Titel: | Ueber die chemische Widerstandsfähigkeit des Bleies und seiner Legirungen mit Zinn gegen den Dampfstrom; von Dr. Joh. Carl Lermer. |
Autor: | Johann Karl Lermer [GND] |
Fundstelle: | Band 167, Jahrgang 1863, Nr. XCI., S. 349 |
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XCI.
Ueber die chemische Widerstandsfähigkeit des
Bleies und seiner Legirungen mit Zinn gegen den Dampfstrom; von Dr. Joh. Carl Lermer.
Lermer, über die chemische Widerstandsfähigkeit des Bleies und
seiner Legirungen mit Zinn gegen den Dampfstrom.
Die in sanitätlicher Beziehung so wichtige Frage: welchen Einfluß bei Wasserleitungen
das durch bleierne Röhren laufende Wasser auf dieses Metall auszuüben vermöge, hat
schon wiederholte Untersuchungen und Controversen hervorgerufen.
Gegenwärtige Darstellung soll als einen sachverwandten Gegenstand jenen Einfluß
beleuchten, den das Wasser in Dampfgestalt auf das metallische Blei und seine
Legirungen mit Zinn ausübt.
Der abstracte Fall, daß reines Blei zu Dampfleitungsröhren verwendet wird, kommt wohl
kaum vor, wenigstens da nicht, wo das condensirte Wasser direct als Genußmittel
dient, wahrscheinlich weil dem Praktiker die corrodirende Einwirkung des
Dampfstromes auf dieses Metall nicht unbekannt geblieben ist; denn in der That zeigt
sich diese Einwirkung beim Dampfe ohne Vergleich energischer als beim tropfbar
flüssigen Wasser.
Beim Quellwasser wird dieser Einfluß zum großen Theil wieder unwirksam gemacht,
theils durch die in dem Wasser selbst aufgelösten Salze und organischen Materien,
theils auch durch den gleichzeitig entstehenden Ueberzug von Bleisuboxyd; befördert
dagegen wird er durch die im Dampfstrom erzeugte Oxydationsschichte, sowohl durch
deren Auflösung als auch mechanische Entführung.
Wenn reine Bleiröhren zu Destillationszwecken auch kaum je verwendet werden, so hat
doch gewöhnlich der Dampfstrom in jedem Destillationsapparate über Legirungen aus
Blei und Zinn mit oft bedeutendem Bleigehalte an den Löthstellen hinzustreichen und
es ist daher die genaue Feststellung der Größe dieses Einflusses des Dampfstromes
auf Blei und bleihaltiges Zinn von Interesse für die Salubritätsfrage destillirter
Wasser und der damit erzeugten technischen Producte.
Um nun zunächst die Größe der Einwirkung des Dampfstromes auf das regulinische Blei
anschaulich zu machen, möge folgende Fundamental-Beobachtung dienen.
Eine Bleiplatte von 625 Quadrat-Centimeter Fläche, die als Deckel auf einem
Dampfkasten befestigt war und über welche durch seitlich angebrachte Oeffnungen der
ein- und austretende Dampf hinstreichen mußte, war nach zehnstündiger
Einwirkung desselben mit einem fleischfarbigen, leicht abwischbaren, lockeren
Ueberzug in bedeutender Menge bedeckt, der bei genauer Beobachtung aus weißem, zum
Theil kohlensauren Bleioxyd bestand.
An denjenigen Stellen, wo Wassertropfen in größeren Partien condensirt waren,
befanden sich drusenartige Krystalle von kermesrothem Bleioxyd, mit ihrer
specifischen Färbung durch die weiße Ueberkleidung hindurchschimmernd und so den
fleischfarbigen Ton der Totalfarbe bedingend.
