Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 155, Jahrgang 1860, Nr. , S. 155
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Miscellen. Miscellen. Ueber die Fabricationsweise der ungeschweißten Bandagen. Ueber die ungeschweißten Bandagen, wie sie in dem Eisenwerk von Ougrée in Belgien seit einiger Zeit fabricirt werden, und zwar namentlich über die Fabricationsweise, ist Folgendes bekannt geworden. Zunächst wird eine Eisenstange in der Form des gewöhnlichen Flacheisens von entsprechenden Dimensionen in gewöhnlicher Weise durch das Walzen hergestellt, wobei darauf Rücksicht genommen wird, daß nach Absagen der Enden bis auf das gute Eisen das Gewicht der Stange demjenigen der fertigen Wagenrad-Bandage unter Berücksichtigung des Abgangs bei den weiteren Operationen entspricht. Die Stange gelangt von der Walze auf eine etwas conische Rolle, welche eine langsame Umdrehung erhält und auf welche sich die Eisenstange der Art aufrollt daß die Windungen dicht aneinander liegen. Der so gewonnene Ring, Rondelle genannt, wird zur Glühhitze erwärmt, dann unter einem 130 Ctr. schweren Hammer, dessen Amboß die zum Einlegen des Rings nöthige Vertiefung hat, bearbeitet. Diese Operation wird in 2–5 auf einander folgenden Hitzen wiederholt, bis die Windungen derart zusammen geschweißt sind, daß ein compacter Ring entsteht, welcher bereits die Form der Bandagen im Rohen darstellt. Das Rondelle hat wie es von der Rolle kommt, einen Durchmesser von 40 Centim. und eine Dicke oder Höhe von 35 Centim. Unter dem Hammer bleibt der Durchmesser unverändert, wogegen die Höhe auf dasjenige Maaß reducirt wird, welches der Breite der fertigen Bandage entspricht. Der Ring kommt nun wiederholt in einen Schweißofen und von diesem unter die von einer 150pferdigen Dampfmaschine betriebene Walze von eigenthümlicher Construction, aus welcher der Ring mit vergrößertem Durchmesser und mit einem der fertigen Bandage annäherndem Profil hervorgeht. Durch wiederholtes Walzen wird der Bandage der genaue Durchmesser und das richtige Profil gegeben; sie wird dann im Wasser abgekühlt und ist zur Verwendung bereit Das gleiche Verfahren findet bei der Fabrication der Locomotive-Bandagen statt, mit denjenigen Modificationen, welche durch die veränderten Dimensionen und das größere Gewicht der Bandagen bedingt sind. Für die auf diese Art dargestellten Bandagen wird der Verzug viel besserer Durcharbeitung des Eisens und größerer Gleichartigkeit geltend gemacht. Proben welche mit gewöhnlichen geschweißten und mit ungeschweißten Bandagen nach dem neuen System, beide aus Eisen gleicher Qualität erzeugt, unter dem Rammklotz gemacht worden sind, sollen für die letzteren äußerst günstig ausgefallen seyn; während nämlich die gewöhnliche geschweißte Bandage unter dem Rammklotz alsbald nachgab, ließ die ungeschweißte sich durch wiederholte Schläge vollständig zusammenbiegen ohne zu brechen. Sodann sind die ungeschweißten Bandagen so vollendet, daß sie für Wagenräder kaum, oder doch nur sehr wenig abgedreht zu werden brauchen und auch die Locomotivrad-Bandagen nur geringer Abdrehung bedürfen, wodurch an Material und Arbeit erspart wird. Hiebei kommt noch weiter in Betracht, daß die viel härtere äußere Kruste der Bandage erhalten bleibt und dadurch die Nothwendigkeit des Abdrehens in Folge der Abnützung viel später eintritt. Bei der Bestellung von ungeschweißten Bandagen ist dem Werke ein Spielraum von 1/2 Millimeter im inneren und von 3 Millimeter im äußeren Durchmesser zu gestatten. Was die Dauer der von dem Etablissement in Ougrée gelieferten ungeschweißten Bandagen betrifft, so soll sich hierüber das Zeugniß des Chefs der Werkstätten der belgischen Staatsbahnen in Mecheln sehr günstig aussprechen. 