Titel: Leichte Methode zur Bestimmung des Werthes eines mit Chlornatrium (Kochsalz) verunreinigten oder damit verfälschten Chlorkaliums (Digestivsalz); von E. Friedr. Anthon.
Autor: Ernst Friedrich Anthon [GND]
Fundstelle: Band 161, Jahrgang 1861, Nr. LXXXI., S. 286
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LXXXI. Leichte Methode zur Bestimmung des Werthes eines mit Chlornatrium (Kochsalz) verunreinigten oder damit verfälschten Chlorkaliums (Digestivsalz); von E. Friedr. Anthon. Anthon, leichte Methode zur Bestimmung des Werthes eines mit Chlornatrium verfälschten Chlorkaliums. Das Chlorkalium wird seit einigen Jahrzehnten in Schottland in bedeutender Menge erzeugt und in Alaunwerken und zur Salpeterfabrication stark verwendet. Seit einigen Jahren findet dieses Salz aber auch in der Landwirthschaft Anwendung und kommt seit dieser Zeit viel häufiger und in stärkerem Verhältnis mit Kochsalz verfälscht im Handel vor, wodurch sein Werth zu den genannten Verwendungen natürlich mehr oder weniger vermindert wird. Eine schnell und leicht ausführbare, dabei aber hinlänglich genaue Methode zur Prüfung des Chlorkaliums, ist daher denn auch für diejenigen, welche dieses Salz verbrauchen oder sich mit dem Handel desselben befassen, von derselben Wichtigkeit wie die Alkalimetrie zur Bestimmung des Werthes der Alkalien. Ich glaube daher auch Vielen einen Dienst zu erweisen, wenn ich hier ein Verfahren zur Werthbestimmung des Chlorkaliums mittheile, welches eben so leicht ausführbar ist, wie die Vornahme einer Soda- oder Potasche-Probe. Dieses Verfahren beruht auf dem sehr verschiedenen procentarischen Gehalt des Chlorkaliums und des Chlornatriums an Chlor und darauf, daß das Chlorkalium in der Regel nur mit Chlornatrium zufällig verunreinigt oder absichtlich damit verfälscht im Handel vorkommt. Das Chlorkalium enthält 47,4 Procent, das Chlornatrium dagegen 60,41 Procent Chlor. Ein Chlorkalium, welches demnach bei dessen Prüfung einen Gehalt von nur 47,4 Proc. Chlor zu erkennen gibt, ist somit als ein vollkommen reines (also als 100procentiges) Product anzusehen, wogegen ein Gehalt von Chlornatrium sich durch einen größeren und zwar um so größeren Gehalt an Chlor zu erkennen gibt, je größer die Menge des vorhandenen Chlornatriums ist. Ein sich zu 60,41 Proc. herausstellender Maximalgehalt von Chlor würde den Beweis liefern, daß das geprüfte Salz gar kein Chlorkalium, sondern nur reines ChlornatriumChlornatirum (Kochsalz) sey. Ein jeder mögliche Gehalt von Chlornatrium im Chlorkalium fällt sonach zwischen den Minimalgehalt von 47,4 Proc. Chlor (im Chlorkalium) und den Maximalgehalt von 60,41 Proc. Chlor (im Chlornatrium). Die so leichte und scharfe Bestimmung des Chlors durch Titriren mit einer Silberlösung ist demnach auch das Mittel um jede Verunreinigung oder Verfälschung des Chlorkaliums mit ChlornatriumChlarnatrium auf die einfachste Weise darzuthun. Man wendet zu dieser Bestimmung, wie gewöhnlich zur Chlorbestimmung durch das Titrirverfahren, die Zehntel-Normal-Silberlösung an, d.h. eine neutrale Auflösung von 10,797 Gram. reinem Silber in Salpetersäure, welche man mit destillirtem Wasser bis auf ein Liter verdünnt hat. Bei der Vornahme der Prüfung verfährt man in folgender Weise. Man erhitzt eine kleinere Menge von dem zu prüfenden Chlorkalium bis zur dunklen Rothgluth und wiegt gleich nach dem Auskühlen desselben 2,71 Gram. davon ab. Diese löst man dann in der 8- bis 10fachen Menge destillirten Wassers auf und verdünnt diese Lösung mit destillirtem Wasser bis auf 40 Kub. Cent., nimmt davon mittelst einer Bürette genau 4 Kub. Cent. ab, setzt 5–6 Tropfen einer concentrirten