Titel: Ueber Glasdächer für Bierbrauereien.
Fundstelle: Band 163, Jahrgang 1862, Nr. LXXX., S. 311
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LXXX. Ueber Glasdächer für Bierbrauereien. Ueber Glasdächer für Bierbrauereien. Das in Paris erscheinende Journal des Brasseurs enthält in Nr. 49 vom 5. December v. J. einen für Bierbrauer sehr beachtenswerten Artikel. Der Verfasser desselben, Chatelain, geht darin von der bekannten Thatsache aus, daß die Luft Fermente enthält, in jedem Ferment sich aber unzählige Infusionstierchen befinden, welche an feuchten, dunkeln und warmen Orten sich beträchtlich vermehren. Nach den in dem ausgezeichneten Werke von Rohart über BrauereikundeTraité théoretique et pratique de la fabrication de la Bière, par T. Rohart, chimiste manufacturier, ancien brasseur. Paris 1848. dargelegten Erfahrungen bieten die Bierbrauereien in der Regel ganz besondere Gelegenheit zur Vermehrung dieser mikroskopischen Thierchen, da die Räumlichkeiten in der Nähe der Kessel und Kühlschiffe feucht, warm und meist auch dunkel sind. Da nun die Lebensdauer dieser Thierchen eine sehr kurze ist, und deren Körper mit dem eintretenden Tode in Fäulniß übergehen, so entstehen durch diesen Verwesungsproceß organische Miasmen (die faule Gährung einleitende Fermente), welche, wenn auch von unserem Geruchsorgane nicht bemerkbar, durch die Luft in der Brauerei auf den Gährungsproceß des Bieres einen wesentlichen Einfluß ausüben, indem zeitweise anstatt der weingeistigen die saure Gährung eintritt. Das häufig vorkommende Mißrathen einzelner Sude ist hierdurch leicht erklärlich. In England, wo dieser Uebelstand zuerst erkannt und zu dessen Beseitigung vielfache Versuche angestellt wurden, erreichte man endlich den Zweck, indem man den Brauereien möglichst viel Licht dadurch verlieh, daß deren Schiefer- und Ziegeldächer durch ein solides Glasdach ersetzt wurden, welchem man eine hinreichende Neigung gab, um das Abtropfen des an seiner Innenseite durch Verdichtung der Dämpfe angesammelten Wassers zu verhindern; in den Firsten wurden überdieß noch Oeffnungen angebracht, um das Entweichen der Dämpfe zu befördern. Durch dieses Verfahren wurde ein zur Vermehrung jener schädlichen Infusorien unentbehrlicher Factor, die Dunkelheit, und somit der aus der Verwesung der Thierchen sich ergebende Uebelstand, nämlich die Erzeugung von Fermenten welche zunächst die saure Gährung einleiten, entfernt. Ganz abgesehen von dem auf diese Weise erlangten Vortheile, glauben wir auf einen anderen, nicht minder wesentlichen aufmerksam machen zu müssen, welchen diese Bedachung gewährt, und der darin besteht, dem in der Brauerei beschäftigten Personal ein besseres Licht zum Arbeiten zu verschaffen. In England wird das dort fabricirte sogenannte rolled glass zum Ausfüllen der Glasdächer verwendet; dagegen können wir das schon im Jahrgang 1858 dieses Journals, Bd. CXLVII S. 460 besprochene, in der Mannheimer Spiegel-Manufactur gegossene Bedachungsglas unseren Brauern bestens empfehlen, weil es nicht nur wie jenes vermöge seiner einen etwas rauhen Seite die Intensität der einfallenden Sonnenstrahlen bricht, sondern auch trotz seiner viel größeren Stärke und der daraus folgenden größeren Dauerhaftigkeit noch bedeutend billiger zu stehen kommt. Während das englische Bedachungsglas nur in Tafeln bis zu kaum 20 Quadratfuß verfertigt werden kann, wird das Mannheimer in ganzen Tafeln bis zu 50 Quadratfuß und darüber in jedweder Dimension, lang und schmal, oder von gleicher Höhe und Breite gegossen, und bietet somit im Vergleiche zu jenem wesentliche Vortheile. Wir wollen nun nicht unterlassen, unseren Landsleuten das ihnen vom Auslande gegebene Beispiel zur Nachahmung zu empfehlen, weil fast alljährlich die Preise der zur Bierfabrication nöthigen Materialien steigen, ohne daß der Verkaufspreis des Bieres damit gleichen Schritt halten darf, ein Mißverhältniß, welches durch eine mit unbedeutendem Kostenaufwande zu erreichende Verbesserung der Brauerei-Einrichtung wesentlich abgeschwächt wird.