Titel: Stutzuhr von French in London; beschrieben von G. Hertz.
Autor: Hertz
Fundstelle: Band 159, Jahrgang 1861, Nr. XLV., S. 168
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XLV. Stutzuhr von French in London; beschrieben von G. Hertz. Mit Abbildungen auf Tab. III. Hertz, über French's Stutzuhr. Die Uhr, welche ich hier beschreiben will, ist eine sogenannte Stutzuhr, welche Stunden, Minuten und Secunden zeigt, bei der aber nicht die gleichmäßigen Schwingungen eines Pendels das Regulirende sind, sondern die gleichen Zeiträume, welche eine frei auf eine schiefe Ebene gelegte stählerne Kugel braucht, um gleiche Wege auf derselben zurückzulegen. Die große Genauigkeit, welche durch Pendeluhren zu erreichen ist, und selbst bei einer mäßig genau gearbeiteten erreicht wird – könnte es auf den ersten Blick als etwas Ueberflüssiges erscheinen lassen, wenn ich hier die Beschreibung eines neuen Zeitmessers gebe; aber der Gedanke, dazu, die Zeit zu benutzen, in welcher eine frei auf geneigter Fläche liegende Ebene einen bestimmten Weg zurücklegt, ist an sich ein so origineller und hier so durchdacht und mit so vielem Scharfsinn zur Ausführung gebracht, daß diese Uhr der größten Beachtung werth ist. Indem ich zur Beschreibung der einzelnen Theile dieser Uhr übergehe, bemerke ich, daß die Zeichnungen in der halben natürlichen Größe ausgeführt sind; nur Fig. 13 ist in ganzer Größe gezeichnet. Gleiche Theile sind in allen Figuren mit denselben Buchstaben bezeichnet. Das Gestell, Fig. 8 in der Vorderansicht gegeben, besteht aus einer messingenen, quadratischen Platte A von 10 Zoll. Sie steht auf den vier Kugeln B, welche mit den vier Säulen C, der auf denselben ruhenden Platte D und den darüber angebrachten Verzierungen E fest verschraubt sind. Auf diesem Gestell, und zwar in der Mitte, gleich weit von vorn wie von hinten entfernt, ruht die eigentliche Uhr, an der F das Zifferblatt für die Stunden, G das für die Minuten, und H das für die Secunden ist. Fig. 9 zeigt das Räderwerk von der Hinterseite aus gesehen. I ist das Federhaus. Es steht durch die Kette mit K dem Schneckenrade von 84 Zähnen in Verbindung. L das Stundenrad mit 30er Trieb und einem 48zähnigen Wechselrade, trägt auf dem durch die Platinen hin verlängerten Zapfen den Stundenzeiger. M das Beisatzrad, hat einen 48er Trieb und 96 Zähne. N das Minutenrad, hat 100 Zähne und einen Achtertrieb, und trägt auf dem verlängerten Zapfen den Minutenzeiger. O ist ein Beisatzrad von 96 Zähnen mit einem Zehnertriebe. P ist das Secundenrad. Es hat einen 16er Trieb und am anderen Ende eine Scheibe, welche an den beiden um 180° von einander entfernten Enden zwei in die Höhe des Rades eingetriebene Stifte P' trägt. Es trägt auch den Secundenzeiger. Q ist eine in Zapfen liegende Welle (siehe auch Fig. 8). Sie trägt rechts und links die nach Unten gehenden messingenen Arme Q' und rechts den nach Oben gehenden stählernen Q². Fig. 10 zeigt diese Welle von der Seite in ihrer Stellung zum Secundenrade P. R ist eine Stellschraube, durch welche der Arm Q² so gestellt werden kann, daß der Stift P' des Secundenrades oben nur ganz knapp auf dem äußersten Ende des hakenförmig gebogenen Armes Q² aufliegt. Die Uhr geht 16 1/2 Tage. Fig. 