300 Locomotiv-Bandagen, welche auf den belgischen Staatsbahnen verwendet sind, haben durchaus keinen Fehler wahrnehmen lassen und nach 3monatlicher Benützung gar keine Abnützung gezeigt, was für die Härte und Gleichmäßigkeit des Materials spricht. Das belgische Werk erzeugt Bandagen von gewöhnlichem sehnigem Eisen bloß für Wagenräder, dann von feinkörnigem Eisen und von Puddelstahl für Wagen-, Tender- und Locomotivräder. Der Preis für 100 Kilogr. loco Ougrée bei Lüttich beträgt für Bandagen von sehnigem Eisen Feinkorneisen Puddelstahl für Wagenräder 30 Fr. 45 Fr. 70 Fr.   „  Locomotiv- und Tenderräder      von 300 Kil. und weniger 55 Fr. 80 Fr.         „   300 Kil. bis 400 Kil. 60 Fr. 85 Fr.         „   400 Kil. und mehr 70 Fr. 95 Fr. (Eisenbahn-Zeitung, 1859, Nr. 49.) Pimont's Apparate zur Benutzung der Wärme des aus Färbe- und Bleichgefäßen abgelassenen Wassers; von Professor C. H. Schmidt in Stuttgart. Ueber diese von dem Ingenieur Pimont construirten und mit dem Namen Caloridoren belegten Apparate hat E. Burnat der Société industrielle in Mülhausen im Namen einer mit der Prüfung beauftragten Commission einen sehr günstigen Bericht erstattet, aus welchem hier, mit Hinweisung auf die unten angeführte Quelle, einige Hauptpunkte zur Kenntniß der Industriellen gebracht werden sollen. Um die Wärme der aus den Küpen abgelassenen Flüssigkeiten, deren Temperatur zwischen 30 und 80° C. liegt, nutzbar zu verwenden, leitet Pimont diese Flüssigkeiten in eine Anzahl hölzerner Kästen, in welchen eine vielfach gewundene Kupferrohrleitung sich befindet; das kalte, zur Speisung der Küpen, Bütten, Kessel etc. bestimmte Wasser wird behufs seiner Erwärmung durch diese Rohrleitung und hierauf in ein besonderes Reservoir geführt von welchem aus es dann weiter zur Speisung des Dampfkessels, zum Füllen der Färbeküpen, Bleichbütten etc. verwendet werden kann. Die zum Vorwärmen dienenden Kästen, gewöhnlich sechs Stück, haben 3 Meter Länge 1,2 Meter Breite. 0,6 Meter Höhe mit 0,095 Meter Wandstärke und werden in zwei Reihen in angemessener Tiefe unter den Färbeküpen aufgestellt. In jedem Kasten liegt, in zwei Etagen abgetheilt, eine etwa 25 Meter lange Rohrleitung von 0,08 Meter Weite, und diese einzelnen Rohrleitungen sind der Art unter einander verbunden, daß dadurch eine ununterbrochene Röhrentour von 155 Meter Länge entsteht. Das aus den Küpen abgelassene warme Wasser wird durch diese sechs Kasten so geleitet, daß es dem durch die Röhrentour geführten kalten Wasser entgegen strömt, also das Kastensystem an demjenigen Punkte verläßt, wo das kalte Wasser in dasselbe eintritt. In dem Etablissement von Dollfus. Mieg und Comp. in Mülhausen betrugen die Herstellungskosten eines derartigen Vorwärmeapparats die Totalsumme von 12900 Fr. Den Kasten wurden täglich 82300 Liter Wasser von 72,2° C. zugeführt, und mit diesem Wasserquantum wurden täglich 58265 Liter reines Wasser von 5,8° auf eine Temperatur von 38,5° erwärmt. Die dem Speisewasser zugeführte Wärmemenge betrug demnach täglich 1,905265 Calorien, und da 1 Kilogr. Steinkohlen bekanntlich 3500 Calorien entwickelt, so belief sich die tägliche Ersparniß auf 544 Kilogr. Steinkohlen, d. i., wenn 100 Kilogr Steinkohlen zu 2,8 Fr. gerechnet werden, eine Summe von 15,25 Fr. per Tag oder 4575 Fr. per Jahr. Von diesem Gewinn sind zwar noch Capita-Unterhaltungs- und Reinigungskosten in Abzug zu bringen; aber es ist auch