Titel: Ueber die Zusammensetzung des Steinkohlentheers und dessen Anwendung als fäulnißverhinderndes Mittel; von Prof. J. C. Calvert in Manchester.
Fundstelle: Band 156, Jahrgang 1860, Nr. XIX., S. 49
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XIX. Ueber die Zusammensetzung des Steinkohlentheers und dessen Anwendung als fäulnißverhinderndes Mittel; von Prof. J. C. Calvert in Manchester. Aus den Comptes rendus, August 1850, Nr. 7. Ueber die Anwendung des Steinkohlentheers als fäulnißverhinderndes Mittel. Die mit dem Desinficirpulver der HHrn. Demeaux und Corne erzielten Erfolge, welche demselben eine große Verbreitung in Aussicht stellen, veranlassen mich einige Thatsacheu zu veröffentlichen, welche zeigen wie wichtig es ist, die Zusammensetzung des anzuwendenden Theers genau zu kennen. Der Steinkohlentheer ist in seiner Zusammensetzung außerordentlich verschieden. So besteht der mit den Newcastle-Kohlen erhaltene fast ausschließlich aus Naphthalin, der von Boghead-Kohlen aus Paraffin, und derjenige der Wigancannel-Kohle aus Benzin und Karbolsäure, derjenige der Steinkohlen von Staffordshire aus wenig Benzin, Karbolsäure und viel schwerem Oel oder neutralen Kohlenwasserstoffen, wie folgende Tabelle zeigt. FlüchtigeProducte.Benzin. Karbolsäure. NeutralerKohlen-wasserstoff. Paraffin. Naphthalin. Pech. Boghead-Kohle 12   3 30 41   0 14 Cannel-Kohle   9 14 40   0 15 22 Newcastle-Kohle   2   5 12   0 58 23 Staffordshire-Kohle   5   9 35   0 22 29 Ich habe zahlreiche Versuche angestellt um zu ermitteln, welcher Bestandtheil des Theers die Fäulniß der thierischen Substanzen verhindert, wenn man sie mit demselben in Berührung bringt; dabei fand ich, daß das Paraffin, Benzin, Naphthalin und schwere Steinkohlentheeröl nur in geringem Grade antiseptisch wirken, hingegen die Karbolsäure im höchsten Grade. So wurden im Jahre 1851 in der Schule für Heilkunde zu Manchester Leichname mit einer schwachen Auflösung dieser Säure injicirt und conservirten sich vollkommen mehrere Wochen lang; damals wurde auch ein Stück Pferdefleisch, welches in der Säure eingeweicht worden war, dem Einfluß der wechselnden Witterung im Freien ausgesetzt, wobei es sich mehr als drei Jahre lang ohne Zersetzung conservirte. Ein Tausendtel Karbolsäure, im Sommer dem Harn zugesetzt, genügte um dessen Zersetzung während drei bis vier Wochen zu verhindern. Häute von Thieren, welche innerlich mit dieser Säure eingerieben worden waren, blieben mehrere Jahre vom Ungeziefer verschont. In einer kleinen Abhandlung, welche ich im Jahre 1855 im Edinburgh new Philosophical Journal veröffentlichte,Polytechn. Journal Bd. CXXXV S. 378. empfahl ich den Zusatz einer sehr kleinen Menge (1 Tausendtel) Karbolsäure, um in den Extracten der im Handel vorkommenden Gerbematerialien, wie Sumach, Dividivi etc., die gallussaure Gährung oder die Umwandlung der Gerbsäure in Gallussäure zu verhindern, wodurch man jetzt die Extracte dieser Gerbematerialien mehrere Monate lang unzersetzt aufzubewahren im Stande ist.