Titel: Ueber die Wirkung verschiedener Reinigungs- und Mischmaschinen und über einen neuen Centrifugal-Mischapparat für Photogenfabriken, Rübölraffinerien, Seifensiedereien etc.; von Adolph Grätzel in Halle a. S.
Autor: Adolph Grätzel
Fundstelle: Band 167, Jahrgang 1863, Nr. LXIII., S. 261
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LXIII. Ueber die Wirkung verschiedener Reinigungs- und Mischmaschinen und über einen neuen Centrifugal-Mischapparat für Photogenfabriken, Rübölraffinerien, Seifensiedereien etc.; von Adolph Grätzel in Halle a. S. Mit einer Abbildung auf Tab. IV. Grätzel, über die Wirkung verschiedener Reinigungs- und Mischmaschinen. Bei der Rectification von Mineral- und anderen Oelen und Fetten ist ein Haupterforderniß, daß man eine möglichst innige Verbindung aller Molecüle der zur Reinigung zu verwendenden Chemikalien mit den zu behandelnden Oelen bei der Mischung erzielt, damit diejenigen Stoffe, welche durch die Chemikalien theils in Form eines pechartigen oder krystallinischen Niederschlags, theils als concentrirte, specifisch schwerere Flüssigkeit wie die Oele, ausgezogen werden sollen, auch wirklich mit den betreffenden Agentien, mit denen sie sich chemisch verbinden sollen, in Wechselwirkung treten. Um nun diese gewünschte Wechselwirkung der Oele und Chemikalien zu erreichen, hat die sich immer mehr ausdehnende Industrie der Oel- und Fett-Gewinnung aus mineralischen Fossilien, als: Braunkohle, Schiefer, Torf u. dgl. m. Veranlassung zur Construction mannichfacher Mischapparate gegeben, die theils dem beabsichtigten Zwecke gar nicht, theils mehr oder weniger vollkommen entsprechen. Der Zweck des Gegenwärtigen ist, die Wirkung der hauptsächlichsten Mischmaschinen, welche in den meisten Fabriken Anwendung gefunden Haien, zu discutiren. Trotz der großen Fortschritte der jetzigen Industrie ist es doch als ein Rückschritt zu bezeichnen, wenn Apparate als neu und zweckmäßig irgendwo eingeführt werden, welche schon von Alters her bekannt, und, als nicht zweckentsprechend, durch Apparate neuerer Construction bereits ersetzt worden sind. Im Allgemeinen sind die Oel und Fett bildenden Kohlenwasserstoff-Verbindungen der Destillationsproducte mineralischer Fossilien, mit Ausnahme des größten Theiles derselben aus den Steinkohlen, specifisch leichter als Wasser, mithin auch leichter als die zum Reinigen zu verwendenden Chemikalien. Will man nun aber zwei Flüssigkeiten von verschiedenem specifischen Gewichte mischen, welche nur theilweise chemische Verbindungen eingehen, so ist es bei zweckentsprechenden Maschinen eine Hauptsache, daß die schwereren Flüssigkeiten von dem Boden des Mischgefäßes stets aufgeworfen oder aufgesogen, und durch die leichteren Flüssigkeiten derart hindurchgeschleudert werden, daß eine Wechselwirkung möglichst aller Molecüle der beiden Flüssigkeiten erreicht werde. Diese nothwendige Wechselwirkung tritt um so rascher ein, in je feinvertheilterem Zustande die beiden Flüssigkeiten zusammengebracht werden, wornach sie so lange in inniger Berührung bleiben müßen, bis die gewünschte chemische Verbindung erreicht ist. Es gibt chemische Verbindungen, deren Bildung aus ihren tropfbar flüssigen Grundstoffen durch rein mechanische Mischungsmaschinen, selbst wenn diese die Flüssigkeiten in möglichst fein vertheilten Tropfen zusammenbringen, dennoch nicht vor sich geht, weil die, wenn auch sehr kleinen Tropfen noch nicht genug zertheilt sind, um die chemische Einwirkung gegenseitig zu ermöglichen; in einem solchen Falle müssen die Flüssigkeiten in Dampfform übergeführt und zusammengebracht werden. Sind zwei zu mischende Flüssigkeiten von verschiedenem specifischen Gewichte, so ist die Zertheilung um so nothwendiger, als nach dem Gravitationsgesetze jede schwerere Flüssigkeit sich am tiefsten Punkte des Mischgefäßes absetzt. Nach demselben Gesetze wird auch eine schwerere Flüssigkeit bei der Drehung sich an den Wänden des rotirenden Gefäßes halten und sich mit der leichteren Flüssigkeit nur da theilweise mechanisch mischen, wo die betreffenden Flüssigkeiten sich berühren. Das