der Vortheil zu berücksichtigen, welchen die größere Beschleunigung und die schnellere Aufeinanderfolge der Arbeitsoperationen mit sich bringt. Außerdem hat Pimont noch einen zweiten ähnlichen Apparat construirt, welcher zur Nutzbarmachung des aus Bleich- und Bäuchkufen entweichenden Dampfes dient Mittelst eines im Deckel der Kufe angebrachten Rohres wird der Dampf nach zwei Kästen geführt, in welchen auf ganz ähnliche Weise, wie beim ersten Apparate, das zur Leitung des reinen Wassers dienende Röhrensystem circulirt. Die Quelle gibt unter Beifügung einer brauchbaren größeren Zeichnung weitere Erläuterungen über die Construction beider Apparate, deren Anschaffungskosten und den mit denselben erzielten Gewinn, unter Beziehung auf mehrere in Elsaß ausgeführte Anlagen. (Bulletin de la Société industrielle de Mulhouse, 1859 p. 363, durch das württemberg. Gewerbeblatt) Ueber die Zusammensetzung des Stahls, nach Christopher Binks in London. Nach Binks ist man in den englischen Stahlwerken von der Unzureichendheit der jetzigen Erklärung der chemischen Beschaffenheit des Stahls überzeugt und einer der erfahrensten Stahlfabrikanten, Saunderson hat experimentell festzustellen versucht, daß die Entziehung von 1/5 Proc. des Kohlenstoffs aus einem 5 Proc. Kohlenstoff haltenden Gußeisen, nicht nothwendig letzteres in Stahl umzuwandeln vermöge und daß durch die gänzliche Entziehung des Kohlenstoffs nicht nothwendigerweise Schmiedeeisen entstehe, kurz daß die jetzige Theorie der Stahlbildung, nach welcher Stahl eine Verbindung von Schmiedeeisen mit ungefähr 1 Proc. Kohlenstoff, Schmiedeeisen aber Eisen ohne Kohlenstoff oder Eisen mit weniger Kohlenstoff, als zur Bildung von Stahl erforderlich ist, seyn soll, irrig seyn müsse. Saunderson legte bei seinen Versuchen schwache, bis zur Rothglühhitze erhitzte Stäbchen von Schmiedeeisen in ein Porzellanrohr und bestrich oder bestreute dieselben mit dem Stoffe, welchen er auf das Eisen wirken lassen wollte, oder ließ das Reagens in Gasform darüber hinstreichen. Bei den Versuchen mit Holzkohle nahm man frisch gebrannte und pulverisirte, ausgeglühte Kohle von Buchsbaumholz, füllte sie rasch in das Rohr, schob das Eisenstäbchen ein und verschloß das Rohr an beiden Enden. Wollte man Luft zutreten lassen, so legte man das Rohr horizontal und ließe es an den Enden offen, so daß die Luft langsam durch die Kohle an das glühende Eisen treten konnte. Das Eisen wurde in helle Rothglühhitze versetzt, wie beim Verstählen oder Cementiren. Die Versuche ergaben: 1) Daß Schmiedeeisen sich, wenn es bloß der Einwirkung von Kohle ausgesetzt wird nicht in Stahl verwandelt. Ein kleines Stäbchen Schmiedeeisen, welches, im Porzellanrohre eingeschlossen 12 Stunden lang in Rothglühhitze erhalten wurde, zeigte beim Ablöschen weder eine stahlartige Oberfläche, noch die bekannten verschiedenen Anlauffarben bei verschiedener Temperatur. 2) Fand dagegen Luftzutritt statt, in der Art, daß Kohle im Ueberfluß vorhanden war, so verwandelte das Schmiedeeisen sich oberflächlich in Stahl und würde ohne Zweifel bei längerer Dauer des Processes ganz in Stahl übergegangen seyn. 3) Stickstoff erzeugt keinen Stahl. 4) Eben so wenig Kohlenoxydgas. 5) Auch die Kohlenwasserstoffverbindungen sind ohne Einfluß, mag man ölbildendes Gas durch das Rohr streichen lassen oder das Schmiedeeisenstäbchen in ein stickstofffreies Oel tauchen. 