| Titel: | Der Kryolith-Sodaofen; von Prof. Julius Thomsen in Copenhagen. | 
| Autor: | Julius Thomsen [GND] | 
| Fundstelle: | Band 167, Jahrgang 1863, Nr. XCV., S. 363 | 
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                        XCV.
                        Der Kryolith-Sodaofen; von Prof. Julius
                              Thomsen in Copenhagen.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              V.
                        Thomsen, über den Kryolith-Sodaofen.
                        
                     
                        
                           Die Zersetzung des Kryoliths bezüglich der Sodafabrication geschieht mittelst
                              kohlensaurem Kalk auf trocknem Wege. Schon lange bevor ich die erste
                              Kryolith-Sodafabrik gründete, hatte ich mich überzeugt, daß nur diese
                              Zersetzung eine zweckmäßige und ökonomische Fabrication gestattet, und daß die
                              ebenfalls von mit entdeckte Zersetzung des Kryoliths auf nassem Wege für technische
                              Zwecke sich bedeutend kostspieliger stellt.
                           Die Zersetzung des Kryoliths mittelst Kalkstein wird durch Erwärmung der Mischung
                              unterstützt; sie tritt schon weit unter der Glühhitze ein, wenn die Bestandtheile
                              sehr fein gepulvert sind, wird jedoch erst vollständig, wenn die Temperatur die
                              Nothglühhitze erreicht. Da aber die Mischung von Kryolith und Kalkstein bei einer Temperatur,
                              welche die Rothglühhitze nur wenig übersteigt, schon zu schmelzen beginnt, und es
                              für den nachfolgenden Auslaugeproceß von außerordentlicher Bedeutung ist, daß die
                              Masse nicht bis zum Schmelzen erwärmt wird, so ist die Zersetzung auf dem trocknen
                              Wege von besonderen Schwierigkeiten begleitet. Die Zersetzung geschieht bekanntlich
                              im Flammofen; die Temperatur des Ofens muß aber zwischen bestimmten, ziemlich engen
                              Grenzen liegen. Ist der Ofen zu warm, dann schmilzt die Mischung; ist er zu kalt,
                              dann geht die Zersetzung nicht vollständig von statten. Ferner ist die Mischung des
                              Kryoliths mit Kalkstein ein schlechter Wärmeleiter, und der Ofen kann deßhalb nur
                              mit einer dünnen Schicht beschickt werden. In den gewöhnlichen Flammöfen ist eine
                              zweckmäßige Zersetzung nicht zu erreichen; die Temperatur des Ofens muß nämlich so
                              gleichförmig seyn, daß ein homogenes Product erzielt werden kann, ohne eine sehr
                              hohe Feuerbrücke und einen dadurch bedingten sehr bedeutenden Kohlenverbrauch. Bei
                              den gewöhnlichen Flammöfen ist aber die Hitze größer in der Höhe der Brücke als in
                              der Höhe der Füchse; es findet also ein Temperaturunterschied nach der Länge des
                              Ofens statt; ferner geschieht die Erwärmung nur von oben, und es ist also ein
                              beträchtlicher Temperaturunterschied dicht am Herd und an der Oberfläche der
                              Beschickung. Diese Uebel lassen sich durch fleißiges Umrühren der Masse nicht
                              beseitigen, denn es bilden sich stets geschmolzene Theile, welche beim Umrühren die
                              halbgebrannten Theile umschließen und der Zersetzung entziehen. Die Asche (die
                              geglühte Mischung) eines solchen Ofens enthält stets viele Klumpen, welche theils
                              unzersetzte, theils geschmolzene Masse enthalten und sich nur sehr schwierig und
                              theilweise auslaugen lassen. Ist die Asche aber gut geglüht, dann bildet sich eine
                              poröse Masse ohne Staub und ohne Klumpen von solcher Härte, daß sie sich mit der
                              Hand nicht zerdrücken läßt.
