Titel: Bemerkungen und Versuche bezüglich einiger in der neueren Zeit vorgeschlagenen Verbesserungen in der Zuckerfabrication; von Dr. C. Stammer.
Autor: Karl Stammer [GND]
Fundstelle: Band 161, Jahrgang 1861, Nr. XLI., S. 131
Download: XML
XLI. Bemerkungen und Versuche bezüglich einiger in der neueren Zeit vorgeschlagenen Verbesserungen in der Zuckerfabrication; von Dr. C. Stammer. Stammer, über Verbesserungen in der Zuckerfabrication. Es sind von verschiedenen Seiten einige neue Verfahrungsarten für Zuckerfabrication bekannt gemacht und zum Theil sehr warm empfohlen worden, die bisher vom praktischen oder wissenschaftlichen Standpunkt aus eine bestimmte Billigung oder Mißbilligung nur theilweise erfahren haben. Da ich es mir angelegen seyn ließ Neues nach Kräften zu prüfen, so dürfte die folgende Besprechung derselben vielleicht geeignet seyn, auf den einen oder anderen der in Rede stehenden Vorschläge ein mehr oder weniger entscheidendes Licht zu werfen. Den hier zu gebenden Mittheilungen soll der Charakter der Vollständigkeit durchaus nicht vindicirt werden; sie sind nur als Beiträge zur Beurtheilung der in Rede stehenden Vorschläge zu betrachten, die aber, da sie auf zum Theil schlagend beweisenden Versuchen beruhen, dennoch in den meisten Fällen ein bestimmtes Urtheil begründen dürften. I. Das Maumené'sche Verfahren. Obwohl das Maumené'sche VerfahrenPolytechn. Journal Bd. CXLIII S. 285., so viel bekannt geworden ist, in keiner Fabrik im Großen angewendet wird, und die wenigen Versuche, welche im Großen damit gemacht wurden, zu einer Entscheidung über seinen Werth nicht geführt zu haben scheinen, so wird doch das Scheitern dieser Versuche von dem Erfinder immer noch äußern Ursachen zugeschrieben. Es hat sich bei denselben – und wohl auch bei allen Versuchen, die nicht specieller bekannt geworden sind – nämlich ein entschiedenes Minus in der Auslieferung gefunden, welches aber von dem Zustande der Zersetzung der angewandten Rüben oder von anderen mit dem Verfahren nicht im Zusammenhang stehenden Umständen herrühren soll. Wenigstens fährt Hr. Maumené fort, namentlich in französischen Zeitschriften, für sein Verfahren Reclame zu nehmen und alle diejenigen, welche demselben abhold sind, der persönlichen Animosität zu beschuldigen, während er gänzlich für sich allein die Priorität für die meisten neueren Vorschläge in der Zuckerfabrication, welche einige Aehnlichkeit mit seiner Methode haben sollen, in Anspruch nimmt. Glücklicherweise ist das Gebahren des Hrn. Maumené, wie es in den betreffenden Zeitschriften auftritt, in Deutschland wenig bekannt geworden; er würde sonst die etwaigen Sympathien sich hier ebenfalls noch ganz verscherzt haben, obwohl nach seiner Ansicht das Heil der Zuckerfabrication nicht allein von der Annahme seiner Erfindung abhängt, sondern auch alle zukünftigen Erfinder nicht viel anderes thun können, als seine Ideen zur Entwickelung zu bringen. Fragen wir aber nach den eigentlichen Ursachen, welche dieses Zuckergewinnungsverfahren noch so wenig Anklang finden ließen, so sind dieselben Wohl jedenfalls in den großen Kosten zu suchen, welche nicht allein die Anlage der erforderlichen Saftcisternen, sondern – und diesen großen Uebelstand übersieht der Erfinder ganz, oder will ihn übersehen – auch das Auspressen der Rüben in einem um die Hälfte kürzern Zeitraum erfordern. Der Erfinder schlägt daher jetztJournal des fabricants de sucre No. 42. vor, den Saft der Rüben „nach seinem Verfahren“ nur 24 Stunden, oder selbst weniger zu conserviren und dann in gewöhnlicher Weise weiter zu verarbeiten, wozu dann fast keine Knochenkohle mehr erforderlich sey. Durch diesen neuesten Vorschlag wirft natürlich Maumené seinen früheren gänzlich um; nicht allein gibt er die Grundidee der Conservirung des Rübensaftes und der Vermeidung des Zuckerverlustes ganz auf, sondern es gehen sogar alle sicheren Unterscheidungsgründe seines Verfahrens von den sonst üblichen ganz verloren, wenn sie nicht in den verlangten 2–5 Proc. Kalk und der gleichzeitig verlangten Geldprämie zu suchen sind. Wir wollen daher zunächst von der älteren Vorschrift, von dem unter diesem Namen bisher bekannten eigentlichen Maumené'schen Verfahren sprechen, indem ein Versuch, welchen ich in dieser Beziehung angestellt habe, einiges Licht auf die Ursachen zu werfen scheint, die dasselbe unanwendbar machen. Schon früherPolytechn. Journal Bd. CLVIII S. 144. habe ich die Vermuthung ausgesprochen, daß eine genaue Untersuchung des nach Maumené conservirten Saftes ein den bisherigen Versicherungen widersprechendes Resultat