Titel: | Ueber Collin's Control-Uhr für Nachtwächter in Fabriken; Bericht von E. Burnat. |
Fundstelle: | Band 158, Jahrgang 1860, Nr. XCIII., S. 349 |
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XCIII.
Ueber Collin's Control-Uhr für Nachtwächter in Fabriken;
Bericht von E.
Burnat.
Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
Mulhouse, 1859, No. 150.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Collin's Control Uhr für Nachtwächter in Fabriken.
In fast allen Fabrikgeschäften ist ein regelmäßiger Nachtwächterdienst eingeführt.
Die Nachtwächter haben vorzüglich die Verpflichtung, die Höfe etc. wie auch die Säle
des Fabrikgebäudes selbst regelmäßig während der Nacht zu begehen. Um diese Leute
anzuhalten ihre Schuldigkeit zu thun und in sehr kurz aufeinander folgenden
Zeiträumen alle die Locale zu inspiciren, über welche sich ihre Wachsamkeit
erstrecken soll, muß man offenbar besondere Mittel haben, durch welche diese Wächter
controlirt werden können. Die Instrumente, welche man zu diesem Zwecke bis jetzt
anwendet, haben sich nicht überall Eingang verschafft, was ohne Zweifel daher rührt,
daß ihre Handhabung nicht praktisch genug ist. Wir hoffen, daß die gegenwärtige
Mittheilung einen Apparat zur Kenntniß des industriellen Publicums bringen wird, der
alle wünschenswerten Bedingungen vereint.
Die Systeme, welche sich bis jetzt verbreitet haben, sind, so viel uns bekannt ist,
von dreierlei Art.
Das scheinbar einfachste besteht in der Anwendung ordinärer Uhren (im Preise von
einigen zwanzig Francs das Stück), welche in hölzerne Gehäuse oder Kästen
eingeschlossen sind. Der Stundenzeiger ist mit einer Spitze versehen, gegen welche
ein Rahmen gedrückt wird, über den ein Blatt Papier gespannt ist. Diese Spitze macht
auf dem Zifferblatte, welches auf das Papier gezeichnet ist, eine Marke (einen
Nadelstich) und man kann dieß jede Stunde wiederholen, oder in Zeiträumen, welche so
nahe aneinander liegen, als man nur immer will. Eine Schnur, deren Ende durch den
Uhrkasten herausreicht, dient dazu den Rahmen, auf welchen das papierene Zifferblatt
aufgespannt ist, zu bewegen.
Die eben beschriebene Anordnung ist vielfach abgeändert worden. So machte man z.B.
Uhren, deren bewegliches Zifferblatt auf seinem Umfange mit einer großen Anzahl von
radial liegenden Stiften versehen ist. Das ganze System liegt in einem durch einen
Schlüssel verschlossenen Kasten, und eine Schnur, welche von Außen angezogen werden
kann, steht mit einer Feder in Verbindung, welche jedesmal, so oft man an der Schnur
zieht, einen Stift einsteckt.
Diese Anordnung unterscheidet sich im Ganzen nicht wesentlich von der vorhergehenden.
Ihre Uebelstände sind dieselben, und bestehen darin daß man so viele Uhren
nothwendig hat, als Plätze von dem Wächter zu visitiren sind. In einem einigermaßen
ausgedehnten Fabrikgeschäfte muß aber die Zahl der Stationen sehr groß seyn, wenn
man darauf dringt, daß gar kein Local von dem Wächter unvisitirt bleibt. So könnten
wir z.B. eine Fabrik nennen, welche mehr als hundert Nachtwächterstationen machen
müßte.
Die Kosten einer jeden Uhr mit ihrem Uhrkasten und seinem Zubehör betragen jedenfalls
40 bis 50 Francs. Diese schon beträchtliche Auslage ist jedoch nicht der größte
Uebelstand des Systemes. Es ist nämlich in der That unmöglich, daß ein
Fabrikdirektor die Verbindlichkeit auf sich nimmt, jeden Tag eine so beträchtliche
Anzahl von Nachtwächterzeichen zu controliren. Außerdem hat man eine vertraute
Person nöthig, um täglich neues Papier aufzuspannen, und das alte abzunehmen, und
demungeachtet kommen leicht noch Betrügereien vor.
