Titel: Die Preßhefenfabrication; von Eduard Schubert.
Fundstelle: Band 160, Jahrgang 1861, Nr. XLVI., S. 149
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XLVI. Die Preßhefenfabrication; von Eduard Schubert.Aus des Verfassers: Der rationelle Brennereibetrieb.“ 1861 von Eduard Schubert. Schubert, über die Preßhefenfabrication. Die Fabrication der Preßhefe ist ein bedeutender Nebenerwerbszweig der Brennerei. Wenn es auch nur wenige Brennereien gibt, welche mit Preßhefenfabrication verbunden sind, so kann doch die letztere ohne Brennerei nicht gut bestehen, indem der Nutzen, welcher aus der Vereinigung beider entsteht, bedeutend größer ist, als wenn die Preßhefenfabrication nur für sich allein bestände. Es existiren zwar viele kleine Preßhefenfabriken, welche mit keiner Brennerei verbunden, jedoch könnten dieselben sicher nicht rentiren, würden sie nicht bei dem billigen Preise der Hefe, derselben eine nicht unbedeutende Menge Kartoffelstärkmehl zusetzen, welcher Zusatz mindestens 50, ja oftmals noch mehr Procente der Hefe selbst beträgt. Die Fabrication der Preßhefe wird fast allgemein als ein Geheimniß angesehen, und geschah dieß nicht nur in früherer Zeit, sondern auch jetzt noch. Es ist jedoch die Fabrication der Preßhefe durchaus kein Geheimniß, und jeder intelligente Brennereiführer wird dieses vermeintliche Geheimniß sehr leicht erforschen, denn es liegen der Bereitung der Preßhefe keine anderen Principien zum Grunde, als die stickstoffhaltigen Substanzen der Maische in möglichstem Grade zu zersetzen und somit geschickt zu machen, eine lebhafte Obergährung zu erzeugen, und dadurch selbst eine ungleich größere Quantität Hefe zu bilden, als der Maische zugesetzt worden ist, um in derselben die Gährung hervorzubringen. Das Getreide, welches man vorzüglich zur Hefenfabrication verarbeitet, ist Roggen und Gerste, welche letztere dem Roggen im gemalzten Zustande beigegeben wird; man wendet das Gerstermalz entweder im trockenen oder grünen Zustande zur Hefenbereitung an und hat sich das Grünmalz hierbei besonders bewährt; wendet man trockenes Malz an, so ist es besser, lufttrockenes, als Darrmalz zu verarbeiten, denn ist das Malz etwas stark gedarrt, so wird die Hefe erstens nicht so weiß, und zweitens nimmt sie einen gerade nicht sehr angenehmen Geruch an, weßhalb sich Grünmalz schon deßhalb empfiehlt. Die Bereitungsart der Preßhefe selbst ist sehr einfach, und da ich Gelegenheit hatte Preßhefe zu fabriciren, so theile ich in thunlichster Kürze die auf Erfahrung gegründete und bewährte Fabricationsmethode mit. Die Einmaischung. Als bestes Mengenverhältniß des Malzes zum Getreide und der zum Einmaischen kommenden trockenen Substanz zum Wasser wird festgestellt: 3 Theile Roggen zu 1 Theil trockenem Malz; und die trockene Substanz zum Wasser wie 1:5. Soll nun ein Gemenge von 600 Pfund, bestehend aus Roggenschrot und Gerstenmalz, zum Einmaischen verwendet werden, so gehören hierzu nach dem angegebenen Verhältnisse: 450 Pfd. Roggenschrot und 150 Pfd. lufttrockenes oder Darrmalz, oder 450 Pfd. Roggenschrot und 240 Pfd. Grünmalz; die Menge des Wassers beträgt 1200 Quart. Der Roggen muß möglichst fein geschroten, derselbe kann sogar gebeutelt seyn, und das Malz muß möglichst fein zerquetscht seyn. Soll nun zur