Titel: Bericht über die Resultate einiger Untersuchungen des Wasserglases in Bezug auf das chemische Verhalten und die technischen Anwendungen desselben; von Andreas Lielegg.
Fundstelle: Band 153, Jahrgang 1859, Nr. XVI., S. 44
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XVI. Bericht über die Resultate einiger Untersuchungen des Wasserglases in Bezug auf das chemische Verhalten und die technischen Anwendungen desselben; von Andreas Lielegg. Aus der Zeitschrift des österreichischen Ingenieur-Vereins, April 1859, S. 62. Lielegg, über das chemische Verhalten und die Anwendungen des Wasserglases. Von Seite des österreichischen Ingenieurvereins wurde der Verfasser zu Anfang des Jahres 1858 aufgefordert, sich mit Untersuchungen über das Wasserglas zu beschäftigen, welche sich sowohl auf das chemische Verhalten als auf die Anwendungen desselben in der Technik erstrecken sollten. Wiewohl derselbe, durch anderweitige Berufspflicht in Anspruch genommen, nicht in der Lage war, den in Folge dieses Auftrages unternommenen Arbeiten die entsprechende Ausdehnung zu geben, so dürften die Ergebnisse derselben dennoch als Beiträge zur Kenntniß des Wasserglases hinreichendes Interesse haben, um in dem nachfolgenden Berichte vorgelegt zu werden. Derselbe enthält: 1) die chemischen Analysen von drei verschiedenen Arten von Wasserglas; 2) Verhalten des Wasserglases bei höherer Temperatur; 3) Reinigung des Wasserglases durch Alkohol; 4) Verhalten des Wasserglases gegen Aetzkalk, kohlensauren Kalk, Zink- und Bleiweiß; 5) Anwendung des Wasserglases zum Fixiren der Farben; 6) Anwendung des Wasserglases zum Imprägniren der Mauern und Steine; 7) Anwendung des Wasserglases zum Kitten. Analyse eines Natronwasserglases aus der Fabrik des Hrn. Seibel in Liesing. Das Wasserglas, welches in der genannten Fabrik dargestellt wird, ist eine zähe, grünlichgelbe, opalisirende Flüssigkeit von stark alkalischer Reaction. Die qualitative Analyse ergab neben den Hauptbestandtheilen Wasser, Natron und Kieselsäure noch eine geringe Menge von Chlornatrium, nebst sehr geringen Mengen von Schwefelnatrium, Kali und Schwefelsäure. Das specifische Gewicht wurde sowohl mit dem Pikrometer als mit dem Aräometer bestimmt; aus mehreren übereinstimmenden Versuchen ergab sich im Mittel eine Dichte von 1,27 = 33° Baumé. Um die Aenderung der Dichte des Wasserglases beim Verdünnen mit Wasser zu bestimmen, wurde es mit verschiedenen Quantitäten destillirten Wassers zusammengebracht; die Ergebnisse sind in folgender Tabelle zusammengestellt. Dichte Grade Baumé. Wasserglas 1,27 33 2 Theile Wasserglas mit 1 Theil Wasser 1,25 29 1 Theil Wasserglas mit 1 Theil Wasser 1,19 23 1 Theil Wasserglas mit 2 Theilen Wasser 1,13 16 Die quantitative Analyse wurde nach den Methoden, wie sie in den Lehrbüchern von R. Fresenius und H. Rose angegeben sind, ausgeführt. a)Wasserbestimmung. Mit Sicherheit konnte nur jene Wassermenge ausgemittelt werden, welche bei einer Temperatur von 90–100° C. entfernt werden kann, da sich das Wasserglas beim Erhitzen über 100° sehr stark aufbläht und die Gefäße übersteigt. Es wurde daher eine gewogene Quantität in einem Lustbade so lange der Temperatur von 90–100° C. ausgesetzt, bis nach mehrmaligen Wägungen keine Gewichtsabnahme mehr wahrgenommen werden konnte. Aus mehreren Bestimmungen ergab die Berechnung im Mittel 50,13 Proc. Wasser aus dem Gewichtsverluste. b)Kieselsäurebestimmung. Eine gewogene Quantität wurde in einer Platinschale mit Wasser verdünnt, mit Salzsäure versetzt, im Wasserbade zur Trockne gebracht, schwach geglüht, mit concentrirter Salzsäure befeuchtet, nochmals