Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 159, Jahrgang 1861, Nr. , S. 75
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Miscellen. Miscellen. Ueber Lenoir's Gasmaschine. Hr. Dr. Wilhelm v. Schwarz in Paris hat im württembergischen Gewerbeblatt Nr. 49 vom 2. December 1860 einen Bericht über den gegenwärtigen Standpunkt der Lenoir'schen Gasmaschine erstattet, welchem wir Folgendes entnehmen: Lenoir ist zur Verbesserung und Vervollkommnung seiner Gasmaschine mit dem Maschinenfabrikanten Hyppolite Marinoni in Paris in Verbindung getreten, einem tüchtigen vielerfahrenen Praktiker von seltener Geduld und Ausdauer in Verfolgung selbstgesteckter Ziele. Seine vielseitigen und mühsamen, mit großen Opfern an Zeit und noch größeren an Geld ununterbrochen fortgesetzten Versuche haben endlich die vollständige und praktische Lösung des Problems in einer Weise gesichert, die jeden Zweifel entfernt. Marinoni hat nämlich seit vollen vier Wochen in seinen Maschinenwerkstätten (Rue de Vaugirard, Faubourg St. Germain, Nr. 67) Tag für Tag einen Gasmotor von 8 Pferdekräften im Gange, welcher seine sämmtlichen Hülfsmaschinen, als 1 Ventilator für 6 Schmiedefeuer, 10 Drehbänke, 3 Bohrmaschinen, 1 Hobelmaschine, 1 Lochmaschine und 2 Schleifsteine treibt. Der Verbrauch an Leuchtgas (6 Proc. Gas mit 94 Proc. atmosphärischer Luft) beträgt 800 Liter pro Stunde und pro Pferdekraft (1000 Liter = 1 Kubikmeter, der von der Pariser Gascompagnie zu 30 Centimes geliefert wird). Nebst diesem größeren Gasmotor hat Marinoni bereits 12 kleinere Gasmaschinen seiner neuen Construction von 1, 2, 3 und 4 Pferdekräften abgeliefert, worunter eine nach St. Petersburg, eine zweite nach Amsterdam und vier nach Madrid. 30 Motoren neuer Construction von 1/2 bis 4 Pferdekräften sind in den Marinoni'schen Werkstätten eben im Baue; 64 neue Bestellungen liegen vor. Von den in den Pariser Gewerben bis heute in Anwendung stehenden Gasmaschinen bietet die bei Hrn. Barvajel, einem Fabrikanten von Posamentirwaaren, besonderes Interesse, weil sie die großen Vorzüge und Vortheile der Erfindung für die Kleingewerbe und die Industrie in den Städten zur vollen Evidenz nachweist. Die Werkstätten des Hrn. Barvajel (rue St. Sauveur Nr. 22) liegen z.B. in einem der dichtbevölkertsten Stadttheile von Paris, in einem von 18 Wohnpartien, meist kleinen Gewerbsleuten, bewohnten Miethhause. Die Gasmaschine arbeitet ohne Lärmen und Geräusch (die Auszugsröhre der benützten Gase geht durch eine kleine Fensteröffnung auf die Straße) und ersetzt zwei Taglöhner, welche täglich während 10 Arbeitsstunden 2 große Treibräder zu drehen hatten, um eine Neihe von Garnweisen, Börtelstühle u. dgl. Maschinen in Bewegung zu setzen. Diese beiden Taglöhner wurden mit 6 Fr. pro Tag bezahlt; die Gasmaschine consumirt 8 Kubikmeter Gas in 10 Arbeitsstunden, welche 2 Fr. 40 Cent. kosten. Das Product der Arbeitsmaschinen hat sich überdieß seit Ersatz der Radtreiber durch die Gasmaschine, des gleichförmigeren und regelmäßigeren Ganges wegen, um 25 Proc., somit um ein Viertel pro Tag vermehrt. Hr. Barvajel schätzt daher heute schon die durch Einführung der Gasmaschine in seinem Geschäfte erzielte Ersparniß auf 6 Fr. pro Tag, somit auf 180 Fr. pro Monat, und er ist überzeugt, daß er die Anzahl seiner Arbeitsmaschinen nöthigenfalls verdoppeln könnte, ohne viel mehr Gas zu consumiren. Ein weiterer Gewinn, welchen Hr. Barvajel hervorhebt, besteht in der großen Raumersparniß, welche durch die Beseitigung der Treibräder erzielt wurde. Eine Lenoir'sche Gasmaschine nach der neuen Marinoni'schen Construction von 1/2 Pferdekraft nimmt nur 70 Kubikcentimeter Raum