                           Ich bin daher gezwungen gewesen, für die Kryolith-Sodafabrication einen
                              besonderen Ofen zu construiren, bei welchem eine gleichmäßige Temperatur durch seine
                              ganze Länge dadurch erreicht wird, daß derselbe mit zwei entgegengesetzten
                              Feuerungen, deren Hitze theils direct, theils indirect wirkt, versetzen ist. Die
                              Construction dieses Ofens, Fig. 30–33, ist
                              folgende:
                           Der Herd C des Ofens ist aus feuerfesten Thonplatten von
                              20 Zoll im Quadrat und 3 Zoll Dicke gebildet; die Platten ruhen auf gemauerten
                              Pfeilern, welche 9'' im Quadrat halten und 12'' hoch sind. Die Pfeiler sind so
                              versetzt, daß die Flamme von der Feuerung A sich unter
                              dem ganzen Herd regelmäßig vertheilt. Die drei vordersten Pfeiler, welche dem Feuer
                              am nächsten sind, müssen aus sehr feuerfesten Steinen hergestellt werden. An den Seiten herum ruhen
                              die Platten auf den Seitenmauern, welche unter dem Herd 2 Zoll dicker als über
                              demselben sind. Der untere Zug D, E, welcher also die
                              Breite des ganzen Herdes hat und nirgends eine geringere Höhe als 12 Zoll, geht bei
                              E in die zweite Feuerung B; an dieser Stelle, unter der Feuerbrücke H,
                              steigt die untere Fläche so, daß der Zug nur 5–6 Zoll Höhe behält. Die
                              vereinigte Flamme der beiden Feuerungen zieht dann über den Herd nach den Füchsen
                              I, I, und durch diese in den Canal K, welcher durch die ganze Breite des Ofens geht. Der
                              Canal K communicirt: 1) hinten mit dem Canal L, welcher zum Hauptzugcanal N hinuntergeht, kann aber durch den Schieber O
                              von diesem abgesperrt werden; 2) mit der Oeffnung m,
                              welche die Flamme in den Raum P, zwischen dem Gewölbe
                              und den Pfannen F, leitet. Dann geht der Zug durch die
                              Füchse Q, Q, Q in den horizontalen Canal R, welcher durch S mit dem
                              Hauptcanal in Verbindung steht. – Ist der Schieber T geschlossen, der Schieber O dagegen offen,
                              so geht die Flamme aus dem Ofen direct in den Hauptcanal, ohne die Pfannen zu
                              erwärmen; ist aber O geschlossen und T offen, dann geht der Zug unter den Pfannen hin.
                           Die beiden Röste sind gleich groß, 3 Fuß lang und 15 Zoll breit; die Roststäbe sind
                              Stabeisen von 5/4 Zoll im Quadrat; die Schürlöcher U und
                              O sind mit beweglichen Thonplatten zu schließen. Die
                              Vordermauer W der Feuerung, welche 18 Zoll dick ist, ist
                              nicht mit den Seitenmauern verbunden; sie ruht auf den eisernen Balken y und z, und wird oben durch
                              ein Gewölbe X geschlossen. Dadurch wird es möglich, eine
                              Reparatur an den Feuerungen, den einzigen Stellen welche von der Hitze stark
                              angegriffen werden können, auszuführen, ohne daß die übrigen Theile des Ofens dabei
                              leiden; die Reparatur beschränkt sich dann auf das Herausnehmen dieses kleinen
                              Theiles der Vordermauer. Bei einem Ofen, welcher jetzt 8 Monate lang im Betriebe war
                              und gegen 1000 Tonnen Asche verarbeitet hat, ist noch keine solche Reparatur nöthig
                              gewesen. – Die Fabrik Oeres und besitzt jetzt zwei solcher Oefen, welche
                              täglich 10 Tonnen Asche liefern; der eine Ofen ist seit 10, der andere seit 8
                              Monaten im Betriebe; eine Reparatur des ersten Ofens zeigte, daß das Gewölbe über
                              der Feuerung A die einzige Stelle ist, wo der Ofen
                              angegriffen wird und nach der Verstärkung dieses Gewölbes wird hoffentlich eine
                              Reparatur, welche beiläufig nur acht Tage dauert, bloß einmal jährlich erforderlich
                              seyn. – Durch das fleißige Reinigen des Rostes mittelst eines eisernen Hakens
                              wird derselbe stets frei von Schlacke erhalten.
