Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 165, Jahrgang 1862, Nr. , S. 463 |
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Miscellen.
Miscellen.
Die technischen Unterrichtsanstalten.
In der neueren Zeit haben sich mehrseitige Bestrebungen kundgegeben, den Unterricht
in den technischen Wissenschaften nach einer dem Standpunkte dieser Wissenschaften
und den Anforderungen unserer Zeit an Lehr- und Lernfreiheit entsprechenden
Weise einzurichten. Während dieser Gegenstand in Bayern schon seit vielen Jahren in
der Schwebe bleibt und, obgleich derselbe von Jahr zu Jahr mehr zu einer entgültigen
Entscheidung drängt, leider wieder auf ein Jahr hinausgeschoben scheint, entstand in
Zürich das schweizerische Polytechnicum und gelangte durch die umfassendere
Organisation und durch die gewährte größere Lernfreiheit in kurzer Zeit neben der
Carlsruher Schule zu einer vielversprechenden Blüthe; in Stuttgart hat man sich
dadurch im laufenden Jahre auch veranlaßt gesehen, der polytechn. Schule einen
höheren Charakter zu verleihen, und vor Kurzem erst hat das preußische Haus der
Abgeordneten bei der Berathung der Etats für Berg-, Hütten- und
Salinenwesen die Erwartung ausgesprochen, daß die Regierung endlich eine großartige
polytechnische Anstalt errichten werde, in welcher auch der Unterricht in den
genannten Zweigen der Technik vertreten sey. Bei allen diesen Bestrebungen fehlt es
aber mehr oder minder an klar erkannten Principien und einer consequenten
Einrichtung des ganzen technischen Unterrichtes von unten auf bis zur Spitze. Wir
glauben daher unsere Leser auf eine im Laufe dieses Jahres erschienene Schrift:
Entwurf einer zeitgemäßen Organisation des technischen Unterrichts,
zunächst im Hinblick auf die bevorstehende Reorganisation des technischen
Unterrichtswesens im Königreiche Bayern, bearbeitet von einem Fachmann. Leipzig,
1862. Voß. (146 S.) 8. 16 Sgr.
aufmerksam machen zu sollen, in welcher zum erstenmale ein
consequentes System technischer Unterrichtsanstalten mit vollständiger Motivirung
bis ins kleinste Detail gehender Ausführung in Vorschlag gebracht, und worin auch
zum erstenmal die Unterscheidung des technischen Unterrichts in einen solchen für
den praktischen oder arbeitenden Techniker und in einen solchen für den
wissenschaftlichen, die Arbeit leitenden Techniker zu Grunde gelegt wird, jedoch in
der Art, daß diese Unterscheidung nur zu einer Trennung der unteren Stufen des
Unterrichts führt, während in der höchsten Stufe der technischen Hochschule sich
alle Richtungen vereinigen und jedem angehenden Techniker zur vollständigen
Ausbildung in irgend einem Zweige der Technik Gelegenheit geboten wird.
Dieser allgemeinen Andeutung des Inhaltes der genannten Schrift lassen wir die
nachstehenden Auszüge aus zwei uns vorliegenden Besprechungen derselben folgen.