geglüht, sodann mit Wasser auf ein Filter gebracht, gut ausgewaschen, getrocknet, geglüht und gewogen. Aus drei übereinstimmenden Analysen ergab sich die Menge der Kieselsäure im Mittel mit 22,258 Procent, c)Natronbestimmung. Aus der von der Kieselsäure abfiltrirten Flüssigkeit wurde das Natron, durch Versetzen mit Schwefelsäure, Eindampfen in der Platinschale und nachheriges Glühen, als schwefelsaures Natron bestimmt. Aus drei übereinstimmenden Bestimmungen ergab sich die Menge desselben mit 11,178 Procent, d)Chlorbestimmung. Von den Verunreinigungen war nur das Chlor in bestimmbarer Menge vorhanden. Um dieses zu bestimmen, wurde eine gewogene Quantität mit viel Wasser verdünnt, mit Salpetersäure versetzt, längere Zeit gekocht um das Schwefelnatrium zu zerlegen, mit salpetersaurem Silberoxyd das Chlor gefällt, der Niederschlag auf einem Filter gesammelt, ausgewaschen, getrocknet und gewogen. Aus zwei Bestimmungen ergaben sich 0,416 Proc. Chlor, welche bei der Abwesenheit anderer Körper nur an Natrium gebunden seyn konnten; die diesem entsprechende Natronmenge ist daher von der oben mit 11,178 Procent angegebenen schon in Abrechnung gebracht. Zusammenstellung der Resultate. Bestandtheile in 100 Theilen. Kieselsäure 22,258 Natron 11,178 Chlornatrium   0,685 Wasser bei 100° C. abgegeben 50,130 Wasser bei höherer Temperatur entfernbar 15,749 ––––––––––––––––––––––– Zusammen 100,000 Aus dieser procentischen Zusammensetzung resultirt, daß dieses Wasserglas nahezu 66 Proc. Wasser und 33,4 Proc. kieselsaures Natron enthalte und daß sich die Natrommenge zur Kieselsäuremenge verhalte wie 1 : 2,04 welchem Verhältnisse nahezu die Formel NaO, 2 SiO² entspricht. Analyse eines Natronwasserglases aus München. Durch die Güte des Hrn. Professors Förster erhielt der Verfasser ein in München dargestelltes Natronwasserglas zur chemischen Analyse. Dasselbe ist eine gelbliche, durchscheinende Masse, von muschligem Bruche und geringer Härte, es ist in kaltem Wasser bis auf einen sehr geringen, aus abgeschiedener, unlöslicher Kieselsäure bestehenden Rückstand vollkommen und leicht löslich. Die qualitative Analyse ergab neben den Hauptbestandtheilen: Natron, Kieselsäure und Wasser noch geringe Mengen von Chlor und Kali, welche jedoch den quantitativen Bestimmungen dieser beiden Körper zufolge keinen bemerkenswerthen Einfluß auf die Zusammensetzung dieses Wasserglases ausüben, endlich noch Spuren von Schwefelsäure und Schwefelalkalien. Quantitative Analyse. a) Wasserbestimmung. Eine gewogene Quantität des Wasserglases wurde in einem bedeckten Platintiegel in ein Luftbad gestellt und so lange einer Temperatur von 95–100° C. ausgesetzt, bis nach wiederholten Wägungen keine Gewichtsabnahme mehr wahrgenommen werden konnte. Aus zwei übereinstimmenden Versuchen ergab sich die Menge Wasser, welche dieses Wasserglas bei 100° C. abgibt, im Mittel mit 25,686 Proc. Durch langsames Steigern der Temperatur von 100° E. bis zur Glühhitze gelang es, das Wasserglas vollkommen zu entwässern; dasselbe blähte sich hiebei mit vielen, jedoch nur kleinen Blasen auf, so daß es das Zehnfache seines ursprünglichen Volums einnahm. Die Wassermenge, welche auf diese Weise erst in der Glühhitze vertrieben werden kann, beträgt im Durchschnitt 12,97 Proc., die Totalmenge des Wassers beträgt daher 38,66 Procent. b) Die Bestimmung des Natrons und der Kieselsäure geschah auf gleiche Weise wie bei der ersten Analyse. Zusammenstellung der Resultate. Bestandtheile in 100 Theilen. Wasser bei 100° C. abgegebenWasser bei höherer Temperatur abgegeben 25,6912,97 38,86 KieselsäureNatron 44,64  