Titel: Das Verzinken des Eisendrahtes für die Telegraphenleitungen.
Fundstelle: Band 161, Jahrgang 1861, Nr. LVIII., S. 194
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LVIII. Das Verzinken des Eisendrahtes für die Telegraphenleitungen. Das Verzinken des Eisendrahtes für die Telegraphenleitungen. Eine detaillirte Beschreibung des Eisendraht-Verzinkungsprocesses enthält das hiefür dem Eisendrahtfabrikbesitzer J. M. Reichenberger in Grötschenreuth am 28. April 1851 für Bayern auf 10 Jahre ertheilte Privilegium. Dasselbe wurde im Kunst- und Gewerbeblatt für Bayern, 1861 S. 385, veröffentlicht und lautet: „Nur von ganz reinem, gutem, deutschgefrischtem, angelaufenem Drahteisen wird der Leitungsdraht zu den galvanischen Telegraphen fabricirt. – Ist derselbe nach genauer Dimension herangezogen, so wird solcher in 4 gußeisernen Cylindern, wovon ein jeder 3 1/2' Höhe und 2 1/2' Lichtweite, und eine Schwere von 15 bis 16 Centner per Stück hat, so fest wie möglich hineingeschlichtet, sodann ganz hermetisch verschlossen, und die vier Cylinder mitsammen mit einem Drahtquantum von circa 60 Centnern gefüllt, durch einen mit Backsteinen ganz einfach erbauten Zugofen in Rothglühhitze gebracht, um dadurch den Draht von seiner durch den Zug erhaltenen Härte zu befreien, dann um ihn weich und oxydfrei zu machen. Die Feuerung zur Erhitzung dieser Cylinder geschieht ununterbrochen in sechs Stunden, anfangs durch Holz und später durch Torf. Nach Verlauf von 48 Stunden werden die Cylinder geöffnet, der nun weiche, abgelassene oxydfreie Draht wird herausgenommen, und in einfache, hölzerne Bottiche gelegt, und mit einer Beize, bestehend aus 100 Theilen Wasser und 1 Theil Schwefelsäure, in Berührung gebracht. Nach Verlauf von sechs Stunden wird der Draht aus der Beize genommen, auf die sogenannte Polterscheuer gegeben, und mit reinem Wasser abgespült. Benannte Polterscheuer besteht einfach aus einem Balken Holz von 10' Länge und 6'' Stärke im Quadrat, welcher bei dem dritten Theil der Länge mit einem durchsteckten, festgekeilten schmiedeeisernen Nagel in zwei Holzlagern liegt, und durch drei gußeiserne Hebtatzen, welche unmittelbar in der Welle des Wasserrades angebracht sind, so in Bewegung gebracht wird, daß der Vordertheil des Holzbalkens sich immer mit dem daraufgelegten Draht (circa 50 Pfund) von dem Boden 2' hoch erhebt, und durch die Selbstschwere wieder zurückfällt. Daß der Draht auf der gehörigen Stelle des Balkens bleibt, sind auf beiden Seiten schmiedeeiserne Stangen eingeschlagen. Der gebeizte Draht wird nach Abnahme von der Polterscheuer bei Seite gelegt und 12 Stunden sich selbst überlassen, wobei er durch die Einwirkung der Schwefelsäure in Rost übergeht. Dieses Rosten geschieht absichtlich deßwegen, damit bei nachfolgender Beizung der Draht desto blanker an allen noch darauf befindlichen, ungeheizten Stellen gereiniget wird. Zum zweitenmale kommt der Draht in die nämliche Beize, aber nicht länger als 1/2 Stunde, und wird ebenfalls wie oben beschrieben durch die Polterscheuer mit reinem Wasser einige Minuten lang abgespült, hierauf in ein warm gehaltenes, verdünntes Kalkwasser eingetaucht, und entweder durch die Sonne oder an einem nicht zu warmen Orte getrocknet. Das