Das literarische Centralblatt für Deutschland, herausgegeben von Prof. Dr. Fr. Zarncke in Leipzig,
spricht sich in Nr. 34 des lfd. Jahrganges darüber in folgender Weise aus:
„Große Sachkenntniß und ein entschiedenes Organisationstalent des
Verfassers sprechen aus dieser Schrift. Obgleich bis ins Kleine ausgearbeitet,
erscheint doch der umfangreiche Entwurf durch übersichtliche Ordnung überall klar und
als einheitliches Ganzes. – Der Verfasser geht von dem Standpunkte aus,
daß die Staatsregierung der Jugend Gelegenheit geben solle, „zu jeder
Art von Ausbildung, wie sie sowohl das öffentliche Leben als insbesondere
der technische Staatsdienst erfordert.“ Den beiden
Hauptrichtungen der Technik, der praktischen und der wissenschaftlichen, sollen
daher zwei Arten von Bildungsanstalten entsprechen. Als solche nennt der
Verfasser für die praktischen Arbeiter die Gewerbschulen, denen als Fachschulen
die Mechaniker-, Landwirthschafts- und Handelsschulen, und für
Lehrlinge die Handwerkerschulen sich anreihen. Für die wissenschaftlich zu
bildenden Leiter und Ordner der Arbeit empfiehlt er technische Lateinschulen und
Gymnasien, und die technische Hochschule. Allen diesen Lehranstalten ist ihr
Wirkungskreis eingehend vorgezeichnet; selbst die wöchentliche Stundenzahl jedes
Lehrfaches und Lehrers, und die nothwendigen Hülfsmittel des Unterrichts sind
nicht vergessen.“
„Während die Handwerker-Lehrlingsschule in 3mal2wöchentlichen
Stunden ihren anderweitigen praktisch beschäftigten Zöglingen nur die Kenntnisse
lebendig erhalten und erweitern soll, welche dieselben aus der Gewerbschule
mitgebracht haben, bezwecken dagegen die Mechaniker-,
Landwirthschafts- und Handelsschulen die Heranbildung wirklicher Gehülfen
in den entsprechenden Fächern. Den 14- bis 16jährigen Schülern soll daher
außer dem theoretischen Unterricht eine ausführliche Anleitung zu praktischen
Arbeiten ertheilt werden. Mit den drei Fachschulen ist demgemäß eine mechanische
Werkstatt, eine ländliche Oekonomie oder ein Handels-Comptoir zu
verbinden.“
„Das technische Gymnasium soll die technischen Lateinschüler und etwa die
fähigeren Gewerbschüler vom 15. bis 18. Lebensjahre zum wissenschaftlichen
Studium an der technischen Hochschule heranbilden. Diese umfaßt neun
Fachschulen, nämlich für: 1) das technische Lehrfach, 2) Bau- und
Ingenieurfach, 3) mechanische Technik, 4) chemische Technik, 5) Berg-,
Salinen- und Hüttenwesen, 6) Forstwissenschaft, 7) Landwirthschaft, 8)
National-Oekonomie, Verkehr und Handel, 9) Kriegswissenschaft. Der
Eintritt in eine Fachschule oder von einem Jahrescurs in einen höhern ist jedem
18jährigen jungen Mann gestattet, welcher die nöthigen Vorkenntnisse nachweist.
Zur Aneignung der letzteren gibt eine allgemeine Vorbildungsschule allen denen
Gelegenheit, welche durch die Praxis ihren Weg zur Hochschule nehmen. Hier wie
überall empfiehlt der Verfasser die Einführung von Aufnahms- statt der
Abgangsprüfungen. Vielfach und lebhaft erinnert die technische Hochschule an das
vortreffliche eidgenössische Polytechnicum in Zürich. Doch unterscheidet sie
sich vortheilhaft von diesem durch einen noch großartigeren Wirkungskreis und
durch ausgedehntere Freiheit des Lernens.“
„In Betreff der geistreichen Ausführung und gründlichen Motivirung all
dieser Vorschläge müssen wir auf die Schrift selbst verweisen.“
Und ein Artikel: „die Organisation des technischen Unterrichts“
in der Beilage zu Nr. 219 (7. August 1862) der Augsburger Allgemeinen Zeitung knüpft
an die Mittheilung des in der Schrift enthaltenen Uebersichtsplanes des
vorgeschlagenen Systems technischer Unterrichtsanstalten folgendes Urtheil:
„Man sieht, hier ist jedem Bedürfniß Rechnung getragen, und doch der
Bildungsgang trotz aller Strenge und Methode ein durchaus freier. Von der
Volksschule, dem Elementarunterricht ausgehend, zweigt sich, je nach dem Ziel,
nach dem sich kundgebenden Drange, der sich zeigenden Befähigung, nach den
Mitteln welche der Schüler auf seine Ausbildung verwenden kann, Anstalt auf
Anstalt ab, die jedoch wieder in der höheren Stufe zusammenlaufen, und sich die
Hand reichen. Bei jeder Entwicklungsstufe ist an die allgemeine Bildung gedacht,
welche noch mit der Specialbildung vereinbar ist, die Fachbildung nicht eher zur
absoluten Nothwendigkeit durch die Begrenzung des Gebietes der
Unterrichtsanstalt des bezüglichen Lebensjahres gemacht, bis das Alter selbst
dazu zwingt.“ – –
„Der Entwurf einer zeitgemäßen Organisation des technischen Unterrichtes
behandelt aber nicht bloß die Eintheilung der bezüglichen Unterrichtsanstalten,
er entwickelt nicht bloß wem und wo gelehrt werden soll, sondern er erörtert
auch ebenso eingehend was und wie gelehrt werden soll. Der Entwurf bestimmt und begrenzt die
einzelnen Disciplinen, die Art und Weise des Vortrags, die Vertheilung des
Unterrichts nach Zeit und Person, endlich die Aufnahmsbedingungen und die
Disciplin der Schüler, sowie die Leitung des Ganzen. Eine genaue
Berücksichtigung des Bedürfnisses geht mit einem scharfsinnigen Nachweis wie es
zu befriedigen ist, und einer umsichtigen Ausnützung der Mittel, Hand in Hand.
