Titel: Untersuchungen über die von Anilin derivirenden Farbstoffe; von Dr. A. W. Hofmann.
Fundstelle: Band 165, Jahrgang 1862, Nr. XVII., S. 61
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XVII. Untersuchungen über die von Anilin derivirenden Farbstoffe; von Dr. A. W. Hofmann. Nach den Comptes rendus, t. LIV p. 428; aus der Zeitschrift für Chemie und Pharmacie, 1862 S. 322. Hofmann, Untersuchungen über die von Anilin derivirenden Farbstoffe. In einer früheren MittheilungComptes rendus, t. XLVII p. 492; Jahresbericht von Kopp und Will für 1858, S. 351. hat der Verf. bereits die Bildung einer krystallinischen Basis, des Carbotriphenyltriamins, durch die Einwirkung von Vierfach-Chlorkohlenstoff (C²Cl⁴) auf Anilin beschrieben und sich deren Entstehen durch Zusammentreten von 3 Mol. Anilin erklärt, die durch 1 At. Kohlenstoff, das 4 Aeq. Wasserstoff ersetzte, zusammengehalten werden. Zu gleicher Zeit mit jener Base entstand eine prachtvoll carmoisinroth gefärbte Substanz. Der Verf. beschrieb damals sein Verfahren zur Gewinnung dieses Farbstoffes in folgender Weise: Wenn man 1 Thl. Zweifach-Chlorkohlenstoff (CCl²) mit 3 Th. Anilin, beide in wasserfreiem Zustande, ungefähr 30 Stunden lang auf 170–180° C. erhitzt, so erhält man, je nach der Zeit der Einwirkung und je nach der Temperatur, eine weiche, klebrige oder eine harte, spröde schwärzlich gefärbte Masse. Durch Behandeln derselben mit Wasser geht unter Zurücklassung eines mehr oder weniger festen Harzes ein Theil in Lösung. Auf Kalizusatz scheidet sich aus diesem wäßrigen Auszug ein ölartiger Körper ab, der eine sehr beträchtliche Menge unzersetzten Anilins enthält. Durch Destillation mit verdünnter Kalilauge ist dieses leicht zu entfernen, und man erhält dann als Rückstand ein zähes Oel, welches nach und nach fest wird und krystallinische Structur annimmt. Durch Behandeln mit kaltem Alkohol und ein- oder zweimaliges Umkrystallisiren aus siedendem Alkohol erhält man diesen Körper in reinem weißen Zustande, während eine prachtvoll carmoisinrothe Substanz in Lösung bleibt. Der in Wasser unlösliche Theil der ursprünglichen Masse wird leicht durch Salzsäure aufgenommen, und kann aus dieser Lösung durch Alkalien als schmutzigrothes Pulver gefällt werden, welches in Alkohol mit carmoisinrother Farbe löslich ist. Die größte Menge dieses Körpers besteht aus dem bei jener krystallinischen Basis auftretenden Farbstoffe.Hofmann's Darstellungsweise des Anilinroths mit Zweifach-Chlorkohlenstoff ist auch technisch angewendet worden, nämlich von Dollfus-Galline (polytechn. Journal Bd. CLIX S. 390), sowie von Monnet und Dury (Bd. CLIX S. 392). Bei der Einwirkung des Vierfach-Chlorkohlenstoffs auf Anilin entsteht verhältnißmäßig nur wenig von dieser rothen Substanz, und außerdem ist die Temperatur und die relative Menge der angewandten Körper auf den Verlauf der Reaction nicht ohne Einfluß. Außer dem Carbotriphenyltriamin und dem rothen Farbstoff bilden sich noch andere Basen, die meistentheils amorph und nur in ihren Platinsalzen unterscheidbar sind. Sie verhindern durch ihr ähnliches chemisches Verhalten die Reindarstellung des Farbstoffs, und gelang es daher dem Verf. auch bis jetzt noch nicht, denselben in einem für die Analyse geeigneten Zustande zu gewinnen. Wie der Vierfach-Chlorkohlenstoff, so sind auch gewisse Chlorverbindungen von Metallen (Zinnchlorid) und Nitrate (Oxydulquecksilbernitrat), sowie eine große Anzahl anderer oxydirender Substanzen fähig, aus dem Anilin diesen carmoisinrothen Farbstoff zu erzeugen. Mit diesem Körper von so bemerkenswerthen und für die Technik so wichtigen Eigenschaften, haben