6) Dagegen geben ölbildendes Gas mit Ammoniak gemischt und Cyan Stahl, auch verstählt sich das Eisen durch Ablöschen in einem stickstoffhaltigen Oele. 7) Eisencyankalium erzeugt Stahl 8) Cyankalium bildet ebenfalls Stahl, woraus hervorgeht, daß der Eisengehalt des Cyaneisenkaliums nicht das stahlbildende Reagens seyn kann. 9) Kali oder Kaliumdämpfe sind ohne Einfluß auf die Beschaffenheit des Schmiedeeisens. 10)) Eben so wenig bildet sich unter dem Einflusse von Ammoniak oder salpetersaurem Ammoniak Stahl aus reinem Schmiedeeisen. 11) Dagegen wirkt Ammoniak oder Chlorammonium verstählend, wenn das Eisen viel Kohlenstoff enthält. Hieraus erkennt man, daß die Stahlbildung stets eintritt bei gleichzeitiger Gegenwart von Stickstoff und Kohlenstoff. Sollte das bei ausgedehnteren Versuchen sich weiter bestätigen so bleibt noch die Frage, ob diese beiden Elemente mit dem Eisen Verbindungen eingehen und darin bleiben, oder ob das Stickgas bloß zur Einleitung der Verbindung zwischen dem Eisen und Kohlenstoffe erforderlich ist. (Hartmann's berg- und hüttenmännische Zeitung. 1859, Nr. 22.) Ein Mittel, um eine Verfälschung des Bleies mit wohlfeileren Metallen auf mechanischem Wege zu entdecken. Die Bleistangen oder Bleiblöcke werden zuweilen durch Glockengut oder altes Eisen verfälscht, das man im Augenblicke des Schmelzens und Fließens in die Gieß formen bringt. Um sich gegen diesen Betrug zu schützen, schneidet man gewöhnlich die Bleiblöcke im Augenblicke des Empfangs entzwei. Scharukin hat nun ein genaueres und rascheres Verfahren ersonnen, das gegenwärtig in den russischen Zeughäusern in Anwendung gebracht wird. Man bedient sich zum Wägen der Bleiblöcke, statt der gewöhnlichen Gewichte, titrirter Bleigewichte Sobald das Gleichgewicht hergestellt ist, taucht man die beiden Waagschalen mit ihrer Belastung in einen vollen Wasserbehälter. Wenn das Blei nicht verfälscht ist, verbleibt das Gleichgewicht im Wasser wie in der Luft; wenn aber das Blei Eisen- oder Glockengutstücke beigemischt enthält, neigt sich die Waagschale auf die Seite der graduirten Gewichte. Man sieht, daß sich diese Methode auf das Archimedische Princip gründet, wonach ein im Wasser ganz eingesenkter Körper so viel von seinem absoluten Gewichte verliert, als das Gewicht des aus seiner Stelle verdrängten Wassers beträgt. Je voluminöser folglich ein Körper ist, desto mehr wird er von seinem absoluten Gewichte im Wasser verlieren, oder was dasselbe ist: desto leichter wird er im Wasser erscheinen. Der berühmte Mathematiker, welcher dieses Princip entdeckte, hatte es, wie männiglich bekannt, zur Lösung eines gleichartigen Princips angewendet: es handelte sich nämlich darum, festzustellen, ob die von dem Goldarbeiter des Königs Hiero gelieferte goldene Krone lediglich aus reinem unvermischten Golde gemacht, oder ob dem Golde ein fremdes, specifisch leichteres Metall beigemischt sey. Archimedes löste die Frage dadurch, daß er die Krone abwechselnd im Wasser und in der Luft wog, und so den Gewichtsverlust bestimmte, welchen sie im Wasser erlitt. Dieser Verlust stellte genau das Gewicht eines Wasservolumens gleich dem der Krone dar. Nehmen wir an das Gewicht dieses Gegenstandes sey genau 1 Kilogramm; Archimedes hatte sich überzeugt, daß 1 Kilogrm. reines Gold im Wasser nur den zwanzigsten Theil seines Gewichts verliert. Die untersuchte Krone erlitt aber im Wasser einen beträchtlicheren Gewichtsverlust; sonach war sie aus einer Legirung gebildet, welche ein leichteres Metall als Gold enthielt. Das Verfahren Scharukin's läßt sich anwenden, ohne daß man irgend einen Irrthum zu befürchten hat, denn in der That sind alle Metalle, welche schwerer sind als Blei, theurer und werden sonach niemals zur Verfälschung dieses Metalls