Titel: Ueber die Kohlen-Zink-Kette bei Anwendung verschiedener Ladungsflüssigkeiten; von Dr. Adalbert Edlem v. Waltenhofen, Professor der Physik an der Innsbrucker Universität.
Autor: Adalbert Waltenhofen [GND]
Fundstelle: Band 164, Jahrgang 1862, Nr. CXVII., S. 427
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CXVII. Ueber die Kohlen-Zink-Kette bei Anwendung verschiedener Ladungsflüssigkeiten; von Dr. Adalbert Edlem v. Waltenhofen, Professor der Physik an der Innsbrucker Universität. Ueber die Kohlen-Zink-Kette bei Anwendung verschiedener Ladungsflüssigkeiten. Eine galvanische Kette, welche mit möglichst geringen Kosten einen andauernd intensiven Strom liefert, ist ein so wichtiges praktisches Erforderniß, daß jede bewährte Verbesserung in dieser Richtung Beachtung verdient. Es fehlt gewiß nicht an zahlreichen Vorschlägen über diesen Gegenstand, aber leider sind die bezüglichen Angaben in der Regel so unverbürgt und oberflächlich, daß es in den meisten Fällen nicht möglich ist aus solchen Notizen ein sicheres Urtheil über die Zweckmäßigkeit der empfohlenen Einrichtungen einer Kette zu entnehmen. Aus diesem Gesichtspunkte glaube ich die auf genaue Messungen basirten Erfahrungen mittheilen zu sollen, welche ich insbesondere über die stärkeren constanten Ketten bei Anwendung verschiedener Flüssigkeiten gemacht habe. Diese beziehen sich hauptsächlich: 1) auf die im polytechn. Journal Bd. CXLII S. 332 von Dering anstatt der Salpetersäure vorgeschlagenen Flüssigkeiten; 2) auf eine von mir selbst zu diesem Zwecke vorgeschlagene Flüssigkeit, und 3) auf die häufig in galvanischen Ketten verwendete sogenannte „Gaskohle“. Die angegebenen Zahlen sind sämmtlich aus genauen Messungen nach der Poggendorff'schen Compensationsmethode hervorgegangen, wobei ein Daniell'sches Kupfer-Zink-Element als Einheit der Vergleichung diente. Bei den Kohlen-Elementen ist überall Gaskohle vorausgesetzt. Als Ladungsflüssigkeit für Zink diente überall eine Mischung von einem Raumtheil englischer Schwefelsäure mit fünfzehn Raumtheilen Wasser; auch befand sich stets etwas überflüssiges Quecksilber in der Zinkzelle, was wegen der fortwährenden Erhaltung einer vollkommenen Amalgamirung ganz besonders vortheilhaft ist. 1) Die von Dering vorgeschlagenen Auflösungen von (Kali- oder Natron-) Salpeter in Salzsäure haben sich bei näherer Untersuchung als Ersatzmittel für die Salpetersäure ganz gut bewährt, und sind jedenfalls praktischer als das für Kohlenzinkketten bisweilen empfohlene Gemisch von 3 Gew. Th. doppelt-chromsaurem Kali, 4 Gew. Th. Schwefelsäure und 18 Gew. Th. Wasser, welches einen großen Widerstand und störende Ablagerungen verursacht. Die Unterschiede des Leitungswiderstandes der Dering'schen Flüssigkeiten und der käuflichen Salpetersäure sind so unbedeutend, daß sie in der Praxis gar nicht in Anschlag kommen. Bezüglich der elektromotorischen Kraft haben sich folgende Verhältnisse ergeben. Bezeichnet man die Kraft eines Daniell'schen Kupferzinkelementes mit 1, so ist die eines Kohlenzinkelementes, in welchem anstatt Salpetersäure die Dering'sche salzsaure Salpeterlösung angewendet wird = 1,6853 und die eines in gleicher Weise gefüllten Platinzinkelementes = 1,6543. Jede dieser Zahlen ist das Mittel von 20 gut übereinstimmenden Messungen. Bei der gewöhnlichen Füllung mit käuflicher Salpetersäure erhielt ich für die Kohlenzinkkette 1,6708 und für die Platinzinkkette 1,6702. Die Dering'sche Flüssigkeit eignet sich also besser für Kohle als für Platin und wirkt mit jener etwas stärker, mit diesem etwas schwächer als käufliche Salpetersäure. Beinahe dieselben Zahlen ergeben sich, wenn statt Kali-Salpeters Natron-Salpeter angewendet wird. Die Unterschiede zeigen sich erst in der dritten Decimale und können daher füglich übergangen werden. Hinsichtlich einer