Titel: Ueber die Anwendung des Glycerins zur Füllung der Gasmesser; von Chr. Fabian, Assistent der königl. polytechnischen Schule in Augsburg.
Autor: Chr. Fabian
Fundstelle: Band 155, Jahrgang 1860, Nr. CIII., S. 345
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CIII. Ueber die Anwendung des Glycerins zur Füllung der Gasmesser; von Chr. Fabian, Assistent der königl. polytechnischen Schule in Augsburg. Fabian, über die Anwendung des Glycerins zur Füllung der Gasmesser. In Band CLI S. 465 dieses Journals findet sich als Mittheilung aus dem Technologiste eine Notiz über die möglichen Verwendungen des Glycerins. Unter diesen Verwendungen ist auch die Benutzung dieses Materials zur Füllung der Gasmesser mit vollem Rechte als äußerst zweckmäßig hervorgehoben worden. Die Vortheile, welche das Glycerin als Füllungsflüssigkeit gewähren soll, beruhen auf der Eigenschaft desselben, nicht zu gefrieren und nicht zu verdunsten, wodurch die Benutzung desselben statt des bisher angewandten Wassers, resp. Weingeists vollkommen gerechtfertigt erscheint. Berücksichtigt man, daß das Glycerin in Folge seiner Eigenschaft sich nicht zu verflüchtigen, nur eine einmalige Ausgabe beim Füllen der Gasmesser veranlaßt, so muß es auffallen, daß man nicht schon längst darauf verfiel, es statt des eben so theuern und fortwährende Ergänzung erheischenden Weingeistes anzuwenden. Hierbei wirft sich jedoch zunächst die Frage auf, ob das Glycerin, behufs ausgedehnter Verwendung zu diesem Zweck, in hinreichender und preiswürdiger Menge zu erhalten ist. Dieses muß, meiner Ansicht nach, zur Zeit verneint werden; denn obgleich z.B. am hiesigen Platze augenblicklich nicht unbedeutende Quantitäten dieses Productes zu keineswegs ungünstigen NotirungenDie Firma G. A. Bäumer u. Comp. hier verkauft ein Product von 24° Beck, entsprechend etwa 64 Proc. wasserfreiem Glycerin, zu 12 fl. rhn. den bayer. Centner. zu erhalten sind, so würde sich dieses doch wahrscheinlich bei einem bedeutenden Consum nur zu bald anders gestalten. Da nun ein Gemisch von Glycerin und Wasser in den unten näher angegebenen Verhältnissen, bei Kältegraden wie sie der Winter unseres Climas mit sich bringt, noch nicht gefriert, so läßt sich auch das wasserhaltige Glycerin zu fraglichem Zweck benutzen. Freilich wird es bei Anwendung von solchem Glycerin, wenn auch ungleich seltener als bisher, nöthig seyn die Gasmesser von Zeit zu Zeit nachzufüllen, um das aus dem Gemisch verdunstete Wasser zu ersetzen. Geschieht diese Nachfüllung stets mit Glycerin von gleicher Concentration, so wird, da nur das Wasser des Gemisches verdunstet, im Apparat nach und nach ein so concentrirtes Product entstehen, daß nun auch der Vortheil den ein nicht flüchtiges Material gewährt, vollständig erreicht wird. Es schien mir vor Allem wichtig zu erfahren, wie hoch der Wassergehalt des Glycerins steigen darf, ohne daß man ein Gefrieren desselben zu befürchten hat. Zu diesem Zwecke wurde ganz reines Glycerin, von 1,36 spec. Gewicht,Dasselbe war allerdings noch nicht ganz wasserfrei, denn in diesem Falle hätte es nach Chevreul 1,27. nach Pelouze 1,28 spec. Gewicht zeigen müssen; da das Glycerin aber nur äußerst schwierig im völlig wasserfreien Zustande zu erhalten ist, so nahm, ich keinen Anstand, solches vom obigen spec. Gewicht, wie man es nach fortgesetztem Erhitzen im Wasserbade erhält, meinen Versuchen zu Grunde zu legen. Nach Fergusson Wilson entspricht ein Product von 1,26 spec. Gewicht 98 Proc. wasserfreiem Glycerin. mit verschiedenen Mengen Wasser gemischt, und diese Gemische verschiedenen, theils natürlichen, theils