Der von der Platte durch behutsames Abschaben gesammelte Ueberzug betrug schon nach
dieser kurzen Expositionsdauer von 10 Stunden im trockenen Zustande 4,5 Gramme. Er
löste sich leicht unter geringer Kohlensäure-Entwickelung – auch die
rothen Krystalle – vollständig in verdünnter Essigsäure, war also frei von
Mennige. Die Menge desselben ist gegenüber der mehrfach ermittelten äußerst geringen
Quantität Blei, die tropfbar flüssiges Wasser aufzunehmen vermag, sehr namhaft,
jedoch dem Dampfstrome
als solchem eigenthümlich, indem Blei mit Wasser in Glasröhren eingeschmolzen auch
nach längerem Verweilen derselben im siedenden Wasser durchaus kein ähnliches
Verhalten zeigte.
Man kann nun sagen, daß das Blei oder resp. die Bleizinnlegirung in den Fällen der
Praxis allgemein der vereinigten Wirkung der drei Factoren: Wasserdampf, Luft und
Kohlensäure ausgesetzt ist. Wir wollen es dahin gestellt seyn lassen, ob das
eigentlich auf Blei wirksame Agens der Luft, der Sauerstoff derselben, bei diesem
Vorgange in einen specifisch thätigen Zustand versetzt werde, wie vielleicht manche
Analogien mit den interessanten Schönbein'schen Versuchen
wahrscheinlich machen dürften, oder ob einfach die Temperaturerhöhung eine derartige
Potencirung der Verwandtschaft des Sauerstoffs zum Blei zur Folge habe.
Den genannten drei Factoren wurde in gegenwärtigen Versuchen möglichst Rechnung
getragen.
Es wurden zunächst eilf Platten gegossen aus Bleizinnlegirungen von zehn zu zehn
Proc. Mehrgehalt der beiden Bestandtheile. Die sorgfältig abgewogenen Mengen der
Metalle wurden zusammengeschmolzen und nach gehöriger Vereinigung in einen eisernen
Model (wie die Goldarbeiter zum Gießen benützen) zu circa zwei Millimeter dicken Platten ausgegossen, diese alsdann so lange
gewalzt, bis sie nur noch 1 Millim. dick waren und zu genauen Quadraten von 6
Centimeter Seite zugeschnitten. Das nochmals unter der Presse geschlichtete
Plattenbündel hatte nun eine Höhe von 10,5 Millimeter; es kam also auf die einzelne
Platte beiläufig eine Stärke von 0,96 Millimeter.
Unter diesen eilf Platten, welche die verschiedenen Legirungen bildeten, befand sich
am Anfang und Ende der ganzen Reihe, wie selbstverständlich, eine Platte aus reinem
Blei, eine andere aus reinem Zinn.
Die so vorgerichteten Platten wurden in einen mit entsprechenden Einschnitten
versehenen hölzernen Rahmen derartig parallel zu einander eingespannt, daß der
Zwischenraum zwischen je zwei derselben etwa 1 Centimeter betrug. So angeordnet
wurde das ganze Plattensystem der Einwirkung des Dampfstromes ausgesetzt und zwar in
drei verschiedenen Versuchen unter folgenden wechselnden äußeren Verhältnissen:
1) Einfach im Dampfstrom des inneren Behälters des
Destillationsapparats von Beindorf. Hierbei waren
also die Legirungen ganz den Verhältnissen ausgesetzt, wie die Metall-
und Löthstellen der gewöhnlichen Destillirapparate.
2) In einem aus Luft und Wasserdampf combinirten Strome. Hierbei
wurde das System der Platten in die Oeffnung des Ventilationsraumes am
Arbeitsherde gesetzt und zugleich ein aus lebhaft kochendem Wasser
entwickelter Dampfstrom mit Luft gemischt über dasselbe hingeleitet.
3) Im Kohlensäure-freien Dampfstrome. Die Anordnung war
dieselbe wie bei 1, indeß wurde das Wasser im Beindorf'schen Apparate mittelst Kalilauge stark alkalisch
gemacht.
