Titel: Darstellung des reinen Goldchlorides und der in der Photographie gebrauchten Doppelsalze des Goldes; von Dr. J. Schnauss.
Fundstelle: Band 161, Jahrgang 1861, Nr. LXI., S. 203
Download: XML
LXI. Darstellung des reinen Goldchlorides und der in der Photographie gebrauchten Doppelsalze des Goldes; von Dr. J. Schnauss. Aus dem photographischen Archiv, Mai 1861, S. 104. Schnauss, über die Darstellung des reinen Goldchlorides und der in der Photographie gebrauchten Doppelsalze des Goldes. Irgend eine Goldmünze wird zu dünnem Blech geschlagen und in einer nicht zu kleinen Retorte mit einer hinreichenden Menge von Salpetersalzsäure übergossen. Letztere Mischung nennt man bekanntlich Königswasser; sie enthält auf 2 oder mehr Gewichtstheile reiner starker Salzsäure 1 Gewichtstheil starker Salpetersäure; sie wird sogleich gelb von freiwerdendem Chlor und Untersalpetersäure. Die Salpetersäure nimmt an der Auflösung des Goldes nicht directen Antheil, sondern vermittelt dieselbe nur durch ihre Oxydationskraft, vermöge deren sie den Wasserstoff der Salzsäure in Wasser, sich selbst in Stickstoffoxyd und Untersalpetersäure verwandelt. Das freiwerdende Chlor verbindet sich im Status nascens mit dem Gold (und dem in der Goldmünze noch enthaltenen Silber und Kupfer) und löst es auf. Man verbindet die Retorte mit einer tubulirten Vorlage oder tubulirtem Kolben, von dessen Tubus eine Glasröhre die Gase in das Freie leitet. So kann man den ganzen Proceß, unbelästigt von Dämpfen, mit Muße beobachten. Die Retorte setzt man auf ein Sandbad oder auf ein Drahtnetz und darunter eine brennende Spirituslampe. Die Hitze darf nicht bis zum Kochen steigen, sonst verspritzt leicht etwas von der Goldlösung und geht in die Vorlage über. Wird die Operation richtig geleitet, so sammelt sich in der Vorlage nur Säure an. Die concentrirte Auflösung der Goldmünze sieht dunkelgrün aus in Folge des Kupfergehaltes, und am Boden der Retorte sammelt sich ein schwärzliches Pulver von Chlorsilber. Letzteres löst sich auch ein wenig in der überschüssigen Salzsäure auf, wie man an der Trübung der Lösung beim Verdünnen mit destillirtem Wasser sehen kann. Ist das Gold vollständig aufgelöst und entwickeln sich keine gelbrothen Dämpfe mehr, so gießt man die dunkelgrüne Flüssigkeit in eine Abdampfschale von Porzellan und dampft sie allmählich so weit ab, daß der größte Theil der freien Säure entfernt wird. Hierauf verdünnt man sie mit destillirtem Wasser, entfernt nöthigenfalls das sich ausscheidende Chlorsilber durch Decantiren (Absetzenlassen des Niederschlages und Abgießen der darüber stehenden klaren Flüssigkeit) oder auch durch Filtration, und setzt nun so lange tropfenweise eine Auflösung von kohlensaurem Natron hinzu, bis ein bleibender Niederschlag von grünem kohlensaurem Kupferoxyd entsteht. Diesen löst man sodann durch Zufügen von etwas Salzsäure wieder auf. Auf diese Weise entfernt man alle freie Salpetersäure. Etwas freie Salzsäure ist dagegen für den folgenden Proceß nöthig. Dieser Proceß bewirkt die Ausscheidung des reinen Goldes in metallischem Zustande. Man benutzt dazu am besten die reducirenden Eigenschaften des Eisenvitriols. Man löst eine zur Zersetzung der Goldlösung mehr als hinreichende Menge reinen Eisenvitriols in destillirtem Wasser, entfernt die Trübung – verursacht durch ein wenig basisch schwefelsauren Eisenoxydes – mittelst einiger Tropfen Schwefelsäure, und fügt die Eisenlösung der Goldlösung im Ueberschuß unter Umrühren zu. Das sich als braunes Pulver ausscheidende Gold sammelt sich nach einigen Stunden ruhigen Stehens am Boden des Gefäßes an und wird zuerst mit salzsäurehaltigem, zuletzt mit reinem destillirten Wasser so lange ausgewaschen, bis das letzte Waschwasser mit gelbem Blutlaugensalz keine blaue Färbung mehr annimmt. Das nun ganz reine Gold gibt man in eine Abdampfschale, welche man auf einem Sandbad erwärmt, und übergießt es mit einer zur Auflösung mehr als hinreichenden Menge reiner Salzsäure. Hierauf tröpfelt man unter fortwährendem Erwärmen und Umrühren so lange Salpetersäure hinzu, bis die Auflösung des Goldes vollendet ist. Bei dem nun folgenden Abdampfen hat man die größte Vorsicht zu beobachten, daß man zuletzt nicht zu stark erhitzt, sonst entweicht leicht Chlor und es bleibt Goldchlorür zurück. Dampft man die Lösung vorsichtig, zuletzt lieber im