Titel: Ueber das Verhalten des Eisens und des Stahls beim Glühen in einem Strom von Wasserstoffgas; von J. Bouis.
Fundstelle: Band 161, Jahrgang 1861, Nr. CI., S. 361
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CI. Ueber das Verhalten des Eisens und des Stahls beim Glühen in einem Strom von Wasserstoffgas; von J. Bouis. Aus den Comptes rendus, Juni 1861, t. LII p. 1195. Bouis, über das Verhalten des Eisens und des Stahls beim Glühen in einem Strom von Wasserstoffgas. Der Verf. hat verschiedene Stahl- und Eisensorten in einem Strom von Wasserstoffgas geglüht und dadurch den Stickstoffgehalt derselben zu bestimmen gesucht. Das gereinigte und getrocknete Wasserstoffgas wurde von dem Entwickelungsapparat aus durch zwei Porzellanröhren geleitet, die neben einander in demselben Ofen lagen und glühend erhalten wurden, und von denen die eine den Stahl oder das Eisen enthielt, die andere dagegen leer war. Jede dieser Röhren war mit einem Will'schen Apparat, welcher verdünnte Schwefelsäure enthielt, verbunden. Aus der Vergleichung des Ammoniakgehalts beider Flüssigkeiten ergab sich nach dem Versuch die Quantität des aus dem Stickstoff des Stahls oder Eisens entstandenen Ammoniaks und daraus die Quantität des in diesem enthaltenen Stickstoffs. Beim Erhitzen des Stahls oder Eisens in Wasserstoffgas sieht man stets weiße Dämpfe erscheinen, welche die Säure durchstreichen, ohne sich zu verdichten. Diese Dämpfe, welche wie eine sich verkohlende organische Substanz, jedoch anders als in Verkohlung begriffenes Horn, riechen, entstehen aber nur während einiger Augenblicke. Alle Stahlsorten, welche der Verf. untersuchte, lieferten Ammoniak, und der Verf. überzeugte sich, daß der Wasserstoff den Stickstoff nur an der Oberfläche des Metalls rasch wegnimmt. Stahlstäbe, die einen ganzen Tag lang im Wasserstoffstrom geglüht waren, lieferten, als man sie abgefeilt hatte und dann wieder mit Wasserstoffgas behandelte, eben so viel Stickstoff als das erste Mal. Dieses Verfahren kann demnach nicht den ganzen Stickstoffgehalt angeben, es sey denn, daß man mit sehr feinen Spänen oder Drähten operirt oder die Operation sehr lange dauern läßt. Der Stickstoffgehalt des Stahls ist jedoch sehr gering; das Schmiedeeisen enthält oft hinreichend Stickstoff um in einem Strom von Wasserstoffgas sofort Ammoniak in solcher Menge zu liefern, daß rothes Lackmuspapier dadurch gebläut wird. Der Verf. fand sehr kleine Mengen Stickstoff in den durch Behandlung verschiedener Stahlsorten mit einer Säure oder mit Jod erhaltenen Rückständen; ein Theil des Stickstoffs befindet sich als Ammoniak in der sauren Lösung. Im Nachstehenden sind die Ergebnisse der Versuche des Verf. zusammengestellt: Gewicht.Grm. Bezeichnungdes Stahls oderEisens. Dauer derOperation.Stunden. Menge desStickstoffs.Grm. Bemerkungen.     8,522 Spiralevon Krupp'schenStahl.       3   0,00085 Nicht gereinigtes u. schlecht getrocknetes    Wasserstoffgas.   21,340 Deßgl.       5   0,00011 Sehr dünne Spirale, vor der Operation mit    Aether gewaschen. 197,510 Sieben Streifenvon Gußstahl. 11 1/2   0,00059 Die Streifen hatten eine Oberfläche v. 380    Quadratcentimeter. 180,130 Deßgl.       7   0,00037 Die Streifen zeigten nach der Operation    viele Blasen. 148,200 Fünf Streifen.   5 1/2   0,00031 Die vorerwähnten Streifen, nachdem sie    wieder abgefeilt waren.   25,000 Gußstahlvon Jackson. 11 1/2   0,00058 Durch Abhobeln dargestellte feine Späne.   17,850 Wootz. 11 1/2 0,0012 Sehr feine und dünne Späne. 194,210 Fünf Streifen vonweichem Eisen. 3 1/2 0,0018 Die Streifen hatten eine Oberfläche v. 200    Quadratcentimeter.   67,915 Kratzendraht.     16 0,0014 Der Draht hatte eine Länge von 350 Meter. 150,000 Weiches Roheisenin kleinen Stücken.       4 0,0015 Sehr hartes manganhaltiges Roheisen. 140,070 Graues Roheisenin Stücken.     12 0,0000 Das Gewicht veränderte sich nicht. Der Stahl oder das Eisen erlitt immer einen geringen Gewichtsverlust, wie sorgfältig auch das Wasserstoffgas getrocknet wurde. Dieser Gewichtsverlust war proportional der Dauer der Operation. Bouis machte bei seinen Versuchen noch die Beobachtung, daß weiches, sehr sehniges Schmiedeeisen beim Glühen in Wasserstoffgas ganz krystallinisch und spröde wird, ohne jedoch in Stahl überzugehen, was er in Folge der Beobachtung, daß der Krupp'sche Stahl nur sehr wenig Kohlenstoff, und zwar weniger als manches weiche Eisen enthält, für möglich gehalten hatte. Das krystallinisch gewordene Eisen wurde bei der Bearbeitung in der Hitze wieder sehnig wie zuvor. Nicht nur Eisen, sondern auch Kupfer und Silber wurden bei einige Stunden lang fortgesetztem Erhitzen in reinem Wasserstoff brüchig und spröde. Der Verf. glaubt hiernach, daß, wenn die MetalleMatalle unter dem Einfluß von Ammoniak spröde werden, dieß dem Wasserstoff welcher durch Zersetzung des Ammoniaks frei wird, zuzuschreiben ist. Die Hitze allein bringt aber auch schon zum Theil ähnliche Erfolge hervor, namentlich bei Eisen, jedoch langsamer. Der Stahl erhält durch sehr langes Erhitzen in Wasserstoffgas die Eigenschaft, seine Dehnbarkeit nach dem Härten beizubehalten: es findet also in dieser Beziehung zwischen Eisen und Stahl ein wesentlicher Unterschied statt, was der Verf. bald erklären zu können hofft. Die Einwirkung des feuchten Wasserstoffs auf Eisen kann insofern nützlich werden, als dieses Gas dem Eisen die schädlichen Stoffe, wie Schwefel, Phosphor etc., entzieht.