Diese drei Versuchsreihen correspondirten also mit den drei wesentlichen im
gewöhnlichen Dampfstrome wirksamen Factoren: Luft, Kohlensäure und Wasserdampf.
Um einer etwa ungleichmäßigen Einwirkung durch Partialströmungen auf einzelne Platten
vorzubeugen und sie möglichst gleichmäßig dem Einflusse des Dampfstromes
auszusetzen, wurde die Lage des ganzen Systemes häufig gewechselt.
Das Entfernen der bei der Exposition auf den Platten gebildeten Oxydationsschichte
geschah durch Behandeln mit durch Essigsäure angesäuertem Wasser. Hieraus entstanden
zugleich als gelegentliche Beobachtungen in der Tabelle noch die beiden Rubriken XII
und XIII, welche die Widerstandsfähigkeit der Blei-Zinnlegirungen gegen Essig
geben, eine für den Haushalt wichtige Frage, die jüngst wieder von Pleischl
Polytechn. Journal Bd. CLXIV S. 200. aufgenommen worden ist.
Da es für diesen Zweck natürlich von Interesse ist, die Stärke des einwirkenden
Essigs zu kennen, so wurde dieselbe mittelst Titrirens bestimmt und zu 2,3 Procent
gefunden.
Es entsteht nun die Frage: in wie weit eine bereits vorhandene oder während der
Operation erzeugte Oxydationsschichte eine schützende Decke gegen die ferneren
Angriffe bilde. Als Antwort hierauf dient der Vergleich der Rubriken IX und X in der
Tabelle, wo in IX eine Wägung nach 18 Stunden und in X eine nach zwei Stunden
geschah.
Endlich bestimmte man noch, da einmal die Reihe der Legirungen von 10 zu 10 Procent
wachsenden Mehrgehalts mit Sorgfalt hergerichtet war, die specifischen Gewichte der
Legirungen.
Dieselben wurden bei 15°C. in Wasser gewogen und das daraus abgeleitete
specifische Gewicht auf Wasser von der nämlichen Temperatur bezogen. Für diese
Angaben sind die obigen Bemerkungen über das Auswälzen der Platten von Belang, da
bekanntlich eine derartige mechanische Verdichtung auf das specifische Gewicht von
Einfluß ist. Die gefundenen Eigengewichte beziehen sich also auf die gewalzten
Legirungen.
Mit dieser Columne wurden des Vergleiches wegen die nach der Matthiessen'schen FormelKopp's und Will's
chemischer Jahresbericht für 1859, S. 120. berechneten specifischen Gewichte zusammengestellt. Der eben genannte Autor
stellt bekanntlich für die Ableitung des Eigengewichtes der Legirungen aus ihren
Bestandtheilen die Formel
Textabbildung Bd. 167, S. 352
auf, worin A und B die Procentgehalte der Metalle, a und b die zugehörigen specifischen Gewichte
bedeuten. Für letztere legte ich die directen Bestimmungen, die mit den Platten aus
den reinen Metallen erhaltenen Werthe, zu Grunde.
Die Columnen VII bis VIII der Tabelle sollen dazu dienen, das Wachsthum der
Widerstandsfähigkeit der Legirungen bei steigendem Zinngehalt, dasselbe übrigens
unter den gleichen äußeren Verhältnissen beobachtet, zur Anschauung zu bringen. Es
ist nebenbei die Abnahme, welche das reine Blei erleidet, gleich 100 gesetzt.
Zur Raumersparniß finden sich die absoluten Gewichte nur beim Beginne und Abschluß
der ganzen Wägungsreihe mit jeder einzelnen Platte angegeben, und enthalten die
folgenden Rubriken nur jedesmal einfach die bei der Exposition stattgefundenen
Gewichts-Abnahmen.