liefern dürfte; diese Vermuthung hat sich nach einer Richtung hin bestätigt. Am 7. October 1860 wurde frischer Rübensaft mit 5 Proc. Kalk gemischt, indem auf 4 Pfd. Saft 6 Loth Kalk, nach dem Abwägen zu Hydrat gelöscht, zugesetzt wurden. Eine Probe des Saftes, vor dem Kalkzusatz, polarisirte 10,85 Proc. Nachdem der gekalkte Saft einige Stunden gestanden hatte, wurde eine Probe davon mit reiner Kohlensäure kalt saturirt, dann ohne vorheriges Erhitzen mit Bleiessig gefällt und mit Essigsäure sauer gemacht. Nach der erforderlichen Reduction ergab die Polarisation 10,80 Proc.; die geringe Verminderung kann wohl dem Wasser des Kalkhydrats zugeschrieben und diese letztere Polarisation als der wirkliche Zuckergehalt des Saftes angesehen werden, welcher, wenn das ganze Verfahren empfehlenswerth seyn soll, auch nicht die geringste Verminderung erfahren darf. Der Saft wurde nun in einer verschlossenen Flasche längere Zeit aufbewahrt und sein Zuckergehalt von Zeit zu Zeit geprüft. Am 10. December wurde eine Probe des klar abgegossenen Saftes in der oben bezeichneten Weise untersucht und nur 9,68 Proc. Zucker gefunden. Eine andere Probe, unter alleinigem Zusatz von Essigsäure polarisirt, ergab sogar noch etwas weniger. Es hat also hier in dem Zeitraum von etwa zwei Monaten eine Abnahme des ursprünglichen Zuckergehalts um etwa 10 Proc. desselben stattgefunden. Am 28. Januar 1861 wurde der Saft umgeschüttelt und die etwas trübe Lösung untersucht; sie ergab 9,74 Proc. Zucker; ich komme weiter. unten auf diese anscheinende Steigerung zurück. Am 23. März 1861 wurde abermals eine klar abgegossene Probe in derselben Weise wie die erste Probe untersucht; die Polarisation ergab übereinstimmend in zwei Versuchen 9,30 Proc. In nicht ganz sechs Monaten fand also ein Zuckerverlust von fast 14 Proc. statt. Da die Möglichkeit nahe lag und durch den Versuch vom 28. Januar bestätigt schien, daß sich eine unlösliche Zuckerverbindung gebildet habe, so wurde nun der in dem Safte befindliche sehr reichliche Niederschlag einer Prüfung unterworfen. Am 2. März 1861 wurde demnach der klare Saft abgegossen und von dem schlammigen, sehr kalkreichen Absatz eine Probe mit reiner Kohlensäure saturirt. Die Operation ging sehr langsam und unter starkem Schäumen vor sich und konnte nicht bis zum völligen Verschwinden der Alkalität getrieben werden. Eine Probe der, ohne Erwärmen abfiltrirten Lösung, unter Zusatz von 1/10 Vol. Essigsäure polarisirt, ergab 11,03 Proc. Zucker; eine andere unter Zusatz von Bleiessig und Säuerung des Filtrats mit einem Tropfen Essigsäure ergab nur 10,65 Proc. Den Widerspruch dieser beiden Resultate zu erklären dürfte schwer halten, obwohl derselbe in anderen Beobachtungen Analogien hat.Man s. polytechn. Journal Bd. CLVII S. 368. Findet sich hier eine Zuckerverbindung, welche durch Essigsäure zersetzt, aber durch Bleiessig theilweise unzersetzt gefällt wird, oder kommen noch andere das Polarisationsinstrument afficirende Substanzen in der ersten Lösung vor? Dieß kann nur durch sorgfältige anderweite Versuche ermittelt werden. Nehmen wir vorläufig das Günstigste an, so folgt, wie ja auch in geringerem Grade aus der zweiten Polarisation, daß in dem Niederschlage mehr Zucker enthalten ist als in der Lösung. Dieß wird endlich durch einen letzten Versuch bestätigt, welcher für das trübe Gemisch aus Lösung und Niederschlag – welches aber in Folge der früheren Versuche mit ersterer verhältnißmäßig zu viel Niederschlag enthielt – einen Zuckergehalt von 10,51 ergab, immerhin also eine geringere Zahl als der ursprüngliche Saft ergeben hatte. Aus diesen Ermittelungen lassen sich offenbar folgende Schlüsse ziehen: 1) Der Zuckergehalt in der Saftlösung nimmt bei der Aufbewahrung mit 5 Proc. Kalk allmählich ab, so zwar, daß ein namhafter Verlust daraus entsteht. 2) Der aus dem Safte verschwundene Zucker findet sich ganz oder theilweise in dem gebildeten Niederschlage, aber in einer so unlöslichen Form, daß dessen Ausscheidung durch Kohlensäure und in fabrikmäßiger Weise als mindestens noch sehr fraglich zu erklären ist. Ob bei dieser Niedergewinnung des abgeschiedenen Zuckers aus dem Scheideschlamm durch Neutralisation des Kalkes, nicht die Scheidung theilweise aufgehoben wird, steht ebenfalls noch dahin. Es ist wahrscheinlich, daß diejenigen Versuche mit dem Maumené'schen Verfahren, welche mit größeren Mengen Saft angestellt worden sind, aus dem Grunde ein ungünstiges Resultat lieferten, weil der im Schlamm in unlöslicher Form gebliebene Zucker nicht wiederzugewinnen versucht worden ist, wie denn überhaupt