sich nach einander viele Chemiker befaßt. Guignet Bulletin de la Soc. chim. Sitzung vom 23. Dec. 1859; polytechn. Journal Bd. CLVI S. 149., Béchamp Annales de Chimie et de Physique, 3. sér t. LIX p. 396; polytechn. Journal Bd. CLVI S. 309 und Bd. CLX S. 140., Willm Bulletin de la Soc. chim. Sitzung vom 27. Juli 1861; polytechn. Journal Bd. CLIX S. 224., Persoz, de Luynes und Salvetat Comptes rendus, t. LI p. 538; polytechn. Journal Bd. CLIX S. 221., Schneider Comptes rendus, t. LI p. 1087; polytechn. Journal Bd. CLIX S. 227. und kürzlich E. Kopp Annales de Chimie et de Physique, 3. sér. t. LXII p. 222; Zeitschrift für Chemie und Pharmacie, Bd. IV S. 194. und Bolley Polytechn. Journal Bd. CLX S. 57. haben Untersuchungen angestellt und sehr von einander abweichende Resultate erhalten. Verf. erklärt diesen Umstand dadurch, daß es sehr schwer ist, den Farbstoff in vollkommen reinem Zustande zu erhalten, und daß die geringste Beimengung fremdartiger Substanzen die Eigenschaften des Farbstoffes zu verdecken vermag. Die von dem Verf. zur Untersuchung verwandte Substanz war von Ed. Chambers Nicholson in reinem Zustande dargestellt worden, und hatte dieser FabrikantDie Firma: Simpson, Maule und Nicholson in England fabricirt das Anilinroth in sehr großem Maaßstabe. den Farbstoff mit dem Namen Rosein bezeichnet. Verf. schlägt aber statt dessen die Bezeichnung Rosanilin vor, um neben der Erinnerung an die Farbe der Lösungen dieses Körpers auch gleichzeitig die Abstammung desselben anzudeuten. Rosanilin. – Das Material, welches sich ganz besonders gut zur Darstellung dieser Base eignet, ist das essigsaure Salz, welches gewöhnlich in der Färberei angewendet und von Nicholson in vollkommener Reinheit dargestellt wird. Die siedende Lösung dieses Salzes liefert beim Zusatz eines großen Ueberschusses von Ammoniak einen krystallinischen Niederschlag von röthlicher Farbe, welcher die Base in ziemlicher Reinheit darstellt. Das farblose Filtrat hiervon setzt beim Erkalten Nadeln und Krystalltäfelchen ab, welche vollkommen reines Rosanilin sind. Leider ist die Löslichkeit desselben in Ammoniak und siedendem Wasser so gering, daß man nur eine sehr kleine Quantität der Verbindung vollkommen farblos erhalten kann. In Alkohol ist sie etwas löslicher und bildet eine dunkelrothe Flüssigkeit, in Aether ist sie unlöslich. Der Luft ausgesetzt, färbt sich die Base sehr rasch rosa und wird endlich ganz dunkelroth. Während dieser Farbenänderung bemerkt man übrigens keine Gewichtsveränderung. Bei 100° C. verliert das Rosanilin rasch eine kleine Quantität anhängenden Wassers; man kann dann aber weiter ohne Gewichtsveränderung bis auf 130° erhitzen; bei noch höherer Temperatur zersetzt es sich unter Entwickelung einer öligen Flüssigkeit, welche der Hauptsache nach aus Anilin besteht, und läßt eine kohlige Masse als Rückstand. Die Analyse des Rosanilins führte den Verf. zu der Formel C⁴⁰H²¹N³O² = C⁴⁰H¹⁹N³, H²O². Das Rosanilin ist eine entschiedene Base, welche mehrere Reihen von leicht krystallisirbaren Salzen bildet. Die Verhältnisse, in welchen es sich mit den Säuren vereinigt, lassen es als ein dreisäuriges Triamin erscheinen. Der Verf. nimmt an, daß es fähig sey, drei Classen von Salzen zu bilden, und zwar C⁴⁰H¹⁹N³, HCl C⁴⁰H¹⁹N³, 2HCl C⁴⁰H¹⁹N³, 3HCl Es ist ihm übrigens bis jetzt nicht gelungen, die mittlere Verbindung darzustellen, die erste Verbindung scheint das Rosanilin besonders leicht zu bilden; überhaupt sind seine Salze mit 1 Aeq. Säure außerordentlich beständig, so daß sie der Verf. vier- oder fünfmal umkrystallisiren konnte, ohne daß sie sich irgendwie veränderten. Die