Titel: | Die in Frankreich gebräuchlichen Sicherheits-Zündhölzer. |
Fundstelle: | Band 161, Jahrgang 1861, Nr. XLIII., S. 148 |
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XLIII.
Die in Frankreich gebräuchlichen
Sicherheits-Zündhölzer.
Aus dem Précis de
Chimie industrielle par A. Payen, 4me édition, Paris 1859, t. II p. 737.
Ueber die in Frankreich gebräuchlichen
Sicherheits-Zündhölzer.
In der letzten Zeit hat der französische Kriegsminister die Benutzung der
gewöhnlichen Phosphorzündhölzer, weil dieselben sich so leicht schon durch gelinde
Reibung entzünden und überdieß in dem Phosphor einen sehr giftigen Körper enthalten,
in den ihm untergeordneten Anstalten verboten, und dagegen angeordnet, daß in
denselben nur die Zündhölzer mit amorphem Phosphor von Gebrüder Coignet und Comp. (sogenannte
Antiphosphorfeuerzeuge) angewendet werden dürfen. Seitdem hat er in Folge eines von
einer Commission der Akademie der Wissenschaften erstatteten BerichtsComptes rendus t. XLIX p. 434. auch folgende keinen weißen Phosphor enthaltende Reib-Zündhölzer in
den Militäranstalten Frankreichs zugelassen:
1) Canouils Zündhölzer. – Die Masse von Canouil, welche bekanntlich gar keinen Phosphor enthält,
weder rothen noch gewöhnlichen, ist von den Herren Vaudaux und Paignon verbessert worden. Sie
besteht bei den Zündhölzern, wie sie jetzt von der Gesellschaft, welche Canouil's Patent an sich gebracht hat, verkauft werden,
aus:
chlorsaurem Kali
90 Theilen
zweifach-chromsaurem Kali
45 „
braunem Bleioxyd
25 „
Mennig
20 „
Spießglanz-Safran (crocus
antimonii)
20 „
Schwefelantimon
15 „
Glas
15 „
Blutlaugensalz
5 „
Alle diese Substanzen werden als feines Pulver mit einander vermengt, indem man 15
Theile Gummi, vorher in 55 Thlen. Wasser aufgelöst, zusetzt, hernach mit dem Läufer
auf dem Präparirstein zerrieben. Man hat dann nur noch das Ende der geschwefelten
Hölzer in diese Masse zu tauchen und dieselben trocknen zu lassen.
Diese Zündhölzer werden etwas schwieriger als diejenigen mit weißem Phosphor zur
Entzündung gebracht; aus diesem Grunde können wenigstens durch Kinder nicht so
leicht zufällige Brände veranlaßt werden.
2) Dieselben Zündhölzer mit besonderer Reibfläche.
– In Folge einer Verbesserung, welche die Herren Vaudaux und Paignon in Verbindung mit Hrn. Meyer gemacht haben, können die Canouil'schen Zündhölzer von Kindern noch weniger zur Entzündung gebracht
werden, denn sie erfordern dazu eine besondere Reibfläche, ohne welche sie sich nur
höchst schwierig entzünden lassen. Die Masse derselben besteht aus:
chlorsaurem Kali
26 Theilen
braunem Bleioxyd oder Braunstein
25 „
zweifach-chromsaurem Kali
20 „
Cyanblei
20 „
Spießglanz-Safran
20 „
Glas
4 „
Diese Substanzen werden in Pulverform mit einander vermengt, indem man eine Auflösung
von 5 Thlen. Gummi in 20 Thlen. Wasser zusetzt; nachdem die Masse dann mit dem
Läufer auf dem Präparirstein zerrieben worden ist, taucht man die Enden der
geschwefelten Hölzer in dieselbe.
Um die besondere Reibfläche zu erhalten, versetzt man eine heiße Leimauflösung mit
gepulvertem Schwefelantimon und überzieht mit diesem Gemisch die zur Aufnahme der
Zündhölzer bestimmten Büchsen, Papierhülsen etc. Als Reibfläche kann man aber auch
ein mattgeschliffenes Glas anwenden; mittelst hinreichend starken raschen Reibens
kann man die Entzündung sogar auf einem Fensterglas hervorbringen.
3) Zwitterzündhölzer des Hrn. Bombes. – Die
sogenannten Zwitterzündhölzer (allumettes androgynes)
werden folgendermaßen dargestellt: nachdem das Holz von Hand in kleine würfelige
Blöcke zerschnitten wurde, deren jeder 300 bis 400 nicht getrennte Hölzchen enthält,
werden dieselben zuerst wie gewöhnlich geschwefelt; die geschwefelten Enden taucht
man in eine Masse, welche aus 2 Thln. chlorsaurem Kali, 1 Th. Kohle und 1 Th.
Umbraerde besteht; diese drei Substanzen werden einzeln gepulvert, dann vermengt und
mittelst des Läufers auf dem Präparirstein mit einer schwach klebrigen Auflösung von
Tischlerleim zerrieben, die man während des Eintauchens vermittelst eines
Wasserbades heiß erhält.
Nachdem sie trocken sind, überzieht man die obere Fläche des Blockes vermittelst
eines Pinsels mit einer Masse, welche aus amorphem Phosphor, in lauwarm erhaltenem
Tischlerleim zertheilt, besteht; erst nachher werden die Hölzchen von einander
getrennt.
Bei den Zwitter-Zündhölzern ist also der rothe Phosphor nicht wie bei den
Antiphosphorfeuerzeugen auf einer von dem Hölzchen getrennten Reibfläche, sondern auf dem
nicht geschwefelten Ende des Hölzchens selbst angebracht, daher dieses alles in sich
vereinigt, was zur Entzündung nöthig ist. Bei der Anwendung zerbricht man das
Hölzchen in zwei ungleiche Stücke und reibt sodann das kleine Stück, dessen Ende mit
rothem Phosphor überzogen ist, an dem mit der Zündmasse überzogenen Ende des
längeren Stückes, wodurch letzteres zur Entzündung gebracht wird.
Die Zwitterzündhölzer können jedenfalls von kleinen Kindern nicht zur Entzündung
gebracht werden, weil dieß eine gewisse Uebung erfordert, namentlich im Dunkeln; die
mit dem rothen Phosphor überzogene Fläche ist hier nämlich nur sehr klein, das
Reiben also nicht mit solcher Sicherheit zu verrichten, als wenn man eine größere
Reibfläche hat. Ueberdieß können sie keine Gefahr für die Gesundheit
veranlassen.