Titel: Ueber die Einwirkung von Chlorkalk auf Schwefel und die Anwendbarkeit eines Gemenges dieser Stoffe zum Vulcanisiren des Kautschuks; von H. Gaultier de Claubry.
Fundstelle: Band 158, Jahrgang 1860, Nr. LXXIX., S. 313
Download: XML
LXXIX. Ueber die Einwirkung von Chlorkalk auf Schwefel und die Anwendbarkeit eines Gemenges dieser Stoffe zum Vulcanisiren des Kautschuks; von H. Gaultier de Claubry. Aus den Comptes rendus, Mai 1860, Nr. 19. Gaultier de Claubry, über die Einwirkung von Chlorkalk auf Schwefel. Parkes in Birmingham hat zuerst die merkwürdige Thatsache entdeckt,Im J. 1847, man s. seine Patentbeschreibung im polytechn. Journal Bd. CIV S. 455. daß der Kautschuk in Berührung mit sehr kleinen Mengen Schwefelchlorür, welches in einem geeigneten Lösungsmittel, z.B. Schwefelkohlenstoff, aufgelöst ist, bei gewöhnlicher Temperatur dieselben Eigenschaften erhält, wie durch Einwirkung des Schwefels bei 132° C. oder darüber. Durch diese Entdeckung wurde es möglich, Gegenstände, mit denen man in der letzteren Weise nicht hätte operiren können, wie dünne Blätter, Stoffe aus Kautschuk mit Wolle, Seide etc., oder Artikel mit Farben, welche die Hitze nicht vertragen, ebenfalls zu vulcanisiren. Parkes hat zwar die bei der Anwendung des Verfahrens auf dicke Gegenstände erforderlichen Vorsichtsmaßregeln angegeben, es ist aber fast unmöglich, nach denselben gleichmäßig vulcanisirte Producte zu erhalten, wie vorsichtig man auch operiren mag. Parkes hat noch ein anderes Verfahren angegeben, von welchem man eine gleichmäßigere Wirkung erwarten kann. Dasselbe besteht darin, daß man dem Kautschuk die Masse beimischt, welche er mit dem Namen „trocknes Schwefelchlorür“ bezeichnet. Unter diesem Namen konnte man nur Schwefelblumen mit Schwefelchlorür imprägnirt verstehen, und in der That kann man damit den Kautschukteig in der Kälte vulcanisiren, worauf der größte Theil des Schwefels dem Kautschuk bloß beigemengt ist. Nachdem ich bei der Analyse einer sehr großen Anzahl von Kautschukwaaren in dem Destillationsrückstand Chlorcalcium gefunden hatte, kam ich auf den Gedanken, daß dieses Salz von der Anwendung von Chlorkalk beim Vulcanisiren herrühren dürfte, indem man den Chlorkalk benutzt, um in dem Kautschukteig das zum Vulcanisiren erforderliche Schwefelchlorür zu erzeugen, so daß also die von Parkes angewendete Substanz ein Gemenge von Chlorkalk und Schwefel wäre. Die folgenden Thatsachen, welche ich bereits vor längerer Zeit dem Hrn. Rousseau mittheilte, beweisen, daß dieses Gemenge zum Vulcanisiren benutzt werden kann. Wenn man bei gewöhnlicher Temperatur Schwefelblumen und trocknen Chlorkalk durch Zusammenreiben vermischt, so entsteht sofort ein starker Geruch nach Schwefelchlorür. Wenn man etwas stark reibt, so erhöht sich die Temperatur des Gemenges, der Schwefel erweicht und das Ganze gesteht zu einer Masse mit reichlicher Entwickelung von Dämpfen. Nimmt man den Schwefel im Verhältnis zum Chlorkalk in großem Ueberschuß und vermengt diese beiden Körper ohne Reibung mit einander, so bewirkt das Gemenge mit oder ohne andere Körper, wie Kreide, Zinkweiß etc., dem Kautschukteig zugesetzt, die Vulcanisirung desselben schon bei gewöhnlicher Temperatur oder bei gelinder Wärme. Hierin hat man nun ein Mittel, auch Gegenstände von einer gewissen Dicke gleichmäßig zu vulcanisiren. Wenn man hingegen Schwefel mit überschüssigem Chlorkalk durch bloßes Umrühren vermengt, so erhitzt sich dieses Gemenge alsbald so stark, daß man das Gefäß nicht mehr in der Hand halten kann, und, wenn dasselbe verschlossen ist, der Stöpsel weggeschleudert wird oder das Gefäß sogar unter heftiger Explosion zerspringt.