Titel: Werthbestimmung des altberühmten hessischen Thones von Grosalmerode; von Dr. Carl Bischof.
Autor: Carl Bischof [GND]
Fundstelle: Band 164, Jahrgang 1862, Nr. XXXIII., S. 116
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XXXIII. Werthbestimmung des altberühmten hessischen Thones von Grosalmerode; von Dr. Carl Bischof. Bischof's Werthbestimmung des hessischen Thones von Grosalmerode. Der Thon kommt vor am Hirschberge bei Grosalmerode in einer Mächtigkeit von 12–15 Fuß, und verdanke ich denselben der Güte der Freiherrlich v. Waitz'schen Bergwerksverwaltung daselbst. Die Probe wurde der Mitte des Lagers, des sogenannten Tiegelthonlagers, entnommen, woraus die weltbekannten Schmelztiegel verfertigt werden. Physikalische Eigenschaften. Derselbe ist von bläulich-grauer Farbe und zeigt beim Zerschlagen verknetete fettig-glänzende, gelb gefärbte Ablösungen. – Fühlt sich zart und fettig an. – Schneidet sich fast glatt mit glänzender Schnittfläche. – Hat den Bruch eines fetten Thones, fettig-glänzende Verknetungen. – Haftet stark an der Zunge. Zerfällt in Wasser unter Entwickelung von Luftbläschen, die mit singendem Zischen entweichen; gibt damit angefeuchtet, eine sehr bindende plastische Masse. Knirscht beim Reiben in dem Achatmörser wenig, enthält vereinzelte, gröbere Körnchen. – Braust mit Säure übergossen nicht. Durch Digeriren mit Salzsäure wird nicht viel Eisen und nicht viel Kalk ausgezogen. Er enthält sehr geringe Mengen von Gyps und Spuren von Schwefelkies. Er schwärzt sich und verändert sich beim Glühen über der Spirituslampe unmerklich. Bestimmung des Grades der Strengflüssigleit (Feuerfestigkeit) und des Bindevermögens (Magerkeit oder Fettigkeit). Er wurde auf Grund des im vorigen Jahrgang dieses Journals (Bd. CLIX. 54, und Bd. CLXI S. 208 und 291) von mir ausführlich beschriebenen Verfahrens geprüft, wonach die Menge des Quarzzusatzes das Maaß für die Strengflüssigkeit des Thones im umgekehrten, und für das Bindevermögen im geraden Verhältniß gibt. So den Thon der Gußstahlschmelzhitze ausgesetzt: beginnt Pröbchen Nr. 0 (d.h. der Thon ohne Zusatz) krugartig zu werden, ist zersprungen, zeigt kaum eine Aufblähung. Es schwimmt nicht auf Wasser. Mit Salzsäure längere Zeit digerirt etc., verhält sich der Thon nicht strengflüssiger, sondern ganz in derselben Weise. Schwand in geringerer Hitze (gewöhnl. Rothgluth) stark zu einer dichten, gelblich-grauweißen Masse, ohne zu springen oder zu reißen. Der rothgeglühte Thon stärker erhitzt, schwindet noch fernerhin. Pröbchen Nr. 1 (d.h. der Thon versetzt mit 1 Theil Quarz) ist glasirt mit kaum beginnendem Aufblähen, verhält sich leichtflüssiger wie Garnkirk Nr. 1. Pröbchen Nr. 2 ist Garnkirk Nr. 1 gleich zu setzen; Pröbchen Nr. 3 und noch mehr Nr. 4 beginnt körnig zu werden u.s.w. Seine Strengflüssigkeit ist demnach, Garnkirk 1 als Einheit angenommen, jedenfalls mehr als 1 und möchte = 2 zu setzen seyn. Das Bindevermögen ist nach der Prüfung = völlig 8. Der hessische Thon ist hiernach ein sehr strengflüssiger, der ausgezeichnet bindend ist, fast frei ist von sandigen Beimengungen, von Eisen und Kalk nicht viel enthält und sonstige Unreinigkeiten in sehr geringer Menge. Unter bekannten, berühmten Thonen ist ihm