eben Gesagte ist selbst von den Laien sehr leicht zu beobachten, wenn man z.B. in einem horizontal liegenden Cylinder der Länge nach an der Wandung desselben eine Rippe befestigt, deren Höhe etwa den vierten Theil oder weniger des Durchmessers ausmacht, so daß also die am tiefsten Punkte des Cylinders befindliche Flüssigkeit beim Drehen mit hinaufgezogen wird. Man bemerkt alsdann, daß die schwerere Flüssigkeit, ehe sie den todten Punkt erreicht, von der Rippe theilweise abfließt und durch die untere leichtere Flüssigkeit hindurch nach dem Boden zu kommen strebt, hierbei aber weniger eine Mischung als eine Trennung der leichteren und der schwereren Flüssigkeit stattfindet. Durch Apparate nach diesem Principe wird daher stets eine nur unvollkommene, mehr mechanisch wirkende Mischung von Flüssigkeiten verschiedenen specifischen Gewichtes erreicht, die somit für die Fabrication und Reinigung von Oelen unpraktisch ist. In gleicher Weise wirken diejenigen Maschinen, welche nach dem Principe der gewöhnlichen Butterfässer ausgeführt sind, wie es z.B. bei dem von Hrn. H. Fuhst in diesem Journal Bd. CLXVI S. 21 beschriebenen Apparate der Fall ist. Derartige Mischmaschinen sind bis jetzt in kleinerem Maaßstabe in den meisten Fabriken üblich gewesen, und wurden theils durch Dampf, theils durch Menschenkräfte betrieben; man hat sie jedoch größtentheils und mit Recht verworfen, weil die schwereren Flüssigkeiten, also gerade die Nutzen bringenden Chemikalien, nur sehr theilweise vom Boden aufgesogen und mit den Oelen in wenig innige Verbindung gebracht und gemischt wurden. Bei Mischmaschinen, wo der Mischkolben unmittelbar von einem Dampfkolben in auf- und abgehende Bewegung versetzt wird, können die Chemikalien um so weniger vom Boden aufgesogen werden, als der Mischkolben niemals bis auf den Boden reicht, indem sonst leicht mit einem Stoße des Mischkolbens der Boden des Mischapparates zertrümmert werden könnte und 75 Ctr. Oel in den Boden laufen würden. Bei diesem Apparate, wo die Chemikalien also nur theilweise zur Wirkung gelangen, die Mischung derselben mit dem Oele an und für sich auch nur eine sehr unvollkommene ist, werden einestheils größere Quantitäten von Chemikalien, als nöthig, verwandt werden müssen, anderntheils wird, um ein reines Product zu erhalten, eine Wiederholung des Mischens unerläßlich, somit auch ein größerer Kostenaufwand für Chemikalien wie für Löhne etc. erforderlich seyn. Außerdem wird sich bei dem bereits erwähnten und von Hrn. Fuhst beschriebenen, sowie bei den meisten nach diesem Principe erbauten Apparaten, der sehr wesentliche Uebelstand kaum beseitigen lassen, daß die concentrirten Säure- oder Lauge-Auszüge beim Klären der behandelten Oele nicht vollständig vom Boden abgezogen werden können und sich an letzterem eine immer stärker werdende Kruste bildet, die beim Mischen neuer Quantitäten Oele höchst nachtheilig wirkt. Bei den bisher üblichen kleineren, oben offenen Mischmaschinen nach diesem Systeme, konnte dieser Nachtheil beseitigt werden, weil man zum Boden des Gefäßes leicht gelangen, und, nachdem die Oele abgezogen waren, den noch an den Wandungen haftenden Schmutz von den Säure- oder Lauge-Auszügen mittelst eines Besens oder sonst eines Putzmaterials abreiben konnte, allein eine Reinigung des Apparates ist da nicht möglich, wo der Mischkolben nur durch Demontirung des ganzen Apparates herausgenommen werden kann. Durch das spätere Auswaschen der Oele, auch selbst wenn man directen Dampf in die Maschine einströmen läßt, wird zwar ein großer Theil des Schmutzes vom Boden und den Wandungen abgespült, indessen niemals so rein als nothwendig. Um sich von dieser Thatsache zu überzeugen braucht man nur frisch behandeltes Oel auf einem Glastrichter der Klärung zu überlassen und beim nachherigen Trennen des Oels, wie beim Auswaschen desselben, nach der Art und Weise wie im Großen zu verfahren. Aus Vorstehendem ergibt sich also, daß man jedenfalls zwei Mischmaschinen nöthig hat, und zwar eine für die Säure-, die zweite für die Lauge-Behandlung; denn wollte man beide Behandlungen