Titel: Bemerkungen über die Anwendung von Drahtseilen aus verzinktem Eisendraht für die Leitungen an Blitzableitern; von C. Kuhn in München.
Autor: Carl Kuhn [GND]
Fundstelle: Band 156, Jahrgang 1860, Nr. CX., S. 428
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CX. Bemerkungen über die Anwendung von Drahtseilen aus verzinktem Eisendraht für die Leitungen an Blitzableitern; von C. Kuhn in München. Kuhn, über die Anwendung von Drahtseilen aus verzinktem Eisendraht für die Leitungen an Blitzableitern. In einem Aufsatze „über die Construction von Blitzableitern für Gebäude“ (in diesem Journal Bd. CLV S. 277 und 278) habe ich unter Anderem erwähnt, daß das verzinkte Eisen sowohl in Stabform, als auch in Form von Drahtgeflechten für Leitungen an Blitzableitern sich besonders eignen dürfte, und daß nur der einzige Umstand, welcher sich auf die Kosten einer Leitung aus verzinktem Eisen bezieht, der Anwendung dieses Materiales für den besagten Zweck vielleicht hindernd in den Weg treten könnte. Bestimmte Anhaltspunkte konnten aber bei jener Gelegenheit noch nicht gegeben werden, da mir entscheidende Elemente bezüglich des verzinkten Eisens (als Leitungsmaterial für elektrische Ströme) damals keine bekannt waren, weßhalb ich dort einstweilen sowohl die Dichte, als auch den Leitungswiderstand dieses Materiales von dem des Eisens nicht verschieden angenommen habe. Seit jener Zeit sind mir nun Muster aus verzinktem Eisendrahte und Drahtseilen dieser Art zugekommen, die mir eine für den in Rede stehenden Zweck ausreichende Bestimmung zuließen. Die von mir untersuchten Sorten sind aus der bekannten Fabrik des Hrn. F. P. Reichenberger zu Grötschenreuth (bei Erbendorf, Oberpfalz), und bestanden in Folgendem: Verzinkter Eisendraht zu 20,3 Grammen Gewicht per Par. Fuß Dreidrähtiges Seil 78,5 Neunzehndrähtiges Seil (Nr. 9) zu 174,4 Neunzehndrähtiges Seil (Nr. 10) 247,8 Neunzehndrähtiges Seil (Nr. 11) 383,6 Neunzehndrähtiges Seil (Nr. 12) 432,6 (Bei jeder der letztgenannten drei Nummern bildet ein siebendrähtiges Seil mit kurzen Schraubengängen die Seele, und über dasselbe sind die zwölf übrigen Drähte in weiten Gängen so fest gelegt, daß selbst ohne Anwendung von bindenden Ringen das Auseinanderlegen der Umhüllungsdrähte nicht ohne bedeutenden Kraftaufwand vorgenommen werden kann, während ungeachtet des nicht unbedeutenden Umfanges selbst die stärkeren dieser Seile, Nr. 11 und 12, noch geschmeidig genug sind, um bei ihrer Anwendung zu Blitzableitern keine Schwierigkeiten darzubieten). Was die Beschaffenheit der Verzinkung dieser Musterstücke betrifft, so habe ich hievon drei Sorten nach dem Pettenkofer'schen VerfahrenM. Pettenkofer, über ein einfaches Verfahren, die Dicke einer Verzinkung auf Eisen zu schätzen, in den Abhandl. der naturw. techn. Commission bei der kgl. bayer. Akademie der Wissenschaften, Bd. I S. 161 (polytechn. Journal Bd. CXLII S. 420). geprüft, und es zeigte sich hiebei, daß diese Drahtmuster bezüglich der Dicke ihres Zinküberzuges die normalen Anforderungen übertreffen. So waren bei dem einfachen Drahte etwa 33 Eintauchungen (in eine verdünnte Kupfervitriollösung), jede zu 10 Secunden Dauer, nothwendig, um nur einen schwachen Schimmer einer Verkupferung wahrnehmen zu können, hingegen hielt derselbe 42 Eintauchungen aus, bis die Oberfläche des mit Kupfer überzogenen Eisens längs