Titel: Die neue Kupfervitriolsiederei zu Oker; beschrieben von W. Knocke.
Fundstelle: Band 154, Jahrgang 1859, Nr. XCII., S. 424
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XCII. Die neue Kupfervitriolsiederei zu Oker; beschrieben von W. Knocke. Aus der berg- und hüttenmännischen Zeitung, 1859, Nr. 19. Mit Abbildungen auf Tab. VI. Knocke, über neue Kupfervitriolsiederei zu Oker. Der Kupfervitriol hat in neuester Zeit eine so mannichfache Anwendung in der Technik gefunden, daß man ihn auf den Rammelsberg'schen Hütten am Unterharze jetzt als rentables Hauptproduct darstellen kann, während man ihn früher nur als Nebenproduct gewann, z.B. bei der Goldscheidung mittelst Schwefelsäure, und ihn theils rein als Cyprischen, theils in verschiedenen Verhältnissen mit Eisenvitriol gemischt, als Salzburger Vitriol in den Handel gab, wie es noch jetzt auf dem Vitriolhofe zu Goslar geschieht. Die Rammelsberger KupfererzeKerl, die Rammelsberger Hüttenprocesse, 1854, S. 71. kamen zeither nach dreimaliger Röstung mit einem Silbergehalt von 1/8 – 1/4 Loth im Centner zur Verschmelzung auf Rohstein, in welchem man den Silbergehalt neben Kupfer anzureichern beabsichtigte. Bei dem nicht unbedeutenden Arsen- und Antimongehalt der Erze war es nicht zu vermeiden, selbst wenn man die Röstung abkürzte, daß schon beim Erzschmelzen ein speiseartiges Schwarzkupfer (Königskupfer) fiel, welches im Centner an 6 Loth Silber enthielt, während der Rohstein nur 1 1/2 – 2 Loth Silber im Centner aufgenommen hatte. Dieses Königskupfer wurde zur Nutzbarmachung seines Silber- und Kupfergehaltes ohne Weiteres beim Verschmelzen des gerösteten Rohsteins auf Schwarzkupfer zugeschlagen und dieses dann durch Saigerung entsilbert. Da bei diesem Verfahren das erzeugte Gaarkupfer nicht von besonderer Qualität ausfiel, auch das ausgebrachte Silber die Kosten und Verluste der Saigerung nicht deckte, so beabsichtigt man für die Folge, den Rohstein vom Erzschmelzen in einem bereits vorhandenen Flammofen zu concentriren, den Concentrationsstein auf Schwarzkupfer zu verschmelzen und dieses ohne vorherige Entsilberung gaar zu machen. Man hofft dabei ein besseres Kupfer zu erhalten. Das Königskupfer wird mit verdünnter Schwefelsäure behandelt, wobei verkäuflicher Kupfervitriol entsteht und das Silber im Rückstand bleibt. Aus diesem soll mittelst Verbleiung oder auf nassem Wege der Silbergehalt ausgezogen werden. Während die Versuche zur Concentration des Rohsteins u.s.w. noch nicht abgeschlossen sind, ist die Behandlung des Königskupfers mit Schwefelsäure behufs Darstellung von Kupfervitriol und Abscheidung des Silbers betriebsmäßig zu Oker im Gange. Dieses Verfahren, welches manches Neue darbietet und im Nachstehenden beschrieben werden soll, gründet sich im Allgemeinen darauf, daß Kupfer in heißer verdünnter Schwefelsäure sich auflöst, wenn dessen Oxydation durch die atmosphärische Luft zuvor ermöglicht ist. Das Silber löst sich nicht oder doch nur zum geringen Theil und bleibt im Rückstand. Man verwerthet dabei das Kupfer im Kupfervitriol sehr hoch. I. Vorrichtungen und Geräthe in der neuen Kupfervitriolfabrik. Die Nähe der alten SchwefelsäurefabrikMan sehe bezüglich derselben S. 181 in diesem Bande des polytechn. Journals. A. d. Red. und eine günstige Localität ließen es erreichen, daß Wasser und Schwefelsäure den Operationen freiwillig zufließen konnten, wodurch bedeutend an Arbeitslohn und anderen Kosten erspart wird. Als neu muß bezeichnet werden, daß das Translociren der Laugen mittelst Dampfdrucks geschieht, wodurch außer Ersparung an Arbeitslohn den Verlusten an kostbarer Lauge begegnet wird. Das im Jahre 1858 vollendete Kupfervitriolgebäude besteht aus einem 2stöckigen Theile, welcher incl. des Bodenraumes in 3 Theile zerfällt, und aus einem 1stöckigen Theile, welcher aus dem Krystallisirhause und dem Magazine besteht. Der Fußboden des obersten Theiles