Titel: | Ueber Eisen- und Stahlpuddeln; von Hrn. Lohage. |
Fundstelle: | Band 157, Jahrgang 1860, Nr. XXXI., S. 128 |
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XXXI.
Ueber Eisen- und Stahlpuddeln; von Hrn.
Lohage.
Lohage, über Eisen- und Stahlpuddeln.
In der Generalversammlung des naturhistorischen Vereins der preuß. Rheinlands und
Westphalen (in der Pfingstwoche zu Iserlohn abgehalten), theilte Hr. Lohage aus Unna Untersuchungen über Roheisen- und
Stabeisen-Fabrication mit, aus denen sich ergibt, daß Roheisen, welches sich
zum Puddeln eignen soll, wenigstens so viel Silicium-Verbindungen enthalten
muß, als zur Schlackenbildung beim Puddeln nothwendig ist. Aus seinen Erfahrungen in
Bezug auf den Puddelproceß zu schließen, muß dieser Siliciumgehalt wenigstens 2
Proc. betragen. Die Qualität des Roheisens hängt nicht allein von dem
Kohlenstoffgehalte ab, sondern die Schlacke ist nicht minder von besonderem
Einflusse, und namentlich hängt es von der Schlacke ab, wie weit das Eisen die
speciellen Silicium-Verbindungen oder Schlackenbilder nebenbei enthält. Unter
dieser Bezeichnung sind namentlich solche Körper zu verstehen, welche in hoher Hitze
durch Aufnahme von Sauerstoff die sogenannte Schlacke bilden, wodurch das Eisen vor
weiterem Verbrennen und Entkohlen geschützt wird. Graues Roheisen, welches zum
Verpuddeln brauchbar seyn soll, muß stark grau seyn und einen hinreichenden Gehalt
an Schlackenbildern besitzen, weil es sonst beim Verschmelzen zu kohlenarm wird.
Roheisen, direct aus dem Hohofen gegossen, muß grau seyn und wenig Schlackenbilder
enthalten, weil dieselben der relativen Festigkeit schaden und den Guß
„faul“ machen. Roheisen, für den Puddelbetrieb geeignet,
muß hinreichende Schlackenbilder und ca. 4 Proc. Kohle
enthalten.
Derselbe sprach über Eisen- und Stahlpuddeln. Unter Puddelproceß versteht man
denjenigen chemischen Proceß, durch welchen das Roheisen zuerst von seinen
Siliciumverbindungen befreit wird, was schon größtentheils beim Einschmelzen des
Roheisens geschieht; dann aber zweitens durch Schlacken von seinem Kohlenstoff
befreit wird. Dieser letzte Proceß bedarf der mechanischen Nachhülfe durch beständiges Umkrücken der
geschmolzenen Masse. Es ist eine ganz falsche Ansicht, wenn man glaubt, das Eisen
werde direct durch den Sauerstoff der Luft entkohlt; wäre dem so, dann hätte der
Kieselgehalt auf das Eisenpuddeln gar keinen Einfluß, wie solches durch Lohage doch nachgewiesen worden. Die Erklärung der
allmählichen Entkohlung des Roheisens im Puddelofen ist folgende: Beim Einschmelzen
des Roheisens verwandeln sich die Schlackenbilder in kieselsaure Oxydsalze, welche
nachher mit dem geschmolzenen Eisen durcheinander gekrückt werden, und so mit der
Kohle des Roheisens in Kohlenoxyd und kieselsaure Oxydulsalze verwandelt werden. Das
Kohlenoxydgas steigt von Unten auf und bringt auf diese Weise die Oxydulsalze nach
Oben, welche von Neuem wieder in Oxydsalze durch den Einfluß des Sauerstoffs der
Luft im Puddelofen verwandelt werden. Dieser Proceß wiederholt sich so lange, bis
das Eisen allmählich entkohlt, strengflüssig wird und sich so von der Schlacke,
Anfangs in kleinem Korn, später in starken schweißbaren Sauen scheidet, wodurch der
Puddler in Stand gesetzt wird, die Sauen in Luppen zu formen und sie so dem Hammer
zum Ausschmieden zu überliefern. Dieses Product ist das sogenannte Luppeneisen.
