Titel: Directe Bestimmung des Eisens in Gußeisen, Stahl und Stabeisen; von Dr. Fr. Mohr.
Autor: Dr. Karl Friedrich Mohr [GND]
Fundstelle: Band 159, Jahrgang 1861, Nr. XXXIV., S. 124
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XXXIV. Directe Bestimmung des Eisens in Gußeisen, Stahl und Stabeisen; von Dr. Fr. Mohr. Mohr, über directe Bestimmung des Eisens in Gußeisen, Stahl und Stabeisen. Zur genauen Bestimmung des Eisens in den obengenannten Stoffen kann das gewöhnliche Titrirverfahren nicht angewendet werden, weil die dabei angewandten Flüssigkeiten zu concentrirt sind, und das Ablesen an der Bürette nicht scharf genug geschehen kann. Man kann hier mit großem Nutzen die von Gay-Lussac beim Silber eingeführte Methode der constanten Mengen in Anwendung bringen. Beim gewöhnlichen Titrirverfahren werden wohl constante Mengen der rohen Substanz, von Gay-Lussac constante Mengen der zu bestimmenden Substanz angewendet. Das Wesentliche des Verfahrens besteht darin, daß die Probe in wandelbaren Mengen abgewogen wird, die etwas mehr als 1 Grm. der zu bestimmenden Substanz enthalten, daß aus dieser Flüssigkeit durch Hinzufügen von 100 K. C. einer titrirten Lösung 1 Grm. der zu bestimmenden Substanz weggeschafft, und nun der Rest durch sehr verdünnte Flüssigkeiten ausgemessen wird. Um dieß zu können, muß man den Gehalt der Substanz an dem zu bestimmenden Köper schon voraus annähernd kennen, oder durch eine sogenannte Annäherungsanalyse mittelst des gewöhnlichen Titrirverfahrens ermitteln. Bei dem metallischen Eisen ist nun der Gehalt an reinem Eisen nicht so weit auseinander liegend wie bei den Silberlegirungen, und man kann dadurch die Annäherungsanalyse gewöhnlich übergehen. Es wird vorausgesetzt, daß man das Eisenoxydul durch doppelt-chromsaures Kali und Betupfung eines Tropfen Kaliumeisencyanidlösung, bis diese keine blaue Farbe mehr gibt, bestimmen wolle. Ich ziehe diese Methode der Bestimmung durch Chamäleonflüssigkeit vor, weil die Flüssigkeiten absolut haltbar sind, also keiner neuen Titerstellung bedürfen. Die zu dieser Analyse nöthigen Mengen Substanz ergeben sich aus der folgenden Betrachtung. Das Atomgewicht des Chroms zu 26,24 hat sich durch Versuche als dem des Eisens zu 28 vollkommen äquivalent herausgestellt. Darnach ist das doppelt-chromsaure Kali = 147,59, und da dieses 3 At. Sauerstoff abgibt, so ist 1/3 davon hinreichend 2 At. Eisenoxydul zu oxydiren. Es ist demnach 56 Eisen = 49,196 doppelt-chromsauren Kalis; folglich 1 Grm. Eisen = 0,8785 Grm. doppelt-chromsauren Kalis, welche es zu seiner Oxydation bedarf. Man bereitet sich demnach eine Flüssigkeit, welche 8,785 Grm. reines doppelt-chromsaures Kali zu 1 Liter gelöst enthält. Diese Lösung würde die normale heißen. Mißt man 100 K. C. derselben in eine Literflasche, und verdünnt dieselben zu 1 Liter, so hat man die Zehntel-Lösung des doppelt-chromsauren Kalis. Von der normalen ist 1 K. C. = 0,010 Grm. Eisen von der Zehntellösung ist 1 K. C. = 0,001 und da man an der Bürette Zehntel Kub. Centimet. ablesen kann, so gienge die Schärfe bis auf 1 Zehntel Milligrm. Man kann nun in Zweierlei Weise verfahren. 