Titel: | Die elektrischen Bilder und die Lichtbilder; von Dr. H. M. C. zur Nedden. |
Autor: | H. M. C. zur Nedden |
Fundstelle: | Band 154, Jahrgang 1859, Nr. LXII., S. 278 |
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LXII.
Die elektrischen Bilder und die Lichtbilder; von
Dr. H. M. C. zur
Nedden.
zur Nedden, über die elektrischen Bilder und die
Lichtbilder.
I. Geschichtliches.
Die nach ihm benannten Figuren entdeckte Lichtenberg im
Jahre 1777 als er die besondere Art und Weise bemerkte, wie der Staub auf dem
Harzkuchen seines Elektrophors sich nach Entfernung des Deckels niederschlug. Als er
hierauf den Kuchen absichtlich bepuderte, stellte sich die Erscheinung noch
auffallender dar und veranlaßte ihn zu einer Reihe von Versuchen. Es diente dabei
eine Metallröhre, die er auf den Harzkuchen stellte und in dieselbe bald positive,
bald negative Elektricität aus einer Maschine, oder aus einer Leydener Flasche leitete. Wurde
die Röhre hierauf mit der Hand entfernt, so erhielt er nach vorgängiger positiver
Ladung durch Beuteln mit Harzpulver eine Sonne, welche von sich verzweigenden
Strahlen des Pulvers umgeben war; nach vorgängiger negativer Ladung aber unter
denselben Umständen eine von concentrischen Kreisen eingeschlossene Figur. Sobald er
mit dem Knopfe einer Leydener Flasche auf den Kuchen schrieb, erhielt er nach dem
Bepudern bei positiver Ladung der Flasche die Schriftzüge von Strahlen eingefaßt,
bei negativer Ladung dieselben von rundlichen Figuren umgeben. Lichtenberg stellte durch diese und ähnliche Versuche den Unterschied
fest, welchen die Art der Elektricität unter den Formen der Figuren hervorbrachte,
er erkannte schon den Einfluß, den die Wahl des Pulvers auf feinen Niederschlag
haben konnte; verleitet jedoch besonders durch den Umstand, daß metallische Pulver,
obgleich nicht zu den idiolektrischen Körpern damals gerechnet, dennoch zur Bildung
der Figuren, wenn auch weniger deutlich, dienen konnten, beachtete er dieses
Verhalten fast gar nicht. Erst Cavallo hob 1795 die
Bedeutung hervor, welche die bei der Beutelung gewonnene eigene Elektricität auf die
Bildung der Figuren hat, und bewies die Elektrisirung sehr verschiedener Arten
pulverisirter Körper durch die bei der Beutelung stattfindende Reibung. Wir
übergehen das Detail dieser Versuche, indem wir bemerken, daß zwar allerdings je
nach der Natur der reibenden Körper auch die geriebenen Stoffe bald positiv, bald
negativ werden können, daß die Versuche jedoch bisher ergeben haben, daß Mennige
immer positiv elektrisch wird, und daß Schwefelblumen mit Mennige gerieben, immer
negativ elektrisch werden. Sobald daher einer nicht leitenden Fläche positive und
negative Elektricität gleichzeitig, z.B. in Namenszügen, mitgetheilt wird, und
Mennige mit Schwefelblumen gemeinschaftlich aus demselben Beutel darüber gepudert
werden, so wird das erstere Pulver die Verbreitung der negativen Elektricität in
rothen Zügen und die letzteren die Verbreitung der positiven Elektricität in gelben
Zügen markiren. Durch Veränderung der concurrirenden Apparate und Manipulationen ist
die Erscheinung der Lichtenberg'schen Figuren großer
Mannichfaltigkeit fähig, und gleichzeitig von Cavallo und
Dehns besonders ausgebildet worden. Außerdem befaßten
sich Singer, Kortüm, Paets, van Troostwyck und Krayenhoff vorzüglich mit diesem Gegenstande; die beiden
letzteren unter Anwendung 4–5 Zoll im Durchmesser haltender Platten von Harz
und schwarzem Siegellack bei 1/8 Zoll Dicke, einer Leydener Flasche von 44
Quadratzoll Fläche Belegung und des Bärlappsamens zum Bepudern der Figuren. Ihre
Versuche verbreiteten viel Licht über die Elektricitäts-Entwickelung durch
Vertheilung. Endlich ist noch zu erwähnen der schwedische Naturforscher Ekmarck, der im J. 1800 eine Reihe interessanter Versuche
dieser Art mittheilte. Noch viele andere Gelehrte haben die Lichtenberg'schen Figuren behandelt, jedoch wurde eine Erweiterung unserer
Kenntniß von den elektrischen Erscheinungen überhaupt, noch von den hier
besprochenen dadurch nicht erreicht. Die Erzeugung der elektrischen Figuren war eigentlich mit den Entdeckungen Lichtenberg's vollständig gegeben, sie wurden nur durch
die Arbeiten Cavallo's etwas
mehr befestigt, aber eine nützliche Verwendung hat sie bis heute nicht gefunden.
