Titel: Ueber die Reinigung der Zuckersäfte aus Rüben und Zuckerrohr; von Possoz und Perier.
Fundstelle: Band 158, Jahrgang 1860, Nr. XXXII., S. 145
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XXXII. Ueber die Reinigung der Zuckersäfte aus Rüben und Zuckerrohr; von Possoz und Perier. Aus den Comptes rendus, August 1860, Nr. 6. Possoz, über die Reinigung der Zuckersäfte aus Rüben und Zuckerrohr. Nachdem wir eine große Menge von Reinigungsmitteln für Zuckersäfte versucht haben, geben wir von allen den schon längst angewandten, dem Kalke und der Kohlensäure den Vorzug; wir wenden dieselben jedoch in veränderter Weise an und erhalten dadurch Resultate, die den bisher bekannten bei weitem überlegen sind. 1) Wir bemessen die Menge des Kalkes nicht nach der im Saft oder der Zuckerlösung enthaltenen Zuckermenge, sondern im geraden Verhältnisse nach der Quantität der zu entfernenden fremden Stoffe. 2) Die ganze Menge Kalk und Kohlensäure setzen wir nicht gleichzeitig, sondern in einzelnen Antheilen zu, so z.B. in folgender allgemein für Rübensäfte geltenden Weise: A. Ein Viertel des Kalkes als erster Zusatz, für kalte und heiße Scheidung. B. Die Hälfte des Kalkes als zweiter Zusatz und erste (unvollständige) Saturation mit Kohlensäure, zur Entfärbung. C. Ein Viertel des Kalkes als dritter Zusatz und zweite (vollständige) Saturation mit Kohlensäure, zur Reinigung. 3) Bei der ersten Saturation mit Kohlensäure wenden wir diese nicht im Ueberschuß an, um vielmehr freien Kalk übrig zu lassen, und einige Farbstoffe, welche in Gegenwart eines geringen Kalküberschusses unlöslich sind, nicht wieder aufzulösen. Diese Farbstoffe sind dagegen, wie wir gefunden haben, sehr löslich in einem Ueberschuß von Kohlensäure, ja sogar wenn nur jener kleine Kalküberschuß (etwa 1/1000 vom Gewichte des Saftes) nicht mehr vorhanden ist. Unsere Beobachtungen zeigen, daß bei dieser Behandlungsweise die Farb-, Eiweiß- und Extractivstoffe lackartig von dem ausfallenden kohlensauren Kalk gebunden werden. 4) Nach Entfernung des bei der ersten Saturation gebildeten Niederschlags setzen wir zu dem klaren und schon sehr entfärbten Saft den Rest des anzuwendenden Kalkes, und dann erst, wenn die Farbstoffe nicht mehr vorhanden sind, saturiren wir den ganzen Kalk durch Kohlensäure. 5) Diese beiden Saturationen reichen in dieser Ausführung hin, um leicht und fabrikmäßig schönen und vorzüglichen Rohzucker darzustellen, der in seiner Qualität mindestens der Sorte belle quatriéme gleichkommt, ohne daß die Anwendung der Knochenkohle erforderlich wäre. 6) Wenn wir noch weißeren Zucker erzeugen wollen, so geschieht dieß durch Abdampfen des wie oben gesagt behandelten Saftes auf 15° Baumé (oder eine Dichtheit von 1,140) und Anwendung einer vierten Quantität Kalk mit nachfolgender Saturation, oder auch durch Filtriren über sehr wenig Kohle. Auf die eine oder andere Weise resultirt ein Zucker, der ohne weitere Reinigung direct zum Consum gelangen kann. 7) Wir haben direct Rüben- oder ostindischen Rohzucker vollständig raffinirt, ohne irgendwie Kohle oder Blut anzuwenden, sondern einzig und allein durch diese abwechselnde Anwendung von Kalk und Kohlensäure. 8) Statt irgend welche Ausgaben (für Brennmaterial u.s.w.) für die Herstellung der erforderlichen größeren Menge Kohlensäure zu machen, können wir im Gegentheil an Wärme wesentlich sparen, indem wir die Kohlensäure aus den von der Steinkohlenfeuerung der Dampfkessel herrührenden Oasen entnehmen. Dieses Gas wird durch eine mechanische Vorrichtung aufgesaugt, unter 100° C. abgekühlt und vollkommen gewaschen, so daß dessen gesammte Wärme, bevor es mit den Zuckersäften in Berührung kommt, anderweitig benützt werden kann.