Keine praktische, keine wissenschaftliche technische Thätigkeit, kein wahres
Bedürfniß ist unberücksichtigt geblieben, aber auch nirgends Ueberflüssigem,
Ungehörigem das Wort
geredet: alle Anstalten stützen und ergänzen sich gegenseitig. Vollendete
Kenntniß des Stoffes, Maaß und Tact der Beurtheilung der Forderungen, Scheidung
des Nothwendigen vom Nützlichen und vom Angenehmen, und eine ächt mathematische
Oekonomie der Zeit und der Kräfte verräth sich bei jedem Vorschlag. Die Aufgabe
ist im wahren Sinne des Wortes vollendet gelöst, und wir können die Denkschrift
als Grundlage für jede Umänderung oder Neuorganisation technischer
Unterrichtsanstalten kaum warm genug empfehlen.“
Verbesserte Schützentreiber von J. B. Wood in Broughton bei Manchester.
Während man bisher die Schützentreiber aus zusammengefaltetem Leder herzustellen
pflegte, verfertigt sie der Patentträger aus einem massiven Stück, welches er aus
Büffel- oder anderen Häuten gewinnt. Die ungegerbten Häute werden 1 bis 2
Tage in Wasser eingeweicht, das eine Temperatur von nicht über 27° C. hat.
Sind sie gehörig erweicht, so werden sie mindestens 24 Stunden lang in freier Luft
getrocknet und darauf vermittelst einer geeigneten Vorrichtung in schmale Streifchen
zerschnitten. Diese Streifchen werden zunächst zwischen geriffelten Walzen und dann
zwischen glatten Walzen durchgezogen, bis sie in eine gleichförmige Masse
umgewandelt sind. Die Masse wird mindestens 2 Tage lang einer Temperatur von nicht
über 32° C. ausgesetzt und inzwischen mehrmals gewendet, bis sie durch und
durch weich und plastisch geworden ist. Das so gewonnene Material wird entweder
allein oder mit einem Zusatz von Baumwolle, Flachs oder anderen Faserstoffen im
Betrage von 10 Proc. zwischen schweren Walzen durchgeführt, wodurch eine möglichst
innige Vereinigung der einzelnen Theile bezweckt wird. In diesem Zustande wird es in
flache Kuchen, welche die Dicke des Schützentreibers haben, geformt, und aus den
Kuchen werden, nachdem sie trocken geworden sind, die Treiber vermittelst eines
Durchschnittes ausgeschnitten. Statt dessen kann man auch das Material vermittelst
einer hydraulischen Presse in eiserne Formen eindrücken, welche die Gestalt der
Schützentreiber haben. Die geformten Stücke werden dann aus den Formen
herausgenommen und an einem kühlen Orte so lange stehen gelassen, bis sie gehörig
getrocknet und erhärtet sind. – Patentirt in England am 22. Juli 1861. (London Journal of arts, April 1862, S. 218;
württembergisches Gewerbeblatt Nr. 34.)
Ueber den Wasserverbrauch in großen Städten.
Im Junihefte, 1861, der in Paris herauskommenden Zeitschrift: „Nouvelles Annales de la Construction“
finden sich nachstehende nicht unwichtige, auf genaue Ermittelungen gestützte
Angaben über den Wasserverbrauch in größeren Städten.
Auf den Kopf rechnet man im großen Durchschnitt für Getränk und zur Zubereitung der
Speisen 2 Liter und zu äußerlichen Zwecken, als Waschen etc. – 18 Liter
Wasser. Durch Zusammenwohnen wird dieser Verbrauch erheblich eingeschränkt, und kann
eine aus 5 Gliedern bestehende Familie mit 40 Litern auskommen.