Ein anderes System besteht in der Anwendung des Controleurs von Schwilgué; derselbe besteht in einer tragbaren Kapsel, welche einen
Chronometer enthält; das Zifferblatt ist mit einem Papierblatt überdeckt, auf
welchem concentrische Kreise verzeichnet sind. Die Kapsel ist mit einem Schlüssel
verschlossen, und der Wächter darf kein Mittel besitzen, dieselbe zu öffnen. An
einer Seite der Kapsel befinden sich so viele Löcher als zu visitirende Stationen
vorhanden sind, und auf jeder Station ist ein Schlüssel angebracht, welcher in eines
der genannten Löcher paßt. Jeder in die Kapsel eingesteckte Schlüssel erzeugt, wenn
er einmal umgedreht wird, einen Punkt oder Nadelstich auf einem der Kreise des Zifferblattes; da nun
jeder Kreis einer gewissen Station entspricht, so hat man ein leichtes Mittel zur
Controle. Ein Controleur mit 10 Schlüsseln kostet 160 Francs. Die Beschaffungskosten
sind deßhalb von 45 auf 16 Fr. für die Station reducirt. Dagegen finden immer noch
Uebelstände statt, welche darin bestehen, daß es sehr leicht ist, die Schlüssel
nachzumachen. Man kann nun zwar wohl sich überzeugen, ob die rechten Schlüssel
gebraucht wurden, wenn man an denselben mit Wachs Merkmale anbringt, aber man hat
demungeachtet nicht alle wünschenswerthe Sicherheit. Ist das Papier ungenau
eingelegt, oder rutscht es auf dem Zifferblatte, so ist eine Unordnung in den
verschiedenen Angaben gar leicht möglich.
Dieser Apparat hat jedoch manches Gute, und ist unserer Ueberzeugung nach dem
dritten, mit welchem wir uns jetzt beschäftigen wollen, noch vorzuziehen. Dieser ist
der Controleur von Bürk, und demjenigen von Schwilgué sehr ähnlich. Das Zifferblatt trägt
einen metallenen Cylinder, dessen Achse mit der Zeigerachse zusammenfällt. Auf
diesen Cylinder wird ein Papierstreifen befestigt, auf welchem die verschiedenen
Schlüssel, die alle in das nämliche Schlüsselloch passen und nur in ihrer Länge
verschieden sind, eine verschiedene Anzahl von Punkten markiren. Die Uebelstände
dieses Apparates sind außer der Leichtigkeit, die Schlüssel nachzumachen, die
Verwirrungen, welche sehr leicht entstehen, wenn die Stationen nicht sehr weit von
einander entfernt sind, und also die Zeit kurz ist, während welcher man von einer
Station zur andern gehen kann; in diesem Falle treffen die Markirungen, welche sich
nur durch die Anzahl der Punkte unterscheiden, zu nahe zusammen oder gar ineinander,
und es ist dann schwierig, gleich auf den ersten Anblick sich zu überzeugen, ob die
Nachtwache richtig ausgeführt wurde, denn die Untersuchung der Papiere erfordert
eine genaue Beobachtung.
Der neue Apparat, welcher den Gegenstand unserer Mittheilung bildet, scheint in Bezug
auf die Unmöglichkeit der Nachtwächter, die Controle zu umgehen oder zu fälschen,
alle Garantien zu bieten, und es ist fast nicht möglich, sich Umstände zu denken,
unter welchen ein Betrug sollte ausgeführt werden können. Andererseits sind die
durch die neue Controluhr markirten Zifferblätter außerordentlich leicht zu
übersehen und zu controliren. Dieser Apparat ist die Erfindung von Collin, dem Nachfolger des Uhrmachers Wagner in Paris. Ich bemerke noch, daß die HHrn.
Dollfus-Mieg und
Comp. seit mehr als einem Jahre einige solche
Controluhren anwenden, und daß bis jetzt sich noch keine Unregelmäßigkeit im Gange derselben
herausgestellt hat. Ihre Handhabung ist so einfach und praktisch als nur immer
möglich.
