Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 154, Jahrgang 1859, Nr. , S. 314
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Miscellen. Miscellen. Anwendung des Zeuner'schen Diagrammes auf Steuerungen mit kurzen Excenterstangen. Hr. Professor G. Zeuner in Zürich kommt im 1sten Maihefte des Civil-IngenieursDaraus im polytechn. Journal Bd. CLIII S. 315. auf die vom Unterzeichneten im vorjährigen 2ten Novemberhefte des polytechn. Journals veröffentlichte Abhandlung: „die Anwendung des Zeuner'schen Diagrammes auf Steuerungen mit kurzen Excenterstangen“ zurück, und beweist, daß die dort aufgestellte Theorie für den Vorwärtsgang des Kolbens wohl richtig, die Resultate derselben für den Rückwärtsgang sich jedoch um ebensoviel negativ herausstellen, als sie für den Vorwärtsgang positiv sind, und daß hierdurch jene Theorie nur noch zur Erkennung der Größe des „Fehlergliedes“, und somit zur Beurtheilung, ob eine Steuerung praktisch ausführbar ist oder nicht, benutzbar bleibt. In der That ist der Unterzeichnete durch Nichtberücksichtigung der Resultate für den Rückwärtsgang des Kolbens zu dem von Hrn. Professor Zeuner berichtigten Irrthum gekommen. Textabbildung Bd. 154, S. 315 In Folge dieser Berichtigung ist derselbe darauf aufmerksam geworden, daß der nebenskizzirte Mechanismus, durch welchen häufig bei Dampfpumpen die auf- und abgehende Bewegung des Kolbens in die rotirende der Kurbel übertragen wird, vollständig symmetrische Beziehungen zwischen den Abmessungen der geradlinigen Bewegung und den zugehörigen Drehungswinkeln der Kurbel vom todten Punkte aus, ergibt, so daß, wenn r die Größe der Excentricität ist, und sich am Ende der Stange a der Dampfschieber befindet, für den Drehungswinkel ω der Kurbel der Weg ξ, um welchen sich der Schieber aus seiner mittleren Stellung entfernt hat, unter allen Verhältnissen ξ = ± r sin (ω + δ) ist. Bewirkt man außerdem auch noch durch diesen Mechanismus die Umwandlung der auf- und abgehenden Bewegung des Kolbens in die rotirende der Kurbel, so ergeben sich gleiche Schieberstellungen bei gleichen Kolbenstellungen, was gewiß einen sehr wohlthätigen Einfluß auf die Gleichmäßigkeit der Wirkung ausüben wird. Zudem zeigt eine Vergleichung dieses Mechanismus mit dem der Kurbel und Bleuelstange, daß er während eines größeren Theiles des Kurbelkreises die vom Kolben empfangene Kraft mehr tangential auf den Kurbelkreis überträgt, als der letztere, und eine Dampfmaschine, bei welcher durch diesen Mechanismus die Uebertragung der Kraft auf die Kurbel hergestellt wird, gestaltet sich immer einfacher und ist bei weitem weniger theuer als eine solche, bei welcher diese Uebertragung durch die Bleuelstange erfolgt. Bei vielen stationären Dampfmaschinen dürfte die Bewegung der Schieber durch den in Rede stehenden Mechanismus leicht von der Regulatorwelle aus zu bewerkstelligen seyn, wenn die Uebersetzung von der Kurbelwelle nach hier 1 : 1 ist. Dessau, im November 1859. H. Fuhst. Ueber das Schiffsziehen auf Canälen mittelst Dampf. Das System des Schiffsziehens, welches durch den Ingenieur F. Bouquié vorgeschlagen worden ist, hat zum Zwecke, die Zugpferde durch kleine Locomobilen zu ersetzen, welche auf dem Verdecke der Boote aufgestellt werden und ihre Bewegung auf ein Rad übertragen, dessen Zahne in die Glieder einer unter Wasser ausgespannten Kette eingreifen. Der Bewegungsapparat steht auf einer beweglichen Unterlage, so daß er bei der Ankunft entfernt und auf ein abgehendes Boot übertragen werden kann. Die Rückfahrt kann mit derselben Kette erfolgen, wobei natürlich die abwärts fahrenden Boote die Kette verlassen müssen, sobald ihnen ein aufwärts gehendes Boot begegnet. Diese Methode der Beförderung bietet den Vortheil, sich auf jede Art von Kähnen anwenden zu lassen, ohne einen