Mehr als ein Drittheil eines Jahrhunderts der angestrengtesten Arbeit ausgezeichneter
Naturforscher bedurfte dagegen die Photographie, um an
die Oeffentlichkeit treten zu können, und fast ein halbes Jahrhundert, um das
nützliche Gemeingut Aller in dem Grade zu werden, wie sie es zur Zeit geworden ist.
Der leitende Gedanke war von Anbeginn in diesem Zweige, das in der camera obscura aufgefangene zierliche Bild durch die
chemische Reaction, welche die Lichtstrahlen auf manche Stoffe ausüben, auf einer
präparirten Platte darstellen zu lassen. Unsere Kenntniß der chemischen Wirkungen
des Lichts ist indessen noch heute höchst unbedeutend, und so waren die
Naturforscher in diesem Fache ausschließlich auf den Weg des Experimentirens, und
zwar eines höchst mühsamen Experimentirens, verwiesen. So gelang es denn zwar Davy schon 1801 mit dem Sonnenmikroskop Heliographien
darzustellen, wie man diese Zeichnungen des Lichts damals nannte, allein er
vermochte die Bilder nicht zu fixiren, und bis zum Jahre 1814 scheint dieß Niemand
gelungen zu seyn. Damals war es Niepce, der die Bilder
der camera obscura dadurch zu fesseln suchte, daß er
gewisse Harze, die nach Einwirkung des Lichts an Löslichkeit verlieren, in dünnen
Schichten auf polirten Kupfer- und Silberplatten ausgebreitet, dem Lichte in
der camera obscura aussetzte und hierauf durch geeignete
Lösungsmittel das Harz von den Stellen entfernte, welche am wenigsten vom Lichte
getroffen waren. So unvollständig die Resultate der angeführten und anderer Versuche
gewesen seyn mögen, sie mußten vorausgehen in der Lichtbildnerei, welche fortan in
Verbindung mit demselben Niepce und später dessen Sohn
von Daguerre zu brauchbarer Vollkommenheit geführt und
1839 unter dem Namen der Daguerreotypie veröffentlicht wurde. Sein Verfahren besteht
darin, eine polirte Silberfläche durch Joddämpfe für das Licht empfindlich und nach
dem Einstellen in die camera obscura durch Eintauchen in
unterschwefligsaures Natron für weitere Veränderung unempfindlich zu machen. Die
gleichzeitige Publication Talbot's zur Darstellung der
Lichtbilder auf Papier, sowie die weiteren in diesem Fache gemachten Entdeckungen
bestehen in
Veränderung und Verbesserung der Manipulation und des Materials jeder Art: das
Princip blieb nach wie vor die chemische Wirkung des Lichts.
Nur ein Versuch von Daguerre ist dem Verfasser
unvollständig bekannt geworden in einer Mittheilung, wonach derselbe die Erzeugung
der Bilder durch Anwendung der Elektricität zu beschleunigen gedachte. Es heißt
darinFrance industrielle, 1841, No. 26; daraus im polytechn. Journal Bd. LXXXI S. 157. daß er auf den Gedanken gekommen sey die jodirte Metallplatte zu
elektrisiren, wobei er sie isolirte und während der Operation in der camera obscura auch isolirt erhielt. Dadurch soll jedoch
die Platte so empfindlich geworden seyn, daß er zu folgendem Verfahren geschritten
sey: „Er überzieht die Platte mit einer Substanz, welche weniger
empfindlich ist als das Jod (was dieß für eine Substanz ist, wird nicht gesagt),
bringt sie hierauf in die camera obscura und läßt im
Augenblick, in welchem er ein Bild erzeugen will, einen elektrischen Funken
hindurchschlagen, und in dieser so äußerst kurzen Zeit, welche Hr. Talbot auf eine
Milliontel-Secunde schätzt, erzeugt sich das Bild etc.“
Erhebliche Erfolge scheinen nicht weiter auf diesem Wege errungen worden zu seyn und
auch eine weitere Prüfung des Einflusses der Elektricität nicht stattgefunden zu
haben.
