Titel: | Ueber den photographischen Meßtisch, von A. Chevallier; Bericht von Benoit. |
Fundstelle: | Band 161, Jahrgang 1861, Nr. X., S. 27 |
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X.
Ueber den photographischen Meßtisch, von A. Chevallier; Bericht von Benoit.
Aus dem Bulletin de la
Société d'Encouragement, Februar 1861, S. 81.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Chevallier's photographischer Meßtisch.
Bekanntlich geschieht die Vereinigung der Detailzeichnungen für Karten mittelst eines
Netzes, d.h. mittelst der Horizontal-Projection (nach dem angenommenen
Maaßstabe) einer Anzahl Dreiecke, deren Spitzen durch künstliche oder natürliche
Signale gebildet werden, welche in zweckentsprechender Weise über das aufzunehmende
Land vertheilt sind.
Nachdem man die Länge der Projection einer zur Basis
bestimmten Dreiecksseite gemessen hat, gibt es zwei Wege, um die erwähnte Projection
zu erhalten. Ist die aufzunehmende Fläche groß, so mißt man mit einer
Winkelmeßscheibe oder einem Theodolit alle Dreieckswinkel, die man so in Graden und
Brüchen von Graden erhält. Alsdann zeichnet man nacheinander von der Basis ausgehend
die sämmtlichen Dreiecke mittelst eines Transporteurs oder einer Sehnentafel ein, oder man
construirt die Projection der Dreiecksspitzen auf dem Papier mittelst der
Coordinaten, welche man dafür in Bezug auf den Meridian und die Senkrechte auf einen
Endpunkt der gewählten Basis berechnet hat.
Für kleinere Karten kann man das Netz mittelst eines Meßtisches und eines
Diopterlineals mit Fernrohr entwerfen. Diese offenbar viel einfachere und raschere
Methode ist für Katasteraufnahmen sehr zweckmäßig.
Alle diese Operationen sind, obwohl nicht eben schwer, doch langwierig und manchen
Fehlern unterworfen. Die sinnreiche photographische Methode, welche Hr. Chevallier erfunden hat, ist dagegen vollkommen
zuverlässig und setzt bei dem Ausführenden nur die Kenntniß der photographischen
Praxis voraus.
Der photographische Meßtisch enthält auf einem soliden dreibeinigen Gestelle eine um
seine Achse drehbare Camera, so daß das Objectiv nach allen Seiten hin gestellt
werden kann. Die mit Collodium oder Eiweiß überzogene Glastafel ist kreisförmig und
befindet sich in einem ebenfalls kreisförmigen Metallrahmen, der an feinem Umfang
mit Zähnen versehen ist und außerdem noch einen Ring führt, welcher mit geringer
Reibung in die Oeffnung eines verticalen hölzernen Gestells paßt. Der Rahmen und die
Glasscheibe können sich also in dieser Oeffnung drehen und zwar um ihre
gemeinschaftliche oberhalb des Lichtbildes befindliche Achse, so daß dieses ganz auf
den untern Theil der Scheibe projicirt wird, wo es seitlich durch zwei
Klappensysteme begrenzt werden kann, welche in einem besondern Gestelle angebracht
sind, und die entweder zwei beliebig nahe zu stellende Verticallinien oder zwei
einen beliebig spitzen Winkel einschließende convergirende Linien bilden. Ohne also
die Glasplatte aus der Camera zu nehmen und durch die bloße Drehung dieser letztern
um ihre Achse, kann man demnach das Objectiv nach den verschiedenen Punkten am
Horizonte der Station richten und so nach einander die partiellen Bilder dieser
Punkte erhalten, deren Vereinigung dann eine Art Panorama des betreffenden Ortes
bildet.
Damit dieses Bild der verschiedenen Signale endlich die Horizontal-Projection
der Winkel darstellt, welche diese Signale unter einander bilden, ist nur noch
erforderlich, daß das Bild der Verticalen dieser Signale in den Partialansichten
gezeichnet sey, worin sie vorkommen, und daß diese Bilder, welche sich nach der
Construction im Mittelpunkt der Platte schneiden, unter sich gleiche Winkel wie die
entsprechenden Azimuthe, an der Station gemessen, bilden. Gerade dieß wird aber
mittelst der beschriebenen und der noch zu beschreibenden Anordnungen des Photo graphischen Meßtisches
erreicht.
1) Das Bild der Verticalen des beobachteten Signals wird erhalten durch Einschalten
eines feinen Haares, welches senkrecht zwischen der Platte und dem Objectiv gespannt
ist und durch die Achse des letztem und durch die Drehungsachse der Platte geht,
weil die Ebene dieser Achsen und des Haares durch die Verticale des Signals
geht.
