Titel: Ueber den Einfluß der Drahtgitter auf den Heizeffect der Gasflamme; von Prof. Dr. August Vogel.
Autor: Prof. Dr. August Vogel [GND]
Fundstelle: Band 166, Jahrgang 1862, Nr. LXXV., S. 341
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LXXV. Ueber den Einfluß der Drahtgitter auf den Heizeffect der Gasflamme; von Prof. Dr. August Vogel. Vogel, über den Einfluß der Drahtgitter auf den Heizeffect der Gasflamme. Man bedient sich bekanntlich beim Kochen in Glas- oder Porzellangefäßen als Schutzmittel gegen die unmittelbare Berührung der Gasflamme eiserner Drahtgitter von engerem oder weiterem Geflechte, ohne welche auch bei der vorsichtigsten Leitung der Heizung das öftere Zerspringen der Glas- oder Porzellangefäße, welche zum Kochen dienen, unvermeidlich seyn würde. Diese schützende Zwischenlage eines Drahtgitters muß aber natürlich stets mit einer Abkühlung der Flamme und daher mit einer Verminderung des Heizeffectes derselben verbunden seyn, weßhalb denn auch, wie man sich leicht überzeugen kann, Wasser in einem auf Drahtgitter über der Gaslampe stehenden Kochgefäße langsamer zum Kochen kommt, als wenn das Gefäß sich über der freien Flamme befindet. Ueber den Verminderungsgrad des Heizeffectes durch Drahtgitter sind auf meine Veranlassung im Laboratorium der kgl. Universität zu München einige directe Versuche angestellt worden, deren Resultate, da sie eine in chemischen Laboratorien täglich vorkommende Manipulation betreffen, hier mitgetheilt werden sollen. Zu den Versuchen in dieser Richtung wurden zwei Arten von Eisendrahtgittern verschiedenen Geflechtes verwendet, und zwar das eine (A) mit 325 Oeffnungen auf den Quadratzoll, und das andere (B) mit 11000 Oeffnungen auf den Quadratzoll. Diese Angaben stützen sich selbstverständlich nicht auf eigene Messung oder Zählung der Oeffnungen, sondern auf die gefällige Mittheilung der rühmlichst bekannten Drahtwaarenfabrik Kaltenecker und Sohn in München, aus welcher seit langer Zeit schon die im Laboratorium in großer Menge nothwendigen Drahtgeflechte von entsprechendster Qualität bezogen werden. Die erstere Sorte der Drahtgitter (A) mit 325 Oeffnungen auf den Quadratzoll ist diejenige, welche gewöhnlich zu chemischen Zwecken im Gebrauche steht. Das Kochen des Wassers geschah in drei ganz gleich großen getriebenen Messingkesseln von gleicher Metalldicke mittelst drei übereinstimmend regulirter Bunsen'scher Gasbrenner, welche sich von dem Boden der Kochgefäße genau in der nämlichen Entfernung befanden. Jeder der Kessel enthielt 200 Kub. Centim. Wasser und in einem jeden war während der ganzen Dauer des Versuches ein Thermometer angebracht, so daß sich die Thermometerkugeln gerade unter dem Wasserspiegel befanden. Der eine Kessel stand unmittelbar auf der Flamme auf einem weiten eisernen Ringe, die beiden anderen standen auf den mittelst des Ringes gehaltenen betreffenden Drahtgittern. Es folgen nun die Zahlenresultate, wie sie die Versuchsreihe ergeben hat. Temperatur des Wassers am Anfang des Versuchs: 12° C. Ohne Gitter.Celsius'sche Grade. GitterA.Celsius'sche Grade. GitterB.Celsius'sche Grade. Nach 1 Minute 35 24 22    „    2  Minuten 50 39 34    „    3      „ 60 51 45    „    4      „ 77 64 56    „    5      „ 90 75 65    „    6      „ Kochpunkt 84 74    „    7      „ 92 81    „    8      „ 96 86    „  10      „ Kochpunkt 95    „  11      „ 96    „  12      „ Kochpunkt Man erkennt aus den beiden letzteren Reihen, daß das Gewebe des Drahtgitters, je nachdem es enger oder weiter geflochten ist, auf den Wärmeeffect nicht ohne Einfluß sey. Weitere Versuche beziehen sich auf die Menge des verdampften Wassers in einer bestimmten Zeit, je nachdem das Kochgefäß über der freien Flamme oder auf einem der beiden Drahtgitter über der Flamme befindlich war. In jedem der drei Kochgefäße wurden 200 Kub. Centim. Wasser während 15 Minuten in der beschriebenen Weise den drei Flammen ausgesetzt; die Messung der rückständigen Wassermengen geschah, nachdem die Gefäße nach Beendigung des Versuches 15 Minuten der freiwilligen Abkühlung überlassen worden waren. Temperatur des Wassers am Anfang des Versuchs: 12° C. Ohne Gitter. Kub. Centim. Gitter A. Kub. Centim. Gitter B.Kub. Centim. Nach 15 Minuten Wasserrückstand115verdampftes Wasser85 Wasserrückstand150verdampftes Wasser50 Wasserrückstand161verdampftes Wasser39 Diese Zahlen sind die durchschnittlichen Werthe von drei nahe übereinstimmenden Versuchen. Setzt man die über der freien Flamme verdampfte Wassermenge = 100, so ergeben sich die über den beiden Drahtgittern verdampften Wassermengen in dem Verhältniß von 100 : 53 : 46. Hieraus folgt, daß der Wärmeeffect einer Gasflamme durch die Zwischenlage eines Drahtgitters wesentlich vermindert werde und daß diese Verminderung mit der Natur des Drahtgeflechtes in gewisser Beziehung stehe. Es bedarf kaum der Erwähnung, daß die angegebenen Zahlen keinen absoluten, sondern nur einen vergleichenden Werth haben können, indem bei Anwendung anderer Gaslampen, bei größerer Ausströmungsgeschwindigkeit des Gases u.s.w. natürlich ganz andere Resultate erzielt werden müßten. Ueber das Verhalten der Drahtgitter bei Temperaturen über dem Kochpunkt des Wassers wird demnächst in einer weiteren Mittheilung berichtet werden. Es mag hier noch die Bemerkung Platz finden, daß das Kochen des Wassers über der freien Flamme weit unruhiger, d.h. mit stärkerem Blasenwerfen vor sich geht, als bei Anwendung eines Drahtgitters. Zum Abrauchen von Bier oder Milch bei quantitativen Versuchen ist daher stets ein Drahtgitter zu empfehlen, womit bei gehöriger Regulirung der Flamme das Kochen ganz ruhig ohne Gefahr des Uebersteigens stattfindet, während ohne dasselbe ein Ueberschäumen der Flüssigkeiten nur durch sehr häufiges Wegziehen der Lampe verhindert werden kann.