Titel: Die Anwendung der comprimirten Luft zur Förderung und Wasserhaltung bei dem englischen Steinkohlenbergbau; von Bergmeister Pfähler.
Fundstelle: Band 160, Jahrgang 1861, Nr. CXI., S. 418
Download: XML
CXI. Die Anwendung der comprimirten Luft zur Förderung und Wasserhaltung bei dem englischen Steinkohlenbergbau; von Bergmeister Pfähler. Aus dem Berggeist, 1861, Nr. 36. Pfähler, über die Anwendung der comprimirten Luft zur Förderung und Wasserhaltung bei dem englischen Steinkohlenbergbau. Eine durch comprimirte Luft bewegte Förder- und Wasserhaltungsmaschine, welche seit etwa 6 Jahren fast ununterbrochen in zufriedenstellendster Weise arbeitet, befindet sich auf dem zu den Govan Eisenwerken bei Glasgow gehörigen Dixons-Pit Hangingsaw. Der Hauptförderschacht besitzt nur 1 Fördertrum, in das sich auch die Gase eines in der Nähe befindlichen Wetterofens ergießen, und ist bis auf 176 Yards (= 82,2 Ltr.) Tiefe niedergebracht worden. Von hier aus hat man die Flötze mit einem 706 Yards (= 308,5 Ltr.) langen Querschlag durchbrochen, und nahe an dessen Ende ein Flötz durch ein Gesenk von 26 Yards (= 11,3 Ltr.) Teufe ausgeschlossen und in Bau genommen. Um die Kohlen und die Wasser aus dem Gesenke in die Querschlagssohle zu bringen, bedurfte es einer Maschine. Zu einer Dampfmaschine mit Kesseln im Innern der Grube und in der Nähe des Gesenkes konnte man sich der Wetter wegen nicht gut entschließen, auch hielt man die Entfernung von der Tagesoberfläche bis zu dem zweiten Schachte oder Gesenke, welche noch über 83,2 + 308,5 = 392,7 Ltr. beträgt, für zu groß, um einer Maschine in der Grube die Dämpfe aus Kesseln über Tage zuzuführen. Man entschloß sich daher zu einem Versuche mit comprimirter Luft, wobei man noch den Vortheil einer besseren Ventilation der Baue durch die verbrauchte Luft zu erreichen hoffte. Die Dampfmaschine zur Erzeugung der comprimirten Luft steht circa 10 Ltr. vom Hauptförderschachte entfernt und wird durch zwei Dampfkessel, welche gleichzeitig zu der Wasserhaltungsmaschine benutzt werden, gespeist. Sie besitzt einen stehenden Cylinder von 15'' Durchmesser und 3' Hub, und ist in bekannter Weise mit Balancier, Bleuelstange, Krummzapfen und Schwungrad versehen. Der Balancier ruht auf einer eisernen hohlen Säule, die auf die weiter unten zu erwähnende Weise gleichzeitig als Reservoir oder Windregulator dient. Auf jeder Seite der Säule, also zwischen Dampfcylinder und Säule und zwischen Schwungradwelle und Säule steht je 1 Cylinder, dessen Kolbenstange an den Balancier angehängt ist. Dieselben wirken als gewöhnliche Cylindergebläse und bringen die comprimirte Luft in die zur Unterstützung des Balanciers dienende hohle Säule. Aus letzterer führen 10'' weite gußeiserne, durch Muffe verbundene Röhren die Luft zu der eigentlichen Arbeitsmaschine, die in der Nähe des oben erwähnten Gesenkes in einem besonderen Maschinenraume aufgestellt ist. Die Windcylinder haben 21'' Durchmesser mit einem Hube von 18'' und wirken nur beim Aufgange des Kolbens, indem sie durch die auf dem Boden befindlichen Klappen Luft einströmen lassen, welche durch den mit Ventilen versehenen Kolben und durch eine mit Ventilen ausgerüstete Querwandung in das Reservoir gepreßt wird. Die Kolbenstangen gehen durch den unteren Boden der Windcylinder und tragen ein Querhaupt, welches durch eine Stange jederseits mit dem Balancier der Dampfmaschine in Verbindung gesetzt ist. Das Luftreservoir ist zum Theil mit Wasser gefüllt, über dessen höchstem Spiegel das Windleitungsrohr einmündet; zwei engere Röhren von etwa 1/2 Zoll Durchmesser sind unterhalb des Wasserspiegels angesetzt und durch das Reservoir in die beiden Windcylinder geführt, woselbst sie unmittelbar über dem höchsten Stande des Kolbens münden. Die im Reservoir befindliche Luft