gebraucht. (Journal pour Tous; Böttger's polytechnisches Notizblatt, 1860, Nr. 1.) Ein Mittel gegen eingeathmetes Chlor; von Prof. Dr. Bolley. Bei Gelegenheit einer Reihe von Versuchen über Herstellung des sogenannten Anilinviolett mittelst Chromsäure oder Chlorwasser machte ich die Beobachtung, daß ganz kleine Mengen des Anilin hinreichen, einer ziemlich großen Portion starken Chlorwassers den Geruch zu benehmen. Obschon es sich zuweilen zutrug, daß ich in einer Atmosphäre arbeiten mußte, in welcher nicht unbeträchtliche Mengen von Chlor vertheilt waren, fühlte ich mich doch nie dadurch belästigt; ja es war mir selbst der Chlorgeruch, welchen jeder in das Zimmer Hereintretende sogleich bemerkte, gar nicht aufgefallen. Ich bemerkte auch, daß der von mir abgesonderte Nasenschleim blauviolett gefärbt war. Die beim wiederholten Riechen an der Anilinflüssigkeit aufgenommene geringe Menge dieser etwas flüchtigen organischen Base war also hinreichend, um diese beiden Wirkungen hervorzubringen. Es lag nun nahe zu versuchen, ob man wohl die unangenehmen Wirkungen des eingeathmeten Chlors durch nachfolgendes Einathmen von Anilin aufzuheben im Stande sey. So viel ist ganz gewiß, daß die scharfreizende Geruchsempfindung und das Kratzen im Schlunde, welches sich beim Einathmen geringerer Chlormengen sofort bemerklich macht, schnell verschwinden. Versuche mit stärkeren Dosen Chlor habe ich natürlich unterlassen anzustellen. Ich habe aber seit der Zeit, da ich diese Beobachtung machte, wiederholt den Praktikanten in meinem Laboratorium, die mit Chlorentwickelung zu thun hatten, das Gegenmittel empfohlen, und mir von einem jeden bestätigen lassen, daß es ganz treffliche Dienste leiste. Es reicht hin, von der Lösung des Anilin in Wasser auf ein Taschentuch zu träufeln und daran zuweilen zu riechen. Die Löslichkeit des Anilin in Wasser ist zwar gering, doch hat das Anilinwasser noch ziemlich starken Geruch, und man entgeht vielleicht den möglichen schädlichen Wirkungen, die das Einathmen stärkerer Dosen von Anilin hervorbringen könnte, wenn man dasselbe in der verdünnten Lösung anwendet. Namentlich wenn man sich gegen das Einathmen des Chlors durch einen vor die Nasenöffnung gebundenen und mit Anilin befeuchteten Schwamm schützen will, ist dringend zu empfehlen das Anilin verdünnt anzuwenden, damit es, fein vertheilt auf der ganzen Oberfläche des Schwammes, sicherer wirke ohne allzu lästig oder gar gefährlich zu werden. Ich weiß nicht, ob Erfahrungen über die Wirkungen des Anilin beim Einathmen gemacht sind, bin aber geneigt zu glauben, daß Quantitäten, wie die im vorliegenden Falle in Frage kommenden, keine Nachtheile mit sich führen. Es liegt allzuweit ab von meiner Richtung, die Sache weiter zu verfolgen; doch steht mir klar vor Augen, daß sie der näheren Ergründung und Erweiterung wohl werth wäre, zumal da wir meines Wissens gegen eingeathmetes Chlor weder neutralisirende noch absorbirende Mittel haben, die einigermaßen Befriedigendes leisten. Daß Weingeistdämpfe, die wohl das häufigst empfohlene Mittel sind, sehr wenig nützen, habe ich oft genug erfahren. (Zeitschrift für Hygiene u.s.w. Bd. I S. 170.) Ueber die Entdeckung der Fuselöle im Weingeist; von Prof. W. Stein. Zur Entdeckung der Fuselöle im Weingeist sind, wie bekannt, schon verschiedene Verfahrungsweisen vorgeschlagen worden. Ich bediene mich seit Jahren mit dem besten Erfolge des nachstehend beschriebenen. Gepulvertes oder möglichst poröses Chlorcalcium in kleinen Stücken wird in einem Becherglase mit so viel von dem zu untersuchenden Weingeiste übergossen, als