16,252   60,892 ––––––––––––––––––––––––   99,552   99,552 Kali, Chlor und Schwefelsäure     0,448     0,448 ––––––––––––––––––––––––   100,0   100,0 Zur Berechnung der Formel ergab sich das Verhältniß von Natron zu Kieselsäure und zu Wasser, welches bei 100° C. noch nicht abgegeben wird, wie 1 NaO: 2,82 SiO²: 2,75 HO, welchem Verhältniß die Formel 4 NaO, 11 SiO2 + 11 HO oder ohne Berücksichtigung des Wassers die genauere 5 NaO, 14 SiO² entspricht. Analyse eines Kaliwasserglases (silicate de potasse) aus der Fabrik des Hrn. Fried. Kuhlmann in Lille. Durch die Güte des Hrn. Prof. Schrötter erhielt der Verfasser ein von F. Kühlmann in Lille dargestelltes Kaliwasserglas zur chemischen Untersuchung. Dasselbe ist ein grünlichweißer, durchscheinender, harter und glasartiger Körper, von muschligem Bruche und alkalischem Geschmacke. Es ist in kaltem Wasser beinahe unlöslich, in heißem Wasser erst nach längerem Kochen unter Ausscheidung von unlöslicher Kieselsäure. Die qualitative Analyse ergab neben Kieselsäure und Kali noch geringe Mengen von Wasser, nebst Spuren von Eisenoxyd, Thonerde, Kalk und Natron. Die quantitativen Bestimmungen des Wassers, der Kieselsäure und des Kali wurden wie in den vorigen Analysen ausgeführt; Thonerde, Eisenoxyd und Kalk wurden zusammen mit Oxalsäure und einem Ueberschuß von Ammoniak gefällt, ausgewaschen, getrocknet, geglüht und gewogen. Zusammenstellung der Resultate. Bestandtheile in 100 Theilen. Kieselsäure 63,6 Kali 34,4 Wasser       0,689 Eisenoxyd, Thonerde und Kalk       1,273 ––––––––––––     99,962 Es enthält demnach dieses Wasserglas 98 Proc. kieselsaures Kali, und geringe Mengen von Wasser, welche dasselbe erst aus der Luft aufgenommen zu haben scheint. Der procentischen Zusammensetzung nach verhält sich die Kalimenge zur Kieselsäuremenge wie 1 : 2,89, welchem Verhältnisse die theoretische Formel KO, 3 SiO² nahe kommt. Zur leichteren Uebersicht folgt eine Tabelle, in welcher die Resultate sämmtlicher Analysen zusammengestellt sind. Bestandtheile. WasserglasausLiesing. WasserglasausMünchen. WasserglasausLille. Wasser 65,879 38,66      0,689 Kieselsäure 22,258 44,64 63,6 Natron 11,178   16,252 Kali 34,4 Ueber die Zersetzung des Wasserglases in der Glühhitze. Die Untersuchung bezieht sich auf das Natronwasserglas aus München. Bei Gelegenheit der Bestimmung der Totalmenge des Wassers wurde die Temperatur von 100° C. allmählich bis zur schwachen Glühhitze gesteigert und die Erhitzung so lange fortgesetzt, bis alles Wasser vertrieben war. Das entwässerte Wasserglas wurde nun längere Zeit mit heißem Wasser digerirt, wobei ein Theil desselben unlöslich blieb, welcher sich der chemischen Untersuchung zufolge als unlösliche Kieselsäure erwies. Zum Behufe der quantitativen Bestimmung der durch das Glühen unlöslich abgeschiedenen Kieselsäure wurde eine gewogene Quantität auf die angegebene Weise entwässert, mit heißem Wasser digerirt, der unlösliche Theil auf einem Filter gesammelt, gut ausgewaschen, getrocknet, geglüht und gewogen. Aus dem Filtrate wurde sodann die noch in Lösung befindliche Kieselsäure und das Natron quantitativ bestimmt. Die Ergebnisse der Analyse waren folgende: Bestandtheile in 100 Theilen. Durch das Glühen abgeschiedene Kieselsäure 12,47 Aus dem löslichen Theil abgeschiedene Kieselsäure 32,07 Natron   15,982 Wasser 38,66 ––––––––––––   99,182 Berechnet man aus der procentischen Zusammensetzung des in Wasser löslichen Theiles die den Aequivalenten entsprechenden Verhältnißzahlen, so findet man, daß sich die Natronmenge zur Kieselsäuremenge verhalte wie 1 : 2,06, welchem Verhältnisse die