Eintauchen in das Kalkwasser geschieht, um dem schnell entstehenden Rost entgegenzutreten. – Weiters kommt der Draht in diesem trockenen Zustande Stück für Stück in eine dritte Beize von 10 Theilen Wasser, 1 Theil Salzsäure und 2 Theilen reinen Zinkes. Dieses Zink wird geschmolzen, im flüssigen Zustande mit einem Gußlöffel zu kleinen Theilen wie Schrot ins Wasser gegossen, und so in die beschriebene Beize gegeben. – Der Draht selbst aber darf in dieser Beize nicht länger als 2–3 Minuten verbleiben. – Das hölzerne Gefäß, in dem diese Beize bereitet und vollzogen wird, muß wegen der scharfen Salzsäure mit Bleiblech ausgeschlagen werden. – Unmittelbar aus dieser Beize kömmt der Draht zur Verkupferung in einen weiteren Bottich, worin 10 Theile Wasser und 1 Theil Kupfervitriol sich befinden, weil das flüssige Zink lieber auf Kupfer als auf blankem Eisen sich ansetzt. Um nun dem bereits verkupferten Draht mehr Verbindungsmittel zum Verzinken zu geben, wird derselbe unmittelbar in ein verdünntes Salmiakwasser (10 Theile Wasser, 1 Theil Salmiak) eingetaucht, und sogleich an den bereit stehenden hölzernen Haspel nach der Form des Drahtes angesteckt. – Vor diesem Haspel, welcher sich um eine schmiedeeiserne Achse beliebig dreht, steht auf 6' Entfernung ein Faltenholz aus zwei Theilen, wovon der untere Theil feststeht, der obere Theil aber durch einen Hebel aufgehoben, und auf den unteren Theil zurückgedrückt werden kann. Dieses Faltenholz hat bloß zwei ovale Querfurchen, zu dem Zwecke, daß zwischen denselben der zu verzinkende Draht eingepreßt, und beim Durchgang zur Verzinkung straff und gerade wird. – In diesem Faltenholze zieht sich der Draht durch daselbst angebrachtes Flachswerg, damit das daraufhaftende Salmiakwasser entfernt werde und nicht zu viel von demselben in die flüssige Zinkpfanne kommt. Nun wird der Draht durch einen Arbeiter vermittelst einer Handzange bis zu dem äußersten Ende der Zinkpfanne durch das Faltenholz gezogen, und sogleich in die schon bereitstehende Zinkpfanne, welche 8' in der Länge, 4'' in der Breite und 6'' in der Tiefe hat, und von starkem, schmiedeeisernen Blech angefertiget ist, in das darin flüssig stehende Zink (circa 4 Centner) eingelegt, und sodann durch einfach angebrachte schmiedeeiserne Hebel so auf die Tiefe des Bodens gedrückt, daß er während des Durchzuges nicht aus dem flüssigen Zink treten kann. Der Ofen der Zinkpfanne besteht einfach aus Backsteinen, wo unmittelbar die Zinkpfanne durch Holzfeuerung erwärmt wird. – Ist nun der Draht auf diese Weise in die Verzinkungspfanne eingelegt, so, daß der Anfang des Drahtes circa 1' in der Länge unverzinkt aus der Pfanne herausreicht, so steckt der Arbeiter diese Drahtspitze durch ein unmittelbar nahe an der Pfanne befindliches, von beiden Seiten conisch ausgebohrtes Caliber von Stahl, welches ganz fest zu stehen hat, und die Oeffnung um eine starke Linie weiter haben muß, als der Durchmesser des zu verzinkenden Drahtes. 