                           Durch die Feuerbrücke H geht ein Canal a, welcher kalte Luft durch kleine Oeffnungen in der
                              gegen den Feuerraum B gekehrten Seite leitet, wodurch
                              die Brücke abgekühlt und der Rauch besser verbrannt wird.
                           Die Seitenmauern b, b müssen besonders gut fundirt
                              werden, da die Stabilität des Ofens wesentlich darauf beruht. Das Gewölbe ist 9 Zoll
                              dick aus vertical stehenden Steinen gemauert und steht ganz frei. Die Fugen gehen
                              der Länge des Ofens parallel, und das Hauptgewölbe bildet mit dem Gewölbe über dem
                              Rost B ein zusammenhängendes Ganzes mit fortlaufenden
                              Fugen. Die Verankerung (Armirung) des Ofens besteht aus gußeisernen Platten von 3' × 2', 3 Stück an
                              jeder Seite, welche durch ein Parallelogramm, das auf die Mitte jeder Platte drückt,
                              gegen die Seitenmauern gehalten werden; dadurch wird der Druck des Gewölbes
                              vollständig unschädlich gemacht, welches bei der Armirung ohne Waagebalken nicht
                              erreicht werden kann. Die vorderste der oberen eisernen Stangen, welche der Flamme
                              von m am meisten ausgesetzt ist, wird mit einem eisernen
                              Rohr oder mit thönernen Röhren umgeben.
                           Um die Canäle K und R
                              reinigen zu können, werden an passenden Stellen Löcher angebracht. Deßgleichen
                              befinden sich in der einen Seitenmauer vermauerte Löcher von 5 Zoll im Quadrat, um
                              den unteren Zug zu reinigen; diese Löcher liegen zwischen je zwei Reihen von
                              Pfeilern. Der Ofen kann aber jahrelang gehen, ohne daß der untere Zug D, E sich mit Asche füllt.
                           Die Arbeitslöcher d, d werden stark überwölbt, da dieses
                              Gewölbe einen Theil des Druckes des Hauptgewölbes tragen soll.
                           Die Beschickung des Ofens geschieht durch die Trichter 6. Es ist Sorge zu tragen, daß
                              die Pfannen, welche auf dem Ofen angebracht werden, von Anfang an dicht sind, damit
                              keine Lauge durch dieselben auf das Gewölbe dringt.
                           Der Herd des Ofens hat einen Flächenraum von 96 Quadratfuß; seine Breite ist 8 Fuß
                              und die ganze Länge 13 Fuß. Der Ofen wird täglich 12 Mal beschickt, jedesmal mit
                              1000 Pfund (500 Kilogr.), und er verarbeitet also täglich etwa 6 Tonnen Mischung,
                              entsprechend 2 1/2 Tonnen Kryolith. Die Heizung geschieht mit Steinkohlen, wovon
                              täglich circa 4/5 Tonnen verbrannt werden, also 1/7 bis
                              1/8 vom Gewicht der Mischung. Durch die vom Herd abziehende Wärme wird in den auf
                              dem Ofen stehenden Pfannen gleichzeitig das ganze Eindampfen der Sodalaugen bis zur
                              Krystallisation erreicht, und ehe der Rauch in den Schornstein gelangt, zieht er
                              unter einer eisernen Platte von etwa 60 Quadratfuß Fläche hin, auf welcher das
                              Trocknen des Kalksteins erfolgt. Für einen täglichen Verbrauch von 50 Centner
                              Kryolith sind also zum Glühproceß, zum Abdampfen der Laugen und zum Trocknen von 75 Centnern
                              porösen Kalksteins im Ganzen 16 Centner Steinkohlen hinreichend.
                           Ueber die Zweckmäßigkeit dieses Ofens kann jetzt kein Zweifel mehr stattfinden.
                              Erstens ist der Verbrauch an Brennmaterial sehr gering,
                              er beträgt nur 1/7 bis 1/8 des Gewichts der Mischung; zweitens gibt er ein durchaus gleichförmiges Product, denn die Asche wird
                              durch und durch glühend, ohne daß irgend ein Theil derselben schmilzt, so daß sie
                              leicht und vollständig ausgelaugt werden kann, und drittens ist die Zersetzung des Kryoliths so vollständig, daß die Ausbeute
                                 fast den theoretischen Werth erreicht: es geben nämlich 100 Pfund reiner
                              Kryolith 197 Pfund Soda, während die theoretische Ausbeute 204 Pfund beträgt, so daß
                              also wenigstens 96 1/2 Procent des Kryoliths zersetzt werden, und dieses Resultat
                              wird durch ein dem fabrikmäßigen Auslaugen ganz analoges Verfahren erreicht, ohne
                              daß die Asche zerschlagen oder zerrieben wird, und ohne daß man sie genauer
                              auslaugt, als es in der großen Fabrication geschehen kann.