alle Untersuchungen über den Zuckergehalt der conservirten Säfte nicht mit derjenigen Sorgfalt gemacht zu seyn scheinen, welche die Gegenwart des Kalkes offenbar erheischt. Diese Resultate stimmen mit denen der oben erwähnten Versuche über das Verhalten des mit Kalk conservirten Rübenbreies genau genug überein, um hierin eine Bestätigung derselben zu erblicken. Unaufgeklärt bleibt es allerdings immer noch, welches die Form ist, unter welcher der Zucker im Scheideschlamm einerseits, im Rübenbrei andererseits festgehalten wird, wenn es auch ausgemacht erscheint, daß er für die Fabrication verloren ist. Betrachten wir nun den neuesten Vorschlag Maumené's, so ist darin, wie schon gesagt, die ursprüngliche Absicht ganz aufgegeben und es kann derselbe daher nicht mehr auf die Vermeidung des Zuckerverlustes gerichtet seyn. Er geht vielmehr, wie so manche, namentlich französische Vorschläge, auf die Vermeidung der Filtration, auf die Ersparung der Knochenkohle aus. Ob durch Scheidung mit größeren Kalkmengen und Stehenlassen „während 24 Stunden oder auch weniger“ wirklich Säfte erzielt werden, welche noch dem Saturiren und Kochen so farblos werden, daß sie der Filtration nicht bedürfen, muß dahin gestellt bleiben, bis mehrfache Versuche, die jetzt nicht möglich waren, darüber entschieden haben. Es ist dieß, bis jetzt wenigstens, nach dem Aussehen der von mir untersuchten Säfte noch sehr zweifelhaft. Sie zeigten in den ersten Tagen nach der kalten Scheidung eine bei tieferen Schichten so entschieden graue Färbung, daß sich von der weiteren Verarbeitung ohne Filtration nicht viel Gutes erwarten ließe. Indessen sind auch noch ganz andere Umstände zu berücksichtigen: 1) Die Saturatien eines mit 5 Proc. Kalk versetzten Saftes ist eine sehr schwierige Operation, zu der jedenfalls reine Kohlensäure, die bekanntlich in der Anwendung im Großen sehr kostspielig ist, in bedeutender Menge erforderlich wäre. 2) Es werden, wenn man nicht unverhältnißmäßig viel dieses reinen Gases anwenden will, immer so kalkhaltige Säfte bleiben, daß sie – unfiltrirt – sich schlecht verkochen lassen und nur eine unvollkommene Auslieferung möglich ist. 3) Sollte es auch möglich seyn, die Scheidung richtig zu bewirken und die zwei Wirkungen der Kohle, die der Kalkabsorption und die der Entfärbung entbehrlich zu machen, so wird doch immer eine sehr erhebliche Minderausbeute das Gefolge jeder Methode bilden, welche keine Möglichkeit für Entfernung der Salze bietet. Die Außerachtlassung dieser bisher vielfach übersehenen Wirkung der Kohle erkennt man an allen Verfahrungsweisen, welche die Filtration umgehen wollen. Mögen sie auch wirklich es dahin bringen, helle Zucker mit wenig oder keiner Knochenkohle zu erzeugen – wenn sämmtliche in der Rübe befindliche Salze darin bleiben, so kann dieß nur eine starke Verminderung der Ausbeute bewirken.Man s. polytechn. Journal Bd. CLX S. 378. Während demnach die allmähliche Verminderung des Zuckergehaltes im Safte dem eigentlichen Maumené'schen Verfahren fast alle Aussicht auf eine Zukunft abschneidet und das bisher unerklärte Mißlingen einzelner Versuche rechtfertigt, fällt dieser Umstand zwar bei dem neuerdings von M. vorgeschlagenen, gänzlich von dem älteren verschiedenen, fort, allein es kommen für dieses letztere noch ganz andere Schwierigkeiten in Betracht, für deren Besiegung weder in Hrn. M.'s Angaben, noch in anderen bekannten Thatsachen ein Anhalt gegeben seyn dürfte. II. Das Verfahren von Possoz und Perier. Da in diesem Journal Bd. CLVIII S. 145 die speciellen Angaben über dieses Verfahren enthalten sind, so ist eine Wiederholung derselben hier nicht erforderlich. Zu den einzelnen Punkten läßt sich Folgendes bemerken: Zu 1). Es würde sehr erwünscht seyn, wenn die Erfinder ein bestimmtes Kennzeichen angeben wollten, nach welchem sie die Menge des Kalkes ermitteln, welche sie „in geradem Verhältniß nach der Qualität der zu entfernenden fremden Stoffe“ bemessen. Weder in dem erwähnten Artikel, noch in irgend einem der zwischen den Erfindern und Hrn. Maumené gewechselten Briefe, worin das Verfahren des Längern und Breitern erörtert wird, ist das Geringste über diesen Punkt, den die Erfinder an die Spitze stellen, zu finden gewesen. Zu 3). Die Erfinder zeigen hier, daß sie die richtige Saturation nicht kennen. Wer mit unreiner (aus Holzkohlen erhaltener) Kohlensäure arbeitet, weiß, daß es nicht gelingt, allen Kalk aus Rüben-Scheidesäften zu eliminiren, daß die Lösung vielmehr nach dem Aufkochen stets stark alkalisch und kalkhaltig bleibt. Wer aber mit reiner Kohlensäure arbeitet, weiß