1) Man wiege eine bezüglich auf den Kohlenstoffgehalt etwas höhere Probe von 1,030 bis 1,060 Grm. ab, löse sie in einer weiten und etwas langen (20 Millimet. auf 200 Millimet.), schief eingeklemmten Glasröhre in destillirter Schwefelsäure und Wasser auf, bis die zuletzt schwimmenden und weiß schäumenden Eisenpartikelchen gänzlich verschwunden sind. Die Auflösung von Gußeisen und gröberen Stückchen Stahl ist eine sehr langweilige Arbeit, die Stunden in Anspruch nimmt. Man verkleinere also im Stahlmörser so viel man kann und gebe das grobe Pulver durch ein reines Messingsieb. Ein einziges grobes Stückchen verlängert die Zeit der Auflösung oft um eine Stunde. Den Inhalt der Glasröhre gieße man vorsichtig in ein Becherglas ab, und sehe nach ob Alles gelöst sey, und nach Befund bringe man etwas frische Schwefelsäure in die Röhre und vollende die Lösung. Zu der Eisenlösung läßt man sogleich 100 K. C. der Normallösung hinzufließen. Es ist nun 1 Grm. höher oxydirt. Man bringe die Flüssigkeit unter die Bürette und vollende die Oxydation mit Zehntellösung, bis der Kaliumeisencyanid-Tropfen damit keine blaue Färbung mehr erzeugt. Hätte man die Probe zu klein genommen, so wäre chromsaures Kali im Ueberschuß. Man kann die Probe dennoch in die Ordnung bringen, wenn man gewogene Mengen schwefelsaures Eisenoxydul-Ammoniak zusetzt; und da dieses Salz genau 1/7 Eisen enthält, so wiege man 0,070 Grm. desselben oder 0,140 Grm. ab, welche = 0,010 oder 0,020 Grm. Eisen sind, und nachher abgezogen werden. Es war ein feiner Eisendraht zu untersuchen. Unter der Voraussetzung daß er mindestens 98 Proc. Eisen enthalte, wurde die Probe nach der Proportion 98 : 1,00 = 1,00 : 1,02 zu 1,02 Grm. abgewogen. Nach der Lösung wurden 15,3 K. C. Zehntel-Chromsaures Kali verbraucht. Diese sind = 15,3 Milligr. Eisen. Die Probe war unter der Voraussetzung von 98 Proc. oder 980 Milligr. abgewogen; es sind also darin enthalten 0,980 0,0153 –––––––––– zusammen 0,9953 Grm. Eisen oder 99,53 Procente. Gußstahl von Krupp aus der Kanonengießerei zu Spandau wurden 1,02 Grm. (98 Proc. angenommen) abgewogen und 8,5 K. C. Zehntellösung verbraucht. Es sind also    0,98 + 0,0085 –––––––––    0,9885 Grm. = 98,85 Proc. Eisen darin enthalten. 2) Ein anderes etwas einfacheres Verfahren führt sich in der folgenden Weise aus. Bei der ersten Methode ist das muthmaßliche Schätzen und Berechnen der Probe nicht angenehm. Man nehme deßhalb unter allen Umständen 1 Grm. Eisen, und setze 100 K. C. der normalen Chromlösung hinzu, so ist nun in jedem Falle chromsaures Kali im Ueberschuß, und dieses bestimmt man mit einer Zehnteleisenlösung. Löst man 7 Grm. schwefelsaures Eisenoxydul-Ammoniak (oder 3,5 Grm. zu 500 K. C., weil man keinen Vorrath haben will), in einer Literflasche, versetzt stark mit destillirter Schwefelsäure und füllt nun zu 1 Liter an, so hat man eine Flüssigkeit, von der jeder K. C. 1 Milligramm Eisen enthält. Mit dieser Flüssigkeit mißt man das überschüssige chromsaure Kali, wobei natürlich die Reaction die umgekehrte ist, und das Eintreten der blauen Farbe das Ende der Operation anzeigt. Die zugesetzten K. C. Zehnteleisenlösung sind Milligramme Eisen, die man von 1,000 einfach abzieht. 1 Grm. von dem obigen Eisendraht in Schwefelsäure gelöst, mit 100 K. C. Normallösung versetzt, erforderte 5,4 K. C. Zehnteleisenlösung. Es sind also    1,000 – 0,0054 –––––––––    0,9946 Grm. = 99,46 Proc. Eisen darin enthalten. Bei einer Wiederholung wurden 5,2 K. C. Zehnteleisenlösung verbraucht; dieß gibt 99,48 Proc. Eisen. 1 Grm. von dem Gußstahldrehspan der Spandauer Kanonengießerei erforderte 11,6 K. C. Zehnteleisenlösung, also    1,000 – 0,0116 ––––––––––– = 0,9884 Grm. = 98,84 Proc. Eisen. 1 Grm. weißes Spiegeleisen erhielt 107,2 K. C. Eisenlösung, also    1,000 – 0,1072 ––––––––––    0,8928 Grm. = 89,28 Proc. Eisen.