Titel: Ueber Verpuddeln von manganhaltigem Roheisen; von Dr. Richard Andree, Chemiker auf dem F. Fürstenberg'schen Hüttenwerke Neu-Joachimsthal.
Fundstelle: Band 156, Jahrgang 1860, Nr. LXXVIII., S. 290
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LXXVIII. Ueber Verpuddeln von manganhaltigem Roheisen; von Dr. Richard Andree, Chemiker auf dem F. Fürstenberg'schen Hüttenwerke Neu-Joachimsthal. Aus der österreichischen Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1860, Nr. 16. Andree, über Verbuddeln von manganhaltigem Roheisen. Schon Karsten Eisenhüttenkunde 1841, Bd. I S. 540. bemerkt: „das Mangan scheint bei dem Verfrischen des Roheisens häufig ganz vollständig abgeschieden zu werden.“ Neuere Untersuchungen von Dr. List Polytechn. Journal Bd. CLV S. 22. bestätigten dieß vollkommen. Der Mangangehalt eines Siegener Roheisens betrug 3,56 Proc. und verminderte sich bis auf 0,48 Proc. in dem durch Puddeln erhaltenen Roheisen. Obigen Angaben kann ich noch einige ausführlichere an die Seite stellen, welche das Verhalten von manganhaltigem Roheisen beim Verpuddeln betreffen. Beim Verpuddeln des Roheisens der Banater Werke Ruszkitza, Lunkanye und Stephansberg ergab sich stets ein außerordentlich großer Abbrand. Da übrigens beim Verpuddeln keine auffallend ungünstigen Erscheinungen beobachtet wurden, chemische Analysen der betreffenden Erze und des daraus erschmolzenen Roheisens jener Zeit dort gänzlich mangelten, so vermutheten praktische Hüttenbeamte den Grund des bedeutenden Eisenabbrandes vorzugsweise in der Beschaffenheit des dortigen Brennmaterials, bestehend in einer Mischung von trockenem Buchenholz und schlechter Lignitkohle. Um volle Sicherheit hierüber zu erlangen, wurde durch den als tüchtiger Eisenhüttenmann bekannten Inspector W. Grosse, der obige Ansicht aufgestellt hatte, auf dem F. Fürstenberg'schen Walzwerke zu Althütten in Böhmen mit jenen drei Roheisensorten sorgfältige Puddel- und Schweißversuche unternommen, die in den Althüttner Puddelöfen und mit dem dort üblichen Brennmaterial (ausgezeichnete Flammkohle aus dem Radnitzer Becken) gleichfalls jenen hohen Abbrand ergaben, der etwa 6 bis 12 Proc. mehr betrug, als derjenige, welcher sich bei böhmischen Roheisensorten (mit Holzkohlen aus Erzen der silurischen Formation erschmolzen) zeigt. Hierdurch ward allerdings die Ansicht, daß der bedeutende Abgang durch den angewandten Brennstoff bedingt werde, widerlegt, da aber bei einem auffallend verschiedenen Verhalten der drei Roheisensorten beim Puddeln ein nahezu gleicher Abbrand erfolgte, so konnte als Grund nur das Vorhandenseyn eines allen drei Eisensorten gemeinschaftlichen gleichnamigen Bestandtheils vorausgesetzt werden, der beim Verpuddeln mehr oder minder in die Schlacke übergeht. Diese Ansicht des praktischen Hüttenmannes wurde durch die von mir ausgeführten Analysen vollkommen bestätigt. Das Verhalten der Eisensorten und ihre chemische Zusammensetzung war wie folgt: 1) Ruszkitzaer dunkelgraues festes Roheisen, bei heißem Winde mit Buchenkohle erschmolzen. Die Hohofenschlacke war grüngelb und erdig. Verhüttet wurden rohe und