längst, daß man nicht allen Kalk ausfällen darf, schon deßhalb, weil man mit neutralen Säften nicht weiter arbeiten kann, sondern nothwendig dieselben alkalisch erhalten muß. Wo man den Endpunkt der Saturation, wie dieß wohl meistens geschieht, nach dem Augenschein der „Probe“ beurtheilt, wird stets soviel Kalk zurückbleiben als nothwendig ist; ein „Ueberschuß von Kohlensäure“ ist ohnehin in gekochten Lösungen undenkbar und diese ganze Vorschrift ist also mindestens eine müßige. Nach 4) sollte es scheinen, als ob durch den Kalk die sämmtlichen Farbstoffe entfernt werden könnten: die weiter unten anzuführenden Versuche werden darthun, wie unrichtig dieß ist. Es werden allerdings beim Saturiren Farbstoffe mit gefällt – wie schon aus der Farbe des Niederschlages folgt – allein diese Menge ist gegenüber derjenigen, welche die Kohle aus den Säften wegnimmt, ganz verschwindend und lohnt jedenfalls eine Wiederholung der Arbeit nicht. Die übrigen Punkte können wir übergehen und nur zum letzten 8) bemerken, daß wohl Niemand, dem an einem Gesundbleiben seiner Säfte gelegen ist, die Saturationskohlensäure aus den Feuerungsgasen der Steinkohle (!) entnehmen wird, um das geringe Quantum Holzkohle zu sparen, welches zur directen Erzeugung der Kohlensäure hinreicht. Indessen läßt sich über Ansichten, aber nicht über Thatsachen rechten, und ich habe daher ein paar Versuche angestellt, um die durch das angegebene Verfahren bewirkte Entfärbung mittelst des Chromoskops zu prüfen. Dabei ist nicht sowohl die Farbe maaßgebend, welche unmittelbar nach der Operation, als vielmehr diejenige welche einige Stunden nachher, nach vollkommenem Abkühlen der Probe zu beobachten ist; sehr häufig kommt es nämlich vor, daß Säfte, die mit Kalk behandelt worden, frisch eine viel hellere Farbe zeigen, als nach einigem Stehen. Zu dem einen Versuch wurde normaler Dünnsaft von Heller gelber Farbe, zu dem andern ein grünlich gefärbter, abnormer, dunkler Dünnsaft genommen, da ja möglicherweise das Verfahren sich für abnorme Fälle eignen könnte. Im ersten Falle ist durch die wiederholte Kalkung und Saturation eine Verbesserung der Farbe gar nicht, im zweiten nur in sehr unbedeutendem Maaße erreicht worden. a) Normaler Dünnsaft; nach der Scheidung und gewöhnlichen bis zur deutlichen Probe, also möglichst vollkommenen Saturation mit Holzkohlen-Kohlensäure, nach dem Aufkochen und Abfiltriren durch Sackfilter. Farbe des Saftes 74. Nach nochmaligem Kalkzusatz wurde mit reiner Kohlensäure saturirt, gekocht und nach einigen Stunden die Farbe gemessen; es wurde gefunden wie oben 74. Gleichzeitig wurde die Farbe des über Knochenkohle in gewöhnlicher Weise filtrirten Dünnsaftes – von einem richtig gewählten Durchschnittsmuster – bestimmt und zu 9,2 gefunden, wornach also durch Filtration 87,5 Proc. des Farbstoffs, durch das Verfahren von Possoz und Perier nichts entfernt worden war, denn die aus dem Scheidesafte durch die erste, gewöhnliche Saturation gefällten Farbstoffe – hier nicht bestimmt – können keinenfalls diesem „neuen“ Verfahren zu Gute kommen. b) Abnorm gefärbter, dunkler Dünnsaft von graulicher Schattirung, aus demselben Stadium wie a) genommen. Farbe 114. Nach der Behandlung wie oben ergab sich die Farbe, unmittelbar bestimmt, zu 95,8, nach einigem Stehen bis zum Kaltwerden aber ebenfalls wieder 114. Saturation mit Holzkohlen-Kohlensäure brachte die Farbe etwas herab, bis auf 95,5, vielleicht in Folge einer Oxydation (?). Die Entfärbung durch gewöhnliche Filtration ging bis auf 12,4 im Durchschnittsmuster, betrug also 88,4 Proc. Wollte man also auch die günstigsten, gleich abgelesenen Zahlen gelten lassen, so gibt doch ein Vergleich mit der gewöhnlichen Entfärbung einen so enormen Unterschied, daß man wohl die durch eine zweite Scheidung und wiederholte Saturation erzielte Wirkung auch hier als Null betrachten kann. Die Ergebnisse dieser Versuche sind so treffend, daß wir damit wohl die Besprechung dieses Verfahrens schließen könnten, doch muß ich noch auf zwei Punkte aufmerksam machen: 1) Auch hier wird die Entsalzung der Säfte durch die Kohle ganz übersehen, und es gilt daher auch hier Alles was schon oben über diesen Punkt gesagt worden ist. 2) Ob das Verfahren, das ich nur für Rübenzuckerfabrication geprüft habe, vielleicht für Zuckerraffinerie besseren Erfolg hat, können diese Versuche natürlich nicht entscheiden. Bedenkt man aber, daß so concentrirte Säfte, wie sie beim Raffiniren dargestellt werden, durch Kohlensäure nicht von ihrem Kalk befreit werden können – wenigstens nicht durch die gewöhnliche