Textabbildung Bd. 167, S. 353
Nr.; Verhältniß vom Blei zu Zinn;
Absolutes Gewicht; Specifisches Gewicht vor den Versuchen; Specifisches Gewicht
nach den Versuchen; Absolutes Gewicht nach den Versuchen; Gesammtabnahme nach
den Versuchen; gefunden; berechnet; auf 100 berechnet
Abnahme der Gewichte der Platten.
Textabbildung Bd. 167, S. 354
Nr.; 18 Stunden im Dampfkasten; 18
Stunden im Innern des Beindorf'schen Apparates; 18
Stunden im mit Luft gemengten Dampfstrom; 2 Stunden im mit Luft gemengten
Dampfstrom; 18 Stunden im Beindorf'schen Apparate im
kohlens; Dampfstrom; 12stündiges Liegen in 2,3 procentigem Essig; 20stündiges
Liegen in 2,3 procentigem Essig; gefunden; auf 100 berechn.
Die aus der tabellarischen Zusammenstellung obiger Wägungsresultate abzuleitenden
Ergebnisse lassen sich etwa auf folgende Weise in ihren Hauptmomenten
zusammenfassen.
Der einfache Dampfstrom, wie er in den gewöhnlichen Destillationsapparaten erzeugt
wird, wirkt sehr energisch auf reines Blei. Indeß wird diese oxydirende Einwirkung
durch einen dem Blei sich zugesellenden Zinngehalt rasch herabgestimmt, so daß sie
bei 10 Procent Zinngehalt nur noch etwa 0,3 bis 0,4 der für reines Blei geltenden
beträgt. Also war dieselbe bei 50 Procent Zinn, somit gleichen Theilen der beiden
Metalle, bereits auf 0,13 bis 0,11 des reinen Bleies herabgesunken.
Das beste Schnellloth, d.h. die Blei-Zinnlegirung, welche unter allen den
niedrigsten Schmelzpunkt hat, ist die mit 37 Procent Blei. Sie hat natürlich für den
vorliegenden Zweck ein besonderes Interesse. Dieselbe nähert sich sehr der Mischung
Nr. 7 und war für diese die Oxydation durch den Dampfstrom nur noch sehr gering,
nämlich 0,04–0,03 des reinen Bleies.
Je größer also der Zinngehalt bei den an den Destillationsapparaten vorkommenden
Löthstellen ist, desto geringer darf die Besorgniß seyn, daß die wässerigen
Destillate einer Verunreinigung durch Blei ausgesetzt sind; jedoch scheint selbst
reines Zinn nicht absolut widerstandsfähig gegen den Dampfstrom sich zu verhalten,
wie die Rubriken VII und VIII ergeben.
Aus dem Vergleiche der Columnen IX und X bestätigt sich zunächst, was vorauszusetzen
war, nämlich daß durch die Oxydationsschichte selbst jede weitere schädliche
Einwirkung der angreifenden Agentien auf das Metall verringert wird.
Nach zweistündigem Verweilen hatten sich in dem mit Luft gemengten Dampfstrome
bereits 140 Millig. Blei oxydirt, während nach 18stündiger, also einer 9mal längeren
Zeit nur 167 Millig. sich oxydirten. Somit hatte also die Oxydation selbst bei 9mal
so lange anhaltender Exposition nur um 1/5 weiter um sich greifen können.
Für die Legirung mit 10 Procent Zinn betrug die Einwirkung nur 0,11–0,07 der
für reines Blei gefundenen. Es wirkt also ein Zusatz von Zinn zum Blei noch einmal
so schützend auf das Blei gegen den Angriff eines mit Luftstrom combinirten
Dampfstromes, als unter den Verhältnissen der gewöhnlichen einfachen Dampfströmung.
Ein Grund hiefür ist wohl die gleichzeitige Abkühlung des Dampfstromes durch die
mitgeführte Luft.
Bei gleichem Gehalte der Legirungen an beiden Metallen war der Angriff nur 0,035–0,021
des vom reinen Blei erlittenen; reines Zinn erlitt unter diesen Umständen ebenfalls
nur geringe Abnahme.