somit eine der ersten Stellen einzuräumen, und ist sein alter Ruf ein durchaus begründeter. Uebertroffen wird er von den besten schottischen feuerfesten Thonen, ist aber dem besten belgischen in Hinsicht der Strengflüssigkeit gleich-, und in Hinsicht des Bindevermögens voranzusetzen. Als ich den Thon nach dem einfachen Verfahren prüfte, welches von Dr. C. Otto neuerdings angegeben wurdePolytechn. Journal Bd. CLXIII S. 193., wonach ich je zwei Probesteinchen von gleichen Dimensionen aus Garnkirk-Thon und aus dem vorstehenden Thone und deren Chamotte anfertigte, sie einander kreuzweise gegenüber einem sehr hohen Hitzegrade, jedoch nur so lange aussetzte, bis eine oder resp. beide Proben stark abgeschmolzen waren, ergab sich: Die Steine aus dem hessischen Thone waren mehr abgeschmolzen wie die aus dem Garnkirker. Bei ersteren war die Flußrinde bedeutender und es war sichtbar bis in das Innere der Masse eine mehr homogene, porzellanartige Verdichtung eingetreten; während bei letzteren in dem Innern mehr ein körniges, conglomeratartiges Gefüge sich zeigte. – Die hessischen Steinproben waren viel mehr geschwunden als die Garnkirker. Im Allgemeinen bestätigt demnach diese Prüfung die obigen Resultate. Zur Darstellung der Steinmasse wählte ich 1 Raumtheil ungebrannten und 2 Theile gebrannten Thon. Einen, wenigstens dem Ansehen nach, vollständig gleichen Angriff der entgegengesetzten Proben von der Hitze erlangte ich durch Einführung des Windes unter einen regelmäßig concentrisch und vielfach durchlöcherten Rost. Außerdem findet sich in den oberen Schichten des Tiegelthonlagers noch eine zweite Sorte Thon, die dem äußeren Ansehen nach wenig verschieden ist, und sich auch im Ganzen genommen gleich mit der ersten Sorte verhält. Sie ist nicht so fett, enthält etwas Sand, ist weniger bindend und ein geringes weniger strengflüssig. Ferner kommt in der Nähe über dem Thonlager ein Sand vor, welcher zu der Tiegelfabrication benutzt wird. Derselbe ist von gelblich-weißer Farbe. Feinst zerrieben, hat das weiße Pulver einen röthlichen Stich. – Er besteht aus ziemlich gleichmäßig feinen Quarzkörnern, die durchscheinend und meist abgerundet sind. – Splitterige Stückchen, die erhitzt mit Heftigkeit zerspringen, finden sich nur vereinzelt. Letztere sind undurchsichtig und von weißer Farbe. Gelb gefärbte (eisenhaltige) Körnchen finden sich selten, und noch seltener dunkelgefärbte, fremdartige Gesteinsstückchen. – Er scheint glimmerfrei zu seyn; die glänzenden Punkte sind kleine Quarzlamellen. Er braust, mit Säure übergossen, nicht. – Digerirt mit Salzsäure, wird wenig Eisen und Kalk ausgezogen. Er enthält sehr wenig Gyps. – Färbt sich, über der Spirituslampe geglüht ein wenig heller. Bestimmung des Grades der Strengflüssigkeit im Vergleich zu chemisch-reinem Quarz. Bei der Prüfung wie oben, d.h. die resp. Pröbchen, dargestellt aus obigem Thon, versetzt einestheils mit chemisch-reinem Quarzpulver, und anderntheils mit dem fraglichen Sandpulver, ergab sich: Pröbchen Nr. 0 (d.h. der Sand für sich) ist porös und noch anhaftend, aber nicht so leicht zerreiblich, und zeigt mehr die Anfänge einer äußerlichen Glasirung wie der chemisch-reine Quarz für sich. Reibt man beide Pröbchen an einander, so