besondern Remorqueur zu erfordern. Während bei der Anwendung des letzteren an jeder Schleuße die sämmtlichen angehängten Kähne so lange warten müssen, bis auch der letzte durchpassirt ist, fällt dieser Zeitverlust bei der neuen Methode ganz weg. Man erspart ferner das ganze todte Gewicht des Remorqueurs, man vermeidet den Kraftverlust, der durch das Senken der Ziehtaue entsteht, und kann endlich eine verhältnißmäßig schwache Kette anwenden, da die daran angreifende Kraft diejenige von 4 Pferden nicht übersteigt. Auch die Generalkosten des Transportes werden durch die häufigeren Reisen vermindert, und Hr. Bouquié meint, daß durch seine Methode den Canälen die Concurenz mit den Eisenbahnen wesentlich erleichtert werden wird. Vor diesen haben die Canäle viele Vortheile, besonders in Beziehung auf das zu bewegende todte Gewicht, auf den zu überwindenden Widerstand, das aufzuwendende Capital, die Unterhaltungskosten etc. Einige Zahlen werden dieß beweisen. Um 400 Tonnen Kohlen (à 1000 Kilogr.) auf der Eisenbahn zu befördern, braucht man 40 Waggons, die leer (à 4200 Kilogr.) wiegen 168000 Kilogr. eine Locomotive und Tender   63000    „ ––––––––––– Summe 231000 Kilogr. Das todte Gewicht zweier Kähne, die zusammen 400,000 Kilogr. Kohlen fassen, beträgt nur 120,000 Kilogr., indem man dabei gleichzeitig das Leer-Zurückfahren einrechnet, was wir bei der Eisenbahn nicht angenommen haben. Auf einer Eisenbahn, deren mittlere Steigung 1 : 500 ist, beträgt die zur Bewegung von 1000 Kilogr., mit einer Geschwindigkeit von 1 Meter per Secunde, nöthige Kraft 7 Kilogr., was sechsmal soviel, als bei der Schifffahrt erforderlich ist. Was die aufzuwendende Capitalanlage anbelangt, sind die Vortheile noch viel bedeutender; die Canäle kosten per Kilometer, mit dem Materiale, ungefähr 150,000 Frc., während die Kosten von 1 Kilometer Eisenbahn zwischen 3–400,000 Frc. schwanken. Die Unterhaltungskosten der Eisenbahnen sind bedeutend; man muß ohne Unterlaß repariren und erneuern, sowohl was den Bahnkörper, als was das rollende Material anbelangt, während von einer Abnutzung der Canäle kaum die Rede ist. Der Beweis für die unzweifelhaften Ersparnisse beim Transporte schwerer Massen auf den Wasserwegen liegt darin, daß der Canaltransport trotz der großen Opfer, welche von Seiten der Eisenbahnen gebracht sind, überhaupt noch besteht, obwohl er bisher auch die Hülfe der Dampfkraft hat entbehren müssen – eine Kraft, deren jetzt ermöglichte Anwendung der Kahnschifferei und damit der ganzen Transportindustrie einen nicht geahnten Aufschwung geben muß. Die Zahlen des Hrn. Bouquié sind durch praktische Erfahrungen bestätigt worden. Seine Methode ist gegenwärtig auf der Seine zwischen Paris und Conflans eingerichtet, und es bleibt nur noch übrig, die 303 Kilometer zwischen Conflans und Mons, und die 164 Kilometer zwischen la Fère und Charleroi ebenso herzustellen. Da das Seilziehen nach dieser Methode das Wasser nicht aufrührt, kann man die Geschwindigkeit der Kähne leicht aus 4 Kilometer per Stunde steigern, und wenn die Fahrt täglich 12 Stunden dauert und an jeder Schleußt 15 Minuten verloren werden, kann man von Charleroi und Mons (den Hauptkohlenplätzen) nach Paris in 9 Tagen kommen. Unter diesen Umständen und mit Zugrundelegung der schon erhaltenen Resultate, berechnet Hr. Bouquié, daß die Fracht per Tonne von Charleroi und Mons nach Paris nur 6,79 Frc., gegen die früheren 10,29 Frc. kosten wird. Durch die erzielte größere Geschwindigkeit läßt sich die Zahl der nöthigen Fahrzeuge wesentlich vermindern. Statt 3000, wie jetzt, würden 900 genügen, um den gegenwärtigen Kohlenverkehr von Charleroi etc. nach Paris zu vermitteln. Es würden kosten: 900 Fahrzeuge à 6000 Frc. 5,400000 Frc. 400  Locomobilen à 5000 Frc. 2,000000  „ 451  Kilometer Kette à 2000 