Formel NaO, 2 SiO² entspricht. Es kann demnach ein kieselsaures Natron, welches auf ein Aequivalent Natron mehr als zwei Aequivalente Kieselsäure enthält, bei der Glühhitze nicht bestehen, es zerlegt sich in Kieselsäure und in ein Salz von constanter Zusammensetzung NaO, 1 SiO²; dieses kann in gelöstem Zustande und bei gewöhnlicher Temperatur wieder gallertartige (lösliche) Kieselsäure auflösen und sich damit vollkommen sättigen; den Sättigungspunkt jedoch zu erkennen ist schwierig, da das Wasserglas hiebei immer mehr und mehr trübe und opalisirend wird, und hiedurch jeder Anhaltspunkt zur Beurtheilung, ob Kieselsäure noch gelöst wird, oder nur mechanisch in der syrupdicken Flüssigkeit vertheilt ist, verloren geht und überdieß auch die Temperatur darauf Einfluß nimmt. Je größer der Gehalt an Kieselsäure, desto schwieriger ist ein Wasserglas schmelzbar und desto weniger ist es löslich; am leichtesten schmelzbar ist das Doppelwasserglas, welches Kieselsäure, Kali und Natron enthält. Reinigung des Wasserglases durch Alkohol. Gießt man eine concentrirte Kaliwasserglaslösung in gewöhnlichen Spiritus, so entsteht ein weißer Niederschlag, welcher nach I. N. v. Fuchs das Wasserglas unverändert enthält. Nach Forchhammer fällt wenig Alkohol aus einer concentrirten Kaliwasserglaslösung eine an Kieselsäure reichere Verbindung, indem etwas Kali aufgelöst wird. Gießt man eine concentrirte Natronwasserglaslösung in gewöhnlichen Spiritus, so entsteht zwar kein Niederschlag, aber dieselbe setzt sich als schleimartige Masse zu Boden, mischt sich mit dem Spiritus nicht und erhärtet nach mehreren Tagen zu einer weißen Masse, welche in heißem Wasser wieder vollkommen und leicht löslich ist. Dieses Verhalten gibt ein Mittel an die Hand, das Wasserglas zu reinigen; ich fand in dem Spiritus alle Verunreinigungen, sogar jene, welche sonst in Alkohol unlöslich sind. Die Möglichkeit der Entfernung dieser Verunreinigungen erklärt sich durch den Wassergehalt des Spiritus und durch die geringe Menge derselben, welche bei dem zu diesem Versuche angewandten Natronwasserglase aus München kaum 0,5 Proc. betrug. Dieses so gereinigte Wasserglas dürfte besonders in der Stereochromie mit Vortheil anzuwenden seyn.Mit Weingeist gereinigtes Natronwasserglas wurde von den HHrn. Kaulbach und Echter bei Ausführung der Wandgemälde im neuen königl. Museum zu Berlin angewendet.A. d. Red. Verhalten des Wasserglases gegen Aetzlalk. Zu diesem, sowie zu den folgenden Versuchen wurde das in der Fabrik des Hrn. Seibel dargestellte Natronwasserglas verwendet. Reibt man Aetzkalk mit Wasserglas in einer Schale zusammen, so stockt die Masse schnell und gibt eine zähe, jedoch wenig adhärirende Masse. Das Wasserglas erleidet hiebei eine Zersetzung und es bildet sich kieselsaurer Kalk, während Aetznatron ausgeschieden wird. Es wurde Aetzkalk mit Wasserglas zu einem Teig abgeknetet, aus dem Teige Cylinder geformt und diese an der Luft getrocknet; die getrocknete Masse hatte eine geringe Härte, erhielt an der Luft Risse und Sprünge und zerfiel in Brunnenwasser gelegt in Stücke. Jedenfalls ist das freiwerdende Aetznatron von Nachtheil für das gebildete Product und gibt Anlaß zur Auswitterung von kohlensaurem Natron. Derselbe Versuch wurde schon von I. N. v. Fuchs ausgeführt und findet sich in dessen gesammelten Schritten ausführlich beschrieben; die angegebenen Thatsachen stimmen mit den von Fuchs gemachten Erfahrungen bis auf einen Punkt überein: er gibt nämlich an, daß das gebildete Product, der kieselsaure Kalk, wasserbeständig ist, auch muß bemerkt werden, daß er sich zu seinen Versuchen des