Titel: | Neues Verfahren zur Darstellung reiner Kohlensäure behufs der Entkalkung des geläuterten Runkelrübensaftes; von Meschelynck und J. Lionnet. |
Fundstelle: | Band 157, Jahrgang 1860, Nr. XCII., S. 361 |
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XCII.
Neues Verfahren zur Darstellung reiner
Kohlensäure behufs der Entkalkung des geläuterten Runkelrübensaftes; von Meschelynck und J. Lionnet.
Aus den Comptes rendus, Juli 1860, Nr.
5.
Meschelynck's Verfahren zur Darstellung reiner
Kohlensäure.
Die Idee, die Kohlensäure zur Entkalkung des mittelst Kalk geläuterten
Runkelrübensaftes anzuwenden, tauchte zuerst vor mehr als zwanzig Jahren auf. Sie
gehört Kuhlmann an, welcher sie aber wieder aufgab, ohne
Zweifel weil er von anderen Arbeiten in Anspruch genommen war.Kuhlmann empfahl die Kohlensäure zur Entkalkung des geläuterten
Runkelrübensaftes im J. 1833; man sehe seine Abhandlung im polytechn.
Journal Bd. LII S. 67. Im J. 1838 machte er in einer zweiten Abhandlung über
Runkelrübenzuckerfabrication (polytechn. Journal Bd. LXX S. 209) den Vorschlag, Zucker
ohne Anwendung von thierischer Kohle zu fabriciren, indem man den Saft mit
einem Ueberschuß von Kalk kochen läßt, und erst nach diesem Kochen oder
theilweisen Abdampfen den Kalk mittelst Kohlensäure fällt, bei einer
Temperatur der Flüssigkeit von beiläufig 27° C. Nach letzterem
Verfahren konnten aber im Großen keine günstigen Resultate erzielt werden;
man s. Payen's Bericht im polytechn. Journal Bd. CXVIII S. 221. Im J. 1848 wurde sie von Rousseau wieder
aufgenommenPolytechn. Journal Bd. CXVI S. 297
und Bd. CXVIII S. 221.; ungeachtet der ausgezeichneten Resultats, welche man während der Campagne
1849–1850 erhielt, wurde sie jedoch wieder aufgegeben, weil das Verfahren um
sich die zur Entkalkung nothwendige Kohlensäure zu verschaffen, kein industrielles
war.
Unser Verfahren, um die in den Rübenzuckerfabriken erforderlichen Quantitäten von
Kohlensäure fast kostenfrei zu gewinnen, besteht darin, Wasserdampf auf den
kohlensauren Kalk einwirken zu lassen. Bekanntlich zersetzt sich der kohlensaure
Kalk bei einer um so niedrigeren Temperatur, je feuchter er ist, und er kann sogar
seine sämmtliche Kohlensäure verlieren, wenn man ihn auf 100° C. in einem
Strom von Wasserdampf erhitzt.
Wir bringen Retorten aus feuerbeständigem Thon in einen Flammofen und erhitzen sie
darin nach Erforderniß. Diese Retorten communiciren an ihrem hintern Theil mit dem
Dampfkessel mittelst Röhren, welche mit Hähnen versehen sind. Nachdem die Retorten
gleichförmig auf die Dunkelrothglühhitze gebracht sind, öffnet man die Dampfhähne,
und es entbinden sich fast augenblicklich Massen von kohlensaurem Gase, welche man
in einem Gasometer sammelt. 100 Kilogr. Kreide können beiläufig 20000 Liter Gas
liefern, womit man, für 1000 Liter Saft 300 Liter angenommen, 66000 Liter Saft
entkalken kann.