ein, und wiegt nur 100 Kilogr.; eine Maschine von 1 Pferdekraft wiegt 185 Kilogr. (mit allem Zubehör) und erfordert nur einen Raum von einem Kubikmeter. Die Gasmaschine erwärmt endlich nicht nur die Werkstätte des Hrn. Barvajel, sondern sie liefert täglich noch ohne weitere Auslagen 50 Liter warmes Wasser zu 50 bis 60° C. Nach der gegenwärtigen Construction Marinoni's genügt nämlich diese Quantität kalten Wassers vollkommen zur Abkühlung des Cylinders der Gasmaschine während 10 Stunden. Die Gesellschaft Lenoir (Société Lénoir et Comp.) garantirt für die Nutzleistung, die gute Ausführung und den guten Gang der gelieferten Gasmaschinen, und übernimmt unter diesen Bedingungen jede Bestellung auf Gasmaschinen von 1/2 bis 20 Pferdekräften; sie hat zu diesem Ende den nachstehenden Preis-Courant ausgegeben, und errichtet so eben mit Hrn. Marioni in der Avenue de Saxe eine eigene auf 250 Arbeiter berechnete Fabrik zur ausschließlichen Erzeugung der neuen Gasmaschinen. Preis-Courant. Kraft der Maschinen. Geliefert und aufgestelltin Paris. Geliefert und aufgestelltin den Departements. 1/2 Pferdekraft      900 Fr.  1,100 Fr.        1        „ 1,350  „ 1,500  „        2        „ 1,910  „ 2,110  „        3        „ 2,470  „ 2,670  „        4        „ 3,030  „ 3,230  „        6        „ 4,200  „ 4,500  „        8        „ 5,370  „ 5,720  „      10        „ 6,540  „ 6,940  „      12        „ 7,760  „ 8,110  „      15        „ 9,490  „ 9,990  „      20        „ 11,930  „   12,630  „   Neues Vorkommen von Wismuth. Nach dem Min. Journal, p. 120, ist auf der Atlasgrube der Süd-Devon-Eisen- und Bergbaugesellschaft in neuerer Zeit ein 3 Fuß mächtiger Gang aufgeschlossen worden, der durchweg mit einem weißen, metallischen Mineral durchsetzt war, welches dem Bleiglanze sehr ähnlich erschien. Nach der Untersuchung des Hrn. Harris besteht dasselbe aus metallischem Wismuth, welches ungefähr 1/16 der Gangmasse ausmacht. Da darnach in einem englischen Fathom etwa 1/2 Tonne enthalten ist und da ferner das Pfund Wismuth 5 Sh. oder 1 2/3 Thlr. kostet, so ist der Ertrag eines Fathoms 300 Pfd. Sterl. oder gegen 2000 Thlr. Der Gang wird gegenwärtig verfolgt und liefert fortwährend ein günstiges Resultat. Es liegt hier jedenfalls eine der interessantesten und werthvollsten Entdeckungen vor. (Wochenschrift des schlesichen Vereins für Berg- und Hüttenwesen, 1860.) Tarnowitzer Blei, specifisches Gewicht desselben. Von dem kgl. Artilleriedepot in Breslau waren ziemlich bedeutende Lieferungen von Blei anzunehmen, welches nach der gegebenen Instruction nicht allein weich und geschmeidig seyn, sondern auch ein spec. Gewicht von mindestens 11,20 zeigen sollte. Da in letzterer Beziehung Zweifel entstanden, wurde der Unterzeichnete aufgefordert, die specifischen Gewichtsbestimmungen bei verschiedenen Proben vorzunehmen. Das Blei war dazu theils direct von den Mulden abgehauen worden, theils war es nach der Vorschrift erst unter einer Talgdecke eingeschmolzen worden. Man hieb zu der Untersuchung, wo möglich aus der Mitte der Barre, mit Beil und Hartmeißel ein nahezu kubisches Stück heraus und bestimmte nun durch Abwiegen in der Luft und im Wasser auf die bekannte Weise das spec. Gewicht. Dasselbe ergab sich bei dem Mulden- und dem umgeschmolzenen Blei nahezu gleich. Die höchsten Zahlen, welche erhalten wurden, betrugen 11,37, die niedrigsten 11,34, die meisten im Mittel 11,35, so daß also eine nahezu vollkommene Uebereinstimmung erzielt und das zulässige Minimum bei Weitem überschritten wurde. Nach den Angaben des Lieferanten stammte das Blei aus Tarnowitz. Eine Analyse desselben vom Hrn. Hütteneleven Lobe nach maaßanalytischer