Titel: Wagner's Kesselsteinapparat.
Fundstelle: Band 164, Jahrgang 1862, Nr. LXV., S. 254
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LXV. Wagner's Kesselsteinapparat. Aus Armengaud's Génie industriel, April 1862, S. 192. Wagner's Kesselsteinapparat. In einer der letzten Sitzungen der Société des Ingenieurs civils machte Hr. Tronquoy und nach ihm Hr. Brüll sehr interessante Mittheilungen über den von Hrn. Wagner erfundenen Kesselsteinapparat. Der Zweck desselben ist die Reinigung des Wassers mittelst Dampf, d.h. mittelst einer Temperaturerhöhung, die Fällung der im Wasser gelösten Salze, so daß dieses in den Kesseln keinen Absatz (Stein) hervorbringen kann. Hr. Wagner hatte in seiner Fabrik in Paris (im Quartier Piepus) nur schlechtes Wasser zum Speisen der Kessel zur Verfügung, und bemühte sich daher dasselbe zu reinigen. Nach zahlreichen, durch Jahre hindurch fortgesetzten Versuchen ist er endlich zur Construction eines Apparates gelangt, welche etwas abweichend ist, je nachdem derselbe für feste oder bewegliche Dampfmaschinen bestimmt ist, und je nachdem man den expandirten Dampf benutzen kann oder nicht. Der Apparat für die Kessel feststehender Maschinen ohne Condensation, von welchem Hr. Tronquoy ein Modell vorlegte, begreift drei Theile: 1) ein Reservoir, in welchem sich die im Wasser suspendirten Körper absetzen; 2) einen Kasten mit einem System von Platten, über welche das Wasser in einer dünnen Schicht dem austretenden Dampfe entgegenfließt, sich erhitzt und die gelösten Salze absetzt; 3) eine Reihe von Filtern, welche in einem Gefäße enthalten sind, das mit jenem Kasten verbunden ist, und worin die krystallisirten, noch nicht abgelagerten Salze zurückgehalten werden. Die beiden ersten Theile des ganz aus Eisenblech construirten Apparates sind mit einander verbunden und von rechteckiger Gestalt. Das Wasser, welches in dem über dem Kasten angebrachten Reservoir ankommt, geht in den Kasten durch eine Röhre, deren obere Mündung sich über dem Boden des Reservoirs befindet, damit das Wasser von dem Bodensatz decantirt wird. Die zur Aufnahme der Niederschläge bestimmten Platten bestehen aus Eisenblech und haben die Form des Kastens selbst. An den Seiten haben sie aufgebogene Ränder: sie sind auf Zahnstangen so aufgestellt, daß die Ränder abwechseln und das oben ankommende Wasser über die sämmtlichen Platten nach einander fließen muß. Unter der letzten Platte und fast in Berührung mit derselben mündet das Rohr für den verbrauchten Dampf, welches mit einer Brause endigt. Der Dampf geht also denselben Weg wie das Wasser, nur in entgegengesetzter Richtung; es findet daher zwischen Wasser und Dampf ein Wärmeaustausch statt, und das Wasser erhitzt sich auf 80–90° C. Die gelösten Salze setzen sich ab, ein Theil des Dampfes wird condensirt und der übrige entweicht durch ein oberes Rohr frei in die Atmosphäre. Auf den Platten bleibt indessen nicht der ganze durch die Erhitzung gebildete Niederschlag zurück; es befindet sich daher noch ein Raum unterhalb der Platten, worin sich die als feines Krystallpulver abgeschiedenen Salze ähnlich wie im oberen Reservoir die suspendirten Körper absetzen können; das nach den Filtern führende Rohr mündet nämlich etwas oberhalb des Bodens. Die Filter bestehen aus Galletseide, welche in einer kleinen, gußeisernen Büchse enthalten ist, woraus die Speisepumpen das Wasser nach den Kesseln entnehmen. Diese Büchse ist mit einem Deckel verschlossen, welcher durch einen Gummiring und Schraubenbolzen gedichtet wird. Auf ähnliche Weise sind alle Theile des Apparates verschlossen, namentlich auch die Oeffnungen des die Platten enthaltenden Kastens, um denselben leicht reinigen zu können. Bei dem Apparate sind ferner noch einige sinnreiche Einrichtungen angebracht. Ein Hahn am unteren Reservoir dient zum Abzapfen von heißem gereinigtem Wasser, und ein Mannloch zum Ausleeren des nicht auf den Platten zurückgebliebenen Niederschlags. Der Wasserabfluß vom oberen Reservoir nach dem Kasten wird durch einen Hahn regulirt, welchen eine endlose Kette regiert. Diese Kette wird von einem Zahnrad bewegt, welches mittelst einer Kurbel gedreht wird, an welcher ein Zeiger mit getheiltem Kreis die Stellung des Hahnes angibt. Die mit diesem Apparat erlangten Resultate sind so