                           ––––––––––
                           Bezüglich eines kürzlich in diesem JournalS. 199 in diesem Bande. erschienenen Aufsatzes des Hrn. Directors Dittmar
                              „über den Ofen des Harburger Alaunwerks“ habe ich noch ein Paar
                              Worte hinzuzufügen.
                           Die Zersetzung des Kryoliths geschah in der Copenhagener Fabrik anfangs, in den
                              Jahren 1857–1859, in eisernen Retorten, von denen je drei in einem kleinen
                              Ofen lagen. Die durch die Zersetzung entwickelte Kohlensäure, deren Gewicht ungefähr
                              1/5 des Gewichts der Mischung von Kryolith und Kalkstein beträgt, wurde für die
                              Sättigung der Lauge verwendet. Da die entwickelte Kohlensäuremenge dreimal so groß
                              als die zur Sättigung der Lauge erforderliche ist, und da der Lauge reine
                              Kohlensäure geboten wurde, so konnte die Sättigung in kleinen Apparaten und in
                              kurzer Zeit (3–5 Stunden) geschehen, während die Sättigung mit Kohlensäure
                              vom Kohksofen sehr große Apparate erfordert und 9–12 Stunden dauert.
                           Die sich damals stets erniedrigenden Preise der englischen Soda, welche bekanntlich
                              jetzt über 40 Proc. niedriger sind als vor fünf Jahren, machten eine große Oekonomie
                              nothwendig. Nur in einer Beziehung konnte aber eine größere Oekonomie eintreten,
                              nämlich im Glühproceß, und dieser Theil der Fabrication ist der einzige, welcher
                              seit dem Beginn der Fabrication eine Modification erlitten hat.
                           
                           Im Winter 1859–1860 ließ ich daher zwei Flammöfen bauen, welche nach demselben
                              Princip wie die oben beschriebenen Oefen construirt und nur kleiner waren, so daß
                              sie bloß mit einer Feuerung versetzen wurden. Der Herd
                              war ebenfalls aus großen Steinplatten hergestellt; die Flamme zog unter dem Herd hin
                              und kehrte oberhalb desselben wieder zurück, so daß also der Herd von unten und die
                              Beschickung gleichzeitig von oben erwärmt wurde. Die Feuerung war an demselben Ende
                              angebracht wie die Arbeitslöcher, so daß die stärkere Erwärmung durch Strahlung vom
                              Feuer und die durch die Arbeitslöcher bewirkte Abkühlung sich gegenseitig
                              neutralisirten, und der Herd eine gleichförmige Hitze erhielt. Die Asche aus diesem
                              Ofen war in allen Beziehungen derjenigen gleich, welche aus den oben beschriebenen
                              Oefen erhalten wird, porös und ohne geschmolzene Theile. Der Vortheil dieser
                              Flammöfen war also erwiesen; es war der Kohlenverbrauch und die Handarbeit geringer,
                              und die Asche stets von homogener und vorzüglicher Beschaffenheit.
