Titel: Photographische Bilder nach Belieben positiv oder negativ herzustellen.
Fundstelle: Band 156, Jahrgang 1860, Nr. XIII., S. 35
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XIII. Photographische Bilder nach Belieben positiv oder negativ herzustellen. Aus dem polytechnischen Intelligenzblatt. 1860, Nr. 12. Photographische Bilder nach Belieben positiv oder negativ herzustellen. Folgende zwei Methoden zu diesem Zweck wurden in der photographischen Gesellschaft zu Paris mitgetheilt. Graf Schuwaloff beschreibt sein Verfahren folgendermaßen: Das Collodium darf nur mit einer dünnen Jodschicht bedeckt seyn, oder wenigstens so, daß es ein sehr schwaches Bild gibt. Auf eine kurze Exposition muß dann eine möglichst schnelle Behandlung mit Pyrogallussäure folgen, so daß das Bild kaum sichtbar wird, worauf man die Platte mit vielem Wasser abwäscht und dafür sorgt, daß keine überflüssige Feuchtigkeit auf derselben zurückbleibt. Jetzt bringt man die Silberlösung hinauf, die man, nachdem sie gleichmäßig vertheilt worden, nach einer Weile wieder abfließen läßt. Aldann macht man das Bild durch nochmalige Behandlung mit Pyrogallussäure sichtbar. Auf diese Weise erhält man vollkommene positive Bilder, was nicht der Fall ist, wenn man nur einmal Pyrogallussäure anwendet. Eine zweite Methode ist die des Hrn. Poitevin. Derselbe geht von folgenden Gesichtspunkten aus: 1) Eine Schicht Jodsilber, auf die das Licht eingewirkt hat, wird bei Gegenwart von salpetersaurem Silber durch Pyrogallussäure geschwärzt; 2) wenn man von derselben vom Licht getroffenen Schicht das salpetersaure Silber wegwäscht und sie im Dunkeln mit einer Auflösung von Jodkalium befeuchtet, von neuem wäscht und darauf wieder salpetersaures Silber bringt, so wird sie noch einmal durch Pyrogallussäure geschwärzt; 3) eine selbst sehr kurze Einwirkung des Lichts auf die vorige Schicht, die schon vorher einen Lichteindruck empfangen und jodirt wurde, nimmt ihr die Eigenschaft, durch die Pyrogallussäure geschwärzt zu werden. Hieraus ergibt sich folgendes Verfahren: Man jodirt die Collodiumplatte mit einer schwachen Auflösung, macht sie nach der gewöhnlichen Weise empfindlich und setzt sie einige Secunden dem directen Lichte aus, wodurch das äußere Ansehen keine Veränderung erleidet; man entfernt das salpetersaure Silber mit vielem Wasser, tränkt die Oberfläche im Finstern mit einer Auflösung von vier Grammen Jodkalium in 100 Grm. Wasser oder nach dem Trocknen mit einer alkoholischen Lösung. Diese so vorbereitete Schicht hat die Eigenschaft verloren, durch Pyrogallussäure geschwärzt zu werden und man erhält auf derselben in der Camera ein directes oder positives Bild. Die Zeit der Exposition muß fast dreimal länger seyn, als wenn es sich um ein gewöhnliches negatives Bild handelt. Man wäscht dann mit destillirtem Wasser, um das überflüssige Jodkalium zu entfernen und taucht die Platte in eine schwache Auflösung von salpetersaurem Silber. Schließlich behandelt man sie mit Pyrogallussäure, die mit Essigsäure versetzt ist. Man erhält so ein Bild, an dem die weißen Stellen des Originals durch helle, die schwarzen durch mehr oder wenig dunkle sich darstellen. Unsere Quelle, der Cosmos v. 10. Februar meint, daß diese Erfindung Epoche in der Photographie machen werde. Wir verweisen in dieser Beziehung auf eine Abhandlung von Poetsch im polytechnischen Journal Bd. CLII S. 67. Dieser sagt: „Bekanntlich entsteht bei kurzer Exposition ein schwaches Negativ, welches in auffallendem Lichte positiv aussieht und in der Panotypie Anwendung findet. Es wird gewöhnlich mit Eisenvitriol hervorgerufen. Nimmt man nun statt Eisenvitriol die gewöhnliche Pyrogallussäure, mit Silberlösung vermischt, als Entwicklungsflüssigkeit und wäscht das Bild sofort nach dem Entstehen, damit es nicht zu kräftig werde, gehörig mit Wasser ab, bringt darauf bloße Silberlösung auf die Platte, und nach einigen Secunden, ohne mit Wasser abzuspülen, abermals Pyrogallussäure, so wird man die Umwandlung sogleich vor sich gehen sehen. Die Exposition muß kurz seyn und die Hervorrufungsflüssigkeit nicht zu lange einwirken, denn sonst entstehen in den höchsten Lichtern bläuliche (verbrannte) Stellen.“ – Auf Priorität kann die französische Mittheilung also wohl keinen Anspruch machen.