des etwa 3 Zoll langen Drahtstückes hervortrat. Bei dem dreidrähtigen Seile waren 36 Eintauchungen, bei dem Drahtseile Nr. 11 deren 30 nothwendig, um die letztgenannte Erscheinung hervorzubringen, während die Normalprobe nur 26 Eintauchungen zu 10 Secunden Dauer verlangt. In Beziehung auf die Dichte weichen diese Drahtsorten um nicht viel von der des besten Rundeisens ab, indem dieselbe für den einfachen Draht sowohl, als auch für die Drahtseile im Mittel zu 7,57 sich herausstellte, während für das Rundeisen bei den von mir (S. 278 genannt. Aufsatzes) aufgestellten Ermittelungen die Dichte zu 7,75 angenommen wurde. – Bei der Untersuchung des Leitungswiderstandes wurden zwei Sorten, nämlich ein einfacher Draht von 50 Par. Fuß Länge, und ein eben so langes Stück eines dreidrähtigen Seiles mit einem Normaldrahte aus Eisen verglichen, aus welch' letzterem mehrere Widerstandsrollen für diesen Zweck benutzt wurden. Hiebei ergab es sich, daß der Leitungswiderstand des verzinkten Eisens im Durchschnitte zu 0,97 angenommen werden darf, wenn der des Eisens gleich 1 gesetzt wird. „Es stellt sich sohin nach diesen Versuchen heraus, daß in allen Fällen, wo man zu einer Leitung für Blitzableiter, Rundeisen, von dem 1 Par. Fuß 363,1 Gramme wiegt, zu nehmen hat, das Gewicht eines Par. Fußes eines Drahtseiles aus verzinktem Eisen nur 344 Gramme betragen muß.“ Da nun nach den hierüber eingeholten Erkundigungen der Preis eines bayerischen Pfundes verzinkten Rundeisens von der normalen Stärke auf 18 Kreuzer, der für die stärkeren Drahtseile (Nr. 9–12) auf 20 Kreuzer festgesetzt wurde, so kostet also 1 Par. Fuß Blitzableitermaterial aus verzinktem Rundeisen 11 Kreuzer, ferner kostet 1 Par. Fuß eines Drahtseiles von der normalen Stärke 12,3 Kreuzer. Die Kosten einer Leitung aus verzinkten Eisendrahtseilen sind also denen einer Leitung aus dem käuflichem Kupfer – dessen Leitungswiderstand bekanntlich größer als der des chemisch-reinen Kupfers ist – nahezu gleich, und könnten sogar zuweilen etwas geringer ausfallen wie die des letztgenannten Materiales, während sie um nicht viel höher sind, wie die einer Leitung aus den jetzt noch bei uns gebräuchlichen Messingdrahtseilen von nicht genügender Stärke (von denen 1 Par. Fuß nur 8,2 Kreuzer kostet), hingegen nur etwa den 2,6ten Theil desjenigen Betrages ausmachen, den eine Leitung aus (tadelfreien) Messingdrahtseilen von ausreichender Stärke (wovon 1 Par. Fuß etwa 32 Kreuzer kostet) erfordert. Obgleich keine von den oben genannten Drahtseilsorten mit der normalen übereinkommt, so muß dennoch bemerkt werden, daß die Drahtseile Nr. 10 (von denen 1 Par. Fuß 8,9 Kreuzer kostet) im Allgemeinen für Zweigleitungen ausreichend seyn dürften, jene der beiden höheren Nummern unter gewöhnlichen Umständen für gemeinschaftliche Bodenleitungen vortheilhafte Verwendung finden können, während das Drahtseil von normaler Stärke, wie eine solche unter gewöhnlichen Umständen stets ausreichend ist, zwischen Nr. 10 und Nr. 11 (also ein für die in Rede stehenden Zwecke nunmehr anzufertigendes Seil) enthalten seyn muß. Zum Schlusse wird noch bemerkt, daß der Kostenaufwand auf die Führung der Leitung (bei der Benutzung von Steften-, Krampen- oder Rinnenführungen etc.), durch die Anwendung von Leitungen aus den eben genannten Drahtseilen eine Erhöhung nicht erleidet. München, im Juni 1860.