Einmaischung geschritten werden, so kommen in den Vormaischbottich 300 Quart Wasser von 45 bis 48° R., worin das Roggenschrot und Malz eingeteigt wird. Die innigste Vereinigung des Malzes und Schrotes mit dem Wasser ist Erforderniß; es muß daher die ganze Masse mit den Maischhölzern so lange durchgearbeitet werden, bis sich keine Klumpen mehr zeigen und dieselbe einem egalen Teige gleicht. Dieser eingeteigten Masse wird nun 1 Pfund in Wasser aufgelöste Preßhefe zugesetzt, und mit derselben vereinigt. Das Ganze bleibt hierauf 20 bis 30 Minuten stehen, während welcher Zeit es einigemal durchgeführt wird, und wird die eingeteigte Masse nach Verlauf dieser Zeit durch 420 Quart heißes Wasser von 72 bis 75° R. langsam gahrgebrühet. Das heiße Wasser muß aufs schnellste und innigste mit der eingeteigten Masse vermischt werden, und soll die Temperatur der Maische nach beendetem Maischen 50 bis 52° R. zeigen, da bei diesen Wärmegraden die Zuckerbildung am vollständigsten erfolgt. Die Zuckerbildung und Abkühlung. Nachdem das Maischen beendet ist, und die Maische die zur Zuckerbildung erforderliche Temperatur von 50 bis 52° R. zeigt, wird der Vormaischbottich zugedeckt, und die Maische bleibt nun 3 Stunden der Zuckerbildung überlassen, muß jedoch während dieser Zeit alle halbe Stunden durchgerührt werden. Nach beendeter Zuckerbildung kommt die Maische zur Abkühlung auf das Kühlschiff. Während es bei dem Branntweinmaischen nothwendig ist, die Maische möglichst schnell abzukühlen, damit der Sauerstoff der Luft nicht nachtheilig auf die Maische selbst wirken kann, so ist es bei der Preßhefenfabrication Bedingung, die Maische einer langsamen Abkühlung zu unterwerfen, damit durch eine längere Einwirkung des Sauerstoffs der Luft sich mehr Milchsäure in der Maische bilden, überhaupt eine vollständigere Zersetzung der stickstoffhaltigen Bestandtheile der Maische eintreten kann, wodurch eine lebhafte Obergährung erzeugt und die Bildung einer größeren Menge neuer Hefe befördert wird. Mindestens 4 Stunden muß die Maische auf dem Kühlschiffe stehen und in dieser Zeit bis auf 32 bis 35° N. abgekühlt seyn; man dehnt die Zeit der Kühlung auch auf 6 Stunden aus. Bekanntlich leidet der Spiritusertrag durch ein längeres Stehen der Maische auf dem Kühlschiffe; um diesen Verlust bei der Preßhefenfabrication theilweise aufzuheben, da ein längeres Stehen der Maische zur Hefenbereitung Erforderniß ist, damit die Milchsäure den Kleber auflöse, setzt man der Maische Schwefelsäure zu, wodurch der Kleber leichter im Wasser löslich gemacht wird, und läßt die Maische ebenfalls nur 2 Stunden zur Abkühlung auf dem Kühlschiffe. Die Menge der Schwefelsäure, welche man zusetzt, beträgt 1/2 bis 1 Pfund auf 100 Pfund Schrotgemenge. Das Anstellen der Maische. Ist die Maische nun bis zu der angegebenen Temperatur von 32 bis 35° R. abgekühlt, so wird dieselbe in den Gährbottich abgelassen und hier durch abgeklärte Schlempe und kaltes Wasser bis zur stellrechten Temperatur abgestellt. Nach dem angegebenen Verhältnisse der trockenen Substanz zum Wasser von 1: 5 müßten noch 480 Quart Wasser der Maische zugesetzt werden; da jedoch die Erfahrung gelehrt hat, daß ein Zusatz von geklärter Schlempe für die Hefenmaische vortheilhaft ist, so wird ein Theil des