Etwas später fällt die 1842 gemachte Entdeckung des Professors L. Moser zu Königsberg der nach ihm benannten BilderDie erste Entdeckung und Darstellung der Moser'schen Bilder soll von ihm in einer besonderen Schrift
veröffentlicht worden seyn, die mir nicht vorliegt: Was hier, sowie im
weiteren Verlauf, besprochen ist, findet sich in einzelnen Abhandlungen des
Entdeckers in Poggendorff's Annalen Bd. LVI S. 177 „über den
Proceß des Sehens und die Wirkungen des Lichts auf alle
Körper“; Bd. LVII S. 1 „über das Latentwerden des
Lichts“; Bd. LVIII S. 105 „über die Verschiedenheit
der Licht- und Wärmestrahlen“; Bd. LIX S. 155
„über die sogenannten Wärmebilder.“
, welche er dadurch erzeugte, daß er eine Münze oder andere gravirte
Gegenstände eine Zeit lang auf eine Metall- oder Glasfläche legte. Nach
Entfernung der Münze und Anhauchen der Stelle, welche sie bedeckt hatte, wurde ein
vollständiges Bild derselben auf der Platte sichtbar. Moser blieb bei dieser Erzeugung durch Hauch, also dem condensirten
Wasserdampf, nicht stehen, und fand, daß Jod und Quecksilberdämpfe dieselbe Wirkung
hatten. Durch eine Menge höchst mühsamer Versuche fand er bei dem Proceß so viel
Aehnlichkeit mit dem der kurz zuvor veröffentlichten Daguerreotypie, daß er beide
Wirkungen derselben Ursache zuschreiben zu müssen glaubte. Jedoch findet die
Erzeugung der Moser'schen Bilder sowohl im hellen
Tageslicht wie im Finstern, sowohl bei unmittelbarer Berührung des Gegenstandes mit der Platte, als auch
bei sehr geringer Entfernung beider statt, so daß alle diese Umstände den Entdecker
veranlaßten, die Existenz eines nach ihm so benannten unsichtbaren oder latenten
Lichts anzunehmen, welches nach seinen zahlreichen Versuchen in jedem Körper
vorhanden ist. Es ist dieß Licht nicht allein verschieden von dem sichtbaren,
sondern auch von dem sogenannten dunklen Licht, dessen chemische Wirkung Ritter in den Strahlen jenseits des Violetts im
Sonnenspectrum nachgewiesen hat. Es ist dasselbe weder im Sonnenlichte, noch in dem
Lichte unserer Flammen enthalten, obgleich beide dieselbe Wirkung wie die hier
erwähnten des unsichtbaren Lichts zu leisten vermögen, welche darin bestehen, die
dem abzubildenden Gegenstande gegenüberliegenden Theile der Oberfläche derartig zu
disponiren, daß sie fähig werden gewisse Dämpfe auf eine bestimmte Art und Weise zu
condensiren. Dieselbe Disposition können dann Dämpfe selbst auch den Theilen einer
Fläche verleihen, wie Moser durch vielfache Versuche
bewiesen. Endlich glaubt er den allgemeinen Satz aufstellen zu dürfen, daß
Berührung, Condensirung von Dämpfen und Licht – worunter dann auch das von
ihm sogenannte unsichtbare oder latente Licht zu begreifen ist – auf alle
Körper eine gleiche Wirkung ausüben, und daß durch sie die Affinität aller
Substanzen für die Dämpfe modificirt werde. Es erscheint hiernach die Daguerreotypie
als ein besonderer Fall der allgemeinen chemischen Wirkung des Lichts, sowie der
Dämpfe und der Körper überhaupt auf einander.