2) Die Azimuthwinkel werden mit Hülfe eines gezahnten Kreises hervorgebracht, welcher
den Tisch des ganzen Gestells bildet und dessen Bewegung mit derjenigen des Rahmens
der Platte in Verbindung steht. Zu dieser Verbindung dienen zwei unter rechtem
Winkel gestellte Achsen, welche durch Winkelräder verbunden und mit cylindrischen
Getrieben versehen sind; dasjenige der horizontalen Achse greift in den verticalen
gezahnten Rahmen der Platte, und dasjenige der verticalen Welle in den festen
horizontalen gezahnten Kreis auf dem Dreifuß. Die Zahnrädchen sind so combinirt, daß
die Platte genau eine Umdrehung um ihren Mittelpunkt macht, während das Instrument
einmal um den ganzen Horizont gedreht wird; letzteres geschieht durch die Bewegung
einer mit einer endlosen Schraube versehenen Achse, deren Lager sich am Körper der
Camera befinden, und deren Gewinde in die Zähne des festen Kreises eingreifen.
Damit die optische Achse des Objectivs von der Verticalen eines Signales auf
diejenige irgend eines anderen Signales übergeht, muß dieselbe in Folge der Drehung
des Instrumentes einen Azimuthwinkel beschreiben, welcher gleich demjenigen ist, den
diese beiden Verticalen mit einander bilden, und es werden daher, wenn die
Verbindung der Getriebe genau ist, und keine Zeit bei der Uebertragung der Bewegung
verloren geht, die Bilder der Verticalen, wie verlangt, genau die richtigen Winkel
einschließen.
Ehe das Lichtbild aufgenommen wird, muß man sich überzeugen, daß die Ebene, worin
sich die Drehungsachse der Platte, die optische Achse und das verticale Haar
befinden, wirklich durch die Spitze des Signales geht; diese wesentliche Bedingung
wird mittelst eines genau in der bezeichneten Verticalebene beweglichen außen
angebrachten Fernrohres erfüllt.
Ist einmal das negative Bild erhalten, so können dann mehrere positive Copien
dargestellt und mehreren Zeichnern zugleich übergeben werden.
Mit dem Instrumente sind die übrigen zum Messen erforderlichen Theile verbunden, wie
Gradbogen, Nonius, Theodolit oder doppeltes Graphometer, so daß man die Größe der AzimuthwinkelAzinuthwinkel und der Winkel der Verticalen ablesen kann; auch ist zur Orientirung ein
Compaß angebracht. Man kann also mit dem Instrumente nach Belieben auf
photographischem oder auf
trigonometrischem Wege aufnehmen und so die Resultate beider Aufnahmen sich
gegenseitig controliren lassen.
Außer diesen Anwendungen kann der photographische Meßtisch auch noch dazu dienen, die
verschiedenen fast gleichzeitigen Momente irgend eines im Umkreis stattfindenden
Vorganges aufzunehmen. Hierzu ist der Mechanismus der Bewegungsübertragung für die
topographische Aufnahme überflüssig; man braucht nur den äußeren verticalen Limbus
zu benutzen, welchen man hinter der runden Glasscheibe sieht, und um dessen Achse
sich ein Zeiger bewegt, welcher mit dem Nahmen dieser Scheibe verbunden ist und dazu
dient, mittelst eingesteckter Stifte die schon benutzten und mithin die noch
verfügbaren Sectoren der Platte anzugeben, so daß kein Uebereinanderfallen der
Bilder vorkommen kann.
Es ist selbstverständlich, daß der Mechanismus dieses Meßtisches, wenn die Aufnahmen
genau seyn sollen, mit aller Sorgfalt gearbeitet und in seiner Ausführung demjenigen
der feinsten Instrumente gleichkommen muß, wodurch freilich der Preis desselben sich
nicht eben niedrig stellen wird.
Beschreibung der
Abbildungen.
Fig. 5,
Seitenansicht des Apparats.
Fig. 6,
Längendurchschnitt nach der Achse desselben.
Fig. 7,
Vorderansicht von der dem Objectiv entgegengesetzten Seite.
Fig. 8,
Ansicht von oben.
Fig. 9, Aufriß
des Rahmens mit den Klappen;
Fig. 10,
Verticaldurchschnitt dieses Rahmens.
A fester Dreifuß mit ausgeschnittenem rundem Tisch, auf
welchem der photographische Apparat eine ganze Umdrehung um den Mittelpunkt dieses
Tisches ausführen kann.