Beschreibung der Collin'schen
Nachtwächter-Controluhr.
Sie besteht aus zwei gesonderten Theilen, nämlich einem Chronometer und einer
gewissen Anzahl von gußeisernen Büchsen.
Fig. 13 ist
eine Ansicht dieser Büchsen A in halber natürlicher
Größe. Man befestigt eine solche bei jeder Nachtwächterstation an der Wand, oder an
einem beliebigen Orte.
In jeder dieser Büchsen befindet sich ein Stempel a, von
denen jeder einen anderen Buchstaben auf seiner oberen Fläche eingravirt enthält.
Die Büchsen sind mit Deckeln B versehen, welche die
Bestimmung haben, während des Tages die Stempel vor Muthwillen oder Mißbrauch zu
schützen. Der Nachtwächter öffnet die Deckel oder Thürchen Abends bei seinem ersten
Umgange und schließt dieselben bei seinem letzten in der Frühe.
Der Chronometer ist in Fig. 14 und 15 im Grundriß
und Aufriß dargestellt, und zwar in geschlossenem Zustande, wie er immer seyn muß,
wenn er sich in den Händen des Nachtwächters befindet. Man öffnet das Gehäuse des
Instrumentes mittelst eines geheimen Schlosses b,
welches auf der Seite des ledernen Handgriffes C
vorsteht. Man schraubt dabei in dasselbe einen besonderen Schlüssel, bis man einen
Widerstand fühlt. Hierauf ergreift man mit der einen Hand den Handgriff und mit der
anderen das Gehäuse, und dreht dann dasselbe von links nach rechts, um einen
Bajonnetverschluß zu lösen, worauf man den Deckel abheben kann und das Zifferblatt
bloßliegt. Ist der Chronometer offen, so kann man ihn aufziehen und auf dem
Zifferblatte ein Papier befestigen, welches zu diesem Zwecke besonders hergerichtet
ist und dessen beide Seiten die Figuren 16 und 17 darstellen.
Man legt das Papier so auf, daß der Index, welcher am Rande des Gehäuses angebracht
ist, auf die Stunde zeigt, zu welcher man das Papier auflegte. Ist der Chronometer
aufgezogen, mit einem neuen Papier versehen und wieder verschlossen, so kann er dem
Nachtwächter anvertraut werden. Die Zeit wird durch die Ziffer angezeigt, welche man
durch die mit einer Glasscheibe bedeckte Oeffnung d
sieht. Kommt der Wächter zur ersten Station, so faßt er das Instrument an dem
Handgriffe C, C, wobei er die runde Oeffnung d nach Unten richtet und den länglichen Spalt e, der mit einem Kautschukrande versehen ist, nach Oben.
Er steckt dann den Apparat in die gußeiserne Büchse, indem er Sorge trägt, daß die
Stifte f, f, welche an dem Rande des
Chronometer-Gehäuses vorstehen, auf die Einschnitte g,
g treffen, die an dem Rande der Büchse Fig. 13 angebracht sind.
Er drückt nun den Chronometer gegen den Boden der Büchse, damit der Stempel a sich auf das papierene Zifferblatt aufdrückt, unter
welches man, was noch zu erwähnen ist, vorher schon ein Abklatsch- oder
Schwärzpapier gelegt hat.
Bei jeder Station wird dasselbe Manöver wiederholt. Am Ende eines Umganges ist das
ganze Wort, über welches man sich geeinigt hat, aufgedruckt, wie dieß Fig. 17 durch
das Wort indispensable zeigt, welches 13 Stationen
repräsentirt. So viele Umgänge in den Localen der Wächter gemacht hat, so oftmal
findet sich auch dasselbe Wort wieder aufgedruckt.
Die Buchstaben liegen nicht in einer Linie, wenn das Begehen der Stationen nicht in
der Reihenfolge vorgenommen wurde, welche man gewünscht und dem Wächter angegeben
hat.
Die Controluhr von Collin kostet 100 Francs und jede
Büchse oder Kapsel mit ihrem Stempel 12 Francs; bei 12 Stationen wird also die
Station ungefähr auf 20 Francs zu stehen kommen.