Titel: Ueber die Grenze, bis zu welcher sich die Anreicherung des Silbers im Werkblei durch den Pattinson'schen Proceß treiben läßt; vom Oberbergrath Reich.
Fundstelle: Band 164, Jahrgang 1862, Nr. XCIX., S. 369
Download: XML
XCIX. Ueber die Grenze, bis zu welcher sich die Anreicherung des Silbers im Werkblei durch den Pattinson'schen Proceß treiben läßt; vom Oberbergrath Reich. Aus dem Freiberger Jahrbuch für 1862. Reich, über den Pattinson'schen Proceß. Der Hauptvortheil, den man durch die Anreicherung des Bleies an Silber vermittelst des Pattinson'schen Concentrationsprocesses erreicht, besteht bekanntlich in der Verminderung der dem Abtreibeproceß zu übergebenden Bleimenge, und der dadurch erlangten Verminderung an Kosten und Bleiverlusten. Abgesehen von allen anderen Nebenrücksichten, die eine Beschränkung der Silberconcentration im Blei auf gewisse Grenzen rathsam erscheinen lassen können, muß daher an und für sich eine möglichst weit getriebene Anreicherung des Bleies wünschenswerth erscheinen, und es war von Interesse durch den Versuch die Frage zu beantworten, bis zu welchem höchsten Silbergehalt man durch den Pattinsonproceß das Blei anzureichern vermöge. Daß es eine solche Grenze geben müsse, scheint von vornherein unzweifelhaft; denn der Proceß beruht darauf, daß der Schmelzpunkt des Bleies durch die Legirung mit Silber herabgezogen wird, so daß die aus einer geschmolzenen silberhaltigen Bleimasse auskrystallisirenden, also erstarrenden, und sonach strengflüssigeren Theile silberärmer sind als die flüssig zurückbleibende, also leichtflüssigere Mutterlauge. Es ist dieses Verhalten, daß das leichtflüssige Blei durch den Zusatz einer gewissen Menge des weit strengflüssigeren Silbers noch leichtflüssiger wird, auch in so fern nicht auffallend, als man genug andere Beispiele davon kennt daß eine Legirung zweier oder mehrerer Metalle einen niedrigeren Schmelzpunkt besitzt, als der ihrer Bestandtheile ist. – Es wäre übrigens von Interesse, die Temperatur des Schmelzpunktes von Blei mit verschiedenem Silbergehalt genau zu bestimmen. Einige Versuche, die jedoch noch nicht den nothwendigen Grad der Genauigkeit besitzen, haben allerdings auch für silberreicheres Blei einen niedrigeren Schmelzpunkt ergeben als für silberärmeres. – Jedenfalls muß indessen diese Abnahme der Schmelzpunkts-Temperatur des Bleies mit der Zunahme seines Silbergehaltes ihre Grenze haben; denn daß ein Silber mit wenig Bleigehalt, daß sogar Legirungen von gleichen Theilen beider Metalle, oder selbst z.B. von 3 Theilen Blei und 1 Theile Silber, strengflüssiger sind, als reines Blei, kann man leicht nachweisen. Um diese auch praktisch wichtige Grenze zu ermitteln, versuchte man auf der Halsbrückner Hütte die Concentration des Silbers im Blei durch den Pattinsonproceß möglichst hoch zu treiben, und fand als Resultat, daß eine weitere Concentration nicht mehr möglich sey, wenn das Blei etwa 2 1/4 Procent Silber enthält. Das Fortschreiten der Anreicherung ergibt sich aus folgender Tabelle: Gehaltdes eingeschmolzenenzu krystallisirendenBleies. Gehaltder ausgeschöpften Krystalle. Gehaltder zurückbleibendenMutterlauge. Pfundtheile. Pfundtheile. Pfundtheile.   70,4 39,0 bis  46,6 102,5   73,2 31,8   „   37,4 107,6   96,6 41,0   „   68,0 145,0   98,8 39,0   „   62,4 153,0 144,2               68,2 192,2 209,0             201,1 226,0 211,6             172,8   „ 221,6 224,8 220,6             221,2 226,4 Als man bis zu einem Gehalte von etwa 2 1/4 Procent Silber gelangt war, zeigte sich, daß die Krystallausscheidung weit langsamer und später eintrat, als bei niedrigeren Silbergehalten, und bei dem Anfange derselben sich unverkennbar eine Tendenz der ganzen flüssigen Bleimasse zum Erstarren zu erkennen gab. Nur mit vieler Mühe, sorgfältigem, wiederholtem Abstoßen der sich bildenden Ränder und durch fortwährendes Umrühren war man im Stande Krystalle auszuschöpfen. Das krystallisirende Blei enthielt im Centner 226,6 Pfundtheil, d.h. 2,266 Procent Silber. Im Anfange des Ueberkrystallisirens fand man a) bei gewöhnlicher Behandlung in den kleinen Krystallen   218,8 Pfdthl. Silber, den groben Krystallen   233,7     „         „ ––––––––––––––––– Mittel 226,25 Pfdthl. Silber. b) bei sehr sorgfältigem, starkem Schütteln derSchöpfkelle zu möglichster Beseitigung deranhängenden Mutterlauge in den kleinenKrystallen   224,6 Pfdthl. Silber, den groben Krystallen   234,8     „         „ ––––––––––––––––– Mittel   229,7 Pfdthl. Silber. Am Ende des Ueberkrystallisirens enthielten die kleinen Krystalle a) bei gewöhnlicher Behandlung 330,4 Pfdthl. Silber, b) bei sehr sorgfältigem Schütteln 230,0     „         „ Die sämmtlichen gewonnenen Krystalle wurden eingeschmolzen, und ergaben dann einen Gehalt von 226,4 Pfdthl. Silber. Die zurückgebliebene Mutterlauge enthielt 229,2 Pfundtheil Silber. Abgesehen von den kleinen Differenzen, die bei so reichem Producte in den Proben ihren Grund haben mögen, zeigt sich also, daß bei diesem Silbergehalte des Bleies eine Anreicherung durch Auskrystallisiren nicht mehr möglich ist, was auch durch das Verhalten der ganzen erkaltenden Masse, und durch die Schwierigkeit, daraus Krystalle zu erhalten, bestätigt wird. –––––––––– Zusatz. Mit einem in eine eiserne Röhre gesteckten und mit Asbest umgebenen Quecksilberthermometer wurde bei einem Silbergehaltder Krystalle von die Temperaturgefunden 0,0065 Procent   321,0° C.        0,476      „ 309,0   „