung solcher
Glasziegel Vorsicht zu beobachten und sie nur nach Osten und Norden in das Dach
einzulegen hat. (Zeitschrift für Bauhandwerker.)
Elfenbein weich und dehnbar zu machen.
Nach dem von Geisler hierzu in Anwendung gebrachten
Verfahren werden die aus Elfenbein gefertigten Gegenstände in eine Auflösung von
Phosphorsäure gelegt, deren specifisches Gewicht 1,130 beträgt, und darin so lange
liegen gelassen, bis sie ein durchsichtiges Ansehen angenommen haben. Sie werden
hierauf aus der Säure genommen, mit Wasser abgespült und zwischen weichem Leinen
abgetrocknet. Sie sind jetzt so weich wie starkes Leder, werden an der Luft hart und
nehmen in warmem Wasser ihre vorige Weichheit wieder an Schwächere Phosphorsäure
bleibt ohne Wirkung Die Anwendung eines solchen Elfenbeins zu Milchsaugern für
kleine Kinder, zu Warzendeckeln bei wunden Brustwarzen und andern Gegenständen ist
von Wichtigkeit. Die Thatsache beruht offenbar auf der Auflösung eines Antheiles
Kalk indem sich hierdurch eine Verbindung erzeugt, welche einen geringeren
Kalkgehalt besitzt, als das Elfenbein. (Schweizerische polytechnische Zeitschrift,
1858 S. 183.)