| Titel: | Hafnerei-Betrieb der Messingfabrik zu Achenrain in Tirol; vom Hütteningenieur Bethmann. | 
| Fundstelle: | Band 156, Jahrgang 1860, Nr. XXXIV., S. 114 | 
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                        XXXIV.
                        Hafnerei-Betrieb der Messingfabrik zu
                           Achenrain in Tirol; vom Hütteningenieur Bethmann.
                        Aus Hartmann's allgemeiner berg- und
                                 hüttenmännischen Zeitung, 1860, Nr. 13.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              II.
                        Bethmann, über den Hafnerei-Betrieb der Messingfabrik zu
                           Achenrain in Tirol.
                        
                     
                        
                           1. Anfertigung der
                                 Messingschmelztiegel.
                           Das Material zur Anfertigung derselben bilden:
                           1) die von alten, nicht mehr zu verwendenden Schmelztiegeln
                              gebliebenen Ueberreste,
                           2) Passauererde,
                           3) Graphit.
                           Die von alten, nicht mehr zum Guß tauglichen Schmelztiegeln gebliebenen Ueberreste
                              werden sauber von Schlacken und sonstigen schädlichen Bestandtheilen gereinigt, in
                              einem Pochwerke zerkleint und durch ein feines Sieb geschlagen.
                           Dasselbe geschieht mit der Passauererde.
                           Die Passauererde bezog man aus der Nähe von Passau. Dieselbe hat eine dunkelgraue
                              Farbe, ist bituminös, wenig sandig und scheint der Steinkohlenformation
                              anzugehören.
                           Den Graphit endlich bezog man ebenfalls aus Passau. Es ist auffallend, daß der
                              Graphit zur Anfertigung von Schmelztiegeln aus dem Auslande, aus Passau, bezogen
                              werden muß, da doch Oesterreich selbst sehr reich an Graphit ist. Von Hafnerluden in
                              Mähren und von Schwarzbach in Böhmen gehen jährlich Tausende von Centnern nach
                              England und Amerika. Der Hauptgrund davon liegt in dem hohen Kieselerdegehalt, und
                              mögen die beigefügten Analysen darüber Aufklärung geben.
                           Die Proben sind in Rothglühhitze in Sauerstoff verbrannt, und die erhaltene Asche
                              analysirt.
                           Es ergab sich in dem Graphit von
                           
                              
                                 Hafnerluden:
                                 von Schwarzbach:
                                 von Passau:
                                 
                              
                                 57 Proc. Asche
                                 12,5 Proc. Asche
                                 38 Proc. Asche
                                 
                              
                                 49,2 Kieselerde
                                   5,1 Kieselerde
                                 26,4 Kieselerde
                                 
                              
                                 
                                   0,1 Kalkerde
                                 
                                 
                              
                                   0,8 Eisenoxyd
                                   1,2 Eisenoxyd
                                   6,5 Eisenoxyd
                                 
                              
                                   7,0 Thonerde
                                   6,1 Thonerde
                                 25,1 Thonerde.
                                 
                              
                           Gewöhnlich besteht die Mischung aus
                           3 Theilen Schmelztiegelsand und
                           1 Theile Passauererde.
                           Diese Mischung variirt jedoch, indem man zu den schon zu sehr ausgebrannten Tiegeln,
                              deren Masse daher trockener und spröder ist, etwas mehr Passauererde und etwas neuen
                              Graphit zusetzt. – Dieser nach obigen Verhältnissen zusammengeschüttete Sand
                              wird circa 1/2 Stunde nach allen Seiten umgeschaufelt,
                              und muß dieß sehr sorgfältig geschehen, weil sich diese pulverige Masse schwer
                              vermischen läßt. – Ist dieß geschehen, so setzt man frisches Wasser zu und
                              mengt diese Masse tüchtig durch. Den so entstandenen Teig läßt man hierauf etwa 12
                              Stunden zum Anziehen liegen, tritt denselben nach dieser Zeit mehrere Stunden durch,
                              je nachdem er weicher oder härter ist, schlägt ihn hierauf in einen Haufen dicht und
                              fest zusammen und deckt ihn mit einem leinenen Tuche zu, damit die Oberfläche nicht
                              hart wird, sondern eine gleichmäßige Frische behält. Dieser Proceß des Abtretens
                              geschieht so 8 Tage lang hinter einander; dann bleibt diese Masse 8 bis 10 Tage
                              ruhig zugedeckt liegen, nur ist dabei darauf zu achten, daß nicht durch
                              Temperatur-Einflüsse ein Theil mehr oder der andere weniger austrocknet, und
                              daher ist ein öfteres Umdrehen erforderlich. Durch die Anhäufung und Bedeckung entsteht eine Gährung,
                              Wärmeerzeugung und damit eine Auflockerung der Masse, die späterhin bei Anfertigung
                              der Tiegel durch Schlagen, resp. Pressen, aufgehoben wird. Hat diese Masse nun die
                              richtige Festigkeit erlangt, so beginnt die Anfertigung der Tiegel.
                           Die Anfertigung der Tiegel kann auf zweierlei Weise geschehen: entweder macht man
                              dieselben in einer Form, oder man fertigt sie auf einer Drehscheibe an.
                           