befriedigend wie möglich. Die in den Kesseln sich bildenden Absätze haben keine Cohärenz mehr und sind durch bloßes Auswaschen zu entfernen. In einem Apparate in der Ultramarin- und Chininfabrik des Hrn. Armet de Lisle in Nogent-sur-Marne wurden auf den Platten im Verlauf eines Monates 400 Kilogr. Niederschlag gesammelt. Das gereinigte Wasser diente zum Speisen zweier Kessel von je 15 Pferdekräften, und außerdem wurden von demselben täglich 6 Kubikmeter zu anderen Zwecken verbraucht. Von dem angewandten Seinewasser wurde kurz vor seinem Eintritt in den Apparat eine Probe genommen; es ergaben 10 Liter einen Rückstand beim Verdampfen einmal von 1,815 und ein anderesmal von 1,410 Grm. Dieselbe Menge ergab nach dem Durchgang durch den Apparat resp. 0,365 und 0,245 Grm., enthielt also nur noch 20 Proc. und 17 Proc. der ursprünglich vorhandenen Salze. Eine chemische Untersuchung des Rückstandes beim ersten Versuch ergab folgende Zahlen: Vor dem Durchgangdurch denApparat. Nach dem Durchgangdurch denApparat. kohlensaurer und doppelt-kohlensaurer Kalk    und Magnesia 1,140 Grm. 0,180 Grm. schwefelsaurer Kalk und Magnesia 0,640 Grm. 0,160 Grm. Kieselerde, Chloride, organische Substanzen    und Verlust 0,042 Grm. 0,025 Grm. ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– Summe: 1,822 Grm. 0,365 Grm. Für Condensationsmaschinen unterscheidet sich der Apparat von dem beschriebenen nur dadurch, daß der erforderliche Dampf direct aus dem Kessel, und zwar durch eine Röhre entnommen wird, die hinter der Feuerbrücke vorbei geht, damit der Dampf überhitzt wird. Die Wagner'schen Apparate sind bei Hrn. Durenne in Paris (dem Verfertiger derselben), bei Hrn. Collas in Courbevoie (15 Pf. Kr.), bei Hrn. Armet de Lisle in Nogent, und endlich bei den HHrn. Hutchinson, Schmith u. Comp. in Paris (300 Pf. Kr.) in Gebrauch, und die Brennmaterialersparniß soll 30 Proc. betragen. Anwendung des Wagner'schen Apparates bei Locomotivkesseln etc. – Nach vorstehendem Vortrage des Hrn. Tronquoy theilte Hr. Brüll mit, daß ihm von einem der Ingenieure der österreichischen Staatseisenbahn-Gesellschaft vor etwa zwei Jahren die Beschreibung eines Kesselsteinapparates überschickt wurde, welchen Hr. Schau, Director der Maschinenfabrik zu Neustadt, erfunden hat.Man vergl. die Mittheilung über Schau's Kesselsteinapparat im polytechn. Journal Bd. CLIX S. 461. Dieser Apparat ist dem oben beschriebenen Wagner'schen so ähnlich, daß ein Vergleich beider Interesse darbieten muß. Der Schau'sche Apparat beruht auf dem Princip, daß der größte Theil der den Kesselstein bildenden Salze sich in dem Zeitpunkt absetzt, wo das Wasser zu kochen beginnt, oder eine dem Siedepunkt nahe Temperatur erlangt. Wenn man also das Wasser in einem besonderen Apparate vor dem Eintritte in den Kessel hinreichend erhitzt, so müssen sich die (in Kohlensäure gelöst gewesenen) gefällten Bestandtheile als Schlamm in dem Apparate niederschlagen, der zum Reinigen passend eingerichtet ist, und es wird dann nur reines Wasser in den Kessel gelangen. Das Aufkochen des Wassers geschieht durch den Kesseldampf in einer cylindrischen Büchse, welche auf dem Kessel angebracht und mit dem Dampfraum durch ein kurzes Rohr verbunden ist. Das Wasser wird oben durch eine Brause in den Cylinder eingespritzt und fließt über eine Reihe stufenweise angeordneter, mit Rändern versehener Schalen von Eisenblech, die mit Löchern versehen sind, welche einander nicht entsprechen und durch die das Wasser von einer Schale auf die andere gelangt. Diese Schalen sind auf Stäben aufgereiht, welche an dem erwähnten kurzen Rohr befestigt sind, und werden durch hohle Zwischenstücke und in die oberen Enden der Stäbe eingesteckte Splinte in fixer Entfernung gehalten. Das von der letzten Schale kommende Wasser sammelt sich am Boden des Kochcylinders, und fließt durch einen Ansatz mit Seitenrohr nach der Oberfläche des Wassers im Kessel. Die Wirkung des Apparates ist sehr einfach. Das oben in den Cylinder eingespritzte Speisewasser ist schon durch einen Injector oder Vorwärmer so weit erhitzt, daß es während der Circulation im Apparate zum Sieden kommt. Es verbreitet sich als feiner Regen auf der ersten Schale und strömt in dünnen Strahlen dem Dampfe entgegen. Auf dem verhältnißmäßig weiten Wege, welchen