In Paris findet folgender Verbrauch statt:
eine Person consumirt täglich
20 Liter
Wasser
ein
Pferd „
„
75 „
„
ein zweirädriger Wagen
„
40 „
„
(zum Reinigen)
ein
vierrädriger
„
„
75 „
„
(deßgl.)
eine Pferdekraft von Hochdruckmaschinen,
stündlich
200 „
„
eine deßgl. von Mitteldruckmaschinen,
stündlich
400 „
„
eine deßgl. von Niederdruckmaschinen
stündlich
800 „
„
ein Quadratmeter Garten, jährlich
500 „
„
ein Bad consumirt täglich
300 „
„
ein Gassenspülhahn, täglich
5000 –
6000 „
„
ein Quadratmet. Straßensprengung, täglich
1 „
„
Unter Benutzung dieser Angaben, welche den Verhältnissen anzupassen sind, kann der
Bedarf einer Stadt an Wasser leicht ermittelt und hierauf hin die Berechnung der
nöthigen Anlagen etc. einer künstlichen Zuführung des Wassers zugelegt werden.
Der Verbrauch an Wasser ist übrigens selbstredend sehr verschieden und regelt sich
nach klimatischen Verhältnissen und dem größeren oder geringeren Vorrath an Wasser,
wie nachstehende Zusammenstellung des Wasserverbrauchs in mehreren größeren Städten
ergibt.
NamenderStädte.
Wasserverbrauchpro
Kopfund Tag in Litern.
NamenderStädte.
Wasserverbrauchpro
Kopfund Tag in Litern.
Paris
60
Cette
106
(Die Einrichtungen gestatteten
eine Abgabe bis)
120
LyonNantesLondon
85 60 112
Metz
20–25
Glasgow
113
St. Etienne
20–25
Genua
120
Angoulême
35–40
Edinburgh
50
Hâvre
40–45
Manchester
84
Clermont
50–55
Philadelphia
70
Montpellier
50–60
New-York
568
Toulouse
62–78
Brüssel
80
Grenoble
60–65
München
80
Narbonne
62–78
Rio Janeiro
9
Dijon
198–678
Constantinopel
20
Besançon
246
Rom, alter Theil
1084
Marseille
470
Rom, neuer Theil
1105
Bordeaux
170
Hamburg
125
Altona
25
(Zeitschrift des hannoverschen Architekten- und
Ingenieurvereins, 1862, Bd. VIII S. 198.)
Der Blitz durch eiserne Schornsteine angezogen.
Professor Jaquemin in Straßburg, ein ausgezeichneter
Chemiker, wäre neuerdings bald das Opfer eines Blitzstrahls geworden, der durch das
nach außen verlängerte Blechrohr eines Ofens in sein Laboratorium geleitet worden
war. Die Zerstörungen waren sehr bedeutend, doch ist glücklicherweise kein
Menschenleben zu beklagen. Besonders merkwürdig ist die Beobachtung, daß im anderen
Flügel des langen Gebäudes einige Arbeiter wenige Minuten vor dem eigentlichen
Schlage dreimal hinter einander eine blaue Flamme den Kamin in ihrer Stube erfüllen
sahen. Solche eiserne Schornsteine sind daher aus den bewohnten Gebäuden zu
verbannen oder wenigstens mit einer guten Ableitung nach dem Erdboden zu versehen.
(Breslauer Gewerbeblatt, 1862, Nr. 17.)
Ueber die Oxydation der zur Verbindung von Kohksöfen etc.
verwendeten eisernen Ankerstangen.
Ober-Berghauptmann v. Dechen zeigte in der
niederrheinischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde Stücke von eisernen
Ankerstangen vor, welche zur Verbindung von Kohksöfen auf der Steinkohlengrube
Centrum bei Eschweiler während eines Zeitraumes von 3 Jahren gedient haben und deren
Mittheilung der Gefälligkeit des Bergmeisters F. Baur in
Eschweiler verdankt wird. Dieselben sind in Magneteisenstein
(Eisenoxyd-Oxydul) umgeändert und stark magnetisch. Nach der Analyse des
Ingenieurs Weber enthält die äußere Schale nach zwei
Bestimmungen: Eisen 71,17 bis 70,83, Sauerstoff 28,83 bis 29,17 bei einem specifischen Gewichte
von 5,05, während der innere Kern Eisen 76,99, Sauerstoff 23,01 enthält, bei einem
specifischen Gewichte von 5,16, während nach der chemischen Formel Magneteisen aus
72,41 Eisen und 27,59 Sauerstoff besteht. In der äußeren Schale ist also schon etwas
Eisenglanz (Eisenoxyd) enthalten, während in dem inneren Kerne noch etwas
metallisches Eisen vorhanden ist. Die Umwandlung von außen nach innen ist daher
vollständig nachgewiesen. (Berggeist, 1862, Nr. 69.)