Bereits im Jahre 1838 bemerkte P. Rieß bei einer
Untersuchung über Erwärmung des Schließungsdrahts, einer elektrischen Batterie, daß
an einer völlig isolirenden Glasplatte von 0,37 Linien Dicke, als der Funke dennoch
übersprang, obgleich jene Belegung noch 15 1/2 Linien vom Rande entfernt war,
derselbe auf beiden Oberflächen Spuren von der Ansatzstelle bis zum Rande
hinterließ. Diese Spuren bestanden in Rissen, ähnlich wie durch kleine
Quarzkrystalle zerrissen, welche durch Anhauchen sichtbar wurden. Noch interessanter
beobachtete er hierauf dieselben Erscheinungen auf Glimmerblättchen. Durch die
Wirkung erinnert das Experiment an die Lichtenberg'schen
Figuren, während es sich durch die Art des Sichtbarmachens mittelst des Anhauchens
an die Moser'sche Entdeckung anschließt.
In der That schienen auch G. Karsten die von Rieß gefundenen Zeichnungen den Moser'schen Bildern so analog, daß er die letzteren zu Ende des Jahrs 1842
auf elektrischem Wege darzustellen versuchte. Die Resultate seiner ausführlichen
Forschungen hat er in drei Abhandlungen „über elektrische
Abbildungen“ veröffentlicht.Poggendorff's Annalen Bd. LVII S. 492, Bd. LVIII S. 115 u. Bd. LX S. 1. Es erschien eine auf einer Metallplatte ruhende Glastafel, auf die er eine Münze
gelegt hatte, nachdem er durch letztere die Funken von 100 Umdrehungen einer
Maschine mit 20zölliger Scheibe hatte schlagen lassen, nach Wegnahme derselben zwar
unverändert, zeigte jedoch nach dem Behauchen ein vollständiges Bild der Münze an
ihrer Stelle. Um auf Metallplatten dergleichen Bilder zu erzeugen, mußte ein
Nichtleiter zwischen ihnen und das Object eingeschoben werden, worauf jedoch durch
15 bis 20 Umdrehungen außerordentlich scharfe Bilder erhalten wurden. Auch hat er in
dieser Weise viele und mannichfaltige Stoffe, sowohl an Platten als Objecten
geprüft. Die letzte Abhandlung enthält die vollendetsten Darstellungen Karsten's, er gelangt darin
schließlich zu den folgenden vier Aufstellungen, in denen er seine ungefähre Ansicht
über den Hergang der Erzeugung der Bilder ausspricht:
1) Wir wissen, daß durch Elektricität Abbildungen entstehen;
2) diese haben viele gleiche Eigenschaften mit den Moser'schen;
3) die Moser'schen entstehen durch einen Proceß bei dem
man die Elektricität als anwesend betrachten kann, während das unsichtbare Licht
eine qualitas occulta ist und die Wärme am wenigsten als
die Ursache der Bilder angesehen werden kann;
4) werden die Versuche so eingerichtet, daß kein elektrischer Strom entstehen kann,
so entstehen auch keine Abbildungen. Wenn man also zwischen Object und Platte einen
Isolator einschaltet, entsteht kein Bild. Ein Zusammenhang mit der Elektricität ist
also bei der Bildererzeugung wohl ersichtlich, nicht aber mit dem unsichtbaren
Lichte, wenn dieses die Haupteigenschaften des Lichtes haben soll.
Als Einwände, welche gegen diese Aufstellungen erhoben werden könnten, führt er
zunächst den Umstand an, daß Bilder in einer, wenn auch sehr geringen Entfernung des
Objects von der Platte erzeugt werden können; jedoch wäre dieß die auch von Volta schon erwähnte Vertheilung der elektrischen
Spannung in der Entfernung. Ein zweiter bedeutenderer Einwand wäre der, daß durch
Galvanismus keine Bilder erzeugt werden, wobei jedoch zu erwähnen, daß der Beweis
davon damit noch nicht geliefert ist, daß die Bildererzeugung mit dieser
Elektricität noch nicht ausgeführt ist, und wie wir hier schon bemerken wollen, ist
diese Erzeugung später wirklich ausgeführt worden. Einen dritten Einwand könnte man
aus dem Schlusse ziehen, daß, da die Leitung der Elektricität sehr schnell
stattfindet, scharf begränzte Bilder durch sie nicht erhalten werden konnten. Allein
Karsten schreibt auch die Bildererzeugung nicht
allgemein der Elektricität zu, sondern ganz bestimmt der Spannung, die an gewissen
Punkten erregt wird. Den Einfluß endlich den die Wärme auf Erzeugung der Bilder haben kann, reducirt
Karsten darauf, daß sie etwa eine thermoelektrische
Spannung hervorruft.