Holzkohlen-Kohlensäure – daß aber dünnere Säfte schwerlich in Raffinerien vorkommen, so wird man das Verfahren wenigstens nicht für leicht anwendbar erachten. Ich behalte mir indessen vor, das Verhalten von Rohzuckerlösungen verschiedener Concentration gegen wiederholte Behandlung mit Kalk und Kohle später noch eingehend zu prüfen. III. Das Rousseau'sche Verfahren. Dieses von Frankreich aus mit so vielem Pompe als das non plus ultra der Zuckerfabrication ausposaunte Verfahren (in welches voreilige und lächerliche Geschrei leider auch manche deutsche Zeitschrift unberufen mit einstimmte!) ist zwar in letzter Zeit schon so manchen Beurtheilungen und Prüfungen ausgesetzt worden, und es sind darüber so viele sachverständige und stets ungünstige Meinungen geäußert worden, daß es fast überflüssig erscheint, noch etwas darüber zu sagen. Indessen sind doch bei den vielen Kritiken, welche bekannt geworden sind, einige Punkte nicht berührt worden, die von hervorragender Wichtigkeit sind, so daß es mir wohl verstattet seyn wird, zur Vervollständigung des Urtheils noch Einiges anzuführen, obwohl eigentlich die Sache gar nicht so vieler Worte werth ist. Ich möchte nur auf drei Punkte aufmerksam machen: 1) Wenn man Rübensaft, der im günstigsten Falle nach dem Kochen neutral ist, mit neutralem Gyps kocht, so kann nur eine im günstigsten Falle neutrale Lösung resultiren; die vorhandenen organischen Säuren können weder gebunden noch überhaupt entfernt werden. Zusatz von Eisenoxydhydrat ändert nichts an der Sache. Hat man aber gar Säfte von nicht mehr ganz normalen Rüben, so ist die Sache noch schlimmer. Als ich die betreffenden Versuche anstellte, waren nur noch Rüben zu erhalten, deren Saft, nach dem Kochen für sich allein, deutlich sauer war. (Dieß hinderte indessen nicht, daß diese Rüben mit dem schönsten Erfolge und ohne die geringste Störung wie die allerfrischesten in der Fabrik verarbeitet wurden.) Auf Zusatz an Gyps zeigte sich der Saft nach dem Kochen entschieden stärker sauer. Wer wird mit solchen Säften arbeiten wollen? Jeder Zuckerfabrikant weiß, daß vollkommen neutrale Säfte zur Verarbeitung nicht taugen. Directe Versuche, mit vollständig ausgeführter Neutralisation der Säfte haben dieß unumstößlich dargethan. Wie sollte man da auch nur daran denken können, mit Gyps geschiedene, im günstigsten Falle neutrale, in den meisten Fällen saure Säfte in Arbeit zu nehmen? 2) Der Schwerpunkt des Verfahrens liegt in der Absorption des Gypsüberschusses durch Eisenoxydhydrat. Wohl bekannt mit der Furcht des praktischen Fabrikanten vor gypshaltigen Säften, hat Rousseau die Kühnheit – um es gelinde zu nennen – zu behaupten, der Gypsgehalt werde durch Eisenoxydhydrat entfernt. Dieß ist aber, wenigstens für Rübensäfte, nicht wahr. Es zeigte sich bei mehrfach angestellten Versuchen bei mit Gyps geschiedenen Rübensäften nach deren, wie vorgeschrieben, ausgeführten Behandlung mit Eisenoxydhydrat gar keine wahrnehmbare Verminderung ihres sehr hohen Gypsgehaltes. Es bleibt also – abgesehen von allem Andern – der gesammte Gypsgehalt, welcher durch Lösung in den Saft kam, darin, und wer wollte wohl mit so gypshaltigen Säften arbeiten? Wir sind aufs eifrigste bemüht, gypsarme Fabrikwasser anzuwenden, schwefelsäurefreie Salzsäure zu brauchen; wir wenden viel Kosten und Mühe daran, von Zeit zu Zeit den Gyps aus der Kohle zu entfernen, und nun sollten wir den gefürchteten Feind in den Saft in bedeutender Menge hineinbringen? Kein vernünftiger Fabrikant wird das wagen. Der Gyps ist viel gefürchtet, Vielen gilt die Furcht als Vorurtheil. Ein leicht anzustellender Versuch wird zeigen, wie derselbe unter gewissen Bedingungen nicht allein gefährlich, sondern geradezu verderblich werden kann: Man bringe in eine Schale mit neutraler Zuckerlösung neutralen Gyps; in eine andere mit der gleichen Lösung neutrales Chlorammonium und koche den Inhalt jeder Schale für sich: man wird zwei neutrale Lösungen behalten. Nun mische man beide und fahre mit dem Kochen fort, so wird die Lösung allmählich sauer und endlich röchet sie Lackmus stark und deutlich. Hier bildet sich schwefelsaures Ammoniak, welches beim Kochen unter Entweichen von Ammoniak das Sauerwerden veranlaßt. Fügt man gleich dieses Salz zur Zuckerlösung, so findet dieselbe Erscheinung statt. Wo also Gyps sich in Gegenwart von Substanzen findet, welche Ammoniak geben können – und in den meisten Rübensäften ist dieß der Fall – da kann sich, wenn hinreichend von beiden vorhanden ist, unter Umständen freie Säure entwickeln. Diese leicht zu beobachtende Erscheinung kann in vielen räthselhaften Fällen zur Erklärung beitragen; jedenfalls zeigt sie, daß die Furcht vor großem Gypsgehalt der Säfte keine unbegründete ist. Darum fällt auch Rousseau den Gyps mit Eisenoxydhydrat wieder aus. Ja, wenn es nur ginge! 