Eisenverlust beim Puddeln.
Man kann das Eisen fast ohne Verlust puddeln, während bei schlechter Ofenconstruction
täglich 6 Cntr. verloren gehen können, was bei einem Werke mit 18 Oefen jährlich
2000 Tonnen im Werthe von 14000 Pfd. Sterl. ausmacht. Der Grund davon liegt in
Nichtbeobachtung des Umstandes, daß starkgekohltes oder gefeintes Roheisen die
größtmögliche Hitze zum Einschmelzen bedarf. In schlecht construirten Oefen oder mit
schlechten Kohlen läßt sich diese Hitze nicht hervorbringen und ein bei hoher
Temperatur erblasenes sehr graues, aber an Schwefel und Phosphor armes gutes
Roheisen gibt dann ein schlechtes Frischeisen. Man wendet alsdann wohl künstliche
Flußmittel an, als: Salz, Thon, Schlacke, Kalk, Potasche etc., allein dieselben
führen selten zum Ziele, wenn nicht die angegebene Grundbedingung erfüllt wird. (Mining Journal, 1862, Nr. 1384.)
Nachweisung des Silbers für gerichtlich-medicinische
Fälle; von J. Nickles.
Hr. Nickles hatte die Zusammensetzung von verdächtigen
Flecken auf Leibwäsche zu bestimmen; nachdem er sich überzeugt hatte, daß dieselben
Silber enthalten, ermittelte er folgendes galvanoplastische Verfahren um das Silber
metallisch abzuscheiden, so daß es selbst in der geringsten Menge leicht zu erkennen
ist. Dieses Verfahren läßt weder hinsichtlich der Genauigkeit, noch bezüglich der
schnellen Ausführbarkeit und Einfachheit etwas zu wünschen übrig.
Man setzt dem Material, worin Silber enthalten seyn muß (wohl verstanden, nachdem man
sich versichert hat, daß keine anderen Metalle wie Blei, Quecksilber etc. vorhanden
sind) Cyankalium zu, und taucht in die Flüssigkeit einerseits einen gut abgebeizten
Kupferdraht, welcher am negativen Pol einer galvanischen Säule befestigt ist, und
anderseits einen Graphitstift, welcher das Ende des positiven Pols bildet.
Eine wesentliche Bedingung ist, einen so schwachen galvanischen Strom anzuwenden, daß
sich um den am negativen Pol befestigten Kupferdraht herum kein Wasserstoffgas
entwickelt, weil sonst der Silberniederschlag demselben nicht anhaftet und mehr oder
weniger pulverförmig wird.
Wenn die abzuscheidende Silbermenge außerordentlich gering ist, so muß man dasselbe,
um es so deutlich als möglich nachzuweisen, auf einer sehr beschränkten Fläche sich
ablagern lassen und daher nur das Ende des Kupferdrahts eintauchen. Wenn man unter
guten Umständen operirt, versilbert sich dieser Draht mit der größten
Leichtigkeit.
Dieses Verfahren ist ganz geeignet, um das Silber aus den Rückständen dieses Metalls
auszuziehen. Man verwandelt das Silber in Chlorsilber, wascht dieses gut aus, und
löst es in Cyankalium auf, ehe man es der Einwirkung der Säule aussetzt. (Journal de Pharmacie et de Chimie, April 1862.)
Das Einathmen der Kohlensäure als wirksames und gefahrloses
anästesisches Mittel während chirurgischer Operationen; von C. Ozanam.
Im J. 1858 habe ich mich dahin ausgesprochen, daß die mit Luft
gemischte Kohlensäure von allen anästhesischen Mitteln das geeignetste ist,
um eine hinreichende und doch gefahrlose Unempfindlichkeit hervorzubringen. Ich will
nun die Möglichkeit beweisen, diese neue Methode für chirurgische Operationen
anzuwenden.
