Titel: Eine Vorrichtung um trotz ungünstiger Atmosphäre mittelst des terrestrischen Fernrohres Gegenstände verhältnißmäßig deutlich wahrzunehmen; beschrieben von Dr. J. J. Pohl.
Autor: Joseph Johann Pohl [GND]
Fundstelle: Band 161, Jahrgang 1861, Nr. XXIX., S. 96
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XXIX. Eine Vorrichtung um trotz ungünstiger Atmosphäre mittelst des terrestrischen Fernrohres Gegenstände verhältnißmäßig deutlich wahrzunehmen; beschrieben von Dr. J. J. Pohl. Mit einer Abbildung auf Tab. II. Pohl, Vorrichtung um trotz ungünstiger Atmosphäre mittelst des terrestrischen Fernrohres Gegenstände deutlich wahrzunehmen. Bekanntlich ist es oft unmöglich mit einem terrestrischen Fernrohre Gegenstände deutlich wahrzunehmen, obschon selbe mit freiem Auge nicht sehr undeutlich gesehen werden. Dieser Uebelstand wächst mit der Größe der Oeffnung des Fernrohres und veranlaßt den Laien nur zu häufig zum Glauben das benützte Fernrohr sey schlecht. Der Grund der Undeutlichkeit liegt entweder im Nebel (Wasserdampf-Bläschen), oder im sogenannten Trockendunst (Höhenrauch), oder endlich im zerstreuten Lichte, das bei Hellem Sonnenschein besonders um die Mittagsstunden durch zahllose Reflexionen an den terrestrischen Gegenständen sich zeigt. Man fand längst, daß im vorausgesetzten Falle beim Sehen durch gewisse grüne Gläser die Gegenstände deutlicher erscheinen und zuletzt schlug Luvini hiezu auch das rothe Glas vor.Moniteur industriel, 1848, Nr. 1309. Ein weit besseres Mittel zum in Rede stehenden Zweck bietet jedoch die Anwendung einer polarisirenden Substanz dar, und es ist auffallend, daß man selbes, obschon für das Sehen von Gegenständen unter Wasser bereits von Arago benützt, für die terrestrische Betrachtung mittelst des Fernrohres unbeachtet ließ. Schaltet man nämlich in ein Fernrohr, oder zwischen dem Auge und selbem, ein Nicol'sches Prisma ein, so wird, je nachdem man letzteres um seine Achse dreht, in einer gewissen Lage das Gesichtsfeld mit nahezu derselben Helligkeit erscheinen wie ohne Einschaltung des Polarisators, oder es wird in einer auf die erstere senkrechten Lage das Feld ein Maximum der Dunkelheit erreichen, welches vom Polarisationszustand der Atmosphäre und jenem der von den Gegenständen reflectirten Lichtstrahlen abhängt. Diese Abdunkelung ist jedoch niemals eine bedeutende, da selbst die lichtschwächsten Gegenstände, welche das Fernrohr ohne Nicol zeigt, nach Einschaltung desselben deutlicher scheinen. Bei dieser Stellung des Prismas verschwinden alle von Reflexionen und Diffusionen herrührenden Lichtstrahlen, und wenn die Undeutlichkeit der Bilder nicht von Rauch, zu dichtem feuchtem Nebel, Staub etc. herrührte, sieht man durchs Fernrohr ebenso klar wie bei günstiger Luft. Dreht man das Nicol noch weiter um seine Achse, so erreicht nach einer Verstellung von 90 Graden das Feld wieder seine größte Helligkeit und die Gegenstände erscheinen wieder undeutlich. Das Mittel zur Erreichung des beabsichtigten Zweckes ist somit gegeben und es entsteht nun die Frage auf welche Weise das Nicol'sche Prisma am Fernrohre anzubringen sey? Bei schwach vergrößernden Fernröhren, an welchen zufolge der Ocular-Construction der gegen das Auge austretende Lichtbüschel einen ziemlich. spitzen Winkel bildet, kann das Nicol am besten zwischen dem Ocular und Auge auf ähnliche Weise beweglich angebracht werden, wie dieß beim Polarisationsmikroskope mit dem Analysator geschieht, wenn letzterer seinen Platz über dem Ocular erhält. Dieß