3) Es soll keine Knochenkohle mehr gebraucht werden! Die Farbe des Rübensaftes, wenn er nach Rousseau behandelt ist, ist zwar in den meisten (lange nicht in allen) Fällen eine sehr helle gewesen. Aber der Saft ist bei weitem nicht farblos; er hat vielmehr jene grünliche Farbe, die für jeden erfahrenen Fabrikanten das Zeichen einer unvollkommenen Scheidung ist; und von solchen Säften weiß man im Voraus, ohne es zu versuchen, daß sie sich schlecht verarbeiten. Im Laboratorium, in kleinen schmalen Gläsern sieht das ganz gut aus, da gibt es noch sehr viele schöne Methoden, Zucker aus Rüben zu erhalten; aber – ob wohl Rousseau solche Säfte, ehe er seine Erfindung in die Welt posaunen ließ, in einer Fabrik in fabrikmäßiger Quantität, in fabrikmäßiger Weise, ohne Schwärze, verarbeitet hat? Ganz gewiß nicht! Dieß Alles ganz abgesehen von der auch hier ganz übersehenen Entsalzung durch Knochenkohle. Ich habe das schon wiederholt erwähnt und möchte nur noch die Meinung äußern, daß wir, wenn irgend welchem chimärischen Verfahren zu Liebe, die Kohle aufgegeben werden sollte, ganz bestimmt wieder zu der mangelhaften und jetzt gar nicht mehr lohnenden Zuckerausbeute, wie sie vor 10 Jahren stattfand, zurückkommen würden, denn die Salze zu entfernen, muß in dieser Beziehung stets das Hauptaugenmerk bleiben! Diese drei Punkte allein rauben schon dem neuen Verfahren den Boden, welches eine „Revolution in der ganzen Zuckerfabrication hervorrufen“ sollte. Und doch wiederhole ich, daß ich damit nur auf dasjenige aufmerksam machen will, was bisher mehr oder weniger übersehen worden zu seyn scheint. Die übrigen leicht zu begründenden und mit großer Bestimmtheit erhobenen gewichtigen Einwände sind darum nicht minder geeignet, das Verfahren ebenfalls schon für sich allein vollständig zu richten. Ob nun Rousseau noch ein Geheimniß hat, welches er nicht kund gibt, ist nicht anzugeben. Beurtheilen kann man nur dasjenige, was er selbst authentisch der Pariser Akademie mitgetheilt hat.Polytechn. Journal Bd. CLIX S. 454. Daß seine Erfindung in etwas Anderm bestehe, hat er noch nirgends gesagt – und das hätte man doch, nach den zahlreichen Besprechungen von jedem Ehrenmanne erwarten können. Rousseau hüllt sich, statt den Einwänden entgegenzutreten, in ein stolzes Schweigen. Möchte nur Mancher daraus lernen, nicht gleich Alles nachzupreisen, was anderwärts, namentlich im Auslande, gepriesen wird, sondern erst eine sachliche Prüfung abzuwarten! IV. Neue Behandlungsart der Knochenkohle. Nach einem von Oesterreich aus bekannt gewordenen Vorschlage soll die Knochenkohle nicht mehr geglüht, sondern statt dessen mit Soda ausgekocht werden. Die Kosten für die Wiederbelebung sollen sich dadurch erheblich niedriger stellen. Von vornherein ist von dem Auskochen mit Soda eine sehr günstige Wirkung für die Knochenkohle zu erwarten. Bedenkt man aber, daß dadurch wieder bei jedesmaligem Wiederbeleben eine namhafte Menge Salze zur Kohle hinzukommt, so muß es scheinen, als ob jetzt der Schwerpunkt der Wiederbelebung in das Waschen gelegt würde. Wenn man den Versuch macht, nach dem Auskochen mit Soda im Kleinen alle Salze zu entfernen, so wird man bald inne, daß mit unseren gewöhnlichen Vorrichtungen der Zweck im Großen nur theilweise erreicht werden kann. Entweder also – und hiervon ist in dem Verfahren nichts enthalten – müßte die Kohlenwäsche sehr vergrößert und verstärkt werden, oder es sammeln sich mehr und mehr Salze in der Kohle an und diese wird unfähig, ihre so nothwendige Wirkung auf die Säfte auszuüben. Indessen wäre es doch möglich, daß sich die nicht geglühte aber mit Soda gekochte Kohle so vortrefflich zeigt, daß diese Schwierigkeit übersehen werden dürfte und man die Kosten einer vermehrten Wäsche dagegen nicht zu scheuen hätte. Directe Versuche haben aber gezeigt, daß dieß nicht der Fall ist, daß vielmehr die nach der neuen Methode wiederbelebte Kohle gegen die gewöhnliche entschieden im Nachtheil ist. Da aus der mir vorliegenden Vorschrift nicht mit Sicherheit hervorgieng, ob auch die Gährung wegbleiben solle, oder nicht, so zog ich, um sicher zu gehen, letzteres vor und verfuhr mit einer größeren Menge Kohle wie folgt: Dieselbe wurde nach dem Waschen aus der gewöhnlichen Arbeit entnommen (also nachdem sie wie gewöhnlich gesäuert und der regelmäßig verlaufenen Gährung ausgesetzt, dann mit