Kaliwasserglases bediente. Verhalten gegen kohlensauren Kalk. Kreidestücke wurden in mit gleichen Theilen Wasser verdünnte Wasserglaslösung vom specifischen Gewichte 1,19 = 23° Baumé gelegt, nach einigen Tagen herausgenommen, an der Luft getrocknet, wieder hineingelegt und dieses Verfahren mehreremale wiederholt. Die Kreide nahm an Gewicht zu, verlor die Eigenschaft abzufärben, bekam eine größere Härte, erreichte jedoch die des Marmors nicht; vielleicht erlangt dieselbe diesen Härtegrad erst nach längerer Zeit. Es findet hiebei keine chemische Zersetzung zwischen Kreide und Wasserglas statt und wurde die Ansicht von Fuchs, welche sich jedoch auf Kaliwasserglas bezieht, hiedurch vollkommen bestätiget, welcher die Wirkung des Wasserglases auf Kreide durch die alleinige Wirkung der Adhäsionskraft, oder indem beide ohne sich zu zersetzen eine chemische Verbindung eingehen, erklärt. F. Kuhlmann nimmt die Bildung eines Siliciocarbonates sowohl bei der Darstellung des hydraulischen Kalkes aus fettem Kalke und Wasserglas unter Ausscheidung des Alkali, als auch bei der Behandlung des Mörtels mit Wasserglas an. Die Richtigkeit dieser Ansicht fand auch noch durch die mit imprägnirten Kreidestücken vorgenommenen Reactionen, bei welchen sich Kohlensäure und Kieselsäure nachweisen ließ, ihre Bestätigung. Kreidepulver mit Wasser zu einem Teige angemacht, dieser an der Luft getrocknet und mit Wasserglas getränkt, gibt eine weiße harte Masse. Es ist hiebei jedoch vortheilhafter, die ausgetrocknete Masse zuerst in stark verdünntes Wasserglas zu legen, weil dieses leichter in die Poren eindringt und erst nach wiederholtem Imprägniren und Austrocknen concentrirteres Wasserglas anzuwenden. Verhalten des Wasserglases gegen Zinkweiß und Bleiweiß. Reibt man Zinkweiß mit Wasserglas zusammen, so stockt die Masse nicht, sondern bildet je nach der Consistenz eine mehr oder minder klebrige Flüssigkeit. Es wird hiebei kieselsaures Zinkoxyd gebildet, welches in Wasser unlöslich ist. Dieses Verhalten deutet die Möglichkeit der Anwendung des Wasserglases zu Anstrichen mit Zinkweiß an, nur müßten diese dünn aufgetragen werden, da sonst durch das Austrocknen der Oberfläche an den dickeren Stellen Sprünge entstehen, wie dieß bei der oben angefertigten Masse nach ihrem Austrocknen der Fall war. Auch Bleiweiß zeigt ein ganz ähnliches Verhalten, nur müßte für diesen Körper das Wasserglas möglichst frei von Schwefelalkalien seyn, da sonst die Farbe des Anstriches bedeutend leiden würde. Anwendung des Wasserglases zum Fixiren der Farben. Bei Gelegenheit des Baues des israelitischen Tempels in der Leopoldstadt wurde der Verfasser von dem Vorstand des Ingenieurvereins, Hrn. Prof. Förster, aufgefordert, im Zusammenhange mit den im chemischen Laboratorium am k. k. polytechnischen Institute ausgeführten chemischen Arbeiten, Versuche über die praktische Anwendbarkeit des Wasserglases auszuführen und hiezu sowohl mit den erforderlichen Mitteln versehen, als auch mit den ersprießlichsten Nachschlagen unterstützt. Zu den Versuchen wurde ein Natronwasserglas aus München, welches auf ein Aequivalent Natron nahezu drei Aequivalente Kieselsäure enthält und dessen Analyse im Vorigen ausführlich enthalten ist, angewendet. Den Abhandlungen I. N. v. Fuchs' zufolge ist das Wasserglas ein vortreffliches Mittel, um die Farben auf den Malgrund festzubinden und vor den verschiedenen Einflüssen zu sichern, welchen dieselben ausgesetzt sind. Zur Ausführung bedient man sich eines eigens für diesen Zweck präparirten Wasserglases, Fixirungswasserglas genannt, sowie eines Malgrundes, welcher durch einen