Titel: Ueber die Bestimmung der nicht flüchtigen Bestandtheile des Weines; von Prof. Dr. A. Vogel jun.
Fundstelle: Band 158, Jahrgang 1860, Nr. LXXVII., S. 307
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LXXVII. Ueber die Bestimmung der nicht flüchtigen Bestandtheile des Weines; von Prof. Dr. A. Vogel jun. Aus Buchner's Neuem Repertorium für Pharmacie, 1860, Bd. IX Heft 8 u. 9. Vogel, über die Bestimmung der nicht flüchtigen Bestandtheile des Weines. Es kann wohl nicht bezweifelt werden, daß der nach der Verdampfung des Weines bei 100° C. zurückbleibende feste Rückstand, bestehend aus den freien Säuren, den Salzen, dem Zucker, Gummi, Eiweiß, Extractivstoff und Farbstoff, von dem größten Einfluß auf den Geschmack des Weines seyn müsse. Wenn auch die Menge des Weinextractes keinen ausreichenden Maaßstab für die Beurtheilung eines Weines geben kann, so besteht doch gewiß ein bestimmtes Verhältniß zwischen derselben und dem Werthe der verschiedenen Weinsorten. Die ausgedehntesten Untersuchungen über die festen Bestandtheile des Weines sind von Vlaanderen Mulder, die Chemie des Weines, S. 294. geliefert worden. Die von ihm gefundenen Mengen Weinextractes stehen nicht ganz in Uebereinstimmung mit dem, was Andere vor ihm fanden. Seine Resultate sind durchschnittlich etwas niederer; es mag indeß wohl seyn, daß bei früheren Untersuchungen der Weinextract, welcher äußerst schwierig wasserfrei zu erhalten ist, nicht so sorgfältig getrocknet wurde. Vlaanderen's Angaben beziehen sich auf den Rückstand von 100 Kub.-Cent. zur Verdampfung gebrachten Weines; der zurückbleibende Extract wurde bei 100° C. so lange getrocknet, bis er nichts mehr an Gewicht verlor. Die Verdampfung einer so großen Menge Flüssigkeit (100 Kub.-Cent.) ist nicht nur eine zeitraubende Arbeit, sondern bekanntlich eine Arbeit, welche, wenn sie auch mit der größten Sorgfalt vorgenommen wird, in ihrer praktischen Ausführung die mannichfaltigsten Fehlerquellen in sich Meßt. Ich habe es versucht, die (vorstehende) von mir zum Abrauchen des Bieres und der MilchPolytechn. Journal Bd. CLVI S. 44. angegebene Methode auch auf die Bestimmung der nicht flüchtigen Bestandtheile des Weines anzuwenden. Die Methode besteht im Allgemeinen darin, in einem besonders dazu construirten Glasrohre eine geringe Menge Wein abzuwägen und durch Ueberleiten trockener Luft im Wasserbade vollkommen auszutrocknen. Dieß gelingt in sehr kurzer Zeit. Wie die folgenden Versuchszahlen auf das Entschiedenste erkennen lassen, stimmen die Wägungen des auf solche Weise getrockneten Weinextractes sehr genau überein. A.Weißer Frankenwein. Erster Versuch.     Apparat leer 14,777 Grm.          „       mit Wein 17,252    „ –––––––––––––– d. i. Wein   2,475 Grm. Nach dem Trocknen während einer Stunde:     Apparat + Weinextract 14,829 Grm.           „     leer 14,777   „ ––––––––––––––   0,052 Grm.     d. i. 2,101 Proc. Extract. Nach weiterem Trocknen während einer Stunde:     Apparat + Weinextract 14,827 Grm.          „       leer 14,777   „ ––––––––––––––   0,050 Grm.     d. i. 2,022 Proc. Extract. Zweiter Versuch, mit derselben Weinsorte ausgeführt.     Apparat leer     14,775 Grm.          „       mit Wein 17,610   „ –––––––––––––– d. i. Wein   2,835 Grm. Nach dem Trocknen während einer Stunde:     Apparat + Weinextract 14,834 Grm.           „      leer 14,775   „ ––––––––––––––   0,059 Grm.     d. i. 2,103 Proc. Extract. Nach weiterem Trocknen während einer Stunde:     Apparat + Weinextract 14,831 Grm.          „       leer 14,775   „ ––––––––––––––   0,056 Grm.     d. i. 2,020 Proc. Extract. B.Rother badischer Wein. Erster Versuch.     Apparat leer 14,779 Grm.          „       mit Wein 17,861   „ –––––––––––––– d. i. Wein   3,082 Grm. Nach dem Trocknen während einer Stunde:     Apparat + Weinextract 14,856 Grm.          „      leer 14,779   „ ––––––––––––––   0,077 Grm.     d. i. 2,498 Proc. Extract. Nach weiterem Trocknen während einer Stunde:     Apparat + Weinextract 14,849 Grm.          „      leer 14,779   „ ––––––––––––––   0,070 Grm.     d. i. 2,271 Proc. Extract. Zweiter Versuch, mit derselben Weinsorte ausgeführt.     Apparat leer 14,778 Grm.           „      mit Wein 17,834   „ –––––––––––––– d. i. Wein   3,056 Grm. Nach dem Trocknen während einer Stunde:     Apparat + Weinextract 14,852 Grm.          „      leer 14,778   „ ––––––––––––––   0,074 Grm.     d. i. 2,421 Proc. Extract. Nach weiterem Trocknen während einer Stunde:     Apparat + Weinextract 14,848 Grm.          „       leer 14,778   „ ––––––––––––––   0,070 Grm.     d. i. 2,258 Proc. Extract. Nach früheren VersuchenA. a. O. war der Weinextract bei einer Temperatur von 110° C. getrocknet worden. Ich glaube nicht, daß der Weinextract eine 100° C. übersteigende Temperatur ohne Zersetzung zu erleiden, verträgt, während Bierextract bekanntlich ohne Gefahr bei 120° bis 130° C. getrocknet werden kann. Dieß mag schon daraus erkannt werden, daß bei 110° C. der Extract aller von mir untersuchten Weinsorten sich sehr dunkel färbt, welche Farbenveränderung bei 100° C. nach der von mir angegebenen Methode fast nicht, oder doch nur in weit geringerem Grade eintritt. Außerdem bemerkt man bei einer über 100° C. gesteigerten Temperatur eine bedeutende Entwickelung weißer Dämpfe, welche den Aspirator und die Vorlage anfüllen. Sie sind von eigenthümlichem, nicht unangenehmem Geruche und rühren offenbar von einer theilweisen Zersetzung des Weinrückstandes her, können daher auf die Gewichtsverminderung nicht ohne allen Einfluß seyn. Vergleichende Versuche mit dem Hallymeter haben den Extractgehalt der Weine durchschnittlich etwas zu niedrig ergeben, allein nicht in der Art, daß die hallymetrische Methode zur Extractbestimmung der Weins als unbrauchbar, wenigstens für technische Zwecke, bezeichnet werden könnte. Mit diesem Resultate stimmen auch Versuche überein, welche Hr. Prof. Kaiser nach mündlicher Mittheilung über diesen Gegenstand angestellt hat. Ich kann daher in dieser Beziehung mit Mulder nicht einverstanden seyn, welcher die hallymetrische Methode zur Weinextractbestimmung als ungenau bezeichnet.