Titel: | Ueber Mandet's Glycerinschlichte, welche das Musselinweben in trockenen und gut gelüfteten Räumen gestattet; Bericht von Duchesne. |
Fundstelle: | Band 159, Jahrgang 1861, Nr. LXII., S. 233 |
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LXII.
Ueber Mandet's Glycerinschlichte, welche das Musselinweben
in trockenen und gut gelüfteten Räumen gestattet; Bericht von Duchesne.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, November 1860, S. 649.
Duchesne, über Mandet's Glycerinschlichte.
Darstellung der neuen Schlichte. – Der Apotheker
Mandet zu Tarare in Frankreich hat schon im Jahr 1844
eine Schlichte erfunden, bei deren Anwendung die Musselinweber für ihre Arbeit nicht
mehr wie bisher auf die feuchten, der Gesundheit nachtheiligen Keller- und
Erdgeschosse angewiesen sind, sondern dieselbe in trockenen, sehr hellen und gut
gelüfteten großen Räumen in den höchsten Stockwerken der Häuser verrichten können.
Die sogenannte Glycerinschlichte (glycérocolle)
ist eine flüssige Composition, welche der Weber seiner gewöhnlichen Schlichte (einer
Auflösung von thierischem Leim in Wasser) zusetzt.
Zur Bereitung der Glycerinschlichte nimmt man:
weißes lösliches Dextrin
500 Gramme
blondes Glycerin von 28° Baumé
1 Kil.
200 „
schwefelsaure Thonerde
100 „
Flußwasser
3 Kil.
Das Wasser wird zum Kochen erhitzt und dann das Dextrin nach und nach eingetragen;
nachdem das Kochen hernach noch einige Minuten fortgesetzt worden ist, nimmt man die Flüssigkeit vom
Feuer, um darin die schwefelsaure Thonerde aufzulösen und ihr das Glycerin
beizumischen. Nach dem Erkalten füllt man sie in Flaschen und bewahrt sie zum
Gebrauch auf. 150 Gramme von diesem Präparat, welchen man 250 Grm. Leim, die vorher
in 3 Litern Wasser aufgelöst wurden, beifügt, sind ausreichend um 100 Meter Musselin
in den oberen Stockwerken eines Hauses und in jeder Jahreszeit zu weben. Die
gewöhnliche Schlichte der Musselinweber zu Tarare besteht aus der erwähnten
Leimauflösung.
Vorbereitung des Gespinnstes für das Musselinweben.
– Die bisher zu diesem Zweck angewandte Behandlung des Baumwollengespinnstes
hat Mandet mit Vortheil durch das folgende Verfahren
ersetzt, welches von der Glycerinschlichte unabhängig ist.
Es handelt sich darum, der Baumwolle das von ihr zurückgehaltene Oel zu entziehen,
mit Ersparniß an Zeit sowohl als Kosten, und ohne den Faden durch wiederholtes
Auswinden zu schwächen.
Der Fabrikant, welcher von der Spinnerei das Garn als Kötzer erhält, schreitet zuerst
zum Kettenscheren; die Ketten werden hernach auf Rahmen in einen fest verschlossenen
Kasten gebracht, in welchen man feuchten Dampf unter einem gewissen Druck einströmen
läßt. Nach Verlauf von beiläufig einer Stunde nimmt man die Baumwolle heraus, um sie
noch warm in eine kochende Schlichte zu tauchen, welche per Liter Flußwasser 150 Gramme lösliches Dextrin und 4 Gramme Aetznatron
enthält; nach halbstündigem Kochen ist das in der Baumwolle enthaltene Oel
vollständig verseift. Man nimmt nun die Ketten heraus und passirt sie durch das
abgerundete Loch einer metallenen Ziehbank, welches nur die hinreichende Menge
Schlichte zurückläßt und diese gleichförmig in der ganzen Länge der Fäden vertheilt.
Nachdem diese Operation beendigt ist, muß man die Ketten sofort trocknen, indem man
sie über eine mit Dampf geheizte metallene Trommel passiren läßt und dabei die Fäden
von einander entfernt; dessenungeachtet muß das vollständige Austrocknen derselben
noch an freier Luft bewerkstelligt werden.
Die so vorbereitete Baumwolle kann zum Weben abgegeben werden; das von ihr
zurückgehaltene verseifte Oel, weit entfernt schädlich zu seyn, ertheilt den Fäden
eine Geschmeidigkeit, welche das Weben begünstigt und die Wirkung der
Glycerinschlichte kräftig unterstützt.