Verputz mit ausgewählten Materialien hergestellt werden muß. Diese Umstände erlauben jedoch die Anwendung nur bei monumentalen Wandgemälden, wie sie Kaulbach und Echter im neuen königlichen Museum zu Berlin ausgeführt haben. Es wurde daher versucht, mit dem gewöhnlichen Natronwasserglas auf den, ohne Berücksichtigung der nachfolgenden Application des Wasserglases, verworfenen und bemalten Wänden die Farben zu fixiren und mit theilweiser Benützung der von Fuchs angegebenen Vorschriften, die Versuche auf folgende Weise ausgeführt. Das Wasserglas, welches sich, wie es von München bezogen wurde, in einem gallertartigen Zustande befand, wurde in filtrirtem Regenwasser in einem kupfernen Kessel in der Kochhitze gelöst; der Kessel blieb während des Kochens, um die Einwirkung der Kohlensäure der Luft möglichst abzuhalten, bedeckt, und mit dem Kochen wurde so lange fortgefahren, bis sich eine Haut zu bilden begann; sodann ließ man abkühlen und ruhig absetzen. Die so bereitete, klare Wasserglaslösung hatte eine Concentration von 26° B. Zur Anwendung dieser Lösung wurde eine, nach den Angaben des Professors Schlotthauer in München angefertigte Spritze benützt, deren Einrichtung darin besteht, in einem gläsernen Cylinder durch einen luftdicht schließenden Kolben Luft zu comprimiren und durch diese auf die, in einem gläsernen Ballon befindliche Wasserglaslösung einen Druck auszuüben, in Folge dessen die Flüssigkeit durch ein Glasröhrchen in einem feinen Strahle herausspritzt, welcher durch die gleichzeitig an der Mündung auch ausströmende Luft in einen feinen Staubregen vertheilt wird. Auf diese Art wurden die Wände des Parterre's sowohl als der Gallonen, nachdem die Malerei vollkommen trocken war, auf eine Höhe von sechs bis sieben Fuß ein bis zweimal bespritzt. Der Erfolg war ein günstiger, denn die Farben färbten nicht mehr ab, bekamen hindurch einen dunkleren Ton, einige sogar Glanz, letzteres gilt vorzüglich vom Zinnober. Prager Roth, wenn es nicht zu dick aufgetragen ist, erhält durch das Wasserglas einen dunkleren, gesättigten Ton und verliert das erdige Ansehen. Ultramaringrün und Blau erhalten dadurch Glanz und saugen das Wasserglas begierig auf. Am wenigsten günstig für diese Behandlung ist das Brunin, eine dunkle Ockerart, welches drei, bis viermal bespritzt werden mußte, bevor es nicht mehr abfärbte, und da die Farbe sehr fein ist und sich leicht Flecken bildeten, so durfte die Wand jedesmal nur sehr schwach bespritzt werden. Die mit Kalk unter geringem Zusatz von Ultramaringrün getünchten Wände der Gänge und Stiegen wurden ebenfalls mit Vortheil bespritzt, nachdem sie soweit ausgetrocknet waren, daß man annehmen konnte, der Aetzkalk habe sich in halbkohlensauren Kalk verwandelt. Sollte der Kalk wegen Mangel an Luftzutritt nicht schnell genug Kohlensäure anziehen, so kann man die Wände mit einer verdünnten Lösung von kohlensaurem Ammoniak überfahren. Die Auswitterungen an den bespritzten Wänden waren gering und rührten meist von den Verunreinigungen der Farben her, welche geringe Mengen von schwefelsauren Salzen enthalten, die zerlegend auf das Wasserglas wirken. Anwendung des Wasserglases zum Imprägniren der Steine und Mauern. Die Art und Weise der Anwendung hängt von der Beschaffenheit des Materials ab. Bei weichen und porösen Steinen bietet ein Anstrich größere Vortheile als bei harten und wenig porösen. Ueberstreicht man einen weichen und porösen Kalkstein mit einer verdünnten Wasserglaslösung, so saugt sich diese in die Poren vollkommen ein, und wiederholt man die Anstriche mehrere Male nach jedesmaligem Austrocknen endlich mit