Zukühlwassers durch solche ersetzt; es kommen daher 160 Quart geklärte Schlempe und 320 Quart kaltes Wasser zum Zukühlen der Maische zur Verwendung, und wird die Maische nach diesem Zusäße, je nachdem die Temperatur derselben 32 oder 35° R. gewesen, die zum Anstellen mit Hefe geeignetste Temperatur von 20 bis 23° R. zeigen. Im Winter muß das Anstellen der Maische mit Hefe bei 23° R., in wärmerer Jahreszeit dagegen bei 20'' N. geschehen. Die stellrechte Hefe erhält nun den Hefenzusatz und ist für 100 Pfd. des eingemaischten Materials 1 Pfd. reiner Preßhefe völlig ausreichend, um eine entsprechend lebhafte Obergährung zu erzielen; mithin müßten bei dem hier angenommenen Quantum von 600 Pfd. Schrot, 6 Pfd. Preßhefe genommen werden. Der Zusatz der Schwefelsäure geschieht zur selben Zeit. Die Hefe wird mit etwas Maische vorgestellt, und kann man dieser vorgestellten Hefe gleich einen Theil der Schwefelsäure zusetzen. Der Bottich darf nicht so weit mit Maische angefüllt werden, wie es bei den anderen Maischen geschieht, sondern es muß ein größerer Steigraum bleiben, indem sonst bei der lebhaften Obergährung das Ueberlaufen der Bottiche nicht vermieden werden könnte. Die zur Zukühlung der Maische mit zur Verwendung kommende abgeklärte Schlempe wird auf folgende Art dargestellt: die frisch abgelassene Schlempe wird in ein dazu bestimmtes Faß gegossen und hier mit einigen Eimern kalten Wassers versetzt, um die Abkühlung und Abklärung derselben zu beschleunigen. Das Faß selbst muß die entsprechende Größe haben und müssen in demselben einige übereinander liegende Zapflöcher sich befinden. Geschieht die Füllung dieses Fasses Nachmittags, so ist die Schlempe am folgenden Tage kühl und klar genug, um dieselbe zum Anstellen gebrauchen zu können. Es wird nun das über dem Bodensaße befindliche Zapfloch geöffnet, damit die klare Flüssigkeit ablaufen kann. Nachdem die klare Schlempe aus dem Fasse abgelassen, wird dasselbe sorgfältig gereinigt und hierauf mit verdünnter Schwefelsäure ausgestrichen, damit die Bildung von Essigsäure verhindert werde. Sollte die Schlempe bei der sorgfältigsten Reinigung des Fasses doch zu sauer werden, so ist es zweckmäßiger, die Maische einigemale hinter einander ohne Schlempezusatz anzustellen, als durch Abstumpfungsmittel die Säure zu entfernen. Das Abschöpfen und Enthülsen der Hefe. Nachdem die Maische angestellt worden, wird der Bottich zugedeckt, damit die Obergährung schnell genug eintreten kann, und nach Verlauf von 8 bis 12 Stunden, vom Stellen der Maische an gerechnet, wird die Hefe die zum Abschöpfen erforderliche Reife erlangt haben. Ein sicheres Merkmal, an welchem man die Reife der Hefe am deutlichsten erkennen kann, ist, wenn die sich auf der Oberfläche bildenden Blasen das glasige Ansehen verloren und dagegen ein trübes, opalisirendes, dem Milchschaume ähnliches angenommen haben. Ist dieses Merkmal wahrzunehmen, so wird mit dem Abschöpfen der Hefe begonnen, und geschieht dieß nun mittelst eines größeren Schaumlöffels; es wird mit dem Abschöpfen so lange mit zeitweiser Unterbrechung fortgefahren, bis nur noch eine geringe Menge Hefe an die Oberfläche getrieben wird. Das Abschöpfen der Hefe ist für gewöhnlich nach einem Zeitraume von 6 bis 8 Stunden als beendet anzusehen; wo jedoch aus