andauernd constanten Wirkung behauptet allerdings die Salpetersäure noch den Vorzug. Doch bleiben die Dering'schen Flüssigkeiten immerhin für die meisten Fälle empfehlenswerthe Surrogate derselben. Der Vortheil, den sie gewähren, besteht hauptsächlich in den geringeren Kosten. Bezüglich lästiger Dämpfe wird man nicht übersehen, daß auch die Dering'schen Flüssigkeiten davon nicht ganz frei, sondern mit den bei der Wechselwirkung von Salpeter und Salzsäure auftretenden Chlorverbindungen behaftet sind. 2) Eine galvanische Kette, welche alle bisher bekannten an elektromotorischer Kraft bedeutend übertrifft, habe ich erhalten, indem ich in der Kohlenzinkkette anstatt der Salpetersäure ein Gemisch von einem Raumtheil käuflicher Salpetersäure mit zwei Raumtheilen Nordhäuser Schwefelsäure anwendete. Diese Kette ist 1,89mal so stark wie die Daniell'sche und daher um 13 Procent stärker als eine mit Salpetersäure geladene Kohlen- oder Platin-Kette. Wird dieselbe Flüssigkeit in der Platinzinkkette anstatt Salpetersäure angewendet, so beträgt die elektromotorische Wirkung 1,78 Daniell. Die besagte Flüssigkeit eignet sich also viel vortheilhafter für Kohle als für Platin. Jede der angegebenen Zahlen ist das Mittel von 24 Messungen. Auch hinsichtlich des geringen Leitungswiderstandes und einer andauernd constanten Wirkung ist das angegebene Gemisch ein vollkommen befriedigendes Ersatzmittel der Salpetersäure, welches nebst geringeren Kosten zugleich den Vortheil gewährt, daß man es öfter wiederholt verwenden kann als die Salpetersäure. Die Mischung wird im Freien oder an einem offenen Fenster in der Art vorgenommen, daß man das einen Raumtheil Salpetersäure enthaltende Becherglas in einem Wasserbade läßt, während die zwei Raumtheile Nordhäuser Schwefelsäure in kleinen Portionen von Zeit zu Zeit dazu gegossen werden. Diese Vorsichten müssen genau beobachtet werden, um eine starke Erhitzung und Entwickelung von Dämpfen zu vermeiden, wodurch nicht nur große Belästigung verursacht, sondern auch die Qualität der Flüssigkeit verdorben würde. Wenn in diesem Gemische statt Nordhäuser Schwefelsäure englische genommen wird, so erzielt man damit in einer Kohlenzinkkette die elektromotorische Wirkung 1,78 (Mittel von 14 Messungen), und in einer Platinzinkkette 1,77 (Mittel von 10 Messungen). Es ist demnach die Anwendung von Nordhäuser Schwefelsäure viel vortheilhafter; gleichwohl ist die Darstellung des Gemisches mit englischer Schwefelsäure, wegen der viel geringeren Erhitzung, weniger langwierig, und gewährt auch dieses eine wohlfeilere und um 6 Proc. stärkere Wirkung als Salpetersäure. Zur besseren Uebersicht der angegebenen Resultate dient nachstehende Zusammenstellung. Kohle. Platin. 1 Vol. käufliche Salpetersäure2 Vol. Nordhäuser Schwefelsäure 1,89 1,78 1 Vol. käufliche Salpetersäure2 Vol. englische Schwefelsäure 1,78 1,77 Käufliche Salpetersäure 1,67 1,67 Salzsaure Salpeterlösung 1,68 1,65 3) Die sogenannte Gaskohle (nämlich der bei der Fabrication des Steinkohlengases sich absetzende Retortenrückstand) kann nicht genug empfohlen werden. Sie ersetzt, wie die angeführten Zahlen beweisen, an elektromotorischer Wirksamkeit vollständig, und bei vielen Ladungsflüssigkeiten sogar mit Vortheil, das Platin und hat im Vergleiche mit der aus Kohks bereiteten (Bunsen'schen) Kohlenmasse den Vorzug einer außerordentlich compacten Festigkeit und viel geringeren Porosität, weßhalb sie nicht nur viel dauerhafter ist, sondern auch viel weniger Flüssigkeit einsaugt und wegen der geringeren Abnützung auch viel weniger verunreinigt. Theoretische Folgerungen, welche sich mir bei den vorerwähnten Beobachtungen ergeben haben, glaubte ich in dieser Mittheilung, wo ich nur das für die Praxis Wichtige in Kürze angeben wollte, übergehen zu sollen. Innsbruck, den 25. Mai 1862.