reibt sich das chemisch-reine Quarzpulver ab, aber nicht das Sandpulver. Pröchen Nr. 1 zeigt beginnendes Aufblähen, Nr. 2 deßgleichen. Nr. 3 ist stark glasirt, Nr. 4 ist noch etwas glasirt, und selbst Nr. 6 und erst 8 erscheint körnig. Nr. 1 und 2 sind unter Garnkirk 1 zu stellen und selbst Nr. 3 erscheint zweifelhaft strengflüssiger. Die Strengflüssigkeit des genannten Thones ist daher bei Anwendung des Sandes, statt chemisch-reinen Quarzpulvers, jedenfalls unter 3 zu stellen, d.h. wird dadurch um einen völligen Grad hinabgedrückt. Der Sand, auch feinst pulverisirt, zeigt kein Bindevermögen. Nr. 0 staubt sehr leicht ab. Dieser Sand ist demnach hinsichtlich der Strengflüssigkeit einen vollen Grad tiefer zu stellen, als chemisch-reiner Quarz. Verhalten des Thones bei Zusatz des Sandes im Feuer. Versetzt man den Thon mit Sand in verschiedenen Verhältnissen und von verschiedener Feinheit, und glüht die Gemenge, so wird bei einer Temperatur unter der Gußstahlschmelzhitze die Strengflüssigkeit durch den Sand erhöht, und zwar in zunehmendem Verhältnisse mit dessen Menge; wird aber die Prüfungshitze über Gußstahlschmelzhitze gesteigert, d.h. so weit, daß eine Silicatbildung eintritt, so wirkt im Gegentheil der Sand flußbildend. Die Silicatbildung findet um so leichter statt, je feiner der Sand zerrieben ist. Wird er in geringerer Hitze geglüht, so nimmt mit Zunahme des Sandes, und namentlich wenn er nicht feiner pulverisirt wird, ungleich das Volumen zu, d.h. die Porosität, wobei die Festigkeit abnimmt. Ist so durch Sandzusatz dem Schwinden entgegenzuwirken, so wird dadurch auch dem Springen vorgebeugt. Mit der Porosität stellt sich, ähnlich wie bei einem Schwamm, das Bestreben ein, flüssige Substanzen, Schlacken etc. einzusaugen, wodurch eine Zerstörung um so leichter angebahnt wird. Ein Gemenge von Thon und Sand geglüht, ohne daß eine Silicatbildung eintritt, gibt zerkleinert ein Pulver von rundlichem Korn, das sich weniger innig verknetet, weniger fest brennt, als solches von kantigem Korn. Verhalten des ungebrannten Thones bei Zusatz von gebranntem im Feuer. Versetzt man den ungebrannten Thon mit gebranntem (Chamotte) in verschiedenen Verhältnissen und von verschiedener Feinheit, und setzt die Gemenge der Prüfungshitze aus, so findet ein bedeutendes Schwinden statt, und zwar je feinkörniger die Chamotte, um so größer ist dasselbe, um so mehr verdichtet sich die Masse und wird porzellanartig. – Mit der Zunahme der Chamotte im Verhältniß zum Thon tritt keine Erhöhung der Strengflüssigkeit ein, wohl aber, und besonders wenn die Chamotte von gröberem Korn ist, eine größere Feuerbeständigkeit, d.h. Haltbarkeit. Die einzelnen Chamottekörner erhalten sich länger, die Masse wird conglomeratartig, und damit schwindet sie wesentlich weniger, wodurch dem Springen und Reißen entgegengewirkt wird. Die Chamotte zerkleinert, gibt ein Pulver von kantigem Korn. Das Gemenge von Thon und Chamotte geglüht, zeigt früher Anfänge von Schmelzung, als das von Thon und Sand, und andauernd einer intensiven Glühhitze ausgesetzt, einer solchen, die über Gußstahlschmelzhitze geht, zeigt sich ersteres Gemenge doch entschieden haltbarer als letzteres. Ehrenbreitstein am Rhein, den 27. März 1862.