Gleichzeitig scheinen die HHrn. Morren und Masson
Comptes rendus de l'Académie de France,
1843. hier zu erwähnende Versuche angestellt zu haben, die mir indeß nur durch das
kurze Referat bekannt sind, welches Karsten von denselben
gibt und das hier folgen mag, so weit es von Interesse ist.
„Hr. Masson legt
eine Münze auf einen Harzkuchen, elektrisirt sie und pudert nach ihrer
Entfernung mit Mennige und Schwefelblumen, worauf das Bild der Münze
hervortritt. Hr. Morren
bestreut eine Münze mit Tripel, und wischt diesen so weit fort, daß er nur in
den Vertiefungen der Münze zurückbleibt. Diese Münze legt er auf eine isolirende
Substanz und elektrisirt sie, alsdann erscheint auf dem Isolator das Bild der
Münze, indem der Staub abgestoßen wird.“
Fizeau,Poggendorff's Annalen Bd. LVIII S. 592. und mit ihm soll Daguerre
Poggendorff's Annalen Bd. LX S. 40 enthalten eine Erwiederung Moser's an die HHrn. Fizeau und Daguerre, welche jedoch von dem
letzteren nur einen, so vereinzelt wenig verständlichen Versuch
bespricht. so ziemlich übereinstimmen, fand zwar die Moser'schen Bilder, schreibt sie aber der an jedem Körper anhaftenden leichten
Unreinigkeit zu, die er organische Materie nennt und mehr oder weniger flüchtig
annimmt. Diese Materie wird durch die Annäherung eines zweiten Körpers an den
verschiedenen Theilen einer polirten Fläche mehr oder weniger verdichtet, je nachdem
jene erhabene oder vertiefte Theile hat. Die Folge dieser verschiedenen Anhäufung
würde dann auch eine verschiedene Condensirung der Dämpfe seyn.
In einem Aufsatz in den Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Berlin vom
Jahr 1846, unter dem Titel „über elektrische Figuren und
Bilder“ gibt Peter Rieß
Von den §. 5 derselben an abgedruckt in Poggendorff's Annalen Bd. LXIX
S. 1. eine kurze Uebersicht dessen, was über Erzeugung von Zeichnungen auf
elektrischem Wege bis dahin geleistet ist; zugleich aber auch die eigenen auf
Experimente gestützten Erweiterungen und Anschauungen. Sein Aufsatz ist durch
Letzteres nicht allein im allgemeinen, sondern auch noch dadurch von den bisher
betrachteten Abhandlungen ausgezeichnet, daß er sich an die Figuren und Bilder
ausschließlich hält, welche durch elektrische Mittel erzeugt worden, ohne alle
Rücksicht auf die Moser'sche und Daguerre'sche Verfahrungsweise. Zur Darstellung der Figuren bediente er
sich nach Bedürfniß 5/24 Linien starker Kupferbleche von 1 3/4 Zoll Weite, welche
einseitig oder auf beiden Seiten in der Dicke einer starken Pappe mit schwarzem Pech überzogen waren. Sie
wurden zwischen Metallspitzen senkrecht gegen die Richtung der Seiten eingeklemmt
und bald durch eine 1 1/2 Quadratfuß haltende Leydener Flasche, bald direct durch
die Maschine elektrisirt. Er unterscheidet im Allgemeinen zwei Arten Figuren: die
primär elektrischen Zeichnungen und die secundär
elektrischen Zeichnungen. Die Zeichnungen der ersten Art sind entweder
Staubfiguren, wie sie Lichtenberg erfunden hatte, oder
Staubbilder, welche in Laxtorph's Elektricitätslehre, Copenhagen 1803, und später von Masson, wie erwähnt, beschrieben sind. Die Bedingungen
für Entstehung der Staubfiguren hat er noch näher als dieß bisher der Fall war,
dahin festgestellt, daß sie nur entstehen bei einer discontinuirlichen Entladung auf
den Nichtleiter, aber nicht bei continuirlicher Ladung, auch nicht bei Ladung durch
Influenz. Besonders macht er aufmerksam auf die verschiedenen Raumverhältnisse der
durch positive und der durch negative Elektricität gebildeten Figuren, wonach von
den unter möglichst gleichen Umständen erzeugten Figuren jene eine mehr als
siebenmal so große Fläche erfüllen als diese.