                           Als ich im Jahre 1860 durch verschiedene Geschäfte abgehalten wurde mich mit dem
                              Detail der Fabrik zu beschäftigen, wurde ein Chemiker, Hr. Göcker, bei derselben angestellt. Die Fabrication sollte in diesem Jahre
                              vergrößert werden, und es waren also neue Oefen nothwendig. Anstatt nun die
                              Erfahrung zu benutzen, welche die von mit construirten Flammöfen geliefert hatten,
                              machte Hr. G. den Vorschlag, den gewöhnlichen Sodaofen einzuführen, obgleich hier
                              ganz andere Verhältnisse stattfinden als beim Sulfatofen, wo eine Schmelzung erzielt
                              wird. Meinem Rathe entgegen wurden zwei solche Oefen gebaut, um die Stelle der
                              früheren zu vertreten. Es ist also nicht ganz correct, wenn Hr. Dittmar sagt, daß Hr. G. die Retortenöfen als unpraktisch
                              verwarf, denn diese Construction war damals schon verlassen; es wäre correcter
                              gewesen, wenn er gesagt hätte, daß Hr. G. das Princip der kleinen Flammöfen verwarf,
                              eben dasjenige Princip welches jetzt an den oben beschriebenen großen Oefen
                              durchgeführt worden ist und sich als vollkommen zweckmäßig erwiesen hat. Das
                              praktische Resultat war, daß die Asche aus den neuen Oefen 87 Procent zersetzten
                              Kryolith ergab, während die kleinen Flammöfen und die Retortenöfen 93 Procent
                              zersetzten Kryolith ergeben hatten, und daß die Asche theilweise geschmolzen wurde,
                              wodurch zahlreiche Klumpen entstanden und der Auslaugeproceß sehr erschwert wurde.
                              Der Verbrauch an Brennmaterial war ein sehr bedeutender, nämlich für 50 Centner
                              Kryolith 12 Tonnen (66 Kubikf.) Kohks, während der von mit construirte Ofen für
                              dieselbe Menge Kryolith nur 5 1/2 Tonnen Steinkohlen verbraucht.
                           Während diese Oefen noch im Gange waren, wurde die Harburger Fabrik eingerichtet; die
                              Apparate wurden nach denjenigen, die sich damals in der Copenhagener Fabrik
                              befanden, copirt; mein Gutachten wurde nicht verlangt, und so wurde also in Harburg
                              der fragliche Ofen gebaut, wenige Monate bevor die entsprechenden Oefen in
                              Copenhagen als unpraktisch verlassen wurden. Hr. Director Dittmar wird sich erinnern, daß in Harburg die Ausbeute an Natron aus dem
                              Kryolith, wenigstens anfangs, sich sehr ungünstig stellte, und daß man in der
                              Harburger Fabrik den Grund in der Beschaffenheit des Kryoliths suchte. Die
                              wiederholten Klagen veranlaßten mich im Juli vorigen Jahres die Harburger Fabrik zu
                              besuchen, und ich fand da dieselben Nebel, an denen die Copenhagener Fabrik gelitten
                              hatte, in der Zeit wo die entsprechenden Oefen arbeiteten. Das theilweise Schmelzen
                              der Mischung, das Sieben der glühenden Asche, das Zermalmen und wiederholte Glühen
                              der Klumpen und das durch den unzweckmäßigen Glühproceß erschwerte Auslaugen der
                              Asche, waren die Ursachen, welche die Ausbeute verringerten und den Verbrauch an
                              Brennmaterial und Arbeitskraft vergrößerten. Ich gab Hrn. Dittmar den Rath, die Copenhagener Fabrik zu besuchen, und die dort
                              stattfindenden Verhältnisse zu untersuchen. Leider kam Hr. Dittmar nach Copenhagen während ich in London war; wäre dieser Fall nicht
                              eingetreten, so würde Hr. Dittmar von seiner Reise gewiß
                              eine größere Ausbeute gehabt haben; er würde sich dann durch Versuche mit sowohl
                              reinem als unreinem Kryolith überzeugt haben, daß die schwache Seite der Harburger
                              Fabrik wesentlich die Construction des Ofens ist, und daß die von mit construirten
                              Oefen, welche damals in Copenhagen arbeiteten, eine vollständige und zweckmäßige
                              Zersetzung hervorbringen.
                           Es ist mit unerklärlich, daß Hrn. Dittmar, wenn er nicht
                              mit einem von bedeutendem Vorurtheil befangenen Blick die Fabrication angesehen hat,
                              die Vollkommenheit der neuen Oefen entgangen ist; das bloße Ansehen des Products
                              wird jedem Sachverständigen zur Beurtheilung derselben fast schon genügen. Hr. Dittmar beruft sich auf Analysen, welche er mit Asche von
                              der Copenhagener Fabrik angestellt hat, und die ihm einen geringeren Natrongehalt
                              als die Harburger Asche ergab; dabei hat er aber nicht berücksichtigt, daß eine
                              Untersuchung der Asche für sich allein durchaus kein richtiges Resultat bezüglich
                              der Ausbeute aus dem Kryolith geben kann; ferner daß (wovon er sich durch
                              zweckmäßige Glühversuche überzeugen kann), gerade die hochgradige Asche eine
                              geringere absolute Ausbeute an Natron liefert, als wenn
                              die Asche etwas niedriger gehalten wird, wie es in Copenhagen geschieht.
