Titel: | Ueber eine Verbindung von Eisenoxyd und Bleioxyd, welche in der Kattundruckerei benutzt werden kann, um Blau und Grün auf Krappartikeln zu erhalten; von Horaz Köchlin. |
Fundstelle: | Band 164, Jahrgang 1862, Nr. LVIII., S. 218 |
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LVIII.
Ueber eine Verbindung von Eisenoxyd und Bleioxyd,
welche in der Kattundruckerei benutzt werden kann, um Blau und Grün auf Krappartikeln zu
erhalten; von Horaz
Köchlin.
Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
Mulhouse, März 1862, t. XXXII p. 122.
Köchlin, über eine Verbindung von Eisenoxyd und Bleioxyd, um Blau
und Grün auf Krappartikeln zu erhalten.
Nachdem ich beobachtet hatte, daß mehrere unauflösliche Bleisalze, wenn man sie mit
Eisenauflösungen behandelt, nach dem Waschen so viel Eisenoxyd zurückhalten, daß sie
mit Eisenblausäure ein intensives Blau geben, machte ich von dieser Eigenschaft bei
den Krappartikeln Anwendung, wo das Bleioxyd bisher nur zur Erzielung von Gelb oder
Orange (als Eindruck) benutzt worden war.
Wenn man die Bleibeizen gleichzeitig mit den Eisen- und Thonerdebeizen
aufdruckt und sie so fixirt, daß sie in unauflösliche Verbindungen ohne
zurückbleibendes freies Oxyd verwandelt werden, so ziehen sie im Krapp nicht mehr
merklich an und reinigen sich von einigen Spuren dieses Farbstoffes leicht bei den
Seifepassagen, welche zum Aviviren des Roth und des Violett erforderlich sind.
Passirt man nun den in Krapp gefärbten und avivirten Kattun – statt in
chromsaurem Kali – in einer geeigneten Eisenauflösung, so zieht das Bleioxyd
(statt Chromsäure) Eisen an, während das Weiß, das Roth und sogar das Violett
unversehrt bleiben. Nimmt man dann den Zeug durch angesäuertes Blutlaugensalz, so
färbt sich die Bleibeize blau, oder grün wenn sie vorher durch chromsaures Kali
passirt wurde.
Dieses Verfahren wird folgendermaßen ausgeführt:
Die Bleibeize wird mit Ammoniak oder concentrirtem schwefelsauren Natron befestigt,
wie bei dem von meinem Vater zuerst dargestellten Krappartikel mit Hochgelb (genre mais garancé). Nach diesem Fixiren
vervollständigt man das Reinigen in phosphorsaurem, arsensaurem oder kieselsaurem
Natron anstatt in chromsaurem Kali; nachdem hernach das Färben sammt den
Seife- und Chlorpassagen wie gewöhnlich durchgeführt worden ist, schreitet
man zur Passage in Eisenvitriol auf folgende Weise:
Man läßt die Stücke fünf Minuten lang bei 60° C. durch eine Kufe gehen, welche
enthält:
900 Maaß (à 2 Pfd.) Wasser,
6 Pfund Eisenvitriol,
3 Unzen Zinnchlorür.
Nachdem diese Operation beendigt ist, wascht man und passirt dann eine Minute lang
durch eine mit Rollen versehene Kufe, welche enthält:
900 Maaß Wasser,
15 Pfund gelbes Blutlaugensalz,
3 „
Schwefelsäure.
Hernach wascht, trocknet und chlorirt man.
Der Zusatz des Zinnchlorürs zum Eisenvitriol hat den Zweck zu verhindern, daß der
Kattun sich durch Eisen färbt; man erhält so ein reineres Weiß. Wenn man aber vom
Zinnsalz einen Ueberschuß angewandt hat, so zieht das Blei kein Eisen mehr an. Die
Wirkung des Zinnsalzes zeigt sich vortheilhafter, wenn man ihm eine besondere
Passage widmet, nach derjenigen im Eisenvitriol.
Das chromsaure Blei zieht das im Wasser suspendirte Eisenoxydul an, aber nicht das
Eisenoxyd.
Wenn man dem Eisenvitriol alkalisches schwefligsaures Natron zusetzt, so erfolgt das
Färben mit größerer Leichtigkeit, aber das Roth erhält dann einen braunen Ton; 5
Centigramme Eisenvitriol und schwefligsaures Natron per
Kilogr. Wasser sind hinreichend um mit dem chromsauren Blei nach der Passage in
angesäuertem Blutlaugensalz Grün zu bilden.