Die Columne XI zeigt uns das Widerstandsvermögen der Legirungen gegen einen
kohlensäurefreien Dampfstrom. Der Vergleich der hier gefundenen Zahlen mit der
Rubrik VII, wo die Platten eine gleich lange Zeit im einfachen Dampfstrome
verweilten, könnte hier auf die Vermuthung führen, daß durch die Abwesenheit der
Kohlensäure die Einwirkung auf genannte Legirungen in einem namhaften Grade erhöht
worden, indem z.B. die Bleiplatte im ersten Falle 88, im letzteren 195 Millig., also
nahezu das Doppelte an Gewicht einbüßte.
Indeß darf man dabei nicht vergessen, daß sich der Vergleichung der Werthe in den
Horizontalreihen vorstehender Tabelle die Unmöglichkeit hindernd in den Weg stellt,
den Dampfstrom in den einzelnen Versuchen, wie sie die Titel der Verticalcolumne
bezeichnen, völlig gleichmäßig herzustellen; eine Unmöglichkeit, welche die Methode
des Versuches selbst mit sich führte.
Das angedeutete Verhältniß gewinnt indeß sogleich eine größere Bedeutung, wenn man
erwägt, daß die für die Abnahme des mit Zinn legirten Bleies in beiden Rubriken
gefundenen Zahlen nur sehr wenig von einander abweichen, so daß man wohl aus diesem
Grunde mit ziemlicher Gewißheit aussprechen kann, auf reines Blei wirkt der
kohlensäurefreie Dampfstrom weit energischer als der kohlensäurehaltige.
Etwas Analoges ist ja auch von der Wirkung der Kohlensäure im Wasser in Bezug auf
dessen auflösende Kraft für Blei bekannt, und es darf wohl angenommen werden, daß
die größere Dichtigkeit und specifische Structur der Schichte von kohlensaurem
Bleioxyd eine eigenthümliche, natürlich schützende Decke gegen den weiter
oxydirenden Angriff des Dampfstroms bildet.
Bei einem Zinngehalt, wo die entstehende Oxydschichte für sich eine weit geringere
und wahrscheinlich auch chemisch anders constituirte ist, kann diese Abhängigkeit
von dem selbst nur so geringen normalen Kohlensäuregehalte des Wasserdampfes nicht
im gleichen Grade in die Augen fallen.
Der Einfluß eines wachsenden Zinngehaltes der Legirung zeigte sich daher auch in
diesem Falle besonders schützend gegen die Gefahr der Bleiauflösung.
Bei 10 Procent Zinngehalt war die corrodirende Wirkung nur noch 0,22 der des reinen
Bleis und in gleicher Weise fällt der Corrosionsverlust in der Rubrik in einem weit
rascheren Verhältniß als der Zinngehalt wächst.
Die beiden Columnen XII und XIII entwickeln den Angriff, welchen die
Bleizinnlegirungen durch verdünnte Essigsäure erleiden und schließen sich also
unmittelbar der inzwischen von Pleischl mitgetheilten
Arbeit an, welche diesen in sanitätlicher Beziehung gleichfalls interessanten
Gegenstand von Neuem behandelt.
Auch hier wurde der Einwirkung der angesäuerten Flüssigkeit wieder eine verschiedene
Zeitdauer gegeben, um den Einfluß zu erfahren, welchen die bei der ersten Einwirkung
des Essigs sich vollendende Veränderung an der Oberfläche der Metallzinnlegirung auf
weitere Angriffe ausübt. Ein steigender Zinngehalt vermindert die Affection durch
die saure Flüssigkeit im Ganzen in einem weniger raschen Verhältnisse, als es bei
der Einwirkung des Dampfstromes der Fall war. Zehn Procent Zinn vermochten dieselbe
beim Essig nur auf 0,43–0,48 herabzustimmen, während sie beim einfachen
Dampfstrom dadurch schon auf 30–37 Procent herabsank. Bei 50 Procent
Zinngehalt war der Angriff des Essigs, den das reine Blei erlitt, erst auf 20
Procent abgeschwächt. Bei reinem Zinn fand hierauf immer eine geringere Veränderung
statt.