geröstete Glasköpfe, Flinze u.s.w. reich an Braunstein. Beim Puddeln zeigte sich dieß Roheisen schwer schmelzend, stark und günstig kochend. Beim Wenden verlor sich die Schlacke plötzlich, es trat ein sehr trockener Gaargang ein, so daß die Luppen, zumal beim Zängen, sich öffneten; nachdem sie in ein Schlackenbad zurückversetzt waren, konnten sie ohne Anstand verwalzt werden. Das Eisen war ausgezeichnet zur kalten und Feuerarbeit, fest und von stahlartiger Textur. Es waren per 100 Pfd. gutes Puddelofen-Halbgut 120,17 Roheisen und 145,6 Pfd. Steinkohle nöthig, die Dauer der Charge betrug 2 Stunden 6 Minuten. Die Analyse des Roheisens, Halbguts und Bandeisens ergab: Roheisen. Halbgut. Bandeisen. Schwefel 0,060 0,025 0,017 Silicium 2,570 0,254 0,221 Mangan 5,090 0,840 0,850 Kohlenstoff 3,177 0,404 0,400 Es zeichnet sich dieses Eisen durch einen so starken Siliciumgehalt aus, wie er wohl bei wenigen mit Holzkohlen erblasenen Sorten gefunden seyn mag; derselbe geht beim Verpuddeln fast gänzlich fort, ebenso der starke Mangangehalt. Das Halbgut verliert beim Schweißen noch etwas von seinen fremden Bestandtheilen, die ihm größtentheils noch in Oxyd- und Schlackenform anhängen. Es erklärt sich hieraus der etwas geringere Schwefel- und Siliciumgehalt im Bandeisen. 2) Stephansberger dunkelgraues, weiches, sehr gut zum Gusse geeignetes Roheisen. Mit Buchenkohle und heißem Winde erschmolzen. Schlacke hellgrün, bimssteinartig. Die Erze sind zum Theil magneteisensteinartig, stark mit Malachit durchzogen (einzelne Stücke bis 0,43 Proc. Kupfer enthaltend) und sehr manganhaltig. Beim Verpuddeln schmolz das Eisen sehr leicht ein, die Schlacke war etwas schaumig und dickflüssig, der ganze Verlauf günstig; das Eisen ausgezeichnet im kalten Zustande, obgleich minder rein beim Schweißen und Walzen und im Schmiedefeuer sogar eine leise Spur von Rothbruch zeigend. Der Materialverbrauch per 100 Pfd. Puddelofenhalbgut war 116,16 Pfd. Roheisen und 130,5 Pfd. Steinkohle. Dauer der Charge: 1 Stunde 57 Minuten. Die Analyse ergab: Roheisen. Halbgut. Bandeisen. Schwefel 0,105 0,020 0,020 Silicium 1,145 0,012 0,009 Mangan 3,040 0,008 Spuren Kohlenstoff 3,624 0,514 0,510 Bei diesem Eisen mit geringerem Mangangehalt ist derselbe in der fertigen Waare gänzlich verschwunden. Obgleich die verhütteten Erze stark kupferhaltig sind, so war doch von diesem Metall im Roheisen keine Spur nachzuweisen. Die Neigung zum Rothbruch steht mit dem Schwefelgehalt von 0,02 Proc. im Zusammenhang. Stabeisen mit 0,03375 Proc. Schwefel ist nach Karsten schon vollkommen rothbrüchig. 3) Lunkanyer, theils halbirtes, theils graues Roheisen. Mit Buchenkohle bei kaltem Winde erblasen. Schlacke hellgrün, abwechselnd mit hellblau, emailartig. Die Erze sind ganz besonders manganhaltig, meistens Brauneisensteine und gelbe ockerige Hydrate. Das Einschmelzen beim Puddeln war günstig, hierauf jedoch vom Beginne des Kochens an, eine äußerst langwierige Arbeit (9 bis 10 Krücken bis zum Wenden). Das Gaaraufbrechen und Ballmachen war ohne Schwierigkeit. In der Textur war das erhaltene Halbgut meistens stahlartig, jedoch schwer