in ein und demselben Apparate vornehmen, so würde der Säure-Auszug, welcher an den Wandungen hängen geblieben ist, mit dem nachfolgenden Natron-Auszuge eine Verbindung eingehen, die gegenseitigen Wirkungen dieser Chemikalien auf die Oele dadurch geschwächt werden, und sich ein unangenehmer Rückstand bilden. Ungleich besser als der vorerwähnte Apparat ist die von Hrn. R. Jacobi construirte, in Bd. CLXII S. 257 dieses Journals beschriebene stehende Mischmaschine. In derselben werden die specifisch schwereren Flüssigkeiten mittelst der beinahe den Boden berührenden Schaufeln eines Rades fortwährend in die Höhe geschleudert, während die jedesmal dem Boden gegenüber befindlichen Schaufeln die leichteren Oele nach unten drücken; hierdurch wird eine ziemlich innige Mischung der Chemikalien und Oele herbeigeführt, und ist daher von den bisher bekannten Mischapparaten dieser der beste und zweckentsprechendste. In neuester Zeit ist jedoch in der Photogenfabrik der Herren Kühling und Reußner zu Döllnitz bei Halle ein von Hrn. Voigt in Böllberg erfundener und durch die Maschinenfabrik des Hrn. Dr. Georg Keßler in Schkeuditz bei Leipzig ausgeführter Centrifugal-Mischapparat zur Anwendung gekommen, welcher wohl als die bis jetzt vollkommenste Mischmaschine angeführt werden kann, daher es vielen Industriellen sehr erwünscht seyn wird dieselbe kennen zu lernen, weil sie sich auch für manche andere technische Zwecke, als gerade Oelreinigung, benutzen läßt. Mit besonderer Erlaubniß der angeführten Maschinenfabrik, welche das Eigenthumsrecht und die in Preußen und Sachsen ertheilten Patente von Hrn. Voigt käuflich an sich gebracht hat, füge ich eine Beschreibung und Zeichnung dieses Apparates bei. In dem cylindrischen eisernen Gefäße A, Fig. 8, von 3' Höhe und 3 1/2' Weite, welches mit einem Dampfmantel zur Erwärmung der zu mischenden Massen umgeben ist, befindet sich an einer verticalen Achse f ein mittelst der Streben d, d, d, d befestigter runder, unten abgeschnittener Conus von Eisen B, der unten offen ist und von dem Boden des Gefäßes nur 1/4'' absteht. Dieser Conus besteht in der oberen Fläche seines Mantels in einer Breite voll circa 6'', welcher, wie bereits hier erwähnt werden kann, wesentlich zu einer fast molecularen Vertheilung der zu mischenden Flüssigkeiten beiträgt, aus einem feinen Siebe oder Drahtgewebe b, b'. Die Achse desselben läuft in einer in der Mitte des Gefäßes A eingeschraubten Pfanne g, und geschieht die Bewegung des eisernen Conus mittelst eines auf der Achse oben das Frictionsrad i, i' sitzt an der horizontalen Welle k, welche mit dem Motor durch eine der Riemenscheiben m oder n in Verbindung steht und getrieben wird. Die Stellschraube l drückt gegen die Welle k, und somit das Frictionsrad i, i' an das Frictionsrad h, h' fest. Das Gefäß A ist durch einen Deckel verschlossen, aus welchem sich ein Trichter o erhebt, der in einer unter dem Deckel sich befindenden, im Innern des Gefäßes längs der Wand gezogenen Bleiröhre p, p', p'', p''' mündet, welche nach unten sehr fein durchlöchert ist. Der Boden q, q' des Gefäßes A ist nach der Mitte zu geneigt, so daß die in diesem Gefäße befindlichen Flüssigkeiten stets das Bestreben haben sich in der Mitte unter der Oeffnung des Conus zu sammeln. Der Hahn r dient zum Ablassen der in A befindlichen Flüssigkeiten; s ist der Dampfeinströmungs- und t der Dampfausströmungshahn des Dampfmantels. Der Gebrauch des Apparates ist folgender. Sobald die mit Chemikalien zu behandelnden Oele oder Fette in den Mantel A gethan sind, wird der Conus B in Bewegung gesetzt, saugt die Flüssigkeit durch seine Centrifugalkraft auf, und schleudert dieselbe durch das feine Sieb b, b', förmlich in Staub vertheilt, wieder hinaus. Zu gleicher Zeit wird in den Trichter o die Säure oder Lauge geschüttet, welche sich in der Röhre p, p', p'', p''' vertheilt und regenartig schon in das Oel hineinfließt. Indem nun die Oele mit den angewandten Chemikalien von dem rotirenden Conus fortwährend aufgesaugt und durch das feine Sieb b, b' geschleudert werden, haben die spec. schwereren