Titel: Neue Muttern-Fräse; von Siegm. Schüller, Maschinentechniker in Wien.
Autor: Siegmund Schüller
Fundstelle: Band 164, Jahrgang 1862, Nr. LXVII., S. 260
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LXVII. Neue Muttern-Fräse; von Siegm. Schüller, Maschinentechniker in Wien. Mit Abbildungen auf Tab. IV. Schüller's neue Muttern-Fräse. Man hat in neuester Zeit im Maschinenbau sein Augenmerk auf billige und schnelle Herstellung der einzelnen Maschinentheile gerichtet und jede Erleichterung, welche in dieser Richtung geboten wurde, mit Freude begrüßt. Besonders eignen sich aber zu solcher Erzeugung jene Bestandtheile die am häufigsten verwendet werden, und unter diese gehören gewiß die Schrauben und speciell die Schraubenmuttern. Letztere werden namentlich häufig fabricationsmäßig erzeugt, und es pflegen nicht selten selbst bedeutende Maschinenbauetablissements ihren ganzen Bedarf an diesem Artikel außer dem Hause zu beschaffen. Vorliegende Fräse ist speciell darauf berechnet, die Schraubenmuttern viel schneller als es bisher möglich war fertig zu machen; es ist daher einleuchtend, daß bei Verwendung derselben Betriebskraft die Zeitersparniß diesen Artikel bedeutend verwohlfeilt. In der Grundidee besteht die Maschine aus einer Combination dreier Fräsen, an denen die auf einen Dorn gespannten Muttern vorbeigeführt werden. Fig. 1 und 2 stellen zwei Verticalschnitte dieser neuen Fräse dar. Auf einem gußeisernen Bett A von Form, welches auf drei Ständern B₁, B₂, B₃ aus gleichem Materiale, aufruht, befindet sich ein gewöhnlicher Spindelstock C mit festem Vorgelege. An der Spindel C außerhalb der Docke stecken drei Fräsen a₁, a₂, a₃. Die mittlere Fräse a₂ ist cylindrisch, und hat genau die Sechseckseite der abzufräsenden Mutter zur Breite, die beiden anderen a₁, a₃ sind abgestutzte Kegel, deren Erzeugende mit der Grundlinie einen Winkel von 30° einschließt. Die Breite der conischen Schneidfläche dieser Fräsen ist nun ebenfalls gleich oder etwas größer als die Sechseckseite der zu bearbeitenden Schraubenmutter. Es ist einleuchtend, daß drei derartig aneinander gereihte Fräsen genau die Profilirung einer Mutter bilden. In dem gußeisernen Bett sind zwei rectanguläre Führungsrinnen eingehobelt, in denen sich ein Support bewegt, dessen Einrichtung jedoch von den gewöhnlich üblichen in etwas abweicht. Auf seinem Spiegel befinden sich zwei Lager, von denen das eine (e) fest ist, das andere jedoch mittelst einer Schraube (g) senkrecht zur Spindelachse verschoben werden kann. Man hat es daher in seiner Macht, die directe Entfernung der beiden Lager e und f nach Willkür zu verändern. An der vorderen Seite des Lagers e ist eine Theilscheibe (z) angebracht, welche mit gut ausgearbeiteten Kerben versehen ist, in die genau das Ende eines verschiebbaren Handgriffes (h) paßt. Die Lagerschale ist aus Schmiedeeisen, geht in eine Kurbel (g') über und ist zur Aufnahme eines quadratischen Zapfens vorgerichtet. In einem Schlitze der Kurbel g' spielt der vorhin erwähnte Handgriff h. Derselbe wird durch eine Stahlfeder, die unter dem Kurbelgriff befestigt ist, beständig gegen das Centrum des Lagers gedrückt, wodurch man bewirkt, daß das eine Ende des Handgriffes stets fest in die Kerben der Theilscheibe einfällt und dadurch die Lagerschale sammt der Kurbel feststellt. Der Spiegel des Supports sammt den darauf befindlichen Lagern kann ferner durch die Schraube j parallel zur Spindelachse verschoben werden. An dem anderen Ende der Spindelachse befindet sich eine kleine Stufenscheibe (k), welche mittelst eines Riemens einen ganz gleichen Rollenconus l, der auf die unterhalb des Bettes A in zwei Lagern x, x laufende Welle m festgekeilt ist, in Bewegung setzt. Von der Welle m wird die Bewegung mittelst zweier conischen Räder auf die Welle n übertragen, an deren