heißem Wasser gewaschen worden war), mit 1 Proc. krystallisirter Soda zum Kochen erhitzt und einige Zeit lang gekocht, dann mehrfach im Bottich mit heißem Wasser gewaschen, dann gedämpft, in der Waschmaschine gewaschen und endlich mehrmals im Filter gedämpft. Selbstredend kann ein so umständliches Verfahren gegen das bloße Ersparen des Glühens kaum als ein Gewinn betrachtet werden, doch sollte zu einem Versuch der möglichst gute Resultate versprechende Weg inne gehalten werden. Die somit ungeglühte, aber zweimal gewaschene und stark gedämpfte Knochenkohle wurde nun zunächst einem Glühversuch im Kleinen unterworfen. Wiederholte Proben zeigten, daß sich dabei ein deutlicher Geruch entwickele, ähnlich wie derjenige ist, welchen frische vom Filter genommene Kohle beim Glühen gibt, obwohl viel schwächer. Kohle, auf gewöhnliche Art wiederbelebt und geglüht, zeigte dagegen keine Spur eines Geruches, und es folgt hieraus, daß trotz der Gährung und des Kochens mit Soda u.s.w. doch noch organische Stoffe in der Kohle vorhanden bleiben, und zwar in hinreichender Menge, um beim Glühen selbst geringer Menge von Kohle eine bemerkbare Menge übelriechender Gase zu entwickeln. Dieser Versuch allein dürfte ausreichen, um das ganze Verfahren als zur Reinigung der Kohle nicht genügend zu bezeichnen; indessen habe ich noch einen anderen angestellt, um die Verbesserung der Polarisation (Entsalzung) und die Entfärbung zu bestimmen, welche diese Kohle im Vergleich zur gewöhnlichen bei der Behandlung desselben Saftes bewirkt. Gleiche Mengen eines der Fabrik entnommenen Syrupes wurden mit gleichen Mengen (dem Raume nach) der beiden zu vergleichenden Kohlen die gleiche Zeit hindurch zum Kochen erhitzt, und sowohl von den beiden abfiltrirtenabfiltrirteu als von dem ursprünglichen Syrup die Polarisation und die Farbe für gleiche Schwere ermittelt. Der ursprüngliche Syrup zeigte einen (scheinbaren) Zuckerquotienten von 87,5 und die Farbe 36; der mit gewöhnlichergewöhlicher Kohle behandelte den (scheinbaren) Zuckerquotienten von 91,2 und die Farbe 10; der mit der in Rede stehenden Kohle behandelte einen Quotienten von 91,3 und die Farbe 19. Der Unterschied der beiden letzten QuotientenQnotienten ist so gering, daß er mit Recht als in die Grenze der Beobachtungsfehler fallend betrachtet werden kann. Der Unterschied in der Entfärbung ist dagegen sehr erheblich; während gewöhnliche Kohle 72 Proc. Farbstoffe aus dem Saft entfernte, hat die ungeglühte nur 47 Proc. herausgenommen. Dieß Resultat, im Verein mit dem oben erwähnten Verhalten beim Glühen, ist also gewiß derart, daß eine Veranlassung, das neue Verfahren, welches ja ohnehin nicht erhebliche pecuniäre Vortheile bieten kann, weiter zu verfolgen oder gar einzuführen, nicht vorliegt. V. Galland's Deckflasche. Die „Deckflasche,“ welche in diesem Journal Bd. CLIX S. 67 beschrieben ist, verspricht nach den daselbst mitgetheilten Daten allerdings mancherlei Vortheile für die Bodenarbeit. Mehrfach angestellte Versuche haben dieß theilweise bestätigt. Die von mir angewandten Flaschen waren eigens angefertigt, um die Gesammtmenge Deckkläre zu fassen, welche ein Brod beim gewöhnlichen Verfahren zu erhalten pflegt. Statt des vom Erfinder vorgeschlagenen Trichters wurden sie auf einfache Holzbänkchen mit passenden Löchern gestellt, welche ihrerseits auf vier Punkten der Melisform ruhten und so die Oberfläche des Brodes möglichst frei ließen. Es wurden anfangs nur wenige Brode mit der Deckflasche versehen, später, als die ersten Versuche glückten, jedemal 40 Stück, und beim Herausnehmen die Brode mit den auf gewöhnliche Art gedeckten sorgfältig verglichen. Die Versuche sind in jeder Weise öfter wiederholt worden. Der Hauptunterschied in der Arbeit auf gewöhnliche Weise und mit Deckflaschen besteht darin, daß bei letzteren die Deckkläre ununterbrochen fließt, mithin das Brod, wenn es einmal bis oben damit gefüllt ist, nicht eher theilweise abzieht, daß also nicht eher Luft an die Stelle der Deckkläre tritt, bis der Inhalt der Flasche abgelaufen und mithin der größte Theil der Deckkläre durch das Brod gegangen ist. Bei gewöhnlichen Decken zieht das Brod so oft theilweise ab und bildet sich oben so oft ein von Kläre verhältnißmäßig freier Raum, als Decken gegeben werden. Es konnte mithin zunächst erwartet werden, daß die neue Art zu decken viel weniger Deckkläre erfordern würde, als die alte – vielleicht auch umgekehrt. Im erstem Falle würde die Consequenz erfordern, die grünen Brode nach dem Aufstellen auf die Stellagen gegen den bisherigen Gebrauch sofort mit der Deckkläre in