                           Man kann nämlich vom Gewicht der Aschenprobe, welche zur Untersuchung verwendet wird,
                              nicht auf das Gewicht des der Asche entsprechenden Kryoliths schließen, denn dazu
                              muß man den Verlust beim Glühen (welcher etwa 20 Proc. beträgt) genau ermittelt
                              haben.
                           Die Controlversuche werden deßhalb in Copenhagen folgendermaßen angestellt: Es werden
                              1000 Pfund der Mischung von bekannter Zusammensetzung abgewogen und dem gewöhnlichen
                              zweistündigen Glühen unterworfen. Durch Wägen der Asche wird der Verlust
                              (Kohlensäure, Wasser etc.) bestimmt. Von der Asche werden zwei Mal 20 Pfund
                              abgewogen, ausgelaugt, auf Natron bestimmt und auf Kryolith berechnet. Das Mittel
                              aus zwei solchen nacheinander mit demselben Ofen angestellten Proben bildet das
                              Resultat. Auf diese Untersuchung gründet sich die Bestimmung, daß 100 Pfd. reiner
                              Kryolith eine Lauge geben, welche einen 194 bis 198 Pfund Soda entsprechenden
                              Natrongehalt zeigt, wovon sich jeder Sachverständige beim Besuch der Copenhagener
                              Fabrik überzeugen kann.
                           Der Werth des Harburger Ofens im Verhältniß zu den oben beschriebenen Oefen würde
                              sich leicht und bestimmt herausgestellt haben, wenn Hr. Director Dittmar in seinem Aufsatz zwei Zahlen mitgetheilt hätte,
                              nämlich die Menge des für 100 Centner Kryolith erforderlichen Brennmaterials und die
                              absolute Ausbeute an Natron oder Soda.
                           Hr. Dittmar nennt es einen Irrthum, daß die Apparate der
                              Harburger Fabrik eine Copie derjenigen der Copenhagener Fabrik seyn sollen; die
                              Originalität der dortigen Einrichtung, auf welche Hr. Dittmar Anspruch macht, reducirt sich aber wesentlich auf ein eisernes
                              Rollirfaß, das seit einigen Monaten in Harburg benutzt wird, um die Mischung, wenn
                              sie von den Kollergängen heruntergebracht ist, aufs Feinste zu zermalmen, wodurch
                              eine um circa 4 Procent höhere Ausbeute als früher
                              erzielt werden soll. Ein solcher Apparat kann vielleicht da von Nutzen seyn, wo die
                              Kollergänge von unzweckmäßiger Beschaffenheit sind; in der Copenhagener Fabrik aber,
                              wo die Asche 96,5 Procent zersetzten Kryolith zeigt, würde ein solcher Apparat nur
                              einem bedeutenden Kraftaufwand beanspruchen, ohne entsprechenden Nutzen zu
                              gewähren.
                           Hr. Dittmar ist noch stets der irrigen Meinung, daß nur
                              aus reinem Kryolith gute Producte dargestellt werden können, obgleich die fremden
                              Stoffe bloß aus Schwefelmetallen und Eisenspath bestehen; ich werde daher nächstens
                              die Fabricationsmethoden zum Gegenstand eines Aufsatzes machen.
                           Wenn endlich Hr. Dittmar der Meinung ist, daß ich
                              vergessen habe die großen Verdienste zu erwähnen, welche Hr. Göcker sich um die Kryolithindustrie erworben hat, so bin ich, der die
                              technischen Kenntnisse und den praktischen Werth des genannten Mannes kennt und
                              ehrt, der Meinung, daß
                              derselbe keine größeren Ansprüche auf große Verdienste bezüglich der
                              Kryolithindustrie machen wird, als Hr. Director Dittmar
                              selbst.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