15' entfernt von dem besagten Caliber ist eine horizontal liegende gußeiserne Achse, welche durch eiserne Getriebe vermittelst Wasserkraft in beliebige Umdrehungen gesetzt werden kann. An dieser Achse, welche aber 1' 3'' höher als das benannte Caliber liegen muß, befindet sich an dem frei hervorstehenden Theile eine sogenannte Zugtrommel, von Holz und mit Eisenblech beschlagen, in runder Form, etwas conisch zugedreht, mit 2 1/2' Durchmesser und 2 1/2' Länge, wodurch nun der verzinkte Draht von dem Caliber bis zur Oberfläche der Zugtrommel, und zwar bei einer Entfernung von 15' um 2' 6'' zu steigen hat. Unmittelbar an dieser Trommel befindet sich eine eiserne Kette mit einer gewöhnlichen Drahtzugzange. Mit dieser Zange wird nun der durch das Caliber bereits gesteckte Draht angepackt, und die Trommel auf ein Signal durch einen Arbeiter in Bewegung gesetzt. Während nun der Draht auf diese Art durch das Faltenholz, durch das flüssige Zink in der Pfanne und durch das Caliber langsam (pr. Minute 125') und wie schon bemerkt, bis zur Zugtrommelfläche um 2' 6'' aufsteigend gezogen wird, hat derselbe durch ein lauwarmes Wasserbad zu gehen, und zwar in der Art, daß der verzinkte Draht nur mit dem Wasser in Berührung kommen kann. – 6' 2'' von dem Caliber entfernt befindet sich in gleich aufsteigender Richtung (wie der verzinkte Draht) eine von 3 Stück Bretern zusammengesetzte Wasserrinne, 6' lang, 2' breit und 4'' tief; auf dem Boden dieser Wasserrinne sind 5 Stück in gleicher Entfernung von 6'' sogenannte Dämmleisten mit 1'' Stärke eingesetzt; diese Dämmleisten müssen aber sämmtlich 1' von dem verzinkten, aufsteigenden Draht entfernt seyn. Die Abkühlung mit lauwarmem Wasser beginnt, wann das Wasser rasch bei dem höchststehenden Theil der Wasserrinne durch angebrachte bleierne Röhren, welche in der Rostgluth des Zinkofens circuliren, einströmt, und sofort über die obenbenannten 5 Dammleisten überlauft, und hiedurch 5 ovalförmige Wasserspiegel entstehen, welche einer nach dem andern den verzinkten Draht umspülen, und den Draht nebst der darauf befindlichen Zinkdecke langsam abkühlen. Diese Abkühlungsweise soll nun bewirken, daß der Draht, welcher wegen reiner und guter Aufnehmung des Zinkes durch die 8' lange Zinkpfanne zu gehen hat, und hiedurch außerordentlich erwärmt ist, langsam abgekühlt wird, und nichts von dem angesetzten, noch flüssigen Zink verliert, welches außerdem nicht nur beim Aufrollen der Trommel zusammenkleben, sondern auch viele mangelhafte Stellen erhalten würde; denn durch Kaltwasserabkühlung würde sowohl der Draht selbst, als auch das flüssige Zink in Qualität bedeutend verlieren. Sobald nun ein Stück Draht auf diese Art verzinkt ist, wird solches von dem Trommelführer abgenommen, von einem weitern Arbeiter der erwähnte Drahtanfang mit 1' Länge abgeschnitten, das Stück Draht zweimal mit Spagat festgebunden, und als fertig zur Seite gelegt. Bei dieser beschriebenen Einrichtung können 5 Arbeiter in 12 Stunden 20–24 Zollcentner Eisendraht verzinken.Ein einfaches Verfahren die Dicke der Verzinkung auf Eisen zu schätzen, wurde von Prof. M. Pettenkofer ermittelt und im polytechn. Journal Bd. CXLII S. 420 mitgetheilt. Aus vielfältiger Erfahrung muß ich noch bemerken, daß das Gebäude worin ein solcher Drahtverzinkungsproceß vorgenommen werden soll, ziemlich hoch und mit starkem Luftzug versehen seyn soll; indem jedes Zink etwas Arsenik enthält, wodurch bei niederen oder kleinen Arbeitslocalen die Gesundheit der Arbeiter in Gefahr gebracht wird.“