nöthig ist, um es so weit vollständig zu durchfeuchten, daß es naß erscheint, und dann das Becherglas mit einer Glasplatte bedeckt. Riecht man nach einiger Zeit in das Glas hinein, so bemerkt man den Geruch des Fuselöls, der nach mehreren Stunden sich noch deutlicher entwickelt. Bei sehr geringen Beimischungen von Fuselöl ist es nöthig, das Gemisch lange stehen zu lassen, ehe man daran riecht, und dann nicht zu lange auf einmal, sondern öfter von Zeit zu Zeit daran zu riechen. Auf diese Weise ist es möglich, nicht bloß Spuren eines Fuselöls, sondern auch mehrere Fuselöle oder Riechstoffe irgend welcher Art neben einander zu erkennen, sofern nur das Geruchsorgan empfindlich und gehörig geübt ist. Streng genommen ist dieses Verfahren nichts anderes als eine Abänderung und Verbesserung des allergewöhnlichsten praktisch angewendeten, nach welchem man den zu prüfenden Weingeist in warmes Wasser gießt. Die Unmöglichkeit, geringe Mengen von Fuselöl in einem Weingeiste zu erkennen, beruht nämlich, wie man leicht einsieht, darauf, daß die Geruchsnerven durch die mit dem Fuselöle gleichzeitig wirksamen Alkoholdämpfe betäubt werden. Will man also das Fuselöl allein riechen, so muß man die Entstehung der Alkoholdämpfe verhindern. Dieß erreicht man, wenn man den Alkohol in Wasser gießt, noch besser aber, wie gesagt, indem man ihn mit überschüssigem Chlorcalcium zusammen bringt, welches ihn bindet. Es ist nun zwar bekannt, daß auch das Fuselöl sich mit Chlorcalcium verbinden kann, jedenfalls ist aber diese Verbindung nicht geruchlos, während der Alkohol vom Chlorcalcium so fest gehalten wird, daß er die Wahrnehmung des Fuselölgeruchs nicht stört. (Polytechnisches Centralblatt, 1859 S. 1627.) Verfahren, die Hefe der Lagerbier-Brauereien so zu entbittern, daß sie zu allen Arten von Backwerk angewendet werden kann und Methode, Hefe Jahre lang aufzubewahren; von Dr. Wilibald Artus in Jena. Diese Aufgabe ist schon längst der Gegenstand der Untersuchungen gewesen; sie fand bis jetzt jedoch keine Erledigung oder vielleicht nur annäherungsweise. Vielfache von mir unternommene Versuche, diese Aufgabe zur Entscheidung zu bringen, führten jedoch zu einem günstigen Resultate, indem es mir gelang, die Hefe von stark gehopftem Lagerbier dadurch zu entbittern, daß ich auf 1 Pfd. dickflüssige Hefe 1 Loth krystallisirtes kohlensaures Natron (krystallisirte Soda) anwende, und dabei folgenderweise verfahre: Man nehme also auf 1 Pfd. Hefe 1 Loth krystallisirtes kohlensaures Natron; letzteres wird in 2 Pfund warmen Wassers gelöst, eine Lösung, die man bis 15° R. erkalten läßt, worauf man sie mit der zu reinigenden Hefe vermischt und zwei Tage lang unter öfterem Umrühren stehen läßt, dann die Masse noch mit 2 Pfund Wasser verdünnt und so lange ruhen läßt, bis sich die Hefe vollständig abgeschieden hat, worauf die obenstehende, meist weingelb gefärbte Flüssigkeit abgegossen und zur Entfernung des kohlensauren Natrons die Hefe noch ein- oder zweimal mit reinem Wasser übergossen wird und man dann wieder wie oben verfährt. Die abgeschiedene und ausgesüßte Hefe wird hierauf auf Fließpapier oder auf ein reines Tuch gegeben und mäßig ausgepreßt. Mit dieser so gereinigten Hefe sind hier Versuche zum Verbacken angestellt worden, die zu befriedigenden Resultaten geführt haben, und da gegenwärtig die Lagerbierbrauerei eine sehr ausgedehnte ist, so dürfte diese Mittheilung von Vielen willkommen geheißen werden. Soll die Hefe für längere Zeit, ja selbst für ein und mehrere Jahre aufbewahrt werden, so wird 1 Pfund Zucker etwa in 19 bis 