schweißend und bei einfacher Hitze Neigung zum Schiefern und Kantenbruch zeigend; im Schmiedefeuer war etwas Rothbruch unverkennbar. Der Materialverbrauch per 100 Pfd. Halbgut war 122,19 Pfd. Roheisen und 176,3 Pfd. Steinkohle; die Dauer der Charge 2 Stunden 30 Minuten. Es enthielten die verschiedenen Producte: Roheisen. Halbgut. Bandeisen. Schwefel   0,029 0 0 Silicium   0,484 0,082 Spuren Mangan 11,110 2,215 1,910 Kohlenstoff   3,120 0,330 0,342 Der geringe Schwefel- und Siliciumgehalt dieses bei kaltem Winde erblasenen Roheisens verschwindet gänzlich beim Verpuddeln, und trotzdem zeigt sich etwas Rothbruch, ein Beweis mehr, daß die oft angeregte Frage über die jedesmalige Ursache des Rothbruches noch nicht zu Ende geführt ist. Der Mangangehalt dieses Eisens ist so groß, wie er wohl schwerlich bis jetzt beobachtet wurde. Karsten fand in einem aus Spatheisensteinen und Brauneisensteinen zu Hammhütte im Sayn'schen erblasenen grauen Roheisen 7,421 Proc. Mangan; aber eine Analyse, die einen dem obigen gleichkommenden Mangangehalt zeigt, ist mir bis jetzt unbekannt. Auch der hohe Mangangehalt des Bandeisens (1,91 Proc.) kann nicht auffallen; Karsten A. a. O. S. 538. fand 1,85 Proc. Mangan im Stabeisen ohne allen üblen Einfluß. Es gab dieses Eisen beim Verpuddeln die ungünstigsten Resultate. Der Roheisenverbrauch, die Dauer der Charge und daher auch der Kohlenverbrauch waren am größten, was jedenfalls mit dem hohen Mangangehalt im Zusammenhang steht. Das Stephansberger Eisen, welches den kleinsten Mangangehalt zeigt, hatte den geringsten Roheisenverbrauch, die kürzeste Dauer der Charge und kleinsten Kohlenaufwand. Zwischen diesen beiden Eisensorten steht bezüglich der Ergebnisse das Ruszkitzaer Roheisen mit dem mittleren Mangangehalt auch mitten inne; doch muß hier, will man Schlüsse aus der chemischen Zusammensetzung auf den Eisenabbrand machen, noch der starke Kieselgehalt berücksichtigt werden. Aus dem Mitgetheilten ergibt sich nun unmittelbar, daß der Mangangehalt eines Roheisens auf das Verpuddeln einen wesentlichen Einfluß ausübt, und daß derselbe mit dem Abbrand, je nach seiner Menge, in einem sehr innigen Zusammenhange steht, da das Mangan fast vollständig in die Schlacke übergeht. Ein verhältnißmäßiger Abbrand läßt sich jedoch aus Obigem noch nicht ableiten, wie aus Folgendem hervorgeht: Proc. Mangan. Proc. Abbrand. Stephansberger Roheisen   3,040 14,29 Ruszkitzaer   5,090 16,79 Lunkanyer 11,110 18,17 Der Roheisenverbrauch vom hiesigen Eisen ist per 100 Pfd. gutes Puddelofenhalbgut im Durchschnitt 108 Pfd.; die drei genannten Banater Eisensorten zeigen dagegen ein Mehr von 8,13 und 14 Pfd. gegen das böhmische Eisen, welches im Ganzen wenig Mangan enthält. – Die Behauptung, die schon von Anderen aufgestellt wurde, daß der Mangan-, Schwefel- und Siliciumgehalt das Eisen beim Verpuddeln verlasse, wird auch durch obige Analysen erhärtet, sowie die stahlartige Textur und theilweise der Kohlenstoffgehalt des Halbgutes obiger Eisensorten für Karsten's Behauptung spricht, daß manganhaltige Roheisensorten zur Hervorbringung von stahlartigem Eisen sehr geeignet sind.