es zurücklegt, läßt es nach und nach die gelösten Salze fallen, welche sich als schmieriger Schlamm auf den Schalen und der inneren Wand absetzen. Das nicht verdampfte Wasser gelangt endlich in den unteren Behälter, wo es den Rest des Schlammes vollends absetzt, und wird dann durch solche Leitungen in den Kessel geführt, daß kein Schlamm mitgerissen werden kann. Der Kochapparat ist oben mit einem beweglichen Deckel geschlossen, der durch Schrauben dicht gehalten wird. Alle Monate etwa, je nach dem Gehalte des Wassers, wird derselbe geöffnet, und eine Reinigung der herausgenommenen Schalen und der Mündungen vorgenommen, was sehr leicht zu bewerkstelligen ist. Es ist in Oesterreich bereits eine große Anzahl solcher Apparate an stehenden Kesseln sowohl, als an Locomotivkesseln angebracht worden, und zwar stets mit vollkommen befriedigendem Erfolg. Bei der ersten Anwendung dieses Apparates an einer Locomotive bemerkte man, daß nicht allein kein Kesselstein sich bildete, sondern daß der seit sechs Monaten entstandene von selbst verschwand; dieß erklärt sich aus der natürlichen Zerbröckelung der Incrustation durch abwechselnde Ausdehnung und Zusammenziehung, worauf, wenn keine neuen Absätze erfolgen, die Trümmer beim gewöhnlichen Ausleeren der Kessel entfernt werden. Der erste Erfolg veranlaßte die Anwendung des Apparates bei weiteren zwölf Locomotiven der österreichischen Staatseisenbahn-Gesellschaft. Die Speisewasser enthalten durchschnittlich im Kubikmeter 110 Grm. Salze, und zwar 30 Grm. kohlensaure und 80 Grm. schwefelsaure. Längere Zeit fortgesetzte Versuche haben ergeben, daß durch den Apparat 70 Proc. des Gesammtsalzgehaltes aus dem Kesselwasser abgeschieden werden, so daß nur noch 30 Proc. in den übrigen Maschinentheilen zur Abscheidung kommen; diese 30 Proc. setzen sich aber in Folge des Durchganges durch den Apparat nicht mehr in festen Krusten ab, sondern bilden ein schlammiges Pulver, welches sich bei den gewöhnlichen Reinigungen leicht entfernen läßt. Wagner's Hochdruckapparat entspricht fast ganz demjenigen von Schau; beide bieten nur in Einzelheiten Unterschiede dar. Bei dem Wagner'schen lassen die Platten das Wasser bald an dem äußeren, bald am inneren Rande auf die folgende überfließen, während beim Schau'schen Apparate Tropflöcher vorhanden sind. Bei dem ersteren fließt das Wasser aus dem unteren Reservoir in den Kessel durch ein Mittelrohr, in welchem zugleich Seitenlöcher für den Durchgang des Dampfes vorhanden sind, während bei dem Schau'schen Apparat ein seitlicher Abfluß des Wassers in den Kessel stattfindet. Beim Vergleich des Niederdruckapparates von Wagner mit dem Schau'schen Hochdruckapparat stellt sich für den ersteren der Vortheil heraus, daß bei denselben ein Theil des sonst verlorenen verbrauchten Dampfes nützlich verwandt wird, wogegen bei dem Hochdruckapparat das Speisewasser mit directem Dampf erwärmt wird; da letzterer das Wasser viel mehr erhitzt, so muß er offenbar behufs der Reinigung wirksamer seyn. Endlich ist zu bemerken, daß der Niederdruckapparat sehr umfangreich und theuer ist, während der andere sich leicht und ohne große Kosten aufstellen läßt. Auch erfordert der Niederdruckapparat gewisse Hahnregulirungen. Anknüpfend an diese Mittheilungen, bemerkt Hr. Tresca, daß nach einer Arbeit von Hrn. Cousti die kohlensauren Salze des Wassers sich bei 60° C. absetzen, während die schwefelsauren dazu einer höheren Temperatur, bisweilen von 140° C., bedürfen. Es sind in dieser Beziehung folgende Beobachtungen an dem Kessel des Conservatoire des arts et métiers zu Paris gemacht worden, welcher aus einem Hauptkörper und drei Siederohren besteht: Nach einem mehrmonatlichen Gange fand man bei der Reinigung in dem während des Betriebes wenigst heißen Siederohr – nämlich in dem untersten – unbeträchtliche Niederschläge von kohlensauren und wenig schwefelsauren Erden. Im Mittelrohre enthielten die Absätze 90 Proc. kohlensaure Erden; das oberste, heißeste Siederohr enthielt fast ausschließlich schwefelsaure Salze als Niederschlag. Es würden daher, nach Hrn. Tresca, die Niederdruckapparate sich besser für solche Wasser eignen, welche kohlensaure und nur wenig schwefelsaure Salze enthalten, während für sehr gypshaltige Wasser die Hochdruckapparate vorzuziehen wären.