                              a) Anfertigung der Schmelztiegel in einer Form.
                              Man nimmt zu so viel Böden, als man am folgenden Tage Tiegel zu machen gedenkt,
                                 von der betreffenden Masse, ballt sie mit der Hand zu Kugeln und läßt sie etwas
                                 trocknen. Diese so geballten, etwas mehr getrockneten Kugeln schlägt man in die Form (Fig. 28, abcd), die auf einem mit Graphit gepuderten
                                 Untersatze (Fig. 29) steht, und macht den Boden des Tiegels daraus. Hierauf nimmt
                                 man von der etwas frischeren Masse und schlägt die Form mittelst eines Stoßkolbens (Fig. 30) bis oben
                                 fest voll, wodurch die Seitenwände des Tiegels entstehen. Jetzt wird der Kern (Fig. 31)
                                 eingetrieben, die über der Form hervorquellende Masse mit einem Draht
                                 abgeschnitten, der Kern ausgehoben, angefeuchtet, und dann damit die inneren
                                 Flächen des Tiegels durch Drehung desselben fest ausgerieben, so daß ein nasser
                                 Glanz entsteht, und alle noch vorhandenen Unebenheiten verschwinden. Ist dieß
                                 geschehen, so läßt man den so entstandenen Tiegel einen Tag in der Form stehen,
                                 öffnet hierauf die aus zwei Hälften bestehende Form und setzt den Tiegel auf ein
                                 mit Graphit gepudertes Bret zum Trocknen. Die Tiegel können luftig stehen,
                                 dürfen jedoch der Sonne nicht ausgesetzt seyn; auch müssen dieselben auf dem
                                 Brete mindestens einmal täglich gedreht werden, damit sie nicht ankleben.
                                 Außerdem muß man dieselben täglich sorgfältig besichtigen, ob nicht kleine
                                 Luftbläschen oder Risse entstanden sind. Die Bläschen öffnet man mit einem
                                 Messer und drückt dieselben hierauf ebenso wie die Risse sorgfältig mit der Hand
                                 zu. Dieses Verfahren muß so lange fortgesetzt werden, bis die Tiegel fest und
                                 ausgetrocknet sind.
                              