Salze mit 3 Aeq. Säure zeigten sich dagegen vergleichsweise wenig beständig, indem sie durch die Wirkung des Wassers sowohl, als auch durch die Temperatur von 100° zersetzt wurden. Nach den obigen Formeln schließt der Verfasser, daß die farblosen Krystalle der Base ein Hydrat darstellten, während die salzartigen Verbindungen derselben keinen Sauerstoff enthalten. Es gelang dem Verf., die Salze des Rosanilins auf zwei verschiedene Weisen darzustellen: einmal durch directe Vereinigung mit den betreffenden Säuren, dann aber durch Kochen der Ammoniaksalze der letzteren mit einem Ueberschuß der freien Base. Die Salze mit 1 Aeq. Säure zeigen meistens einen grünen metallischen Glanz, ähnlich dem der Flügeldecken der Canthariden. Bei durchfallendem Lichte erscheinen sie roth und werden bei größeren Dimensionen undurchsichtig. Die Lösungen in Wasser und Alkohol besitzen eine prachtvoll rothe Farbe. Die Salze mit 3 Aeq. Säure sind gelbbraun von Farbe, sowohl im festen Zustand, als in Lösung; sie sind in Wasser und Alkohol weit leichter löslich als die einsäurigen Salze. Beide Classen von Salzen sind leicht krystallisirbar, besonders aber die einsäurigen. Chlorüre. – Diese und ganz besonders das einsäurige Salz dienten dem Verf. vorzugsweise zur Feststellung der Formel des Rosanilins. Das einsäurige Salz setzt sich aus siedender Lösung in gut ausgebildeten rhombischen Tafeln, welche häufig sternförmig vereinigt sind, ab. In Wasser ist es schwierig, leichter in Alkohol löslich, in Aether unlöslich. Bei 100° hält es eine geringe Menge Wasser zurück, wird aber bei 130° vollständig wasserfrei. Wie der größte Theil der anderen Salze des Rosanilins ist es sehr hygroskopisch, was bei der Analyse dieser Verbindungen zu berücksichtigen ist. In mäßig verdünnter Salzsäure ist das Monochlorür leichter löslich als in Wasser. Wenn die schwach erwärmte Lösung desselben mit sehr concentrirter Salzsäure vermischt wird, so gesteht sie beim Erkalten zu einem Netzwerk von prachtvollen rothbraunen Nadeln, welche, wenn sie mit concentrirter Salzsäure gewaschen und im Vacuum über Schwefelsäure und Kalk getrocknet sind, der Formel C⁴⁰H¹⁹N³, 3HCl gemäß zusammengesetzt sind. Bei 100° verliert dieses Salz nach und nach seine Säure und wird indigblau. Wenn man es so lange bei dieser Temperatur erhält, bis das Gewicht constant bleibt, so hat man, wie die Analyse zeigte, wieder das Monochlorür. Der Verf. vermuthet, daß die indigblaue Farbe einer unbeständigen, intermediären zweisäurigen Verbindung zukomme. Die beiden untersuchten Chlorüre verbinden sich mit Platinchlorid zu unkrystallisirbaren, nicht leicht rein zu erhaltenden Doppelverbindungen. Aus den nur approximativ stimmenden Resultaten der Analyse leitet der Verf. folgende Formeln ab: C⁴⁰H¹⁹N³ HCl, PtCl² C⁴⁰H¹⁹N³ 3HCl, 3PtCl². Das Bromür des Rosanilins gleicht in jeder Beziehung dem Chlorür. Es ist noch weniger löslich als dieses. Bei 130° getrocknet, zeigt es die Zusammensetzung C⁴⁰H¹⁹N³HBr. Das Sulfat ließ sich leicht durch Auflösen der freien Base in verdünnter kochender Schwefelsäure darstellen. Beim Erkalten setzte es sich in grünen metallisch glänzenden Krystallen ab, welche, einmal umkrystallisirt, rein erhalten wurden. Es ist in Wasser schwer, in Alkohol leichter, in Aether nicht löslich. Bei 130° verliert es eine geringe Menge Wasser und zeigte die Zusammensetzung: C⁴⁰H¹⁹N³, HC⁴⁰H¹⁹N³, H S²O⁸ Das saure Sulfat, welches schwer krystallisirt, hat der Verf. nicht untersucht. Das oxalsaure Rosanilin auf analoge Weise dargestellt, wie das schwefelsaure, zeigt ähnliche Eigenschaften wie dieses. Bei 100° hält es 1 Mol. Wasser zurück und