Will man Puddelstahl machen, so unterbricht man bei einer bestimmten Kornbildung den
Entkohlungsproceß durch Mäßigung des Luftzuges, d.h. man sorgt dafür, daß weniger
Sauerstoff dem Ofen zugeführt wird, was durch die Schieber oder Klappen des
Schornsteins leicht geschehen kann. Durch diese Manipulation wird die Masse im Ofen
bei einer constanten Hitze (Stahlschweißhitze) in Luppen formirt und so zu
Stahlluppen ausgeschmiedet.
Beim Eisenpuddeln findet keine Regulirung der Hitze statt. Die Masse wird weiter
entkohlt und erfordert so eine weit höhere Schweißhitze (Eisenschweißhitze), um in
Luppenform gebracht zu werden. Der Unterschied zwischen Eisen- und
Stahlpuddeln liegt also nur allein darin, daß beide Processe
an bestimmte Hitzegrade gebunden sind, was den Vortragenden schon im
November 1849 in den Stand setzte, in dem Werke von Lehrken,
Kalkenroth und Comp. ohne große Mühe Stahl im
Puddelofen zu erzeugen, – eine Fabrication die jetzt eine Ausdehnung
angenommen, welche man kaum voraussetzen durfte. Vor dieser Zeit hat man zwar Stahl
im Puddelofen dargestellt, ohne indeß die Ursache zu wissen, und so war die
Fabrication lediglich vom Zufall abhängig.
Da der Vortragende beim Roheisen den Einfluß der Schlacke auf die Qualität schon
kannte, so veranlaßte ihn dieser Umstand, auch beim Gußstahl ähnliche Versuche
anzustellen. Aus denselben ergab sich, daß Zusätze von Braunstein oder Thonerde
einen großen Einfluß auf Korn und Lüster des Gußstahls ausüben. Da die Silicium-Verbindungen
von Eisen und Mangan nach Berzelius und Wöhler dem Roheisen ähnlich sind und auch nahezu dessen
Schmelzpunkt besitzen, so wird wahrscheinlich Silicium-Aluminium einen ganz
ähnlichen Körper bilden, der, da er leichtflüssiger ist, als die Stahlmolecüle,
gleichsam das Flußmittel für den Gußstahl abgibt, woraus beim Erkalten der Stahl
gleichsam herauskrystallisirt, so daß also die Kornbildung des Stahles je nach
diesen Schlackenbildern eine verschiedene ist, da ja bekanntlich die Lösungsmittel
auf die Krystallform von Einfluß sind. Ferner wird es klar, weßhalb das Roheisen aus
manganhaltigem Brauneisenstein oder aus Magneteisenstein einen gröberen Bruch hat
und auch meist dunkler von Farbe ist, als Roheisen aus Thoneisenstein, welches
durchschnittlich feinkörnig ist und für Gießerei eine weit größere Festigkeit zeigt,
wie dieß das Roheisen von der Siegburger Hütte beweist. Die Qualität des Roheisens,
Stahles und Schmiedeeisens ist demnach nicht allein abhängig von seinem
Kohlenstoffgehalte, sondern ist mitbedingt von den Schlackenbildern und deren
Quantitäten.
Die Ursachen, warum die Schlackenbilder von so großer Wichtigkeit für Eisen, Stahl
und Roheisen sind, liegen darin, daß sie das Metall vor zu rascher Entkohlung
bewahren, rascher oxydiren als Eisen-Kohlenstoff-Verbindungen und im
Feuer stets in eine schützende Schlacke übergehen, die Eisen, Stahl etc. vor dem
Verbrennen bewahrt. Hr. Lohage wünscht durch seinen
Vortrag die Hüttenleute auf die Wichtigkeit der Schlackenbilder beim Eisen etc.
aufmerksam zu machen und namentlich die Ansicht zu bekämpfen, als sey das Silicium
ein so arger Feind des Roheisens und des Stahles, wie man allgemein bisher geglaubt
hat. (Kölnische Zeitung.)