Ich hatte bei einem jungen Mann ein tiefes Geschwär zu öffnen, welches sich am
unteren und inneren Theil des Schenkels befand; man mußte auf eine Tiefe von mehreren Centimetern
eindringen, indem man Schichte für Schichte aufschnitt. Der Kranke, den Schmerz
fürchtend, verlangte eingeschläfert zu werden; ich willigte ein, indem ich ihm
bemerkte daß er anstatt Chloroform ein einschläferndes Gas einzuathmen habe. Hierzu
bediente ich mich eines Gemisches von drei Vierteln
Kohlensäure und einem Viertel atmosphärischer Luft; dieses Gemisch war in
einem Kautschuksack von beiläufig 25 Litern Fassungsraum enthalten.
Am Sack war eine lange biegsame Röhre angebracht, die in ein trichterförmiges
Mundstück endigte, welches rings um die Nase und den Mund des Kranken angebracht
werden konnte; man hütete sich aber wohl, es luftdicht anzubringen, damit der Kranke
gleichzeitig mit der Kohlensäure eine gewisse Menge äußerer Luft ansaugen
konnte.
Man öffnete den Hahn, drückte auf den Sack und das Einathmen begann.
Der Schlaf stellte sich nach Verlauf von beiläufig zwei Minuten ein, und während
dieser Zeit beobachtete ich zwei eigenthümliche Erscheinungen: 1) Beschleunigung der
Respirationsbewegung; 2) einen reichlichen Schweiß des Gesichts.
Nachdem der Kranke eingeschläfert war, machte ich den Einschnitt der Haut und der
darunter liegenden Gewebe, ohne daß der Kranke die geringste Bewegung machte oder
den geringsten Schmerz zu erkennen gab. Es fand also vollständige Unempfindlichkeit
statt. In dem Zeitpunkt, wo die Operation fast beendigt war, ließ ich das Einathmen
unterbrechen, und machte bloß noch den letzten Schnitt mit dem Messer. Diesen spürte
nun der Kranke, obgleich in sehr erträglicher Weise und kam sofort zum Bewußtseyn.
(Comptes rendus, t. LIV p. 1154.)
Ueber die Anwendung des mit Kupfervitriol imprägnirten
Kiefern- und Buchenholzes in den Seidenzuchtanstalten als Schutzmittel gegen
die ansteckenden Krankheiten der Seidenwürmer; von Brouzet.
Auf meinem Gute in den Cévennes giengen von 1853 bis 1858 alle
Seidenwürmer-Ernten zu Grunde. Ich erneuerte alsdann das ganze Material der
Zuchtanstalten und wandte für das Fachwerk frisch geschnittene Kiefernbreter an.
Meine Seidenwürmer-Ernte gelang nun sehr gut; man konnte sich jedoch leicht
überzeugen, daß die verschiedenen Krankheiten, welchen die Seidenwürmer ausgesetzt
sind, wie die Muscardine etc., noch im Keime waren.
Im Jahre 1860 hatte ich für den Staat Telegraphenstangen zu liefern und benutzte das
Boucherie'sche Verfahren zum Imprägniren des Holzes.
Ich verwendete dieses Jahr für das Fachwerk der Seidenzuchtzimmer Breter von mit
Kupfervitriol imprägnirten Bäumen, und die Seidenwürmer machten ihre verschiedenen
Häutungen auf diesen Bretern nicht nur mit bestem Erfolge durch, sondern es wurde
auch kein einziger derselben von einer Krankheit ergriffen, wogegen die in dem
gleichen Local aus denselben Eiern ausgebrüteten Seidenwürmer, welche auf nicht mit
Kupfervitriol imprägnirten Bretern erzogen waren, von der Muscardine ergriffen
wurden und keine so genügenden Resultate wie die ersteren gaben. (Comptes rendus, t. LIV p.
1188.)
Das Färben von Stroh und Strohhüten.
Kastanienbraun.
Für 25 Strohhüte.
1 1/2 Pfd.
gemahlenes Caliatourholz,
2
„
„ Curcuma,
12 Loth
Gallus oder Sumach,
1 1/2 „
geraspeltes Blauholz.
Man läßt wenigstens 2 Stunden lang kochen in einem Kessel, der ausreichend groß
ist, damit die Hüte nicht gegen einander gepreßt werden.