künstlich erzeugten Kältegraden ausgesetzt. Es wurden zunächst die nachfolgenden Resultate erhalten: Ein Gemisch von 50 Gewichtsth. Glycerin u. 50 Wasser gefror zwischen – 25 – 27° R. 40 60 – 14 –   5° R. 30 70   bei   4° R. Die vorstehenden Angaben beziehen sich auf reines, fast wasserfreies Glycerin; da nun aber sämmtliches Glycerin des Handels, mag es als reines oder rohes bezeichnet seyn, stets variirende, meistens nicht unbedeutende Quantitäten Wasser enthält, so habe ich es für zweckmäßig erachtet, das spec. Gewicht als Anhalt für den Gefrierpunkt zu benutzen; die nachfolgende Tabelle, auf wiederholte Versuche begründet, wird für diesen Zweck vollkommen genügen. Spec. Gew.Die Bestimmungen geschahen bei einer Temperatur von + 14° R. Grade nachBeck. Grade nachBaumé. Gewichts-Procentean Glycerin.Bezogen auf das vorerwähnte Glycerin von 1,26 spec. Gewicht. Gefrierpunkt. 1,024     4°        3°,5 10      –   1° R. 1,051   8   7 20      –   2° R. 1,075 12 10 30      –   5° R. 1,105 16 14 40      – 14° R. 1,117 18   15,5 45      – 21° R. 1,127 19 17 50      – 25–27° R. 1,1591,1791,2041,2321,241 2326293233 2022252829 6070809094 Bei – 28° R. nochnicht gefrierend. Ich bemerke übrigens, daß bei einem sehr wässerigen Präparat keineswegs beide Bestandtheile, nämlich Glycerin und Wasser, ungetrennt gefrieren, vielmehr haben mir wiederholte Beobachtungen gezeigt, daß nur ein Theil des Wassers seinen Aggregatzustand verändert, während ein anderer, geringerer Theil desselben, wie es scheint, mit dem sämmtlichen Glycerin flüssig bleibt. Dieses Verhalten läßt sich in den Wintermonaten benutzen, um ein sehr wasserreiches Präparat bedeutend zu concentriren. Da bei uns im Winter das Thermometer nur ausnahmsweise bis 20° R. unter Null, oder gar noch tiefer sinkt, so ist man, wie die vorstehende Tabelle ergibt, hinreichend gesichert, wenn man ein Glycerin von 15 – 16° Baumé = 1,113 – 1,121 spec. Gew., welches etwa 45 Proc. wasserfreies Glycerin enthält, anwendet, ja in den meisten Fällen wird ein Glycerin von 12 – 14° Baumé hinreichende Sicherheit bieten, wenigstens wenn die Gasmesser nicht geradezu im Freien aufgestellt sind. Mit den von mir erhaltenen, in obiger Tabelle zusammengestellten Resultaten bezüglich des Gefrierens stimmen die Erfahrungen des Hrn. C. Bonnet, Director der hiesigen Gasanstalt, überein, welche mir derselbe zur Benutzung überlassen hat. Ein Gasmesser wurde von ihm mit Glycerin, welches 16° Baumé zeigte, gefüllt und während der bis jetzt verstrichenen Wintermonate auf eine Erhöhung ins Freie gestellt; obgleich wiederholt die Temperatur bis auf – 20 und 21° R. sank, wurde gleichwohl der Apparat nie im Gange gestört, kurz ein Gefrieren der Flüssigkeit niemals beobachtet. Um der etwa auftauchenden Besorgniß zu begegnen, die Consistenz des Glycerins könnte durch Veranlassung einer größeren Reibung die Drehung der Trommel des Gasmessers beeinträchtigen, erwähne ich noch, daß Hr. C. Bonnet auch in dieser Beziehung, obgleich der Druck des Gases hier äußerst gering ist, nicht den mindesten Nachtheil beobachtet hat. Eine andere Befürchtung, daß nämlich das Glycerin durch Einwirkung des Leuchtgases eine Veränderung resp. Verschlechterung erleiden möchte, kann kaum auftauchen, da für dieselbe nach den bekannten Eigenschaften des Glycerins beim Ausschluß des Sauerstoffs, wie er im gegebenen Falle stattfindet, kein Grund vorliegt. Nach Vorstehendem ist das Glycerin als Füllungsmaterial der Gasmesser zu empfehlen, da es Anforderungen erfüllt, welchen man bisher durch die Anwendung von Wasser und Weingeist nicht zu entsprechen vermochte.