enthält dann die folgenden Bestandtheile: C⁴⁰H¹⁹N³, HC⁴⁰H¹⁹N³, H C⁴O⁸, H²O² Da die Temperatur, bei welcher das Wasser vollständig ausgetrieben wird, derjenigen, bei welcher sich das Salz selbst zersetzt, sehr nahe liegt, so ist es nicht leicht, es in wasserfreiem Zustande zu erhalten. Es gelang dem Verf. nicht, ein Salz mit einer größeren Menge Oxalsäure darzustellen. Das essigsaure Rosanilin ist wohl das schönste Salz dieser Reihe. Nicholson hat dasselbe in Krystallen von einem Viertelzoll Dicke erhalten. Es zeigte die Zusammensetzung: C⁴⁰H¹⁹N³, HC⁴ H³O⁴. Es ist das löslichste von den Salzen, sowohl in Wasser als in Alkohol, läßt sich aber nicht leicht umkrystallisiren. Das ameisensaure Rosanilin ist dem vorigen sehr ähnlich. Von den übrigen Salzen dieser Base erwähnt der Verf. noch des chromsauren, welches er durch Zusatz von Kaliumbichromat zur Lösung des essigsauren Salzes in Form eines ziegelrothen Niederschlags erhielt, welcher sich durch siedendes Wasser in ein grünes, krystallinisches, fast unlösliches Pulver, verwandelte. Ferner gibt er an, daß das pikrinsaure Salz in prachtvollen rothen Nadeln krystallisire, welche ebenfalls in Wasser sehr schwer löslich sind. Zur weiteren Controle der oben aufgestellten Formeln für das Rosanilin und seine Verbindungen hat der Verf. noch verschiedene Umsetzungen desselben studirt. Wirkung von Reductionsmitteln auf das Rosanilin. – Durch nascirenden Wasserstoff oder Schwefelwasserstoff wird das Rosanilin heftig angegriffen. Eine Lösung desselben in Salzsäure wird in Berührung mit Zink sehr bald entfärbt; die Flüssigkeit enthält außer Chlorzink das Chlorür eines neuen Triamins, welches sowohl in seinen Verbindungen als im freien Zustande vollkommen farblos ist. Der Verf. schlägt den Namen Leucanilin für dasselbe vor. Da die Trennung des neuen Körpers von dem Zink sehr mühsam ist, so stellte ihn der Verf. mittelst Schwefelammonium dar. Er brachte ein Salz des Rosanilins mit Schwefelammonium zusammen, digerirte längere Zeit, und erhielt so eine geschmolzene Masse, welche beim Erkalten fest wurde. Sie war zerbrechlich und kaum krystallinisch, erwies sich aber als fast vollständig reines Leucanilin. Der Verf. überzeugte sich, daß man diesen Körper mit Hülfe der Handelsproducte, welche man unter dem Namen Fuchsin oder Magenta kauft, ebenfalls darstellen kann. Zur Reinigung des hieraus gewonnenen Products wurde die gelbe harzartige Masse in Pulver verwandelt, mit Wasser von Schwefelammonium gereinigt und in verdünnter Salzsäure gelöst. Die so gewonnene dunkelbraune Lösung liefert bei Zusatz von concentrirter Salzsäure einen reichlichen krystallinischen Niederschlag, welcher je nach dem Grade der Reinheit des verwendeten Rohmaterials von brauner oder gelber Farbe ist. Wiederholtes Auswaschen mit concentrirter Salzsäure, worin der Niederschlag fast unlöslich ist, bewirkt eine theilweise Reinigung; in den meisten Fällen aber ist es nöthig, mehreremal wie angegeben zu lösen und zu fällen. Vor dem letzten Zusatz der concentrirten Salzsäure erwärmt man die Lösung zum Sieden und erhält so beim Erkalten das neue Chlorür in der Form von wohlausgebildeten rectangulären Tafeln, welche immer sehr klein, sehr häufig glänzend weiß sind. Eine neue Krystallisation aus Wasser, worin sie außerordentlich leicht löslich sind, genügt zu ihrer Reindarstellung. Statt dessen kann man sie auch in Alkohol lösen und durch Aether, in welchem sie ganz unlöslich sind, niedergeschlagen. Das so gereinigte Chlorür liefert bei Zusatz von Ammoniak das freie Leucanilin in Gestalt eines vollkommen weißen Pulvers, welches eine schwache Rosafärbung