in der 3stöckigen Abtheilung liegt in gleichem Niveau mit der alten Schwefelsäurefabrik und erhält aus derselben durch bleierne Röhren den nöthigen Bedarf an Wasser und Säure. In diesem in Figur 911 mit Nr. I. bezeichneten Theile befinden sich 3 mit Blei ausgeschlagene viereckige Kasten, wovon der eine, mit a bezeichnete, bei 5 Fuß Länge, 4 1/2 Fuß Höhe und 5 Fuß Breite, zur Aufnahme von Wasser dient, um es von hier in Röhren dem Vorwärmkessel des Dampfapparates und dem Waschkasten zuzuführen; der andere Kasten, mit b bezeichnet, ist von gleicher Größe und dient als Reservoir für vorräthige Schwefelsäure; in dem dritten gleichgroßen Kasten c befindet sich die zum Auflösen des Kupfers dienende Lauge, welche durch eine bleierne Dampfschlange, die sich im Kasten c befindet, erhitzt wird. Aus diesem Kasten wird durch einen bleiernen Heber, der unten mit einer verschließbaren Brausevorrichtung versehen ist, die Lauge auf die in der zweiten Etage (mit Nr. II. bezeichnet) befindlichen 2 Lösegefäße d, d geführt. Dieselben sind 4 Fuß hoch und haben oben 3 Fuß Durchmesser, unten dagegen 3 1/2 Fuß. Sie sind mit Blei ausgeschlagen und haben ungefähr 2 Zoll vom eigentlichen Boden einen durchlöcherten hölzernen Losboden. Eine Oeffnung zwischen den beiden Böden des Lösefasses führt die Lauge in die 130 Fuß lange, 2 Fuß breite und 1 1/2 Fuß tiefe, mit Blei ausgeschlagene Grabentour e, e, die mit einer 2 1/2 Fuß breiten, mit Blei beschlagenen und nach hinten ansteigenden Bühne f, f versehen ist. In dem mit III bezeichneten Theile (in der untersten Etage des 3stöckigen Theiles) befinden sich ein Druckfaß g, ein Dampfkessel i mit Vorwärmkessel k, und eine Vitriolpfanne h. Das Druckfaß g hat bei 6 Fuß Höhe unten 4 Fuß und oben 3 1/2 Fuß Durchmesser, ist mit Blei ausgeschlagen, gehörig durch Balken, eiserne Bänder und Eisenstäbe verwahrt, und mit einem bleiernen Steigrohr versehen, welches 4 Zoll Durchmesser hat. Die Vitriolpfanne h, 10 Fuß lang und breit, 2 Fuß tief, hat eine rauchverzehrende Feuerung, in der Art, daß aus dem Aschenfall frische Luft hinter der Feuerbrücke unter die Pfanne geführt wird, wodurch der unverbrannt entweichende Rauch verbrannt wird. Der Dampfkessel i ist ebenso wie der Vorwärmkessel k von Eisen, hat 11 Fuß Länge und 3 Fuß Durchmesser; er dient zum Translociren und Erhitzen der Laugen. Der Krystallisirraum, mit IV bezeichnet, enthält ein Druckfaß, 1 Waschkasten, 1 Bühne, 2 große und 8 kleine Krystallisirkasten. Das Druckfaß l, von gleicher Einrichtung und Größe als das Druckfaß g, liegt im Baugrunde versenkt. Die Krystallisirkasten m, n, von denen die 2 großen m 4 Fuß hoch, 12 Fuß lang und 6 Fuß breit, die übrigen n 4 Fuß hoch, 5 Fuß lang und 6 Fuß breit sind, haben im Boden ein Zapfloch und steht jeder in einem 2 Zoll hohen bleiernen Kasten, der etwa ausrinnende Lauge aufnimmt und dieselbe in Gerennen dem Druckfasse l zuführt. Der Waschkasten o ist 4 Fuß breit, 3 1/2 Fuß hoch und 3 Fuß lang. Die mit p bezeichnete Bühne ist ebenfalls wie die Krystallisirkasten und der Waschkasten inwendig mit Blei beschlagen, sie hat bei 10 Fuß Länge und 13 Fuß Breite eine Neigung von 1 Fuß nach den beiden Gerennen q, q, welche 6 Zoll breit und 6 Zoll tief sind. Dieselben sind mit Blei ausgeschlagen und führen die Laugen von den Krystallirkasten, dem Waschkasten, und der Bühne dem Druckfaß l zu. In dem heizbaren Theile, mit V bezeichnet, befinden sich die zum Trocknen des Vitriols bestimmten Gestelle, und dient dieser Raum zugleich als Magazin. II. Operationen. Das Königskupfer, so wie alle anderen Kupfersorten, die auf Kupfervitriol verarbeitet werden, granulirt man vorher. (Kerl, Rammelsberger Hüttenprocesse, 1854, S. 95.) Durch das dem Granuliren vorausgehende Gaarmachen wird nicht allein das Kupfer von den schädlichen Beimengungen gereinigt, sondern durch das Granuliren selbst erhält es auch eine große Oberfläche. Die