gewährt den Vortheil, durch Zurückschlagen der Fassung mit dem Nicol das Fernrohr fast augenblicklich wie ein gewöhnliches brauchen zu können. Bei Fernröhren mit starken Ocularen ist jedoch diese Anbringung des Nicols wegen der bedeutenden Divergenz der Lichtstrahlen nach der Durchkreuzung hinter der letzten Linse unthunlich. Es bleibt dann nur übrig das Prisma entweder im Brennpunkte des Objectives, also zwischen dieses und dem Ocular einzuschalten, oder ins Ocular selbst zwischen der ersten und zweiten Linse, vom Objective an gerechnet. Ich gebe dieser Anordnung den Vorzug, weil dadurch die Größe des Gesichtsfeldes niemals beeinträchtigt wird. In diesem Falle muß freilich, wenn man zu keiner mechanischen Abhülfe greifen will, die nöthige Drehung des Nicols durch jene des ganzen Ocularrohres um seine optische Achse erzielt werden, allein bei terrestrischen Fernröhren, welche meist Zugfernröhre sind, hat dieß wenig Bedeutung. Wollte man aber auch diesen Uebelstand, namentlich bei Standfernröhren umgehen, so erscheint als einfachste Abhülfe: das Nicol'sche Prisma statt unmittelbar durch Korke in der Fassung der ersten und zweiten Linse zu befestigen, in eine Hülse einzuschließen, welche zwar die innere Wand der Linsenfassung berührt, in selber jedoch nicht zu schwer um die Ocularachse im Kreise gedreht werden kann. Hat nun die Fassung der Linsen einen etwa 2 Millimeter breiten und 100 bis 120 Grade umfassenden Ausschnitt nahezu entsprechend der Mitte jener des Nicols, und damit übereinstimmend einen gleichen Ausschnitt das äußere Ocularrohr, so kann man mittelst eines randrirten Schraubenkopfes das Prisma um seine optische Achse drehen und dadurch die gewünschte Wirkung erzielen. Bis nun wurde auf die Gestaltsverzerrung keine Rücksicht genommen, welche die Fernrohrbilder zufolge der Gestalt des Nicols erleiden. Thatsächlich ist selbe aber noch bei 18maliger Vergrößerung so unbedeutend, daß sie nicht störend wirkt. Für stärkere Vergrößerungen erscheint es jedoch zur Erzielung reinerer Bilder zweckmäßig, an die beiden Endflächen des eingeschalteten Nicols mittelst Canadabalsam rechtwinkelige Glasprismen zu kitten, deren den rechten Winkeln gegenüber liegende Seiten sich genau den Nicolflächen anschließen. Figur 8 versinnlicht diese Anordnung im Durchschnitte, sowie jene des unteren Oculartheiles. I und II sind die beiden Linsen, n ist das Nicol'sche Prisma von 7 Millimeter Seite und möglichst kurz gewählt, k ist der zur Drehung desselben dienende Schraubenkopf, h sind die das Prisma befestigenden Korke, p die kleinen daran gekitteten Glasprismen, welche von möglichst weißem Glase seyn sollen, und endlich ist b eine Blende, welche jedoch ihrer Stellung nach eine weitere Oeffnung besitzen muß, als dieß im gewöhnlichen terrestrischen Oculare der Fall ist. Inwieferne der im Vorigen gemachte Vorschlag zur allgemeineren Verwendung taugt, muß die Folge zeigen, für zu kleine terrestrische Fernröhre dürfte allerdings der Preis des Nicols sammt Fassung in keinem Verhältnisse zu den Kosten des Fernrohres stehen. Was jedoch die Wirkung der vorgeschlagenen Anordnung betrifft, so hat der Verfasser allen Grund damit zufrieden zu seyn, da es ihm mehrmals gelang, an gegen 8 deutsche Meilen von seinem Beobachtungsorte entfernten Gebirgsketten bei trüber Luft, welche im gewöhnlichen Fernrohre bloß Umrisse erkennen ließ, nach Einschaltung des Nicols alle Einzelheiten scharf wahrzunehmen.

Tafeln

Tafel Tab. II
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