Lösung von reinem einfach-chromsauren Kali hinzu und läßt nun unter langsamem Umrühren aus einer bis 0 gefüllten (nicht zu weiten und in 1/10 oder wenigstens 1/5 Kub. Cent. getheilten) Bürette, anfangs ziemlich rasch, dann immer langsamer und zuletzt nur tropfenweise, solange Zehntel-Normal-Silberlösung zufließen, als die beim Einfallen eines jeden Tropfen zum Vorschein kommende blutrothe Farbe beim Umrühren sich noch verliert, und bis zuletzt ein einziger oder höchstens 2 Tropfen die lebhaft und rein kanariengelbe und durch das gebildete Chlorsilber getrübte Lösung ganz schwach, aber bleibend röthlich gefärbt erscheinen lassen, in welchem Moment auch die Fällung des Chlors als Chlorsilber beendigt ist. Man braucht nunmehr nur die verbrauchte Menge an Silberlösung in Kub. Cent. abzulesen um den Gehalt an vorhandenem Chlornatrium zu erfahren, denn die im Vorstehendem vorgeschriebenen Mengenverhältnisse sind so gewählt daß jeder Mehrverbrauch von 0,1 Kub. Cent. Silberlösung über 36,6 Kub. Cent., einem Procent Chlornatrium in dem damit verunreinigten Chlorkalium entspricht, wie sich deutlich aus folgender Uebersicht ergibt. Verbrauchte Silberlösung          in Kub. Cent.   Procent-Gehalt des geprüftenChlorkaliums an Chlornatrium.               36,3                     0               36,4                     1               36,5                     2 Verbrauchte Silberlösung          in Kub. Cent.   Procent-Gehalt des geprüftenChlorkaliums an Chlornatrium.               36,6                     3               36,7                     4               36,8                     5               37,3                   10               37,8                   15               38,3                   20               38,8                   25               39,3                   30               39,8                   35               40,3                   40               40,8                   45               41,3                   50               41,8                   55               42,3                   60               42,8                   65               43,8                   70. Der Grund warum ich oben 2,71 Grm. als abzuwiegende Menge Chlorkalium vorgeschrieben habe, besteht darin, weil Viele, für welche diese Prüfung von Interesse ist, wohl nicht im Besitz einer Waage sind, welche noch 1 Milligramm anzeigt. Wer eine solche Waage aber besitzt, kann statt der vorgeschriebenen 2,71 Grm., auch nur 0,271 Grm. von dem zu prüfenden Chlorkalium abwiegen, muß aber selbstverständlich alsdann auch diese ganze Menge zur Fällung mit der Silberlösung anwenden. Da zuweilen, obgleich selten, von chemischen Fabriken ein Chlorkalium in den Handel gebracht wird, welches schwefelsaures Kali oder auch schwefelsaures Natron enthält, so ist es gut, sich vor der Vornahme der Probe von der Abwesenheit schwefelsaurer Salze, durch ein Barytsalz zu überzeugen, weil bei Gegenwart derselben die mitgetheilte Prüfungsmethode unbrauchbare Resultate liefert. Will man in diesem Falle aber dennoch sich der Methode bedienen, so hat man der zur Fällung mit Silberlösung vorbereiteten Lösung des Chlorkaliums, vor Zusatz der chromsauren Kalilösung, mit Vorsicht gerade so viel salzsaure Barytlösung zuzusetzen, als nothwendig ist, um alle Schwefelsäure als schwefelsauren Baryt niederzuschlagen, den man jedoch nicht weiter zu beseitigen braucht, sondern in der Flüssigkeit belassen kann, da er die Reaction und Resultate nicht beeinträchtigt. Das in dem Chlorkalium an Schwefelsäure gebunden vorhandene Kali erscheint dann als Chlorkalium, das als Glaubersalz vorhandene Natron wird als Chlornatrium nachgewiesen.