der Maische nur Hefe erzielt werden soll, wo daher die Preßhefenfabrication für sich allein besteht und nicht mit Brennerei verbunden, währt das Abschöpfen der Hefe so lange, als sich noch Oberhefe bildet. Nach 24 bis 28 Stunden vom Anstellen der Maische mit Hefe an gerechnet, hört man in diesem Falle mit dem Abschöpfen auf. Die abgeschöpfte Flüssigkeit wird in ein neben dem Bottiche stehendes Gefäß gegossen, worin ein Beutel von Mühlentuch (Müllergaze) hängt, durch welchen die Flüssigkeit in das Gefäß abläuft, die Hülsen jedoch zurückbleiben; nachdem das im Beutel Zurückbleibende mit den Händen ausgedrückt ist, werden die Hülsen in den Bottich zurückgegeben. Das Wässern oder Aussüßen der Hefe. Ist die Hefenflüssigkeit von den Hülsen befreit, so kommt sie in das Aussüß- oder Auswässerungsfaß; das Faß selbst ist mehr hoch als breit und hat 10 bis 12 übereinander liegende kleine Zapflöcher. Nachdem die Hefenflüssigkeit nun in das Faß gebracht worden, wird dasselbe mit kaltem Wasser gefüllt und bleibt dieses Gemisch nun 12 Stunden der Ruhe überlassen; während dieser Zeit hat sich die Hefe gelagert. Das Wasser wird nun vorsichtig abgelassen, indem man von oben an ein Zapfloch nach dem andern öffnet, bis man auf die Hefe kommt. Die zurückbleibende Hefe wird nun wieder mit frischem Wasser versetzt und das Faß wiederum gefüllt; nach 12 Stunden Ruhe hat sich die Hefe abermals gesetzt. Es muß dieß Aussüßen so oft wiederholt werden, bis das über der Hefe stehende Wasser Lackmuspapier nur noch schwach röthet, welches ein Beweis ist, daß die Hefe nur noch wenig Säure besitzt. Je öfter das Aussüßen wiederholt wird, desto mehr wird aber auch die Wirkung der Hefe geschwächt. Um das Absetzen der Hefe zu befördern, setzt man dem Aussüßwasser etwa 5 bis 6 Loth Schwefelsäure zu; auch rührt man zu gleicher Zeit einige Pfunde Kartoffelstärkmehl mit hinzu. Das Pressen der Hefe. Ist dieß Auswässern vollständig erreicht, so wird der dickflüssigen breiigen Hefenmasse noch so viel Stärkmehl als man für gut erachtet beigemischt, und das Ganze in Beutel von fester Leinwand gefüllt und unter die Presse gebracht, um die Hefe möglichst vollständig vom Wasser zu befreien. Zweckmäßig ist es, beim Pressen doppelte Beutel anzuwenden, indem bei einfachen Beuteln sich öfters Hefe mit durchpreßt. Das Auspressen geschieht entweder durch eine Presse mit einer oder zwei Schrauben, oder auch nur durch das Auflegen einer starken eichenen Bohle, welche im Anfange durch die eigene Schwere, und nachher durch das Auflegen von Gewichten und Steinen das Wasser verdrängt. In welcher Art dieß Auspressen auch geschieht, so ist doch stets zu beachten, daß der Druck im Anfange nicht zu stark, und daß derselbe nur allmählich gesteigert werden darf. Ist die Hefe nun fertig ausgepreßt, so wird sie gut durchgeknetet und für gewöhnlich in pfundschwere rundliche Klumpen geformt, in welcher Gestalt sie meistens in den Handel kommt. An einem kühlen Orte aufbewahrt, erhält sich die Hefe mehrere Wochen lang in ihrer vollen Kraft; der Luft ausgesetzt, verliert sie jedoch sehr viel davon. Nur bei einem schnellen Absatze  der Hefe kann die Fabrication Nutzen bringen, und ist die Bereitung von Preßhefe nur da anzurathen, wo auf einen derartigen Absatz bestimmt zu rechnen ist.