                           
                              b) Anfertigung der Schmelztiegel auf der Drehscheibe.
                              Man verfährt zu Anfang wie oben, läßt die Masse zu den Böden ebenfalls etwas
                                 trocknen, nimmt die geballten Kugeln und macht den Boden daraus, indem man den
                                 Kern auf die Drehscheibe (Fig. 32, ab) steckt und so die Masse darauf
                                 festschlägt. Hierauf nimmt man ebenfalls von der etwas frischeren Masse, schlägt
                                 vom Boden an (der bei diesem Verfahren oben ist) nach Unten zu die Seitenwände des
                                 Tiegels um den Kern fest, bis der Tiegel zu seiner bestimmten Höhe gelangt ist.
                                 Jetzt wird das Drehholz (Fig. 33, ab) angehalten, und die Drehscheibe sammt
                                 Kegel und darauf befindlichem Tiegel mit dem Fuße gedreht, bis der Tiegel eine
                                 glatte und gleich starke Hülle erhalten hat. Ist der Tiegel nun so weit
                                 gediehen, so hebt man ihn sammt Kern von der Drehscheibe ab, dreht beide Theile
                                 um, und setzt dieselben auf ein mit Graphit eingepudertes Bret; worauf der Kern
                                 vorsichtig ausgehoben wird, und der Tiegel frei zum Trocknen stehen bleibt.
                              Die Behandlung dieser Tiegel beim Trocknen ist dieselbe, wie bei denen in der
                                 Form angefertigten.
                              Die auf der Drehscheibe angefertigten Tiegel haben vor denen, die in Formen
                                 gemacht werden, den Vortheil, daß man keine Formen braucht, und dieselben gleich
                                 nach ihrer Vollendung frei zum Trocknen hinstellen kann; es ist jedoch die
                                 Anwendung der Formen bei kleineren Tiegeln eine Nothwendigkeit, da ein Boden von
                                 nur geringem Durchmesser bei sofortigem Aufsetzen ohne Form die Last der
                                 Seitenwände nicht tragen und der Tiegel zusammenstürzen würde.
                              In früheren Zeiten, als die Messingfabrik noch Eigenthum des k. k.
                                 österreichischen Aerars war, bezog man die Schmelztiegel aus
                                 Groß-Almerode bei Cassel in Hessen und wurden dieselben hinsichtlich
                                 ihrer Güte sehr geschätzt; auch wurden Graphittiegel aus Passau (daher der Name
                                 Passauer Tiegel), welche aus einem Gemenge von 2 Theilen Graphit und 1 Th.
                                 feuerfestem Thon angefertigt sind, bezogen und zum Schmelzen vorzüglich
                                 brauchbar gefunden.
                              Diese Schmelztiegel ertrugen hier durchschnittlich 30 Güsse. Dieselben
                                 Anforderungen kann man allerdings noch nicht an die hier gefertigten stellen;
                                 doch haben dieselben bei sorgfältiger Behandlung schon 20 bis 25 Güsse
                                 ertragen.
                              Die Stärke der Wände richtet sich nach der Größe des Tiegels; ebenso die letztere
                                 nach der Art des Gießens und der Construction der Schmelzöfen. Der Verfasser
                                 wird später bei Beschreibung der Schmelzöfen darauf zurückkommen.
                              
                           
                        
                           2. Anfertigung der feuerfesten
                                 Steine.
                           Einen Hauptbetriebszweig der Hafnerei bildet noch die Anfertigung feuerfester Steine.
                              Achenrain ist die einzige Fabrik Tirols, wo feuerfeste Steine erzeugt werden. Die
                              Consumtion derselben ist bei der großen Anzahl von Fabriken, welche sich in
                              unmittelbarer Nähe befinden, nicht unbedeutend, und geschieht die Anfertigung
                              derselben wie folgt:
                           