drückt Wasser durch die engen Röhren in die Cylinder, welches zur sichern Liederung der Ventile wesentlich mit beiträgt und bei dem beständigen Heben und Senken derselben abfließt, stets aber wieder erneuert wird. Es hängen deßhalb unter den Cylindern Träufelrinnen, auf welchen sich die Wasser sammeln, um in ein gemeinschaftliches Bassin geführt zu werden, von wo aus sie durch eine an den Balancier angeschlossene Pumpe abermals gehoben und in das Reservoir gedrückt werden. Diese Pumpe hat 3 Zoll Durchmesser und einen Hub von 10 Zoll. Um den Wasserstand in dem Reservoir stets erkennen zu können, ist ein Wasserstandglas ähnlich wie bei Dampfkesseln angebracht. Der Wasserzufluß zu den Cylindern durch die engen Röhren kann sehr leicht durch Hähne regulirt werden, welche an denselben zwischen Reservoir und Wincylinder angebracht sind. Gelangt mehr Wasser in die Cylinder, als beim Spielen der Ventile abfließen kann, so wird dasselbe durch die obere Wandung des Cylinders in das Reservoir zurückgepreßt. Außer als Liederung dient das Wasser auch zur Abkühlung der Luft, deren Compression bis zu 30 Pfund Druck per Quadratzoll steigt und des Compressionsapparates überhaupt. Da die comprimirte Luft Wasser theils mechanisch mit fortreißt, theils sich mit Wasserdämpfen sättigt, die sich später in der Leitung wiederum niederschlagen, so ist an letzterer auf der Schachtsohle ein Hahn angebracht, der von Zeit zu Zeit geöffnet wird, um das condensirte Wasser abzulassen. Sowohl in der Nähe der Maschine über Tage, als in der der unterirdischen ist an den Windleitungsröhren ein Hebeventil angebracht, das sich von selbst lüftet, wenn die Spannung der Luft zu groß wird, oder wenn die obere Maschine arbeitet, während die untere stille steht. Ein Manometer zur directen Erkennung der Spannung der Luft fehlt auch hier; dieselbe läßt sich daher nur aus der Belastung des Sicherheitsventils ermitteln. Die eigentliche Arbeitsmaschine in der Nähe des Gesenkes ist eine ursprünglich für Hochdruck bestimmte Dampfmaschine mit stehendem Cylinder, Balancier etc.; der Cylinder hat 10'' Durchmesser bei 18'' Hub; die Zahl der Spiele in der Minute beträgt circa 25. Ein auf der Schwungradwelle befindliches Getriebe greift nach vorn in ein Zahnrad, welches auf der Welle der beiden Seilkörbe befestigt ist, nach hinten in ein zweites Getriebe, dessen Welle einen Krummzapfen trägt, der mittelst einer Bleuelstange und zweier Kunstkreuze zwei Saug- und Hebepumpen in dem blinden Gesenkschacht bewegt. Durch eine einfache Ein- und Ausrückung können Förderung und Wasserhaltung gleichzeitig oder einzeln betrieben werden. Die Maschine ist doppelwirkend, indem die comprimirte Luft durch einen gewöhnlichen Steuerschieber bald über, bald unter den Cylinderkolben geleitet wird. Die benutzte Luft die bei ihrem Ausströmen noch eine gewisse Spannung besitzt, wird in den Wettercanal geleitet, durch den sämmtlichen Arbeitspunkten frische Luft zugeht. Bei dem Ausströmen der Luft tritt Absorption von Wärme ein, die im Winter zuweilen so groß seyn soll, daß sich sowohl in dem Cylinder wie in dem Ausströmungsrohre Eis bildet und selbst Stockungen im Gange erfolgen. Der Verlust an Pressung innerhalb der Windleitung soll angeblich nur 1 Pfund betragen, so daß die Arbeitsmaschine die Luft mit etwa 19 Pfd. Druck per Quadratzoll erhält. Eine zweite, der eben beschriebenen ähnliche Maschine, mit comprimirter Luft betrieben, steht auf einem der vielen Steinkohlenschächte der berühmten Dowlais Eisenwerke bei Merthyr. Dieselbe wird jedoch nur zur Wasserhaltung benutzt, und empfängt die comprimirte Luft durch eine ebenfalls unterirdisch aufgestellte, nur mit einem Windcylinder versehene Dampfmaschine, deren Hauptthätigkeit die Kohlenförderung auf einer geeigneten Strecke ausmacht.