äußerem Ende das Zahnrad (o) in der Längenrichtung dieser Welle verschiebbar aufgekeilt ist. – Durch einen Schuber p, welcher mittelst zweier runden Augen die Nabe des Zahnrades o umfaßt, wird letzteres bald mit dem Zahnrade q, das auf der Leitspindel festsitzt, bald mit dem Zwischenrade r in Eingriff gebracht, wodurch man eine langsame Vorsteuerung und eine schnelle Rücksteuerung des Supports bewirkt. Die Ingangsetzung der Maschine wird nun auf folgende Weise ermöglicht. Auf einen Bolzen r, der an einem Ende quadratisch zugefeilt und mit einem Bunde versehen ist, und ziemlich genau in die Muttern paßt, werden dieselben derartig aufgesteckt, daß sie ein langes sechsseitiges Prisma bilden. Das eine quadratische Ende wird in das Lager r eingeschoben und auf das andere runde Ende wird das Lager f geschoben. Durch Umdrehung der Kurbel g' wird nun mittelst des Lagers f das Mutternprisma gegen den Bund gepreßt und dadurch das ganze System festgestellt. Nachdem nun zwei Fräsen a₂, a₃ auf die Spindel aufgesteckt sind, wird mittelst der Schraube j der Spiegel des Supports sammt den Muttern so verschoben, daß sich dieselben genau an die Fräsen anlegen. Jetzt wird auch die dritte Fräse a' aufgesteckt und durch die Muttern, welche vorn an die Spindel passen, festgeschraubt. Setzt man nun die Stufenscheibe der Spindel mit dem gangbaren Zeuge in Verbindung, so nehmen die Fräsen von den unter ihnen vorgeschobenen Muttern alles überflüssige Fleisch weg. Ist nun der Support in seiner ganzen Länge unter den Fräsen vorgesteuert, so wird durch den Schuber p das Zahnrad o mit dem Zwischenrade r in Verbindung gesetzt. Dieses greift nun wieder in das auf der Leitspindel festgekeilte Zahnrad t ein, und steuert den Support sehr schnell zurück. Hat dieser den Rückweg ganz durchlaufen, so wird der Riemen der Transmissionswelle auf die Losscheibe geschoben und dadurch die ganze Maschine zum Stillstehen gebracht. Mittelst der Kurbel g' werden nun die Muttern um 180° gedreht, was vermittelst der Theilscheibe (z) sehr leicht geschehen kann, und vermöge des Handgriffes h in dieser Lage festgestellt. Die Muttern bieten nun den Fräsen die anderen drei noch unbearbeiteten Seiten dar. Wird jetzt mittelst des Schubers p das Zahnrad o mit dem Rade q in Verbindung gesetzt und die Spindel vom gangbaren Zeuge in Bewegung gebracht, so fräst die Maschine die Mutter nun auch auf der anderen Seite. Ist dieses geschehen, so wird die Fräse zum Stillstand gebracht, das Lager f mittelst der Schraube und Kurbel g' vorgezogen, der Bolzen ausgehoben, und es werden statt der nun gefrästen Muttern neue aufgesteckt, warnach das Spiel der Maschine von vorn beginnt. Zu bemerken ist noch, daß 3–4 Muttern an jedem Bolzenende schon genau die gehörige Form besitzen müssen, damit das Montiren unter der Fräse ohne Aufschub erfolgen kann. Es ist einleuchtend, daß mit solchen Fräsen viel mehr Muttern abgerichtet werden können als mit den bisher üblichen, und daß die beschriebene Maschine an Leistungsfähigkeit den anderen Fräs- oder Mutterstoßmaschinen (wie sie z.B. Rich. Hartmann in Chemnitz baut) weit voransteht. Folgende Tabelle veranschaulicht in übersichtlicher Weise die Leistung derselben: Nr. der Schrauben 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 Bolzendurchmesser 1/4 3/16 3/8 7/16 1/2 5/8 3/4 7/8 1 1 1/8 1 1/4 1 3/8 1 1/2 1 3/8 1 3/4 in engl. Zoll. Schlüsselwette  der Mutter 6 7,12 8,25 9,37 10,5 12,75 15 17,25 19,5 21,75 24 26,25 28,5 30,75 33 in Wiener  Linien. Gefräste Muttern  per Stunde 432 324 288 252 216 150 120 100 91 82 60 46 36 30 24 Stück. Gefräste Muttern  per Tag 5184 3888 3456 3024 2492 1800 1440 1200 1092 984 720 552 532 360 288 Stück.

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Tafel Tab.
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Tab. IV