11 zeigt das Excentric. Auf der Platte a gleitet zwischen den beiden aufgeschraubten Stücken b der Schieber c. Mittelst der Schraube d, welche einen vierkantigen Kopf hat, kann er auf- und abgeführt werden. Er hat ferner den eingeschraubten Stift e, auf welchem sich die Leitstange f frei herumbewegen kann (siehe auch Fig. 8 und 9). Mit dem an der Platte a befestigten Putzen g, welcher ein viereckiges Loch hat, ist das Excentric auf den verlängerten, vierkantig angefeilten Zapfen des Secundenrades gesteckt, wie es auch in Fig. 9 zu sehen ist. Fig. 12 zeigt die Platte der schiefen Ebene (s. Fig. 8 und 9) von Oben gesehen. h ist ein aufgeschraubtes Stück mit einem Stift, auf welchen das andere Ende der Leitstange f aufgeschoben ist und sich frei darauf bewegen kann. Fig. 13 zeigt dieselbe Platte nach dem Durchschnitt i, i; Fig. 14 zeigt dieselbe nach dem Durchschnitt k, k. Bei genauer Ansicht dieser drei Figuren überzeugt man sich leicht, daß diese Platte zusammengesetzt ist: 1) aus der unteren Platte l, die nur an der Stelle m, so weit die Schraffirung geht, durchbrochen ist; 2) aus der darüber liegenden Platte n, mit ihren 16 durchbrochenen Furchen o; 3) aus den beiden überstehenden, mit halbkreisförmigen Ausschnitten versehenen Schienen p. Alle drei Theile sind mittelst der Schrauben q mit einander verbunden. r ist eine frei aufliegende Stahlkugel von 7 Millimeter Durchmesser, welche aber, sowie die obere Fläche der vorerwähnten Flächen mit ihren Einschnitten oder Furchen, aufs beste polirt seyn muß. Die ganze Platte oder schiefe Ebene, Fig. 12, ist auf den Stab s, Fig. 12 und 14 aufgeschraubt, an dessen Enden zwei Stahlschneiden t hervorsehen (s. Fig. 12 und 14), wie am Waagebalken einer Waage, mit welchen die ganze Ebene wie in einem Pfannenlager in der Oeffnung u des in Fig. 8 auf A aufgeschraubten Bügels v (von denen hier natürlich nur der vordere zu sehen ist) aufliegt. Der Mechanismus der Uhr wirkt nun so: Die gespannte Feder des Federhauses äußert ihr Kraft auf alle Räder abwärts und bewegt das Secundenrad P in der durch den Pfeil angedeuteten Richtung herum, bis der eine der beiden Stifte P' auf dem Ende des Hebelarms Q² aufliegt. Dadurch kommt der Zeiger entweder auf 60 oder auf 30 zu stehen. Nehmen wir an, er stehe auf 60, so steht das Excentric so wie in Fig. 11, also unterhalb des Rad-Mittelpunktes und die schiefe Ebene in der Fig. 8 angegebenen Stellung. Sobald der untere Theil eines der beiden Hebelarme Q¹ nur um ein Geringes nach Hinten hin bewegt wird, bewegt sich der obere Arm nach Vorn, d.h. vom Rade ab. Der Stift P' des Rades P hat jetzt seine Hemmung verloren; das Rad ist ausgelöst, und läuft nun, vom Werk getrieben, in der durch den Pfeil angegebenen Richtung weiter, gerade um 180°, wo dann der andere Stift P' seine Hemmung findet am Haken des Hebel Q², der durch die Schwere des nach Unten gehenden Armes Q¹, die noch durch eine kleine Feder unterstützt wird, gleich nach der Auslösung wieder gegen das Rad hin gedrückt worden war. Der Secundenzeiger hat nun auch das halbe Zifferblatt durchlaufen und steht auf 30. Zugleich hat das Excentric die ganze Platte mit in die Höhe genommen, die jetzt so steht wie in Fig. 8 die punktirte Linie