der Gesammtmenge zu beschicken und kein vorheriges Abziehen geschehen zu lassen. Die Versuche haben dargethan, daß ein Unterschied im Deckklärebedarf nicht zu bemerken ist, indem die Brode, als die gleiche Menge Deckkläre wie gewöhnlich genommen wurde, eben so nett wurden, wie diejenigen welche auf gewöhnliche Art gedeckt wurden, daß aber auch eine Verminderung dieser Menge ebenso wenig statthaft ist, daß vielmehr dieß von Nachtheil für die reine Ausdeckung begleitet seyn würde. Brode, welche ohne vorher abzuziehen, sofort mittelst der Deckflasche mit Kläre versehen wurden, zeigten sich nicht vollkommen nett, es sey denn, daß man eine größere Menge Kläre anwandte, und es ist mithin diese Consequenz unstatthaft. Wenn aber die Anwendung der Deckflasche auf die Quantität der Deckkläre ohne Einfluß ist und bei gleichen Quantitäten nur gleich nette Brode erzeugt, so ist dagegen eine sehr erhebliche Ersparniß an Zeit und Arbeit dadurch ohne Zweifel zu erzielen. Das Ausdecken der Brode geschah stets gegen die übrigen, in dem Drittel bis der Hälfte derdee Zeit. Nehmen wir das letztere an, so ist es in vielen Fällen schon ein erheblicher Vortheil, die Böden in der halben Zeit frei zu haben und neue Brode aufstellen zu können. Die parallellaufende Ersparniß an Arbeitskosten wird dagegen durch das umständlichere Aufstellen und durch die Zerbrechlichkeit der Flaschen (undurchsichtige dürften nicht recht zweckmäßig seyn) aufgehoben, wie denn überhaupt die Aufstellung der Deckflasche es nöthig macht, daß die Brode in den Stellagen sehr fest, senkrecht und mit den oberen Rändern gleichmäßig, d.h. in möglichst gleicher Horizontalebene stehen, eine Bedingung, deren Erfüllung auf alten Böden wenigstens auf manche Schwierigkeiten stoßen wird. Halten wir uns daher vorab an den wirklich und in allen Fällen erwiesenen Vortheil der Zeitersparniß – eine Ersparniß, welche ohne Nachtheil für die Nettigkeit der Brode erzielt wird. Gewiß ist es interessant, dieselbe unbedingt festgestellt zu sehen; es wird zu weiteren Versuchen in dieser Richtung auffordern, denn ohne Zweifel ist hier noch Manches zu thun und zu verbessern. Es tritt aber ein Umstand hier auf, der sehr merkwürdig ist, und der vielleicht die ganze Sache für manche Fälle als unpraktisch hinstellen wird. Es gelangen nämlich lange Zeit alle Versuche vollkommen und ohne jeden Anstoß; plötzlich aber zeigte sich bei einer weitern Probe mit 40 Flaschen auf der dünnen Schicht Deckkläre eine so dichte Krystallkruste, daß dadurch der Eintritt von Luft in der Flasche abgesperrt und mithin das Ausfließen der Deckkläre zugleich gehindert wurde. Zerbrechen der Kruste half nur momentan, sie bildete sich sofort wieder; ohnehin kann bei der Breite der Stellagen zwischen den auf den Broden stehenden leicht umzustoßenden Flaschen keine Operation an allen Broden vorgenommen werden. Es müßten die Flaschen abgenommen und die Brode in gewöhnlicher Weise fertig gemacht werden. Ein gleich darauf wieder vorgenommener Versuch hatte kein besseres Schicksal; die Flaschen liefen fast gar nicht ab, so daß die Probe einstweilen unterbrochen werden mußte. Woher kommt diese auffallende Erscheinung? Eine ganz bestimmte Erklärung zu geben bin ich nicht im Stande, indessen scheint doch der Umstand, daß die Arbeit während der Rübencampagne in Winterszeit verlief und die scheiternden Versuche in die Zeit fielen, wo die Rübenarbeit zu Ende war und nur noch die vorhandenen Zucker auf Melis aufgearbeitet wurden, gleichzeitig auch das hier sehr trockene Frühjahrswetter eintrat, auf eine wenigstens mögliche Ursache hinzudeuten. Es scheint, daß wenn die Luft der Böden, wie dieß hier der Fall war, sehr austrocknend ist, die Krystallbildung auf der dünnen Schicht Deckkläre sehr störend auftritt, daß dieß aber nicht der Fall ist, wenn die Luftfeuchtigkeit die Verdunstung weniger begünstigt. Demnach würde die Anwendung der Deckflaschen, kurz gefaßt, während der Campagne, wo die Jahreszeit einerseits, die Arbeit andererseits die ganze Fabrikluft in hohem Grade feucht erhalten, möglich und zweckmäßig seyn, nach Beendigung der eigentlichen Campagne aber, resp. im Sommer, an der erwähnten Schwierigkeit scheitern. Wie gesagt, diese Erklärung ist keine unumstößliche; aber vorderhand paßt sie auf alle beobachteten Erscheinungen, und es muß erst noch eine längere Reihe von Erfahrungen dieselbe bestätigen. So viel aber scheint sicher, daß einstweilen eine Anwendung im Großen nicht eher wird erfolgen können, als bis zahlreiche Versuche unter veränderten Umständen sich dafür werden ausgesprochen haben.