20 Loth Wasser aufgelöst, die Lösung bis zum Sieden erhitzt, abgeschäumt durch ein Seihetuch gegossen und zum Erkalten hingestellt, worauf man dann von in obiger Weise zubereiteter Hefe 2 Pfund unter Umrühren zusetzen kann. Wird die Masse dann in eine weithalsige Flasche gegeben, verschlossen und an einen kühlen Ort gestellt, so läßt sich die Hefe, wie schon oben angedeutet, Jahre lang, unbeschadet ihrer Güte, aufbewahren (Vierteljahresschrift für technische Chemie.) Ueber das Aufschließen der Knochen durch Pferdedünger. Schichtet man frische Knochen und Pferdedünger in der Weise, daß die Lagen einen Schuh hoch abwechselnd auf einander kommen, und überläßt diesen Haufen seinem Schicksal, so bemerkt man nach einigen Wochen, daß die Temperatur im Innern desselben sich bedeutend gegen die äußere erhöht hat. Mit der Zunahme der Temperatur bemerkt man auch eine Verringerung des Volumens, d.h. ein Zusammensinken. Beide Erscheinungen sind auffallend genug und zeigen den Vorgang eines Processes im Innern des Haufens an. Während anhaltender Trockenheit ist ein Begießen mit Jauche oder Wasser nöthig. Nach 3/4 bis 1 Jahr ist das Volumen des Haufens auf die Hälfte herabgekommen, und, wenn man sich die Mühe gibt, nach den Knochen zu forschen, so findet man sie in einem Zustande völliger Auflösung zu Pulver, oder wenigstens so, daß der Proceß noch nicht beendigt worden ist. Die Theorie des Processes möchte folgende seyn. Die Knochen repräsentiren uns einen Körper, der während der Kindheit des Individuums weich und elastisch war und nur aus leimgebenden Geweben bestand. Der phosphorsaure Kalk der Nahrungsmittel fing an in den Canälen dieser leimgebenden Gewebe sich abzulagern und so diesen einen innern Halt und Stützpunkt zu geben. Ausgebildet bestehen diese Knochen etwa aus 2/3 fester mineralischer Substanz vorzugsweise aus phosphorsaurem Kalk, und aus 1/3 thierischer Leimsubstanz. In dem Haufen, wo wir Knochen und Pferdemist schichten, zeigt uns die Temperaturerhöhung den Vorgang eines Processes, zu dessen Einleitung der Pferdemist nichts als die nöthige Wärme liefert. Der Gegenstand der Zersetzung kann nur die thierische Leimsubstanz seyn; das Product der Zersetzung ist aber folgendes: die leimgebenden Gewebe enthalten gegen 16 Proc. Stickstoff; durch den Umsetzungsproceß zerfallen die Atome dieser stickstoffreicheren Substanz in einfachere, der Stickstoff bildet mit dem Wasserstoff Ammoniak ein Theil des Kohlenstoffs mit dem vorhandenen Sauerstoff Kohlensäure. Wir haben also kohlensaures Ammoniak als einen Factor der Zersetzungsproducte. War nun die mineralische Substanz in den Knoche gleichsam in der animalischen Substanz abgelagert, und gab die erstere der letzteren die Festigkeit unseren Körper zu tragen, so liegt es auf der Hand, daß wenn durch einen Fäulnißproceß die animalische Substanz zerstört wird, die mineralische in der Form wieder abgeschieden werden muß, in der sie sich im Körper abgelagert hatte, d.h. in Pulverform. Es ist also die Knochensubstanz in der Weise verändert worden, daß der zu Pulver zerfallene phosphorsaure Kalk der Einwirkung des kohlensauren Ammoniaks sich nicht entziehen kann, daß also, wenn man die Bildung von phosphorsaurem Ammoniak annehmen will, dieses in der That sich zu bilden im Stande ist. Bedenkt man den Werth der Phosphorsäure und des Ammoniaks im Haushalte der Natur, so wird man sich sagen müssen, daß die wohlfeile Erzeugung einer Verbindung beider Körper von sehr bedeutendem Nutzen für die Oekonomie zu werden verspricht. (Landwirthschaftliche Zeitung für Kurhessen.)