Methode ausgeführt, ergab einen Gehalt von 99,75 Proc. reinem Blei. Dr. H. Schwarz. (Wochenschrift des schlesischen Vereins für Berg- und Hüttenwesen, 1860, Nr. 51.) Scheidung des Cadmiums vom Kupfer; von A. W. Hofmann. Das Schwefelcadmium löst sich mit der größten Leichtigkeit in siedender verdünnter Schwefelsäure, welche auf das Schwefelkupfer nicht die mindeste Wirkung hat. Wenn man eine Lösung, welche nicht mehr als 1 Milligramm Cadmium und 1000 Milligr. Kupfer enthält, mit Schwefelwasserstoff fällt und den schwarzen Niederschlag einige Augenblicke mit verdünnter Schwefelsäure (1 Theil concentrirte Säure und 5 Theile Wasser) zum Sieden erhitzt, so erhält man ein farbloses Filtrat, welches mit Schwefelwasserstoffwasser einen unzweideutigen Niederschlag von gelbem Schwefelcadmium liefert. (Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. CXV S. 286.) Ueber das Amalgamiren des Aluminiums; von C. Tissier. In einer der (französischen) Akademie der Wissenschaften mitgetheilten Notiz, welche in den Comptes rendus, Juli 1859, No. 1 (polytechn. Journal Bd. CLIII S. 195) veröffentlicht wurde, habe ich gezeigt, welchen außerordentlichen Einfluß das Amalgamiren auf das Aluminium hat; dasselbe wird dadurch ein wahrhaftes alkalisch-erdiges Metall, welches das Wasser augenblicklich mit Wärmeentwickelung und Erzeugung von Thonerde zersetzt. Ich habe diese Wirkung erklärt, indem ich sagte daß das Quecksilber die elektropositiven Eigenschaften des Aluminiums erhöht, diese Bemerkung wurde aber in den Comptes rendus a. a. O. weggelassen. (Comptes rendus, November 1860, Nr. 22.) Ueber den Pariser Edelstein Rubasse; vom Grafen F. G. von Schaffgotsch in Berlin. Bei Brahy in Paris, Boulevard des Italiens Nr. 38, war im Herbst 1856 und ist, wie ich höre, noch jetzt unter der Bezeichnung nouvelle pierre fine, dite Rubasse ein hellblutrother, zu mannichfachen Schmuckgegenständen verarbeiteter Stein zu kaufen. Eine aufmerksame Betrachtung desselben zeigt sogleich, daß seine Hauptmasse durchaus wasserhell ist und ihre schöne Färbung lediglich einer Anzahl äußerst dünner rother Streifen entlehnt, welche den sogenannten Edelstein gleichsam als eine durchsichtige, ins Innere verlegte Folie in vielen Richtungen und ganz regellos durchsetzen. Die Härte des Steins ist die des Quarzes. Es standen mir fünf derartige Steine zu Gebote; ich will sie mit A, B, C, D, E bezeichnen. A wog in der Luft 0,3202 Grm., in Wasser von 12°,3 Cel. 0,1995 Grm., also Gewichtsverlust = 0,1207 Grm. und Eigenschwere = 2,653 oder für 15° berechnet, = 2,654. B und C, beide gleich groß, wogen zusammen in der Luft 2,5836 Grm., in Wasser von 20°,5 über 1,6092 Grm.; mithin ist der Gewichtsverlust = 0,9744 Grm. und die Eigenschwere = 2,651 oder für 15° berechnet = 2,649. Diese, so wie die obige Zahl ist wenig verschieden von 2,652, der von mir in Uebereinstimmung mit Anderen für Quarz gefundenen Eigenschwere. Der Stein B, in Aetzammoniakflüssigkeit gelegt, gab während 48 Stunden seine Farbe vollständig ab; die rothe Lösung, auf einem Uhrglase im Wasserbade verdunstet, hinterließ ihren Farbstoff als einen unbeträchtlichen Flecken von lebhafter Farbe. Aehnlich verhielt sich der Stein C in reinem Wasser, doch wurde das Ende der Entfärbung hier nicht abgewartet. Der Stein D, an Gewicht 0,1678 Grm., wurde durch Erhitzen blaß lila, durch kurzes und schwaches Glühen grau, und wog jetzt 0,1676 Grm. Ferneres kurzes Rothglühen entfärbte ihn gänzlich ohne Gewichtsänderung. Der Stein E endlich, 0,0828 Grm. schwer, verhielt sich in der Rothgluth wie der vorige. Halbstündige Weißgluth machte ihn ohne Spur von Schmelzung undurchsichtig