Frc.    902000  „ ––––––––––––––– Das nöthige Capital zusammen 8,302000 Frc., eine gegen die Wichtigkeit der Anlage verschwindende Summe. (Moniteur des int. mat., 1859 S. 241; Wochenschrift des schlesischen Vereins für Berg- und Hüttenwesen, Nr. 43.) Trockenkammer für Baumwolle, Wolle, Garn, Getreide etc., von Colin Mather in Salford und Henry Charlton in Manchester. In einer länglich-viereckigen gemauerten Kammer sind zwei parallele und verticale Scheidewände angebracht, welche bis beinahe an die Decke der Kammer reichen. Der Boden desjenigen Theiles der Kammer, welcher zwischen den beiden Scheidewänden liegt, ist vielfach durchlöchert, und der Raum unter demselben steht mit einem stark ziehenden Schornstein in Verbindung. Die beiden anderen Theile der Kammer, welche zwischen den Außenwänden und den beiden Scheidewänden liegen werden durch Gas oder auf irgend eine andere Weise geheizt. Die erhitzte Luft steigt nach der Decke auf und geht, durch den Zug im Schornstein angesaugt, im mittleren Theile nieder. In diesem befinden sich die zu trocknenden Gegenstände. Sollen Garne oder gewebte Waaren auf diese Weise getrocknet werden, so sind sie in Zickzacklinien über Rollen zu führen. Handelt es sich um das Trocknen von Getreide und ähnlichen Artikeln, so kommen diese auf siebartig durchlöcherte Tröge oder Gesimse zu liegen Die Kammer ist mit einer durch eine Thür verschließbaren Oeffnung versehen. – Patentirt in England am 14. April 1858. (Repertory of Patent-Inventions, December 1858, S. 469.) Neue Anwendung des Mineralöls zum Einölen der Uhren und anderer metallener Geräthschaften; von Dr. Willibald Artus. Man hat die Erfahrung gemacht, daß selbst die feinsten thierischen und Pflanzenfette, Oele u.s.w. mit der Zeit, indem dieselben zersetzt werden, die Metalle angreifen und oxydiren; ich wurde deßhalb oft von Technikern angegangen, ein paffendes Ersatzmittel ausfindig zu machen, welches mir auch an dem Mineralöle (ein Product der Destillation fossiler Brennstoffe und als ein Gemenge von verschiedenen noch nicht genau studirten Kohlenwasserstoffverbindungen anzusehen) gelungen ist. Da jedoch das Mineralöl stets einen unangenehmen Beigeruch enthält, so ist dasselbe zu vorliegenden Zwecken zuvörderst dadurch zu reinigen, indem man dasselbe mit einer gesättigten Lösung von unterchlorigsaurem Natron schüttelt, hierauf einige Zeit stehen läßt, das obenauf sitzende Oel abgießt, das Abgegossene wiederholt mit Kalkmilch schüttelt und hierauf die Masse abklären läßt, worauf dann das Oel abgegossen, mit 1/3 Volumen concentrirter Natronlauge vermischt und der Rectification unterworfen wird. Mit diesem Oele sind von verschiedenen Technikern Versuche angestellt worden, die für die außerordentlich günstige Brauchbarkeit zu obigen Zwecken sprechen, weßhalb ich daher keinen Anstand nehme, das Oel zu den gedachten Zwecken den Technikern hiermit zur Beachtung zu empfehlen. (Vierteljahresschrift für technische Chemie) Ueber Mäßigung des allzu grellen Lichts der Photogen-Lampen; von Apotheker C. Feldmann in Bad Wildungen. So vortrefflich auch das Licht der sogenannten Photogen-Lampen ist, so ist dennoch nicht zu läugnen, daß dasselbe, bei anhaltendem Gebrauch, den Augen unangenehm, ja schädlich werden kann, vorzüglich beim Schreiben oder Lesen. Um nun das Grelle dieses Lichts zu mildern, habe ich Folgendes als äußerst zweckdienlich erkannt. Man verreibe gut trocknenden (dicken) Copal- oder Dammarlack mit dunkelgrünem Zinnober zu einer dicklichen, kaum fließenden Masse. Vermittelst eines gewöhnlichen (mindestens daumendicken) Haarpinsels bestreiche man dann die äußere Seite der Milchglas-Kuppeln und zwar so, daß man mehr betupfend als streichend den Pinsel verwendet. Auf diese Weise entstehen (selbst von Solchen, die nie einen Pinsel