Nach längerem Verweilen in der angesäuerten Flüssigkeit war, wie die Zahlen der
Rubrik XIII darlegen, der gesteigerte Zinngehalt bei weitem mehr im Stande, die
Legirung gegen das umgebende Medium widerstandsfähiger zu machen, denn hier sinken
für einen wachsenden Zinngehalt die Zahlen, welche das Verhältniß der aufgenommenen
Metallmenge ausdrücken, weit schneller herab, als in dem ersten Falle, wo die
Platten nur kurze Zeit mit der sauren Flüssigkeit in Berührung waren.
Man kann also auch hier annehmen, daß sich eine schützende Decke der metallenen
Oberfläche bilde, oder eine Mischungsveränderung vor sich gehe, welche durch einen
wachsenden Zinngehalt nicht vermindert zu werden scheint, und es ist nicht
unwahrscheinlich, daß in Folge einer Bleientziehung durch die saure Flüssigkeit sich
eine Oberfläche mit überwiegendem Zinngehalt bilde.
Faßt man schließlich noch einmal die Rubriken über das specifische Gewicht
vorliegender Legirungen ins Auge, so darf man vom praktischen Standpunkte aus, die
geringen Abweichungen, welche zwischen den gefundenen und nach der interessanten Matthiessen'schen Formel berechneten sich ergaben, gewiß
als eine erfreuliche Coincidenz betrachten.
Die Wichtigkeit und das Interesse dieser noch wenig beachteten Formel erhalten durch
diese abermalige experimentelle Probe einen neuen Beleg. Noth wurden unter Rubrik IV
die specifischen Gewichte eingereiht, wie sie die Wägungen der Platten ergaben,
nachdem dieselben der häufigen und anhaltenden Erwärmung ausgesetzt gewesen
waren.
Es ist eine bekannte Sache, daß ein derartiges Erhitzen der mechanischen Verdichtung
der Metalle wieder entgegen wirkt und so finden wir auch die specifischen Gewichte
dieser Columnen durchweg geringer, als im frisch gewalzten Zustande.
Hiermit zusammenhängend hatten die Platten außerordentlich an ihrer durch das
Auswalzen erlangten Steifigkeit wieder verloren und zwar im umgekehrten Verhältnisse
ihres Zinngehaltes. Die Bleiplatte zeigte sich ausnehmend biegsam und diese
Biegsamkeit nahm mit zunehmendem Zinngehalte beständig ab bis auf die Platte mit 10
Procent Zinn.
Die reine Zinnplatte fand sich dagegen wieder außerordentlich biegsam, fast wie das
reine Blei; indeß waren die Biegungen hier schroffer als bei jenem; weiters zeigte
sich in sehr hohem Grade das bekannte Zinngeschrei.
Dieser Rubrik findet sich auch noch eine Parallel-Columne beigefügt, welche
die, nach den beiden Endgliedern des Plattensystems unter Anwendung der erwähnten
Formel berechneten Eigengewichte der Legirungen angibt.
Endlich findet sich noch in der Rubrik VI die Gesammtabnahme der Platten, –
auf die vom Blei erlittenen gleich hundert berechnet – welche die Platten
unter dem Gesammteinflusse erlitten hatten, dem sie im Verlaufe dieser Untersuchung
ausgesetzt waren.
Dadurch wird noch zum Schlusse eine Anschauung über die durchschnittliche
Widerstandsfähigkeit der einzelnen Legirungen und deren Abhängigkeit voll ihrer
Zusammensetzung ermöglicht.