Man spült sie aus und läßt sie dann über Nacht in einem Bade von salpetersaurem
Eisen von 4° Baumé.
Man spült mehreremale sorgfältig aus, um die Säure zu entfernen. Man vermehrt den
Sandel und röthet in Blauholz, um ein dunkleres Kastanienbraun zu erhalten.
Wenn das Stroh trocken ist, so bürstet man mit einer Bürste von Hundsgras, um ihm
Glanz (Lüster) zu geben.
Silbergrau.
Für 25 Strohhüte.
Man wählt zu dieser Farbe das weißeste Stroh aus und weicht es in einem Bade von
krystallisirter Soda, dem man ein wenig einer klaren Kalklösung zusetzt:
4 Pfund
reiner Alaun,
6 Loth
Weinsteinsäure.
In diesem Bade läßt man 2 Stunden kochen und fügt dann je nach Bedürfniß
Ammoniak-Cochenille, Indigocarmin und ein wenig Schwefelsaure, um das
Alkali der Cochenille zu neutralisiren, hinzu.
Man läßt wenigstens noch eine Stunde kochen und spült dann in schwach
angesäuertem Wasser aus.
Schwarz.
Für 25 Strohhüte.
Man bringt in ein kochendes Bad:
4 Pfund
Blauholz,
1 „
Gallus oder Sumach,
9 Loth
Curcuma oder Gelbholz,
und läßt die Hüte 2 Stunden kochen.
Man bringt sie dann in ein Bad von salpetersaurem Eisen von 4°
Baumé und spült sorgfältig in Wasser aus. Trocknen und Bürsten
Violett.
Für 25 Strohhüte:
4 Pfund
Alaun,
1 „
Weinsteinsäure,
1 „
Chlorzinn.
Man läßt 2 Stunden lang kochen, fügt dann, je nach der Nüance die man herstellen
will, abgekochtes Blauholz und Indigocarmin hinzu, und spült in schwach mit
Alaun versetztem Wasser aus. (Deutsche Musterzeitung.)
Ueberzug der Modelle für feine Gyps-Abgüsse.
Als solcher wird die in neuerer Zeit häufig zu Gelées verwendete chinesische
Gelatine vom polytechnischen Intelligenzblatt empfohlen. Die chinesische Gelatine
kommt als eine sehr leichte, weiße, trockene Substanz in zusammengefalteter
Röhrenform von Fußlänge in den Handel, ist pflanzlichen Ursprungs und löst sich in
bis zum Sieden erhitztem Wasser leichter als Hausenblase, jedoch schwerer als
wirkliche Gelatine auf. Sind nur 1 bis 2 Procent dieser Gelatine in Auflösung, so
läßt sie sich leicht durch Papier filtriren oder durch Leinwand gießen und stellt
erkaltet eine sehr feste, weiße, geruch- und geschmacklose Gallert, klar und
durchscheinend wie Eis dar. Eine aus 1/2 Procent chinesischer Gelatine bereitete
Gallert ist fester als eine aus 4 Procent weißer französischer Gelatine bereitete,
hält sich auch längere Zeit consistent und erträgt 30–50° C. Wärme,
ehe sie sich zu verflüssigen anfängt. Die große Festigkeit der Gallerte bei geringem
Substanzgehalt, und daß sie erkaltet von jedem Körper mit der größten Leichtigkeit
abzunehmen ist, weil sie gar keine Klebrigkeit besitzt, macht sie geeignet, von
zarten und feinen. Modellen die besten Formabdrücke zu liefern. Eine Gallert, welche
nur 1 1/2 Procent Substanz enthält, liefert von den zartesten Blattformen, Medaillen
etc. die subtilsten Formabdrücke, in welchen schnell hintereinander wiederholt
Gypsabdrücke gemacht werden können, ohne daß sich die Form verändert. Da sie in
kaltem Wasser unlöslich ist, so können die Formen damit gewaschen und dann mit
zartem Pinsel getrocknet werden. Da eine Gelatineform wie Kautschuk biegsam ist, so
rathe ich, dieselbe vor dem Abnehmen vom Modell auf der Rückseite, nachdem darin
einige Vertiefungen gemacht sind, mit Gyps zu übergießen, um sie in der natürlichen
Lage zu erhalten. Dr. H. Schwarz. (Breslauer Gewerbeblatt, 1862, Nr. 17.)