Titel: | Zur Darstellung der Stabeisen- und Blechwalzen; vom Director P. Tunner zu Leoben. |
Fundstelle: | Band 161, Jahrgang 1861, Nr. CXXIV., S. 433 |
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CXXIV.
Zur Darstellung der Stabeisen- und
Blechwalzen; vom Director P. Tunner zu Leoben.
Aus dem Jahrbuch der k. k. Montanlehranstalten zu
Leoben, Bd. X S. 487.
Tunner, über Darstellung der Stabeisen- und
Blechwalzen.
Im Jahre 1860 lernte ich bezüglich des Walzengusses, auf dem der k. k. privilegirten
Staatseisenbahngesellschaft gehörigen Werke zu Reschitza im Banate, eine auf belgischen
und französischen Hütten seit längerer Zeit in Anwendung stehende Methode der
Formherstellung kennen, welche so viele Vortheile bietet, daß sie mehr bekannt und
angewandt zu werden verdient. Ich will im Nachfolgenden versuchen, davon eine
Beschreibung zu geben, wobei ich hoffe, für Leser vom Hüttenfache auch ohne
Zeichnung verständlich zu seyn.
Die in Rede stehende Formerei arbeitet mit einem zweitheiligen, gußeisernen
Formkasten, dessen Wände, so wie dieses bei den Kästen für die Formen aus Masse der
Fall ist, mit vielen Löchern versehen und im Innern rauh sind. Die Theilung des
Kastens ist parallel der Achse, daher er aus zwei gleichen Hälften von
halbcylindrischer Gestalt besteht. Die Theilungsflächen sind mit Flantschen versehen
und werden daselbst beide Theile, nach erfolgter Zusammensetzung, mit Schrauben fest
verbunden. Der Formkasten muß eine solche Größe haben, daß er die herzustellende
Walze, sammt dem Aufguß (verlorenen Kopf), aufzunehmen vermag. Hierbei hat jedoch
eine überflüssige Größe des Formkastens in seiner Länge, wie in seinem Durchmesser
wenig zu bedeuten, weßhalb in einem und demselben Formkasten sehr verschieden große
Walzen eingeformt werden können, und mit etlichen solchen Kästen, von bedeutend
differirenden Dimensionen reicht man ganz gut für alle möglichen Walzengrößen aus.
Die Kosten für diese Formkästen können demnach kein Anstand gegen die Anwendung der
Methode seyn, wenn anders eine Gießerei vorhanden ist, wo in einem Jahre mehrere
Walzen gemacht werden.
Die beiden halbkreisförmigen Enden der zwei Kastentheile sind mit ebenso gestalteten
Platten geschlossen, wovon die eine (beim Gießen der Walzen zu unterst liegende) mit
dem Kastentheile aus einem Stücke bestehen kann, die andere aber jedenfalls lose und
zum Festhalten mit Schrauben eingerichtet seyn muß, weil seiner Zeit von dieser
Seite aus der Einguß in die senkrecht gestellte Form zu geschehen hat. Diese
bewegliche Platte kann allenfalls durch eine bloße Querstange ersetzt seyn, deren
oberer Rand mit dem der Schnittfläche des Kastens übereinstimmt. In Mitte der
geraden Kante ist jede dieser Platten mit einem halbkreisförmigen Einschnitte
versehen, welche als Lager für eine einzulegende eiserne Drehungsachse dienen. Denkt
man sich beide Kastentheile aufgepaßt, so ergänzen sich diese Einschnitte zu
kreisförmigen Lagern, und die eingelegte Drehungsachse stellt die Achse der
darzustellenden Walzenform vor. Auf die richtige Situation dieser Lager und ihr
genaues Aufeinanderpassen, wenn die beiden fertigen Formhälften für den Guß
zusammengesetzt werden, muß die geziemende Aufmerksamkeit verwendet werden, damit
der Walzenkörper möglichst genau cylindrisch ausfällt. Erhaltener Versicherung
zufolge, sollen bei einiger Aufmerksamkeit selten über 1–2 Linien betragende
Differenzen vorkommen, welche natürlich in der Folge beim Abdrehen der Walzen zum
Vorschein kommen. Dennoch ist die Genauigkeit, welche in dieser Beziehung mit den
Kästen erreicht wird, wie auch ganz gut einzusehen, bedeutend größer, als dieß bei
der sonst hierzu benutzten Lehmförmerei der Fall ist.
Die größere Genauigkeit in der fertigen Form, ist ein großer Vortheil der
vorliegenden Formerei, nicht allein, weil dadurch direct die Kosten und Arbeit des
Abdrehens vermindert werden, sondern hauptsächlich, weil es hierdurch möglich wird,
die Stabeisenwalzen mit Kalibern zu gießen, u. z. bis zu ziemlich kleinen Kalibern
herab, während man sonst, bei den gewöhnlichen Lehmformen nur allenfalls etliche der
allergrößten Kaliber gleich mit eingeformt hat. Durch diesen Vorgang wird nicht bloß
die Menge des abzudrehenden Eisens sehr bedeutend vermindert, sondern zugleich in
den Flächen der Kaliber ein härteres, dichteres Eisen erzielt.