zeigt, oder wie in Fig. 9, wo sie von der hinteren Seite aus gesehen ist. Es bleibt nur noch zu zeigen, wodurch jedesmal regelmäßig nach einer halben Minute der Hebel Q' angestoßen und das Werk dadurch ausgelöst wird. Es geschieht durch eine kleine, aufs höchste polirte Stahlkugel r von 7 Millimeter Durchmesser. Eine solche Kugel braucht, um eine der Furchen O bei Neigung der Platte von 9°, wie sie hier in Fig. 8 angegeben ist, hinabzulaufen, zwei Secunden. Kommt sie mit der auf diesem Lauf erlangten Endgeschwindigkeit an einem der halbkreisförmigen, über der Ebene der Furchen so weit hervorragenden Ausschnitte p (Fig. 12 und 13) daß sie die Kugel gerade um die Mitte umfassen, an, so wird sie dadurch von ihrer Bahn abgelenkt, und über die Scheide zwischen einer Furche und der anderen hinweggehoben. Sobald das aber geschehen, fällt sie auf die nächste, nach der entgegengesetzten Seite zu geneigte Furche, welche sie nun wieder wie die erste Furche mit der für dieselbe Neigung sich ergebenden Anfangsgeschwindigkeit zu durchlaufen beginnt, und kommt wieder nach zwei Secunden am andern Ende an. Die Kugel muß also auch jedesmal nach Verlauf von zwei Secunden eine der kleinen Oeffnungen oder Thore passiren, welche im Stege W, Fig. 8, 9, 12, 13 zu sehen sind. Ueber diesen Thoren sind im Stege kleine quadratische Oeffnungen, hinter welchen man Fig. 8 die Zahlenreihe 2, 4, 6 bis 28 sieht. Die Schiene, auf der diese Zahlen stehen, läuft auf Leitrollen, wie man es Fig. 9 sehen kann. Durch dieses passiren der kleinen Thore ist ein Maaß gegeben zum Abmessen der Zeit, während welcher das Werk stillsteht, und mit ihm auch alle Zeiger: also immer zwischen den vollen und zwischen den halben Minuten, und umgekehrt. Ein Blick auf Fig. 8 wird dieß erläutern. Hier liegt die Kugel auf der Furche unter der Zahl 18. Auf den Zifferblättern steht der Stundenzeiger zwischen 10 und 11; der Minutenzeiger auf 60. Das ist: 10 Uhr 15 Min. Noch genauer aber ergibt sich die Zeit durch die unter der Zahl 18 liegende Kugel: es ist jetzt genau 10 Uhr 15 Min. 18 Sec. Hat die Kugel alle ganzen Furchen durchlaufen, so kommt sie an die halben, und stößt am Ende derselben auf den hier durch die Platte hindurchgehenden Hebelarm Q¹, wodurch das Werk ausgelöst wird und um eine halbe Minute fortgeht. Dabei nimmt das Rad P das Excentric, welches bis jetzt unter dem Mittelpunkt desselben stand, herum, daß es jetzt darüber steht wie in Fig. 9, wodurch dann auch die Platte in die andere Lage gebracht ist (Fig. 9 und Fig. 8 in der punktirten Stellung). Bei diesem Umkehren schiebt sich die hinter dem Stege befindliche Zahlenplatte Fig. 9 so weit nach rechts, als ihr das der in einem Einschnitt angebrachte Stift z gestattet, das ist, um die halbe Entfernung von einer der vorher sichtbaren Zahlen bis zur folgenden, z.B. um die halbe Entfernung von 2–4. Dadurch werden die bis jetzt sichtbar gewesenen Zahlen 2, 4, 6, 8, 10, 12, 14, 16, 18, 20, 22, 24, 26, 28 verdeckt, und an ihrer Stelle erscheinen 58, 56, 54, 52, 50, 48, 46, 44, 42, 40, 38, 36, 34, 20, welche zwischen der obigen Reihe auf dem Schieber, – bis dahin verdeckt – stehen. Die Kugel hatte unmittelbar, nachdem sie den Hebel angestoßen, von diesem beim Zurückgehen