geführt) wunderschöne moos- oder laubartige transparante Gebilde; anfangs verschwinden diese, binnen einigen Minuten jedoch wo die Lackfarbe zu trocknen beginnt, bleiben sie stehen. Um die Procedur besser überwachen zu können, nimmt man sie Abends vor, indem man die Kuppel über die brennende Lampe stellt. Für wenige Groschen und binnen einer halben Stunde kann jeder Laie im Malen sich mehrere solcher Schirme anfertigen, die sich nicht bloß recht hübsch ausnehmen, sondern auch äußerst wohlthuend für die Augen sind. Sehr vortheilhaft kann man sich selbst theilweis gesprungener Kuppeln, die man in Glas-Handlungen nicht selten zum vierten Theil des Preises erkaufen kann, bedienen, indem man die Sprünge aus der Außenseite derselben mit schmalen Streifen feiner Leinwand mittelst dicker Gummilösung beklebt und nach dem Trocknen dann auf die vorhin angedeutete Weise bestreicht; die schadhaft gewesenen Stellen im Glase verschwinden für das Auge fast ganz. (Böttger's polytechnisches Notizblatt, 1859, Nr. 22.) Darstellung einer zu Kerzen geeigneten starren Fettsäure (Elaidinsäure) durch Einwirkung von Untersalpetersäure auf Oelsäure, nach Jacquelain. Das von Jacquelain angegebene Verfahren besteht im Wesentlichen darin, daß man Oelsäure, Talg oder irgend ein anderes, nicht trocknendes Fett mit Untersalpetersäure behandelt, um die Oelsäure in Elaidinsäure zu verwandeln. Die Untersalpetersäure erzeugt man durch Erhitzen von salpetersaurem Bleioxyd. was in einem emaillirten gußeisernen Cylinder geschehen soll. Auf 500 Kilogr. Oelsäure oder Talg wendet man diejenige Quantität Untersalpetersäure an, welche aus 7 Kilogr. getrocknetem salpetersaurem Bleioxyd entwickelt wird. Die Untersalpetersäure wird aus dem Cylinder durch ein bleiernes Rohr in das Fett geleitet, welches sich in einer mit Blei ausgefütterten Kufe befindet. Das Bleirohr breitet sich auf dem Boden der Kufe in einer Spirale aus, welche mit vielen kleinen Löchern versehen ist, durch welche die Untersalpetersäure austritt. Die Windungen dieser Spirale liegen abwechselnd mit denen eines andern spiralförmigen Bleirohrs (ohne Löcher), durch welches man Wasserdampf leitet, um das Fett flüssig zu erhalten. Man kann mehrere Kufen mit einander verbinden, indem man die Dämpfe von Untersalpetersäure, welche aus dem Fett der einen Kufe entweichen, in das in einer zweiten Kufe befindliche Fett leitet. Wenn diese Behandlung mit Untersalpetersäure beendet ist, bringt man das Fett in die Formen, wo es erstarrt. War die angewendete Substanz Oelsäure, so hat man nun weiter nichts mehr zu thun, als das erstarrte Fett erst kalt und dann warm in einer hydraulischen Presse zu pressen. Wenn man aber Talg als Rohmaterial angewendet hat, so verseift man das Fett, nachdem die Behandlung mit Untersalpetersäure stattgefunden hat, in gewöhnlicher Manier durch Kalk und führt weiter alle die Operationen aus, welche bei der gewöhnlichen Stearinsäurefabrication vorkommen. Zur Entwicklung der Untersalpetersäure, die zu diesem Verfahren nothwendig ist, können nur wasserfreie salpetersaure Salze verwendet werden. Der Patentträger benutzt, wie erwähnt, vorzüglich salpetersaures Bleioxyd; es ist aber auch entwässertes salpetersaures Kupferoxyd anwendbar. Beim Glühen dieser Salze bleibt Bleioxyd oder Kupferoxyd in dem Cylinder zurück. Aus diesen Oxyden erzeugt man immer wieder die salpetersauren Salze, indem man sie mit gewöhnlicher Salpetersäure, die mit etwas Wasser vermischt ist, befeuchtet und das Ganze in gelinder Wärme austrocknet. In einem zweiten Patent vom Jahre 1854 bemerkt Jacquelain zunächst, daß er sich überzeugt habe, daß die Untersalpetersäure nur auf die Oelsäure, nicht auf die starren Fettsäuren wirke, und theilt dann nachstehende Modifikationen seines Verfahrens mit: Auf 100 Kilogr. Oelsäure