Nach dem beschriebenen Verfahren kann man folglich alle Nüancen von Blau oder Grün
erhalten, sowie gemischte Nüancen, wenn die Bleibeize mit Eisen- oder
Thonerdesalzen versetzt worden war.
Dieses, in wissenschaftlicher Hinsicht interessante Verfahren, gewährt jedoch in
praktischer Beziehung keine Vortheile, weil das Blau und das Grün mit dem Ultramarin
und Chromgelb nicht zu concurriren vermag. Es können jedoch Fälle vorkommen, wo sich
von dieser Eigenschaft der Druckfarben, Eisen anzuziehen, Anwendungen machen lassen,
z.B. für das in den Indigoböden reservirte Blei, oder auch für das auf Manganbistre,
Krapprosa oder Türkischroth als Aetzreserve gedruckte Blei; da auf letzteren
Artikeln das Blei leicht zu fixiren ist, so ließe es sich als Zwischenmittel oder
Beize für Blau und Grün benutzen, welche Farben bisher nur durch das ungenügend
haftende Berlinerblau erzielt werden konnten.
Das in dieser Mittheilung beschriebene Verfahren, welches sich auf die Anziehung
zweier Oxyde gründet, ist nicht die erste Anwendung dieses Princips in der
Kattundruckerei. Bekanntlich vervollkommnete Daniel Köchlin schon im J. 1806 die Darstellung des Fayencegrün, indem er die
Zeuge vor oder nach dem Färben in Wau durch eine Alaunauflösung passirte. Das
Zinnoxyd, welches durch die zur Befestigung des in der Druckfarbe enthaltenen Indigos
erforderlichen Küpenoperationen fixirt war, zog den Alaun an, und bildete so einen
stärkeren Mordant; man erhielt daher nicht nur ein lebhafteres Grün, sondern
vermochte auch das Weiß durch Passagen in verdünnten Säuren zu verbessern.
Daniel Köchlin gelangte zur Kenntniß dieser
Doppelverbindungen und ihrer Eigenschaften durch eine zufällige Beobachtung; er
wollte nämlich einen Zeug abziehen, welcher einerseits mit Zinnbeize, andererseits
mit gewöhnlicher Rothbeize (essigsaurer Thonerde) in zwei sich durchkreuzenden
Mustern bedruckt war; nachdem er diesen Zeug in Säure passirt hatte, glaubte er
annehmen zu können, daß jede Spur der aufgedruckten Beizen verschwunden sey, sah
aber zu seiner Verwunderung beim Färben diejenigen Stellen wieder zum Vorschein
kommen, wo die beiden Beizen übereinander gedruckt waren. Durch diesen Versuch
lernte man zuerst den beträchtlicheren Widerstand zweier Oxyde in der Zeugdruckerei
kennen.
Eine analoge Verbindung bildet sich beim Krappfärben täglich unter unseren Augen. Die
Thonerde muß nämlich dabei eine Verbindung mit dem Kalk eingehen können, um der
Mordant zu werden, welcher die carminrothe Nüance der Rosenblätter gibt. Für einige
Krappsorten spielt der Kalk allerdings bloß eine neutralisirende Rolle, und dient
folglich zum Schutz der Mordants (gegen das Abziehen); manchmal kann und muß aber
diese Rolle eine doppelte seyn; in dem von mir erwähnten Falle handelt es sich
jedoch um die Bildung des Kalkaluminats als Mordant nur in Hinsicht der
verschiedenen Nüance welche dasselbe in Vergleich mit der reinen Thonerde gibt, denn
die erzielte Farbe widersteht den alkalischen Avivagen und dem Licht in gleichem Grade mit und ohne Kalk, vorausgesetzt daß
man mit dem reinen Farbstoff operirt hat.
Endlich kann man noch als Beispiel die Artikel anführen, bei deren Fabrication die
Thonerde alkalische Bäder zu passiren hat, gegen welche man sie durch eine zweite
Basis als Hülfsmittel schützt; auf diese Weise haben die Bittererdesalze eine
glückliche Anwendung gefunden.
Glasgow, den 8. Februar 1862.