in seine frühere Lage einen Gegenstoß erhalten, und da zu gleicher Zeit dieser niedrigste Punkt der Platte oder schiefen Ebene durch ihre Drehung um die Schneide t zum höchsten geworden ist, so läuft sie auch natürlich wieder die ganze Ebene im umgekehrten Sinne durch, zeigt beim passiren durch die kleinen Thore an, wenn es 32, 36 Sec. u.s.w. ist, bis sie zuletzt, 2 Secunden nach dem Anzeigen der 58. Secunde, auf der anderen Seite gegen den Hebel Q¹ anläuft und dadurch wieder Auslösung und Fortrücken des Werkes bewirkt. So glaube ich klar gemacht zu haben, daß und warum diese Auslösung jedesmal genau nach einer halben Minute erfolgt und erfolgen muß. Ein Blick auf Fig. 9 und 10 macht es auch klar, daß, wenn man die Schraube d, Fig. 11, des Excentric anzieht, die Entfernung vom Mittelpunkt des Rades P größer und die Neigung der schiefen Ebene dadurch eine stärkere wird, die Kugel muß also schneller laufen und die Uhr vorgehen. Ebenso bewirkt ein Nachlassen der Schraube eine flachere Stellung der schiefen Ebene und ein langsames Gehen der Uhr. Es ist jetzt noch der Grund anzugeben, weßhalb die beiden kürzeren Furchen rechts und links nicht parallel mit den übrigen, sondern unter einem größeren Winkel abgehen. Die beiden Hebel Q¹ gehen nicht gerade in der Mitte, sondern etwa einen Zoll dahinter durch die Platte hindurch (Fig. 12). Der Weg vom letzten Kreisausschnitt bis zum Hebel, und von da zurück bis wieder zum Kreisausschnitt, zusammengenommen, ist also weniger als eine ganze Furche, soll aber doch in zwei Secunden von der Kugel zurückgelegt werden, wobei noch mit in Rechnung zu bringen ist, daß das Fortlaufen des Werks um eine halbe Minute, während dessen die Umkehr der schiefen Ebene stattfindet, doch auch eine Zeit, wenn auch nur eine geringe, erfordert. Dazu kommt noch, daß die Fallgeschwindigkeit für den ersten Theil einer Furche geringer ist als für den letzten. Alle diese drei Verluste an Zeit müssen eingebracht werden, und das geschieht eben dadurch, daß die Bahn der kürzeren Furchen schräger gelegt ist als die der längeren, was auch noch den Vortheil hat, daß dadurch die Kugel mit größerer Gewalt gegen den Hebel Q¹ anläuft, was unbedingt nothwendig ist, um die Auslösung des Werks zu bewirken. Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, daß die ganze Uhr nur gehen kann, wenn sie vollkommen waagerecht aufgestellt ist. Das wird dadurch erreicht, daß auf die Platte A, Fig. 8, hinter dem Bügel v eine Röhrenlibelle y befestigt ist, und der Untersatz auf dem die Uhr steht, auf drei messingenen Kugeln steht, eine vorn in der Mitte, die beiden anderen rechts und links hinten. Sie haben Schraubengewinde, durch welche sie den Untersatz heben und senken können. Durch die beiden hinteren Schrauben und durch die Libelle kann nun die Uhr horizontal in der Richtung von links nach rechts gestellt werden. Ob sie aber in der Richtung von Vorn nach Hinten horizontal steht, das zeigt die Kugel, wenn sie mit gleicher Kraft und Schnelligkeit gegen die vorderen und gegen die hinteren kreisförmigen Ausschnitte anläuft. Und das zu reguliren, dazu dient die vorn unter der Mitte des Untersatzes angebrachte Kugel.

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