B Drehungsachse des Apparates; die Verbindung geschieht
nach Fig. 6
mittelst zweier in einander greifenden Cylinder mit Rändern.
C ist die camera
obscura.
D Schieber, welcher mittelst zweier Zahnstangen E, E mit Zahnrädchen F, F
bewegt wird; das Einschieben wird noch durch zwei Federn erleichtert, welche an den
Schieber und den Kasten befestigt sind.
G Objectiv.
H Compaß.
I Leitungs- und Unterstützungsrollen für die
Drehung des Apparates.
J gezahnter Kranz am Tische, worauf die Drehung
geschieht.
K Treibachse mit der endlosen Schraube, welche in den
Kranz J eingreift und mittelst einer aufzusteckenden
Kurbel gedreht wird.
L Rahmen mit der empfindlichen Glasplatte; dieselbe
befindet sich in dem gezahnten Ringe N und dreht sich
mit diesem in der Wandung des Rahmens um ihre Achse. Die Vorderseite des Rahmens, an
Scharnieren befestigt, ist mittelst der in Fig. 5 sichtbaren Haken zu
bewegen. Der Rahmen selbst wird an seiner Stelle am Ende der camera mittelst der beweglichen Halter M
festgehalten.
N gezahnter Ring von gleichem Durchmesser wie J; er befindet sich an der Einfassung der Glasplatte und
zieht diese mit in seine Bewegung; dieser Ring ist in Fig. 7 punktirt
gezeichnet.
O Getriebe für das Zahnrad N.
I ist ein anderes Getriebe, auf dem vorigen senkrecht
stehend und in den festen Kranz J eingreifend. Durch die
Achse K bewegt, dreht sich also dieser um sich selbst,
so lange man den Apparat um seinen Mittelpunkt sich bewegen läßt. 2, 3 sind
Winkelräder zur Uebertragung der Bewegung. Die Getriebe 0 und 1 haben gleichen
Durchmesser; ebenso 2 und 3.
Dreht man also die Treibachse K mit der endlosen
Schraube, so dreht sich der photographische Apparat in horizontaler Ebene um den
festen gezahnten Kreis J, während zugleich die
Glasplatte sich mit derselben Geschwindigkeit um ihren Mittelpunkt in verticaler
Ebene dreht.
P doppelter Zeiger (Fig. 5, 6 und 7), auf der Drehungsachse
des empfindlichen Glases angebracht, um die Amplitude der vom Apparat beschriebenen
Drehungswinkel auf einem getheilten Bogen am Rahmen L
anzugeben.
Q senkrechter Rahmen mit Klappen; derselbe befindet sich
zwischen der dunkeln Kammer und dem Nahmen L des Glases
(Fig. 9
und 10). Er
trägt an seinem untern Theil ein halbkreisförmiges Fenster von gleichem Mittelpunkt
und gleichem Durchmesser wie die empfindliche Glasscheibe, vor welchem diese Scheibe
bei ihrer Drehung nach und nach vorbei kommt. Die Oeffnung dieses Fensters ist
veränderlich und wird nach Willkür durch zwei Schieber von rechtwinkeliger Gestalt
R oder von der Form von Sectoren S regulirt, welche in der Wandung des Rahmens Q beweglich sind. Ein graduirter Halbkreis zeigt in
Graden die Weite der Oeffnung an. Die Schieber R werden
mit der Hand so verschoben, daß eine beliebig schmale verticale Oeffnung zwischen
ihnen bleibt; die Schieber S sind um den Mittelpunkt des
Fensters drehbar und können so gestellt werden, daß sie einen beliebig kleinen
Winkel zwischen sich lassen.
T Zahnstange mit dem Getriebe U zur Bewegung dieser Schieber, die mit Hebeln daran befestigt sind (Fig. 9).
V Stellschraube, um die Zahnstange in ihrer Lage während
einer Beobachtung zu erhalten.
W Diopter mit dem Haare, welches in verticaler, durch
die Achse des empfindlichen Glases gehenden Richtung aufgezogen ist. (Fig. 7 u. 9.)
X anderes Diopter, am Ende eines an dem Rahmen mit den
Schiebern angebrachten Lineals befestigt; das Haar desselben befindet sich in der
senkrechten Ebene, welche durch die Achse des Objectivs und durch diejenige der
Glasscheibe geht. Das Diopter und sein Lineal können mittelst ihrer Scharniere in
die Stellung Fig.
10 eingeklappt werden. Die beiden Diopter W, X
vertreten die Stelle des in der Beschreibung erwähnten äußern Fernrohrs.