Titel: Ueber die Verwendung des Flußspaths beim Eisenschmelzprocesse; von C. Wernecke, Chemiker in Halle a. S.
Autor: C. Wernecke
Fundstelle: Band 166, Jahrgang 1862, Nr. XXXII., S. 139
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XXXII. Ueber die Verwendung des Flußspaths beim Eisenschmelzprocesse; von C. Wernecke, Chemiker in Halle a. S. Wernecke, über Verwendung des Flußspaths beim Cupolosenbetriebe. Seit einer Reihe von Jahren haben praktische Hüttenmäner erkannt, welche Nachtheile durch den Kalkzuschlag sowohl bei dem Hohofen- wie beim Cupolofenbetriebe entstehen, da der Kalk die Schlacken gewissermaßen trocken und kurz macht. Ein Hauptübelstand beim Kalkzuschlag besteht ferner darin, daß das Eisen auf dem Schmelzpunkte nicht flüssig genug erhalten wird, und in Folge dessen ein ziemlich bedeutendes Quantum Eisen sich beim Schmelzungsprocesse mechanisch mit den Schlacken verbindet, resp. von diesen eingehüllt wird, wodurch nicht unerhebliche Verluste herbeigeführt werden. Durch neuere und zwar sehr eingehende Versuche ist nun festgestellt worden, daß wenigstens 5 bis 6 Procent Eisen bei dem Kalkzuschlage, theils durch Einhüllen in die Schlacken, theils durch Verbrennen verloren gehen. Eine Probe der durch Kalkzuschlag erzielten Schlacken auf ihren Eisengehalt, wird die Wahrheit dieser Angabe genügend bestätigen. Durch richtige quantitative Anwendung des Flußspaths beim Cupolofenbetriebe sind hingegen jene Uebelstände vollständig zu vermeiden, weil der Flußspath: 1) die Schlacken immer gleichmäßig dünnflüssig erhält, das Eisen sich also in der Schlacke nicht einhüllen kann, sondern durchfällt; überhaupt kann die Schlacke beim Ablassen viel leichter aus dem Ofen entfernt werden, als dieß bei anderen Zuschlagsmitteln der Fall ist; 2) verhütet der Flußspath das lästige Auftreten der Graphitbildung; 3) löset sich beim Reinigen des Ofens die Schlacke weit leichter von den Ofenwandungen, so daß diese weit weniger angegriffen und ungleich mehr conservirt werden als beim Kalkzuschlage. Das richtige Zuschlagsverhältniß an Flußspath dürfte 50 bis 60 Pfd. auf 100 Ctr. graues Roheisen und circa 40 Pfd. auf 100 Ctr. Spiegeleisen seyn; ein größerer Zuschlag würde dagegen zerstörend auf die Ofenwandungen selbst wirken. 4) Durch die Dünnflüssigkeit der Schlacke wird natürlich auch ein reineres Eisen von schönerem Korn und sonach ein schärferer Guß erzielt. Seit 1–1 1/2 Jahren arbeiten nun verschiedene renommirte Eisengießereien mit diesem Zuschlagsmittel, z.B. die kgl. Eisengießerei in Berlin, die kgl. Geschützgießerei in Spandau, die Eisengießerei von A. Borsig in Berlin, die Eisengießerei der vereinigten Hamburg-Magdeburger Elb-Dampfschifffahrts-Compagnie, Hr. H. Gruson in Buckau, die HHrn. Jung und Must in Halle a. S., die HHrn. Götzer Bergmann und Comp. in Leipzig. Diese Herren werden auf Verlangen gern bereit seyn, sich über die sehr wesentlichen Vortheile auszusprechen, welche der Flußspath als Zuschlagsmittel beim Cupolofenbetriebe gewährt. Als Hauptbedingung muß jedoch die Anwendung des wirklich reinen Flußspaths (Fluorcalciums) betrachtet werden. Ein Gemisch von Flußspath mit Schwerspath, wie solches vor einiger Zeit von Thüringen aus in den Handel gebracht wurde, trägt nur zur Verschlechterung des Eisens bei, weil der Schwerspath seinen Schwefelgehalt (aus der Schwefelsäure) an das Eisen abgibt und dasselbe kaltbrüchig macht. Dagegen erlaube ich mir die Herren Eisengießereibesitzer auf den Flußspath aufmerksam zu machen, welcher auf den Gruben der Straßberg-Haynischen Bergbau- und Hütten-Gewerkschaft zu Straßberg bei Stollberg am Harz gewonnen wird. Dieser Flußspath ist reines Fluorcalcium; er enthält gar keine Schwefelverbindung und entspricht allen Anforderungen, welche an dieses Mineral billigerweise gestellt werden können. Den ausschließlichen Debit dieses Flußspaths haben seit geraumer Zeit die HHrn. A. Proepper und Comp. in Halle a. S. übernommen, welche in den Stand gesetzt sind, jedes beliebige Quantum in kurzer Zeit zu liefern und auf Verlangen auch die in ihren Händen befindlichen Zeugnisse mehrerer renommirten Eisengießereien vorlegen werden.