Zur Darstellung der Staubbilder benützte Rieß ebenfalls
seine Pechplatten, auf welche als Objecte der Abbildung ein Messingstempel mit dem
erhabenen Buchstaben T oder ein Petschaft gestellt
wurden. Nach Ableitung des Blechs der Platte erhielt er sowohl durch die directe
Ladung jeder Art mit der Maschine, als durch die Leydener Flasche und selbst durch
Elektrisirung mittelst Influenz nach Entfernung des Objects und Bepudern der Platte
vollständige Bilder.
Besonders bemerkenswerth ist die von ihm vollendete Darstellung scharfer Bilder durch
Galvanismus. Er benutzte dazu eine alte trockene Säule, deren jeder Pol bei
Ableitung des andern ein Goldblatt-Elektroskop mit zolllangen Blättern etwa
60° divergiren machte.
„Die secundär elektrischen Zeichnungen“, wie Peter Rieß ihre Beschreibung zusammenfaßt, „werden
sichtbar durch eine mechanische oder chemische Aenderung, welche die Oberfläche
einer Platte durch elektrische Entladungen erfahren hat; sie entstehen auf
Platten jeden Stoffes, und sind nach der angewandten Elektricitätsart nicht
verschieden. Sie zerfallen in zwei Gruppen, je nachdem jene Aenderung nur die
jede Oberfläche deckende fremde Schicht trifft, wonach die Zeichnungen erst
durch Condensation von Dämpfen sichtbar werden, oder nachdem die Substanz der
Oberfläche selbst verändert wird, wonach sie unmittelbar sichtbar
sind.“
Die durch Condensation von Dämpfen sichtbaren Zeichnungen sind nun entweder Hauchfiguren oder Hauchbilder.
„Die Hauchfiguren entstehen nach P. Rieß
durch eine einzelne elektrische Entladung und sind nach dem Stoffe der Platte,
auf der sie gebildet werden, verschieden geformt. Die Hauchbilder entstehen
durch abwechselnd in entgegengesetzter Richtung erfolgende Entladungen. Sie sind
nach dem Stoffe der Platten nicht verschieden: eine unwesentliche
Verschiedenheit wird durch die Reinheit der Platten bedingt.“
Diese von Karsten erfundenen Hauchbilder vermochte Rieß durch einfache Elektrisirung vermittelst der
erwähnten trockenen Säule während 16stündiger Dauer nicht darzustellen, obgleich
sich ein vollständiges Staubbild zeigte. Uebrigens schreibt er, wie Fizeau, die Hauchbilder der Veränderung zu, welche die
die Oberfläche der Körper deckende fremde Schicht erleidet.
Seine zweite Gruppe der unmittelbar sichtbaren Zeichnungen ordnet P. Rieß wie folgt:
„Die Farbenstreifen entstehen durch eine
heftige elektrische Entladung auf der Oberfläche von Glimmer oder weichem Glase;
sie erscheinen als gefärbte, von zwei scharf gezeichneten dunkeln Linien
eingefaßte Bänder.
Wenn mehrere Entladungen einer Batterie zwischen einer Spitze und einer polirten
Metallfläche stattfinden, so entstehen auf der letzteren mehrere gefärbte
concentrische Kreise, die Priestley'schen Ringe, durch Oxydation des Metalls.
Die festen Bilder entstehen auf jeder Platte durch
eine Reihe von Entladungen in abwechselnder Richtung, die nach Entstehung des
vollkommenen Hauchbildes eine längere Zeit fortdauern.
Die elektrolytischen Bilder entstehen auf Papieren,
die mit einer geeigneten zersetzbaren Flüssigkeit getränkt sind, durch eine
Reihe von abwechselnd entgegengesetzten Entladungen, von welchen nur die Hälfte
wirksam ist, bei welchen sich eine bestimmte Elektricitätsart auf das Papier
entladet.“
(Die Fortsetzung folgt im nächsten Heft.)