weiß und so mürbe, daß er unter einer Reibkeule von Achat sofort zu Pulver zerfiel. Von diesem Pulver wurden, nachdem es möglichst fein zerrieben worden, 0,0725 Grm. mit 0,9 Kubikcentim. rauchender Flußsäure übergossen. Nach 20stündiger Einwirkung ließ die Säure, langsam verdunstet, nur 0,0007 Grm. zurück. Aus der Gesammtheit dieser Versuche ergibt sich, daß der Pariser Edelstein ein rissiger und innerhalb der Risse mit einem rothen sehr ausgiebigen organischen Farbstoff, wahrscheinlich Carmin, getränkter Bergkrystall oder Quarz ist. Der Preis eines Steines, so groß wie B oder C, beträgt 12 Francs. (Böttger's polytechnisches Notizblatt, 1861, Nr. 1.) Verfahren zur Bestimmung der Phosphorsäure, von E. Davy. Trotz der übereinstimmenden Angaben der Chemiker, daß das aus einer essigsauren Lösung gefällte phosphorsaure Eisenoxyd wechselnde Mengen Phosphorsäure und Eisenoxyd enthalte, hat doch E. Davy darauf eine Titrirmethode gegründet, indem er behauptet, daß der Niederschlag constant aus Fe₂ O₃, PO₅ zusammengesetzt sey, wenn man nur so verfahre, wie er vorschreibt. (Philosophical Magazine, März 1860, S. 181.) Seine titrirte Eisenlösung bereitet er aus feinstem Clavierdraht durch Lösen in Salzsäure und Salpetersäure, schwaches Uebersättigen mit Ammoniak und Wiederauflösen des entstandenen Niederschlags in Essigsäure. Diese Lösung hält sich nach der Aussage des Verf. sehr lange Zeit und ist zum Ausfällen der Phosphorsäure sehr geeignet. Die Flüssigkeit, welche die Phosphorsäure – es sey vorausgesetzt in salzsaurer Lösung – enthält, wird mit Ammoniak gefällt (wenn Kalk etc. da sind) und der Niederschlag in Essigsäure wieder gelöst. Dann setzt man zu dieser Lösung die vorher erwähnte Eisenlösung bis zur Ausfällung des Phosphats. Das Merkmal für die vollendete Operation ist eine Probe auf Gallussäure, mit deren Lösung man ein Papier tränkt und wieder trocknet; über dieses wird ein Stück Filtrirpapier gelegt und auf dieses ein Tropfen der zu prüfenden Lösung gegeben, welcher hindurchfiltrirt, das Eisenphosphat oben läßt und dann in das Galluspapier eindringt. Hier macht er einen purpurblauen Flecken, wenn überschüssiges Eisensalz vorhanden ist. (Journal für praktische Chemie.) Stereochromischer Anstrich von Krankensälen; von Artmann. Man verfährt hierbei folgendermaßen: Auf den gewöhnlichen ersten groben Anwurf, der nur oberflächlich geebnet wird, kommt statt des gebräuchlichen feinen Verputzes ein solcher, der aus einer Mischung von 2 Theilen fein gesiebtem Sand und 1 Theil an der Luft zerfallenem Kalk mit einer Lösung von Doppelwasserglas (Natron-Kali-Wasserglas) angemacht wird. Von der Wasserglaslösung (von 10° Baumé) wird so viel genommen, als hinreicht, um das obige Gemenge in einen steifen Brei zu verwandeln, welcher möglichst bald aufgetragen und so glatt als möglich verrieben werden muß. Es ist wohl unnöthig zu erwähnen, daß dieser hydraulische Verputz auch mittelst Cement in der bekannten Weise hergestellt werden kann; nur müßte der Cement sehr gut seyn und es dürften auf 1 Theil Cement höchstens 2 Theile feiner Sand kommen. Ist der hydraulische Verputz hinreichend trocken, so werden die Wände gut geweißt und nach erfolgter Austrocknung zweimal mit einer Lösung von Doppelwasserglas (von 15° Baumé) in einem Zwischenraum von 24 Stunden überstrichen. Kann man billig Marmorstaub oder Dolomit bekommen, so ist es gut, die Hälfte des Kalkes bei der Zusammensetzung für den feinen Verputz durch diesen zu ersetzen. Sollten die Wände einzelner Localitäten gemalt werden, so müßten die Farben, von denen einzelne, wie: Berlinerblau, Chromgelb, Schweinfurter Grün u.s.w. ausgeschlossen sind, mit