Wasserbad, bis zur Syrupconsistenz ein, so erstarrt nach dem Erkalten die ganze Masse zu einer festen Krystallmasse von orangegelber Farbe. Dieselbe besteht aus einer Verbindung von Goldchlorid und Chlorwasserstoffsäure. Erhitzt man sie so lange, bis Chlor zu entweichen anfängt, so ist alle Salzsäure entfernt worden und es hinterbleibt nach dem Erkalten eine dunkelrothe Salzmasse. Beide Verbindungen zerfließen sehr schnell an der Luft, sie sind also stark hygroskopisch. Wird das Goldchlorid vorsichtig bei einer Temperatur von 145 bis 150° C. erhitzt, bis man keinen Geruch von Chlor mehr wahrnimmt, so hinterbleibt Goldchlorür, AuCl. Dieses besitzt eine hellgelbe Farbe, ist an der Luft nicht so zerfließlich und wird beim Auflösen in Wasser allmählich in metallisches Gold und Goldchlorid zerlegt. Das Goldchlorür findet in der Photographie keine Anwendung. Wenn man die ungebundene Salzsäure der ersterwähnten Verbindung mit kohlensaurem Kali oder Natron neutralisirt und zur Trockniß verdampft, so erhält man eine Mischung von dem Doppelsalz Kaliumgoldchlorid (KCl + AuCl₃ + 5 HO) mit Goldchlorid. Man kann sie sofort zum Tonen der Copien verwenden, aber wenn dieß ohne Vermischung mit unterschwefligsaurer Natronlösung geschieht, also nur mittelst der sehr verdünnten wässerigen Auflösung (1 : 1000), so muß man noch kohlensaures Kali oder Natron beifügen, sonst greift das freie Goldchlorid die Bilder zu sehr an. Leider hält diese Lösung (die beste für Albuminbilder) sich höchstens einen Tag, alsdann scheidet sich metallisches Gold ab. Die wirkliche chemische Verbindung des Doppelchlorides von Gold und Kalium erhält man auf die Weise, daß man das noch saure Goldchlorid mit etwas überschüssiger Chlorkaliumlösung versetzt und zur Krystallisation verdampft. Nimmt man anstatt des Chlorkaliums Chlornatrium und verfährt ebenso, so erhält man im Rückstand Natriumgoldchlorid.Ueber die Darstellung des Goldchloridkaliums und Goldchloridnatriums vergl. man polytechn. Journal Bd. CLVI S. 287. Da es bei beiden Doppelsalzen nicht schwer ist, eine größere Menge von Chlorkalium resp. Chlornatrium, als zur Bildung des wirtlichen Doppelsalzes nöthig, hinzuzufügen, so muß man sich vorsehen, auf diese Weise von gewissenlosen Fabrikanten nicht betrogen zu werden. Fügt man eine Goldchloridlösung oder die eines der eben genannten Doppelsalze, in bedeutender Verdünnung einer ebenfalls verdünnten Lösung von unterschwefligsaurem Natron (letzteres natürlich im Ueberschuß) zu, so entsteht, falls das Goldsalz nicht mehr stark sauer war, eine dunkelrothe Färbung, welche nach einigen Stunden verschwindet. Die farblose Lösung enthält nun neben überschüssigem unterschwefligsauren Natron das bekannte Sel d'or (= AuO, S₂O₂ + 3 (NaO, S₂O₂) + 4 HO). Die färbende Kraft dieses Bades richtet sich theils nach der Verdünnung mit Wasser, theils nach der geringern oder größern Menge des unterschwefligsauren Natrons; man kann den Ton des Bildes auf diese Weise bedeutend modificiren. Für Albuminbilder muß aber stets ein stärkeres Bad gewählt werden. Dieses Goldbad hält sich weit länger brauchbar, als das aus bloßem Goldchloridkalium und kohlensaurem Natron bestehende. Will man das Doppelsalz, das Sel d'or rein darstellen, so gießt man möglichst reines und möglichst von Säure befreites Goldchlorid (1 Theil), in einer ziemlichen Quantität Wasser gelöst zu einer ebenfalls verdünnten Lösung von 3–4 Theilen NaO, S₂O₂, läßt einige Stunden bis zur vollständigen Entfernung stehen und versetzt alsdann die klare Flüssigkeit so lange mit absolutem Alkohol, als noch ein Niederschlag entsteht. Das zuerst sich Ausscheidende ist gelblich gefärbt und nicht ganz rein. Da es überdieß sich in wenigen Minuten fest an die Wandungen des Gefäßes ansetzt, so ist es leicht, die übrige suspendirte Krystallmasse in ein anderes Gefäß zu gießen. Hat sie sich darin abgesetzt, so bildet sie eine weiße Krystallmasse, aus feinen Nadeln bestehend, welche man Behufs des Abtropfens auf einen mit Baumwolle verstopften Trichter bringt. Die rückständige Masse löst man in möglichst wenig Wasser auf, fällt abermals durch Alkohol und verfährt, wie oben beschrieben. Die zurückbleibende Krystallmasse kann man durch Pressen zwischen reinem, weißem Fließpapier oder auf sonst eine Weise, doch ohne Erhöhung der Temperatur, trocknen und hat nun das reine Sel d'or.