einer vollkommen concentrirten syrupdicken Wasserglaslösung, so wird die Oberfläche des Steines vollkommen geschlossen, erreicht einen größeren Grad von Härte, welche der des Marmors nahe kommt, und gewinnt ein gefälligeres Aussehen. Der Ueberschuß von Wasserglas bildet einen glänzenden Ueberzug, welcher sich jedoch nicht lange hält und wie die Erfahrung zeigte, durch den Regen weggewaschen wird. Dieser Vorgang erklärt sich sowohl durch die Adhäsionswirkungen poröser Körper und nach den Ansichten von Fuchs durch eine chemische Verbindung, welche zwischen kohlensaurem Kalk und kieselsaurem Natron ohne gegenseitige Zersetzung erfolgt. Eine Zersetzung des Wasserglases unter Bildung von kohlensaurem Natron tritt beinahe immer, jedoch nur in geringem, oft kaum bemerkbarem Grade ein. Bei mergeligen oder vorher nicht vollkommen gereinigten Steinen ist die Bildung und Auswitterung von kohlensaurem Natron viel stärker. Bei harten Steinen, wie z.B. beim Kaiserstein, ist ein Eindringen des Wasserglases nicht möglich; es könnten somit nur die Poren und Vertiefungen damit ausgefüllt werden, welche sich an der Oberfläche befinden. Von Erfolg waren die Versuche, Mauern mit Wasserglas zu überstreichen; es wurde eine mit Mörtel beworfene, trockne Wand mit Wasserglas angestrichen, dasselbe wurde begierig aufgesogen und nach dem Austrocknen war der Mörtel bedeutend härter als der nicht imprägnirte. Will man auf einer so imprägnirten Wand malen, so hat man zu beachten daß mit dem Wasserglasanstrich die Poren der Mauer nicht verschlossen werden, was geschehen würde, wenn man eine stark concentrirte Wasserglaslösung in Anwendung brächte. Selbst übertünchte und bemalte Wände wurden zuerst mit verdünnter, sodann mit concentrirter Wasserglaslösung überstrichen, wodurch ein harter, glänzender, durchsichtiger Ueberzug hergestellt wurde; weiche und erdige Farben werden, wenn sie nicht dünn genug aufgetragen sind, durch den Anstrich in ihren Contouren unrein oder gar verwischt. Der Vortheil eines solchen Anstriches liegt nicht sowohl in dem gefälligeren Ansehen, welches dadurch erreicht wird, als in der Conservirung der Malerei, welche hiedurch gegen Abreibung genügenden Schutz erhält. Ueber die Dauerhaftigkeit und Zweckmäßigkeit der Anstriche, sowie über die Wirkungen des Wasserglases auf die Farben wird erst nach längerer Zeit ein Urtheil festgestellt werden können. Anwendung des Wasserglases zum Kitten. Zum Verkitten der Fugen zwischen den Steinen hat sich nach Versuchen mit verschiedenen Substanzen der hydraulische Kalk am besten bewährt. Man bereitet sich zu diesem Ende mit Wasserglas und hydraulischem Kalk einen Brei, welchen man jedoch wegen des schnellen Erhärtens nur in kleinen Partien anfertigen und schnell verbrauchen muß. Die Eigenschaften des hydraulischen Kalkes werden durch das Wasserglas potenzirt. Hr. Prof. Schrötter theilte mir das Verhältniß der Bestandtheile eines im Gebrauche stehenden Kittes mit, welcher sich nach den damit angestellten Versuchen bei Porzellan und Marmor als vortheilhaft anwendbar erwies. Zwei Theile Flußspath und ein Theil Glaspulver, beide in fein gepulvertem Zustande, am besten wenn fein geschlämmt, werden mit so viel Natronwasserglas von 36° Baumé versetzt, bis das Gemenge eine dickliche Masse bildet. Dieselbe wird sodann auf die zu verbindenden Theile dünn und schnell aufgetragen und die Stücke aneinander gepreßt; nach einigen Tagen ist die Masse vollkommen erhärtet. Sowohl Flußspath als Glaspulver verhalten sich zu Wasserglas nach den mit diesen Substanzen vorgenommenen Versuchen indifferent. Wien, am 12. Februar 1859.