nimmt man 7 Kilogr. salpetersaures Bleioxyd oder die äquivalente Menge salpetersaures Kupferoxyd. Statt dieser salpetersauren Salze kann man auch wasserfreien salpetersauren Kalk anwenden, was sogar sehr vortheilhaft ist. Es ist seit lange bekannt, daß die Kuchen der rohen, noch mit Oelsäure vermischten Stearinsäure schon durch bloßes kaltes Pressen ein reineres Product geben, wenn sie nicht zu hart sind und die Stearinsäure darin deutlich krystallisirt ist. Diese Erfahrung benutzend, hat der Patentträger gefunden, daß man aus der mit Untersalpetersäure behandelten Oelsäure leichter die erstarrte Fettsäure abscheiden und bleichen kann, wenn man das mit Untersalpetersäure behandelte Fett vor dem Pressen mit 1/4 seines Gewichts gewöhnlicher Oelsäure zusammenschmilzt. Man gießt diese Mischung in Formen, läßt sie gut erkalten und preßt die Masse dann zuerst kalt und dann warm zwischen Haartüchern in gewöhnlicher Manier aus. Wenn man 100 Kilogr. geschmolzenen Talg mit Untersalpetersäure behandelt, sodann mit Kalk verseift und aus der Kalkseife die Fettsäuren wieder ausscheidet, so erhält man eben so viele Fettsäuren, als wenn man den Talg ohne vorausgegangene Behandlung mit Untersalpetersäure durch Kalk verseift, nämlich circa 96 Proc.; die Fettsäuren sind aber im ersten Falle weit härter als im letztern. Man muß daher im erstern Falle dem Product, welches zu hart ist, um mit Nutzen gepreßt werden zu können, vor dem Pressen 1/3 seines Gewichts Oelsäure hinzufügen. Es versteht sich von selbst, daß bei der Behandlung des Talgs mit Untersalpetersäure das in demselben enthaltene Olein (Main) in Elaidin umgewandelt wird, woraus es sich erklärt, daß man bei der nachfolgenden Behandlung mit Kalk etc. weit mehr starre Fettsäure erhält, als wenn man ohne Anwendung von Untersalpetersäure bloß mit Kalk verseift. Am besten ist es aber, den Talg zunächst durch Kalk zu verseifen und die durch eine Säure aus der Kalkseife abgeschiedenen Fettsäuren mit Untersalpetersäure zu behandeln, worauf man sie mit 1/5 ihres Gewichts gewöhnlicher Oelsäure zusammenschmilzt und diese Mischung nach dem Erstarren erst kalt und dann warm preßt. Der Patentträger führt zuletzt noch an, daß es ihm gelungen sey, den salpetersauren Kalk vollständig auszutrocknen, und daß solcher wasserfreier salpetersaurer Kalk das beste Mittel zur Entwickelung der Untersalpetersäure sey, da er einen durch Eisen nicht reducirbaren Rückstand lasse, aus welchem durch Zusatz von Salpetersäure immer wieder salpetersaurer Kalk erzeugt werden könne. Die Entwickelung der Untersalpetersäure aus salpetersaurem Kalk kommt weit wohlfeiler zu stehen als die aus salpetersaurem Bleioxyd, weil der salpetersaure Kalk bei gleichem Gewicht viel wohlfeiler ist, und weil man davon nur 19 Kilogr. nöthig hat, um die Quantität Untersalpetersäure zu erzeugen welche von 35 Kilogr. salpetersaurem Bleioxyd geliefert wird. (Aus dem Technologiste, durch das polytechnische Centralblatt, 1859 S. 1028.) Die künstliche Austernzucht. Wenn Austern auch nicht geradewegs gesponnen und gewoben wie Garn oder gegossen und gewalzt wie Eisen werden, so hat doch die künstliche Beförderung der Erzeugung solche Formen angenommen, daß man wohl von einer Manufactur reden kann. Der Austernfang ist ein wichtiger Erwerbszweig an den Küsten des atlantischen Meeres, und England, Frankreich, Belgien und Deutschland betheiligen sich gleicherweise dabei, so sehr sie es vermögen. Bekanntlich hat man in Frankreich den Gegenstand der nachhelfenden Befruchtung der Fische in den Strömen sehr ernsthaft ins Auge gefaßt (worüber wir des Mehreren im polytechn. Journal) zu verschiedenen Malen veröffentlicht haben. Diese Nachhülfe dehnt man jetzt auch auf Austernbänke aus. Man hat dazu einen Theil der Bay von St. Brieux gewählt, einen