Wasserglaslösung angemacht und gut patronirt werden. Der Wasserglasüberzug wird am besten mit einer Spritze aufgetragen, welche mit einer beweglichen Brause versehen ist. Ein derartiger stereochromischer Anstrich verträgt sehr gut das Abwischen mit nassen Tüchern und hat außerdem das Gute, daß er das Eindringen von Feuchtigkeit verhindert. Den Kostenpunkt anbelangend, stellt sich der stereochromische Anstrich ohne Farben ungefähr drei- bis viermal höher als das gewöhnliche Weißen mit dem ordinären Verputz; erwägt man aber, daß seine Dauer nahezu die zehnfache jener des gewöhnlichen Weißens seyn dürfte, so zeigt es sich, daß derselbe, auch abgesehen von dem Vortheile in sanitätlicher Hinsicht, schon aus ökonomischen Gründen befürwortet werden kann. (Aus des Verfassers Werkchen: „über Ventilation“ 1860, bei C. Bellmann in Prag.) Aus Papiermasse geschöpfte Patronen für Feuerwaffen. Hr. Franz Wertheim in Wien hat eine interessante Mittheilung über neue Papierpatronen gemacht, welche im königlichen Arsenale in Woolwich bei London für den Armeebedarf verfertigt werden. Anstatt nämlich die Patrone erst aus Papier zu schneiden, dieses über eine Form zu biegen, zu gummiren oder zu kleistern, und so in die geeignete Form zu bringen, werden die Patronen dadurch in einer Manipulation schon in bestimmter Form aus der vorbereiteten Papiermasse selbst angefertigt. Ueber eine fein durchlöcherte kupferne Hülse, welche die Form der Patrone hat, ist ein Draht gewickelt oder Strumpf gestülpt, so daß beide die Verrichtung des Formgitters bei dem geschöpften Papiere versehen, indem sich die breiartige Papiermasse auf die Form ablagert, wenn man sie darauf bringt. Es ist leicht begreiflich, daß für den Fall, wenn auf einem Gestelle eine große Zahl solcher Formen bereit stehen und der Arbeiter die Papiermasse mit einem Löffel darauf schöpft, in kurzer Zeit eine große Menge Patronen fertig werden. Es handelt sich dann nur noch um das rasche Trocknen, und dazu dienen mit Ventilatoren versehene Apparate, in welche ein Gestell voll solcher Formen gebracht wird. Nach der Versicherung Wertheim's ist in wenigen Minuten die Trocknung einer in den Apparat gebrachten Parthie vollzogen und die auf den Drahtgeweben trocken aufsitzenden fertigen Patronen werden von Kindern abgehoben. Die Erzeugung dieser Art Patronen stellt sich weit billiger, indem nach diesem Verfahren mit denselben Arbeitern fünfmal mehr Patronen erzeugt werden können. Die Genauigkeit der Form und die Festigkeit der Patrone, weil sie ein Ganzes bildet, läßt nichts zu wünschen übrig. Wir sind überzeugt, daß diese Fabricationsweise der Papierpatronen bald große Verbreitung finden wird und auch auf ähnliche Hüllen, z.B. Schächtelchen für Zündhölzchen u.s.w. in Anwendung gebracht werden kann. (Stamm's illustrirte Zeitschrift, 1860 S. 377). Nachschrift. Die Anfertigung der Patronenhülsen im Arsenale zu Woolwich wurde schon im Jahrgang 1857 des polytechn. Journals Bd. CXLV S. 87, beschrieben, in der Abhandlung von Anderson „über die Anwendung von Maschinen bei der Anfertigung von Kriegsmaterial.“ Diese Fabrication der Patronen ist eine Anwendung der im J. 1852 von Brown und Macintosh gemachten Erfindung, Papiersäcke und Papiertrichter ohne Naht direct aus dem Papierzeuge anzufertigen (ohne das Papier vorher zu Bogen zu formen); man s. deren Patentbeschreibung im polytechn. Journal Bd. CXXVIII S. 189. Die Redact. d. p. J. Untersuchungen über das Blattgrün; von E. Fremy. Der Verf. hat nachgewiesen, daß das Blattgrün, gewöhnlich Chlorophyll genannt, keineswegs ein einfacher Farbstoff, sondern vielmehr, wie dieß schon ältere Beobachtungen von