annahm, als es längere Zeit der Luft des Laboratoriums ausgesetzt war. In kaltem Wasser ist es kaum, in heißem Wasser sehr wenig löslich und scheidet sich beim Erkalten daraus in kleinen Krystallen aus. Von Alkohol wird es reichlich, von Aether nur wenig gelöst. Es gelang dem Verf. nicht, mittelst dieser Flüssigkeiten schöne Krystalle zu erhalten. Das beste Lösungsmittel scheint eine Auflösung des oben beschriebenen Chlorürs zu seyn, in welchem das Leucanilin äußerst löslich ist, und aus welcher es sich beim Erkalten in Form von verfilzten Nadeln abscheidet, die häufig rundliche Gruppen bilden. Das Leucanilin kann im Vacuum über Schwefelsäure getrocknet werden, ohne seine Farbe zu ändern; bei vorsichtigem Erhitzen wird es roth und schmilzt bei 100° zu einer dunkelrothen Flüssigkeit, welche beim Erkalten zu einer weniger gefärbten Masse erstarrt. Es ist wasserfrei und nach der Analyse der im Vacuum oder bei 100° getrockneten Substanz der Formel C⁴⁰H²¹N³ gemäß zusammengesetzt. Der Verf. bestätigte diese Formel durch Untersuchung des Chlorürs, eines gut krystallisirten Platindoppelsalzes und endlich des Nitrats, welches er ebenfalls in schönen Krystallen erhalten konnte. Chlorwasserstoffsaures Leucanilin wurde nach der oben angegebenen Methode dargestellt; es ist dreifach sauer und hält nach dem Trocknen im Vacuum 1 Mol. Wasser zurück, so daß es der Formel C⁴⁰H²¹N³ 3HCl + H²O² entsprechend zusammengesetzt ist. Es kann nicht, wenigstens nicht in Berührung mit der Luft, bei 100° getrocknet werden, aber man kann, obgleich schwierig, das Wasser austreiben, wenn man es hinreichend lange Zeit in einem Wasserstoffstrom bei 100° erhitzt. Der Verf. hat vergeblich versucht, ein Salz mit weniger Säure darzustellen, indem er die Lösung des erwähnten Chlorürs mit einem Ueberschuß von Leucanilin kochte. Dieses schied sich beim Erkalten der Flüssigkeit in prachtvollen Krystallen aus, und das ursprüngliche Chlorür blieb in Lösung. Das Platindoppelsalz des Leucanilins erhielt der Verf., indem er zu einer mäßig concentrirten lauwarmen Lösung des Chlorürs Platinchlorid hinzusetzte, beim Erkalten in gut ausgebildeten orangegelben glänzenden Prismen, welche in kaltem Wasser schwer löslich sind und durch kochendes Wasser zersetzt werden. Bei 100° getrocknet enthalten sie noch 1 Mol. Wasser, welches bei höherer Temperatur, obgleich schwierig, ausgetrieben werden kann. Mehrere Analysen ergaben die folgende Zusammensetzung: C⁴⁰H²¹N³ 3HCl 3PtCl² + H²O². Das salpetersaure Salz stellt Weiße, gut ausgebildete Nadeln dar, welche in Wasser und Alkohol löslich, in Aether unlöslich und in Salpetersäure ziemlich schwer löslich sind. Im Vacuum getrocknet, enthalten sie C⁴⁰H²¹N³ 3HNO⁶ + H²O². Der Verf. konnte das Krystallwasser nicht entfernen, weil sich das Salz bei 100° zersetzte. Das Leucanilin wurde der Einwirkung von Schwefelkohlenstoff, Benzoylchlorür und mehreren anderen Agentien ausgesetzt: in allen Fällen wurde es sofort angegriffen und bildete neue Verbindungen von ausgezeichneter Krystallisationsfähigkeit. Es gelang dem Verf. das Leucanilin durch Oxydationsmittel wieder in Rosanilin zu verwandeln; er vergleicht in dieser Beziehung die beiden Basen mit dem weißen und blauen Indigo. Der Verf., mit dem weiteren Studium der Zersetzungsproducte der beiden genannten Vasen beschäftigt, theilt vorläufig mit, daß dieselben in salpetersaurer Lösung sehr energisch durch salpetrige Säure angegriffen werden und dabei neue Basen bilden, deren Platinverbindungen sich durch ihre Explosibilität bei Berührung mit Wasser in der Siedhitze und selbst mit Ammoniak bei gewöhnlicher Temperatur auszeichnen.