Granalien werden in der Weise in die Lösegefäße d, d gebracht, daß man unmittelbar auf den Losboden 4 Zoll hoch gröbere Stücke, darüber 2 Fuß 4 Zoll hoch feine Granalien schüttet. Nachdem man die saure Lauge, resp. Schwefelsäure im Kasten c mittelst Dampf erhitzt hat, läßt man dieselbe durch den oben näher beschriebenen Heber abwechselnd auf die Granalien in den beiden Lösefässern fließen. Die heiße Lauge sickert durch das dem Luftzutritt ausgesetzte Kupfer hindurch, erzeugt Vitriol und fließt in die Grabentour e, e, in der sich beim Erkalten der Lauge eine bedeutende Quantität des in der Wärme gelösten Vitriols ausscheidet. Die erkaltete Lauge fließt durch ein mit einem Trichter r versehenes bleiernes Rohr in das Druckfaß g, aus dem sie mittelst Dampfdrucks in den Kasten c zurückgedrückt wird, um denselben Weg wieder zu machen. Der ausgeschiedene Vitriol wird auf die Bühne f geschlagen, hier mit Wasser übergossen, um ihn von anhängender saurer Lauge zu befreien und endlich in die Vitriolpfanne h gestürzt. Hier wird der Vitriol unter beständigem Umrühren in erhitzter Mutterlauge, resp. Wasser gelöst, wenn man jene (die Mutterlauge) anderweitig verwendet. Nachdem die Vitriollösung sich geklärt und abgekühlt hat, wird sie vorsichtig, damit der Bodensatz nicht mitfließt, mittelst eines Hebers in einen großen oder 2 kleine Krystallisirkasten abgelassen. Der Rückstand aus der Vitriolpfanne, welcher im Centner 3–5 Mark Silber enthält, wird in ein Resorvoir gelassen, öfters mit Wasser behandelt, um den anhängenden Vitriol herauszuziehen, und einstweilen aufbewahrt. Zu dem Reservoir benutzt man einen der kleinen Krystallisirkasten. Sobald sich von dem Bodensatze eine hinreichende Quantität angesammelt hat, wird er weiter auf Silber verarbeitet. Die mit Vitriollösung gefüllten Kasten werden, damit sich die Lauge langsamer abkühlt, weil dann die Krystallisation vollkommener ist, mit Bretern bedeckt. Sobald sich auf der Lauge Krystallblättchen zeigen, hängt man mehrere Bleistreifen in die Laugen, an denen, so wie an den Seitenwänden und dem Boden sich Krystalle ansetzen. Nach ungefähr 14 Tagen ist die Krystallisation beendet, was man daran steht, daß die vorhandenen Krystalle sich weder vergrößern noch vermehren. Man hebt sodann die Mutterlauge aus dem Kasten durch einen Heber in das Gerenne q, q, welches dieselbe ins Druckfaß l führt, aus dem sie in die Pfanne k zurückgedrückt wird, um wieder zum Lösen des Vitriols gebraucht zu werden. Sollte die Lauge zu sauer werden, was man nach der Farbe beurtheilt, so drückt man sie aus dem Druckfaß l in g, aus dem sie in den Kasten c zurückgedrückt wird, um wieder zum Lösen des Kupfers dienstbar gemacht zu werden. Nachdem alle Mutterlauge zunächst durch den Heber und die letzte durch das Zapfloch aus dem Krystallisirkasten entfernt ist, schlägt man die Krystalle los, wäscht sie in dem Waschkasten o mit Wasser, um sie von anhängender Mutterlauge zu befreien, und stürzt sie auf die Bühne p, wo das anhängende Waschwasser sammt der Lauge abfließt. Das Waschwasser des Waschkastens, so wie das von der Bühne herablaufende Wasser fließt in dem Gerenne q dem Druckfasse l zu, um den oben genannten Weg zu machen. Die Krystalle bringt man, sobald das Wasser von ihnen abgelaufen ist, auf die Trockentische; von wo sie nach vollkommener Abtrocknung verpackt und versandt werden. Ein Sud füllt, wie oben erwähnt, 1 großen oder 2 kleine Krystallisirkasten an und es fallen davon ungefähr 12 Ctr. große Krystalle   2  „ Fein   2  „ Bodengut –––––– Summa 16 Ctr. Alle 3 Sorten sind von so guter Beschaffenheit, daß man sie zusammen in den Handel gibt; der Vitriol enthält im Centner 99,81 Pfd. schwefelsaures Kupferoxyd. Es sind in der Vitriolhütte 5 Mann beschäftigt, 2 Sieder, 2 Löser und ein Wäscher, welche jährlich 3500 Ctr. Vitriol produciren.

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