Das Erste nun, was zu geschehen hat, um eine bestimmte Walze nach dieser Methode
anzufertigen, ist die Herstellung der Schablone in natürlicher Größe, u. z. hat die
Schablone außer dem Walzenbunde, mit den Kalibern und den beiderseitigen Zapfen auch
den verlorenen Kopf zu enthalten. Bei größeren Walzen werden diese Schablonen immer
aus Bretern, bei kleineren allenfalls aus passendem Eisenblech hergestellt. Die
beiden Formkästen werden in ganz gleicher Art, jeder für sich vorgenommen, ungefähr
in horizontale Lage gebracht, die Drehachse eingelegt und allenfalls mit einem
aufgesetzten Lagerbügel festgehalten. An der Drehungsachse wird die Schablone an
mehreren Stellen mit passenden Zulagen und Klemmschrauben vorerst in einem solchen
Abstande befestigt, daß der Halbmesser beiläufig 1 Zoll größer ausfällt, als dem
rohen Walzenkörper entspricht. Ist der Formkasten viel länger, als die Walzen sammt
Aufguß, so bleibt die übrige Länge desselben auf der einen Seite der Schablone und
wird mit Formsand ausgefüllt. Derjenige Theil der Schablone, welcher dem verlorenen
Kopfe entspricht, muß jedenfalls nahe an die bewegliche (halbkreisförmige)
Lagerplatte zu liegen kommen.
Entweder vor oder nach dem Einlegen der Drehungsachse mit der Schablone, wird der
Formkasten mit einer, mehrere Zoll dicken, festgestampften Lage von nicht zu fettem
Formsande versehen, und in dieser Sandmasse wird sofort, durch Umdrehen der Achse
mit angesteckten Kurbeln, die der Schablone entsprechende Gestalt ausgedreht. Zum
leichteren Entweichen der Dämpfe und Gase werden in dieser Sandlage mit der
Sandnadel mehrere Luftlöcher bis an die durchlochte Kastenwand gestochen. Hiernach
wird Lehmbrei auf die Sandform aufgetragen, und nachdem die Schablone auf den nahezu
richtigen Halbmesser von der Drehungsachse gestellt wurde, wird durch abermaliges
Umdrehen nunmehr aus der Lehmmasse (ähnlich wie bei der Lehmförmerei) die nahezu
wahre Gestalt des Gußkörpers herausgedreht, sodann getrocknet. Damit der Sand und
später der Lehm, bei dem Ausdrehen mit der Schablone am Rande nicht ausreißen kann,
wird daselbst eine entsprechende Gegen-Schablone angelegt. Nach erfolgter
Trocknung wird eine feinere Lehmmasse aufgetragen, und mit der vollkommen richtig
gestellten Schablone die genaue Form des rohen Gusses ausgedreht, sofort getrocknet,
geschlichtet und geschwärzt.
Die in solcher Art und Weise vollendeten zwei Formhälften werden nun zusammengepaßt
und verschraubt. So viel als thunlich, wird die zusammengesetzte Form von der
offenen (oder Einguß-) Seite aus, an der Theilungsstelle nachgeputzt:
überdieß pflegt man die Fugen der Formkästen von außen, besonders zu unterst, mit
Lehm zu verschmieren. Für den Guß selbst wird die Form in eine Dammgrube versenkt
und lothrecht gestellt, aber selbstverständlich nicht eingedämmt. Zu oberst wird
unmittelbar auf den Formrand der Gußkasten oder Kessel aufgesetzt und sofort in der
bekannten Art der Guß durchgeführt.
Wie aus dem beschriebenen Vorgange erhellet, fordert die Anfertigung einer solchen
Gußform, im Vergleich mit der gewöhnlichen Lehmförmerei, viel weniger Zeit und
Arbeit. Außer der zuvor erwähnten größeren Genauigkeit in dem Gußstücke, wird
überdieß eine größere Billigkeit erzielt.
In ähnlicher Art werden zu Reschitza auch Röhren gegossen. Die Form für das Aeußere
der darzustellenden Röhre wird ganz so angefertigt, wie so eben bei den Walzen
beschrieben wurde. Der einzulegende Kern wird ingleichen nicht wie gewöhnlich bei
der Lehmförmerei über einer mit Strohseilen umwundenen Kernspindel, sondern über
einer am Umfange rauhen und vielfach durchlöcherten, gußeisernen Röhre, u. z. meist
nur aus entsprechend bündigem Sande, selten aus Lehm hergestellt. An beiden Enden
ist die Kernröhre mit Querspangen versehen, welche Zapfen tragen, um die das Drehen
der Spindel bei ihrer Anfertigung bewerkstelligt wird.