Titel: Anwendung der Photographie zur Reproducirung von Insectensammlungen; Verfahren von Dr. Sabatier.
Fundstelle: Band 158, Jahrgang 1860, Nr. XCVI., S. 356
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XCVI. Anwendung der Photographie zur Reproducirung von Insectensammlungen; Verfahren von Dr. Sabatier. Aus dem photographischen Archiv, 1860 S. 222. Anwendung der Photographie zur Reproducirung von Insectensammlungen. Der Entomolog Dr. Sabatier hat die Photographie zur Reproducirung seiner Insectensammlungen angewendet und zu diesem Zweck folgendes Verfahren ermittelt. Nachdem man auf Glas ein negatives Bild erhalten hat, hält man mit Entwickeln ein und wandelt das Bild in ein Positiv um. Diese Umwandlung gründet sich auf die Eigenschaft des salpetersauren Silberoxyds, mit den verschiedenen Hervorrufungsagentien zwei Verbindungen von verschiedener Farbe zu bilden. Die eine setzt sich auf den weißen Stellen des Bildes an und macht daraus ein Negativ; die andere setzt sich auf den schwarzen Partien an und bildet ein Positiv oder Amphipositiv. Man bedeckt die Glasplatte mit einer Schicht von Normalcollodium 120 Grm. Jodcadmium     1 Grm. Bromcadmium     0,25 Grm. Silberbad: destillirtes Wasser 100 Grm. geschmolzenes salpetersaures Silber     6 Grm. Aether und Alkohol, 5 bis 6 Tropfen von jedem. Das geschmolzene salpetersaure Silber wird anstatt des krystallisirten angewendet, um jede Spur von Salpetersäure zu vermeiden, welche die Operation fehlschlagen lassen würde. Obgleich die Belichtungszeit in der camera dieselbe seyn kann, wie für Negative (man kann hiernach die Entwickelung richten), so ist es doch vortheilhaft sie abzukürzen. Mit einem Objectiv von sehr kurzer Brennweite und Blendung von 5 Millimeter Oeffnung exponirt man eine bis 4 Minuten. Mit den gewöhnlichen Objectiven und Blenden dauert die Belichtungszeit für Portraits nur einige Secunden. War die Belichtung von zu langer Dauer, so hält man früher mit Entwickelung des Negativs auf. Entwickler: destillirtes Wasser 200 Grm. Pyrogallussäure     0,25 Grm. Eisessigsäure     2 Grm. Die Flüssigkeit zum Umwandeln des Negativs in ein Positiv besteht aus 100 Grm. destillirtem Wasser und     4 Grm. salpetersaurem Silber. Man fixirt mit einem 15 procentigen Bade von unterschwefligsaurem Natron – fünf Minuten genügen in einem frischen Bade, fünfzehn in einem alten. Bis auf das Hervorrufen sind die Manipulationen dieselben wie bei den gewöhnlichen Methoden. Nach der Belichtung gießt man die Hervorrufungsflüssigkeit auf die Platte, wo sie mehr oder weniger lange bleibt, je nach dem Effect, den man erreichen will, oder der Feinheit der Details, die zu reproduciren sind. Man wascht die Platte unter einem Strahl des Wirten oder filtrirten Wassers. Dieß muß sehr rasch geschehen, denn das Negativ fährt fort, sich zu entwickeln. Man läßt die Platte gut abtropfen und gießt dann eine kleine Menge der Umwandlungsflüssigkeit darauf; nach kurzer Zeit bedeckt man das Negativ von Neuem mit Pyrogallussäure. Etwa zehn Secunden darauf entwickelt sich das Positiv langsam mit der größten Bestimmtheit. Man wascht dann reichlich mit Wasser ab, fixirt und verbessert den Ton durch ein Goldbad. Dr. Sabatier sandte mir mit seiner Mittheilung eine Anzahl sehr gut gelungener Bilder. Die Zartheit der Zeichnung ist außerordentlich und zeigt sogar die unbemerkbaren Haare der dargestellten Insecten. Unter der Loupe erscheinen bei diesen kleinen Bildern sehr interessante Details. Die Bilder haben zudem eine sehr zufriedenstellende Kraft. Ich glaube, daß diese Methode sehr große Dienste leisten würde, wenn man sie zur Mikrophotographie anwendete. Paris, im November 1860. E. Lacan.