Platz, der von Natur dazu geschaffen scheint und auf eine Ausdehnung von 12,000 Hektaren (zu 2 Acker) der Austernzucht alle Vortheile bietet, denn der Boden ist feiner Sand, wenig gemischt mit Schlick oder Klei. Die Fluth, welche dort von N. W. zu S. W. und umgekehrt steigt und fällt, mit einer Geschwindigkeit von 3 engl. Meilen in der Stunde, erneuert das Wasser fortwährend und führt allen unreinen Niederschlag ab und faßt, indem es sich gegen die Felsen bricht, alle wünschenswerthen belebenden Eigenschaften in sich. Die Auslegung der Brutaustern geschah im März und schloß mit April dieses Jahres, während welcher Zeit 3 Millionen Austern ausgelegt wurden, die zum Theil aus der See, zum Theil von den Bänken von Cancale und Treguler genommen wurden. Man legte sie in 10 längwegs laufende Bänke, die zusammen eine Oberfläche von 1000 Hektaren ausmachen. Die Lage dieser Bank hat man im vorweg auf einer Karte ausgemessen und schwimmende Flaggen Behufs der Zurechtfindung der Schiffe ausgesteckt. Damit die Auslegung der Austern mit gehöriger Regelmäßigkeit geschehe und die weiblichen Austern nicht verletzt werden dadurch, daß man sie zu dick aufeinander legt, bedient man sich zweier Dampfer, welche die mit den Austern beladenen Boote nachschleppen und sich innerhalb der ausgemarkten Stellen von einem Ende zum andern bewegen und dabei das Aussetzen von Austern vor sich gehen lassen und wenn sie an einem Ende angekommen sind, auf demselben Wege zurückkehren und das Aussetzboot fortziehen, so daß das Setzen genau so bewirkt wird als wenn man Pflugfurchen auf dem Felde zieht. Nach geschehener Aussetzung oder Auslegung tritt sofort auch die Nothwendigkeit auf rings um die Bänke und oben darüber Vorrichtungen anzubringen daß der Laich sich gehörig sammle und auf einem und demselben Platz verbleibe. Ein Mittel, was man zu diesem Ende anwendet, besteht darin, daß man die Bank mit alten Austernschalen bedeckt, damit nicht ein einziges Samenkorn irgend wohin falle, wo es sich nicht zu befruchten vermag. Das zweite Mittel ist die Legung von Faschinen von einem Ende der Bank zum andern, die man an der Wurzel mit Steinen belastet und an der Spitze fest macht, ähnlich wie Spaliere. Die Faschinen stehen 18–20 Zoll über der Bank und verhindern dadurch, daß der Laich von der Fluth mit fortgerissen werde. Gelegt werden die Faschinen durch Männer in Taucherkleidung. Da die Stricke, mit denen die Faschinen vor der Hand befestigt wurden, wahrscheinlich sich bald abnutzen werden, so wird man später dünne eiserne verzinkte Ketten dazu anwenden, welche in Werkstätten des Staats gefertigt werden. Die Bänke und Faschinenhecken sind ganz genau auf der Karte verzeichnet, so daß es thunlich ist sie nach der Reihe aufzunehmen, gerade wie ein Bauer seine Aepfel Baum für Baum pflückt. Der Bericht der Commission für jene künstliche Austernzucht führt an, daß kaum 6 Monate seit der Vollendung der Anlage verflossen seyen, und das Ergebniß derselben bereits die kühnsten Erwartungen übertreffe. Die Austernbänke von Cancale und Granville selbst in ihrem gedeihlichsten Zustande und ihren besten Tagen hätten nie eine solche Masse Austern geliefert. Die Faschinenzweige sitzen gehäuft voll Austern gleich wie Blüthen, die im Frühling einen Baum ganz bedecken. Man könnte die Faschinen in der That für versteinert halten. Eine dieser Faschinen hat man nach Paris geschafft und an derselben 20,000 junge Austern gezählt. Sie sind bereits größer als 1 Zoll im Durchmesser und die Faschine nimmt mehr Platz im Wasser ein als eine Garbe auf dem Felde. Die Austern, wenn sie vollkommen ausgewachsen wären, würden einen Preis von 16 Francs das Tausend haben. Die Bay von St. Brieux kann demnach dermaleinst eine wahre Schatzkammer werden. (Deutsche Gewerbezeitung, 1859, Heft 7.)