Flüssigkeiten keine Zeit sich am Boden abzusetzen, und mischen sich mit den Oelen beim gewaltsamen Durchgange durch das Sieb auf eine so innige Weise, daß das Product milchartig austritt. In dieser Mischmaschine, welche ungefähr 350 Thlr. kostet, und 5 und bis 6 Centner faßt, ist die Mischung schon nach 5 bis 10 Minuten vollständig erreicht; man läßt die Oele nach der Mischung sofort abziehen und auf besonderen Ständern sich klären, so daß in dem Apparate selbst Unreinigkeiten sich nicht absetzen können. Da der Effect der Mischung, also auch die Wechselwirkung der Chemikalien und Oele vollkommen ist, so hat man zur Reinigung von Oelen auch weniger Chemikalien als bei irgend einem anderen Mischapparate nöthig, was für den Fabrikanten in Betreff des Kostenpunktes gewiß nicht zu übersehen ist. Diejenigen Mischmaschinen, wie die der HHrn. Jacobi und Dr. Keßler, welche Veranlassung gaben die mit Chemikalien gemischten Oele sofort abzuziehen und sich auf besonderen Ständern klären zu lassen, haben aber für die Qualität der Oele noch besondere Vorzüge. In verschiedenen Fabriken waltet der große Irrthum ob, daß eine längere Einwirkung der Säure auf die Oele von Nutzen sey, während solches von doppeltem Nachtheile seyn muß. Sobald nämlich die mit Säure innig gemischten, erwärmten Oele der Ruhe überlassen werden, setzt sich der Säure-Auszug sehr rasch ab, und das Oel bleibt hell; bei längerem Stehen der Oele über der Säure beginnt jedoch eine Zersetzung, indem sich schweflige Säure entwickelt und Wasser gebildet wird. Zur Bildung des letzteren geben die Oele einen Theil ihres Wasserstoffs ab, und werden dadurch schwerer. Durch diese Wasserbildung scheidet sich aber gleichzeitig auch aus dem concentrirten Säure-Auszuge wieder ein Theil derjenigen Stoffe ab, welche durch die Säure gebunden wurden, und vereinigt sich wieder mit dem Oele, welches dann eine röthliche Farbe annimmt. Deßhalb ist es am zweckmäßigsten, man zieht den Säure-Auszug nach hinreichender Klärung des Oeles sobald als möglich ab, und wäscht hierauf mit angesäuertem Wasser das Oel aus. Der zuletzt erwähnte Centrifugal-Mischapparat erfordert wenig Kraft und kann leicht, ohne den Effect zu beeinträchtigen, zum Betriebe mit der Hand eingerichtet werden. Er ist nicht allein vortheilhaft für Photogenfabriken, sondern auch geeignet für Rüböl-Raffinerien; ferner dürfte er eine neue sehr zweckmäßige und Kosten ersparende Anwendung in der Seifenfabrication finden. Bei Anwendung dieses Apparates in der Seifensiederei würde man also Lauge und Fett, jedes in einem besonderen Kessel erwärmen, als- dann jedesmal so viel Fett in den Mischapparat bringen, daß mit der später zuzusetzenden Lauge diejenige Quantität neutralen Seifenleims sich bildet, welche der Apparat zu fassen vermag. Man setzt nun denselben in Bewegung und gießt darauf durch den Trichter die nöthige Lauge so lange hinzu, bis eine mittelst des Hahns abgezogene Probe den Seifenleim als neutral oder, wenn nöthig, ein wenig alkalisch erkennen läßt. Der auf diese Weise innerhalb 5 bis 10 Minuten erhaltene Seifenleim wird alsdann in den Siedekessel gethan, und letzterer so oft mit einer neuen Mischung Seifenleim gefüllt, als der Kessel im Ganzen zum Garsieden aufnehmen kann. Die Mischung der Fette mit den Laugen ist hierdurch eine so innige geworden, daß in bedeutend kürzerer Zeit wie bisher, größere Quantitäten Seife fertig gesotten werden können, wobei noch besonders bei harten Seifen der Vortheil ins Auge zu ziehen ist, daß durch die innige Mischung der Fette und Laugen ein richtigeres Verhältniß unter diesen beiden erzielt wird, und ein Auswittern überschüssig zugesetzter Lauge mehr vermieden werden kann. Bei denjenigen Fetten, deren Verseifung schwierig ist, wird dieser Apparat noch mehr von praktischem Nutzen seyn. Die Harzseifen und sogenannten gefüllten Seifen würden, bei genügender Erhitzung des Apparates mit Dampf, ebenfalls in wenigen Minuten fertig gestellt werden können.

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Tafel Tab. IV
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