Berzelius vermuthen ließen, ein Gemisch oder eine Verbindung eines blauen und eines gelben Farbstoffes ist. Die Basen verwandeln das Blattgrün in eine schön gelbe, in Alkohol und Aether leicht lösliche Substanz. Durch Zusatz von Säuren und besonders von Salzsäure wird der ursprüngliche grüne Farbstoff wieder erzeugt. Auf diese Thatsachen gestützt, bereitete der Verf. ein inniges Gemenge von 2 Theilen Aether und 1 Theil verdünnter Salzsäure, um damit die beiden Elemente des Blattgrüns im Augenblick feiner Wiedererzeugung zu trennen. Nach Zusatz des vorhererwähnten gelben Stoffes und starkem Schütteln wurde die Säure schön blau, der Aether gelb gefärbt. Die beiden Farbstoffe waren somit getrennt und ihre Wiedervereinigung unmöglich. Bringt man dieselben, beide in Alkohol gelöst, zusammen, so wird augenblicklich der grüne Farbstoff wieder erzeugt. Dieselbe Trennung wurde mit unverändertem Blattgrün mit gleichem Erfolge bewirkt. Den gelben Farbstoff nennt der Verf. Phylloxanthin, den blauen Phyllocyanin. Letzterer ist unbeständiger als der gelbe. Er kann unter gewissen Einwirkungen seine Farbe verlieren und sie sodann wieder erlangen. In den jungen Schößlingen und blaßgelben Blättern ist kein Phyllocyanin vorhanden; es wird durch einen gelben Farbstoff ersetzt, den der Verf. Phylloxantheîn nennt und der durch Einwirkung von Säuredämpfen blau wird. Die gelben Blätter, welche im Herbst abfallen, enthalten bloß Phylloxanthin. (Comptes rendus, Februar 1860, Nr. 9.) Reaction der Molybdänsäure auf Curcuma. Nach Alex. Müller färbt sich Curcumapapier, das man in eine salzsaure Lösung von molybdänsaurem Ammoniak eintaucht, rothbraun, ähnlich wie in alkoholischer Lösung. Die Färbung tritt beim Eintrocknen noch deutlicher hervor. Obgleich die Färbung in ihrer Nüance verschieden ist von der durch Borsäure, kann sie doch zu Verwechslungen Veranlassung geben. (Journal für praktische Chemie.) Ueber die Zusammensetzung der Haut des Seidenwurms; von E. Peligot. Die Eigenschaften des Chitins, welche von denen der Proteinverbindungen so sehr abweichen, veranlaßten den Verfasser schon seit mehreren Jahren zahlreiche Versuche anzustellen, um aus der Haut des Seidenwurms die Cellulose abzuscheiden, welche nicht nur der Ursprung und das Aussehen, sondern auch der Widerstand, den diese Insectenhüllen den chemischen Agentien entgegensetzen, und sogar ihre Zusammensetzung darin vermuthen ließen. Mit Hülfe des Schweizer'schen Reagens, des Ammoniakkupferoxyds, gelang es kürzlich dem Verf., die Cellulose von dem Chitin zu trennen. Die abgeschiedene Holzfaser gab unter dem Mikroskope, durch Einwirkung von Jod und Schwefelsäure, die für reine Cellulose charakteristische blaue Färbung. Die Hornhaut, welche einen Theil der Hummerschale bildet, und worin ebenfalls Chitin vorkommt, wurde derselben Prüfung unterworfen und schien Cellulose zu enthalten. Das Chitin wäre demnach kein besonderes Princip, sondern ein Gemenge oder eine Verbindung zweier organischer Substanzen, von denen die eine, die Cellulose, keinen Stickstoff enthält. Die andere, stickstoffhaltige, würde der Classe der Eiweiß- oder Proteïnverbindungen angehören, worin bekanntlich 50 bis 53 Procent Kohlenstoff, 6,5 bis 7 Proc. Wasserstoff und 16 bis 18 Procent Stickstoff vorkommen. Ein Gemenge von 2 Theilen Proteïn und ein Theil Cellulose entspricht der Zusammensetzung, welche der Verf. der Haut der Seidenwürmer anweist. Als Stütze dieser Anschauungsweise erwähnt noch derselbe die neulich durch Berthelot bewirkte Umwandlung des Chitins in Traubenzucker. Annales de Chimie et de Physique, Januar 1860; schweizerische polytechnische Zeitschrift Bd. V S. 133.)