                           Die zur Anfertigung feuerfester Steine nöthigen Materialien sind:
                           1) Passauererde,
                           2) Quarz oder reiner Quarzsand;
                           3) werden hier die alten feuerfesten Brocken verwendet.
                           Die Passauererde ist dieselbe, wie die bei den Schmelztiegeln verwendete, und wird
                              auch ebenso bearbeitet.
                           Quarz aus älterem Gebirge wird geglühet, mit Wasser abgelöscht, dann gestampft oder
                              zerkleint und durch ein betreffendes Sieb geschlagen.
                           Quarzsand aus Flötzgebirgen muß rein seyn, und darf keine Eisentheile enthalten. Ein
                              Versuch mit Säuren genügt, den Eisengehalt zu erkennen.
                           Dieser Quarzsand wird durch ein Sieb von höchstens 1 Millimeter großen Oeffnungen
                              geschlagen, dann rein gewaschen und getrocknet.
                           Die alten, noch vorhandenen feuerfesten Brocken werden in einem Pochwerke zu Pulver
                              zerkleint, und, je nachdem die anzufertigenden Steine mehr oder weniger Hitzgrade zu
                              ertragen haben, durch ein feineres oder gröberes Sieb geschlagen. Dieses so
                              erhaltene Pulver wird im trockenen Zustande mit einem Gemenge von 2 Theilen
                              Quarzsand und 1 Theile Passauererde, welche Bestandtheile wie oben angeführt
                              bearbeitet seyn müssen, vermischt, mit Wasser angefeuchtet, zwei bis dreimal mit den
                              Füßen durchgetreten und umgeschaufelt.
                           Die Erfahrung hat gelehrt, daß ein verhältnißmäßiger Zusatz von Holzkohlenklein unter
                              diese Masse dieselbe nicht allein bei der Bearbeitung zäher und bindender macht,
                              sondern dem Steine auch im gebrannten Zustande eine schwammigere Eigenschaft gibt.
                              Es ist eine größere Ausdehnung und Zusammenziehung möglich und ein Zerspringen
                              derselben nicht zulässig. Der Verfasser hat diese Methode seit einer Reihe von
                              Jahren in Anwendung gebracht; auch ist dieselbe zweckmäßig bei Kohksöfen-
                              oder sonstigen Feuerungs-Thüren, wo eine feuerfeste Masse angewendet wird, um
                              die eisernen Thüren vor dem Zerspringen zu schützen.
                           In Belgien wendet man fälschlich statt des Holzkohlenkleines Sägespäne an, und sind
                              dieselben nicht anwendbar wegen ihres Gehaltes 1) an Wasser, 2) Gerbsäure, und weil
                              sie 3) den Stein zu porös machen.
                           Holzkohlenklein dagegen ist: 1) wasserfrei, 2) Raum ausfüllend, und 3) dadurch den
                              Stein fester machend, ohne Spaltungen, die durch den Zusatz von Sägespänen wegen
                              deren Dampferzeugung hervorgebracht werden.
                           Nachdem nun diese so zubereitete Masse mehrere Stunden zum Anziehen still gelegen,
                              kann dieselbe in die betreffenden Formen (Fig. 34, ab) eingeschlagen werden. Dieß sind einfache Holzkasten ohne
                              Boden und Deckel, welche dieselbe Form haben, als man den Steinen geben will. Um ein
                              leichteres Ausheben zu erreichen, wird die Form vorher mit einem sehr feinen, gut
                              trockenen Sande eingepudert. Nachdem die Form vollgeschlagen und abgestrichen ist,
                              schlägt man dieselbe auf ein ebenfalls eingepudertes Bret um, hebt sie vorsichtig ab
                              und läßt den Stein trocknen. Dieß geschieht entweder in freier Luft, oder in einem
                              geheizten Locale. Bei gutem Wetter trocknen diese Steine, je nach Verhältniß ihrer
                              Größe, in 5 bis 8 Tagen so weit aus, daß sie in den Brennofen (Fig. 35, abc) eingesetzt werden können. Die Steine werden
                              so in den Ofen eingesetzt, daß die kleinsten Zwischenräume wenigstens 3/4 Zoll
                              betragen und mehrere Hauptzüge von 4 Quadratzoll gebildet werden, um ein
                              gleichmäßiges Durchziehen der Flamme und dadurch ein gleichmäßiges Brennen der
                              Steine zu erzielen.
                           Hat man einen neuen Ofen, so muß derselbe natürlich, bevor man ihn zum Brennen
                              benutzen kann, gut ausgetrocknet werden.
                           Der Proceß des Brennens der Steine zerfällt in drei Theile:
                           1) Anwärmen des Ofens. Es wird etwas Holzkohle auf den
                              Rost geworfen und angezündet, und ein mäßiger Luftzutritt bewirkt, so daß der Ofen
                              in eine gelinde Temperatur gesetzt wird. Die Farbe der Steine wird durch den
                              verlorenen Wassergehalt dunkler.
                           2) Vorfeuern. Es werden in steigender Menge Holzsplitter
                              zugesetzt. Die Farbe der Steine wird Heller.
                           3) Stärkste Hitze. Es wird fort gefeuert. Die Steine
                              nehmen eine weißglühende Farbe an.
                           Dieß ist das Zeichen, daß dieselben ganz durchgebrannt sind. Jetzt wird das Feuer
                              eingestellt, der ganze Ofen möglichst luftdicht verschlossen und so eine langsame
                              Abkühlung bewirkt. Werden die Steine im heißen Zustande aus dem Ofen entfernt, so
                              verlieren dieselben ihren Klang und ihre Farbe; sie verblassen, indem sie zu schnell
                              Feuchtigkeit anziehen; sie bekommen Risse und fangen an zu bröckeln.
                           Es ist daher unbedingt nöthig, die Steine, bevor man sie ausbricht, im Ofen erst
                              abkühlen zu lassen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
